Hallo Pen,
Ich kenn da nur
Gegenbeispiele und das beste ist sicherlich Russland, wo die
Regierung von ihrem Vorgänger einen hervoragenden
„Bespitzerlungsapparat“ geerbt hat. Russland gilt meines
Wissens dennoch nicht unbedingt als „sicher“.
Russland ist dabei doch das eher denkbar schlechteste Beispiel, oder? Eher ein Beispiel dafür, wie öffentliche Verwaltung und Sicherheit gar nicht funktioniert. Sicherheit schaffst Du nämlich nicht nur durch Kontrolle, sondern auch durch die Abschaffung von Armut. Sehr grosse Teile der russischen Verwaltung und des Sicherheitsapparates sind der Korruption verfallen. Höhere Grade haben den Kapitalismus schon in den ersten Tagen des Zusammenbruchs der SU voll aufgesaugt, haben sich mit ihren Links und Verbindungen zu höheren Stellen gegenseitig reichgeschaukelt und wanderten direkt vom Verwaltungshocker in den Chefsessel. Fast jeder Polizist übersieht Verbrechen, wenn man ihm zehn Euro in die Hand drückst. Weisst Du, wie hoch die Verbrechensrate in Moskau ist? Wie soll Putin also die Strassen sicherer machen, wenn er seine eigene Polizei nicht kontrollieren kann, weil die höheren Polizeiorgane auch korrupt sind? Die russische Mafia, das ist hinlänglich bekannt, hat die russische Politik, Wirtschaft udn Verwaltung fest im Griff. Wenn die Unterweltbosse alles kontrollieren, wie bitte soll dann ein Staat vernünftig innerhalb seiner gesetzlichen Ordnung existieren können? Da kannst Du dem einfachen ONV auf der Strasse noch soviel demokratisches Grundverständnis und gesellschaftliche Verantwortung zutrauen…es bringt nichts, weil er sich mit legalen Mitteln nicht durchsetzen kann. Ich glaube, für Russland gibt es nur den Weg der schmerzlichen Heilung: erstmal einige Zeit Überwachungsstaat bis alles wieder auf Null gefahren ist und dann ein demokratischer Neustart. Oder glaubst Du, die Lage in Russland normalisiert sich von selbst, alle „Bosse“ und korrupten Organe werden wieder normale Verdiener, wenn man ihnen eine Amnästie anbietet?
Auch in den USA zielt die zunehmende Bespitzelung der
Bevölkerung keinesfalls auf z.B. das organisierte Verbrechen.
Statt dessen müssen Buchhandlungen und Bibliotheken über ihre
Kundenkarteien auskuft geben.
Naja, wen willst Du denn damit noch erschrecken? Mit sowas hättest Du in den 50ern Staatsterror verbreiten können. Heute hat jeder zweite US-Bürger Zugriff auf das Internet und braucht sicherlich keinen Leserausweis irgendwelcher Bibliotheken mehr, um sich den Bauplan einer Atombombe zu beschaffen. Aber das Problem ist doch auch, dass gerade die schwersten Verbrecher gar nicht den Anschein eines Verbrechers erwecken. Und zudem: Gesinnungsschnüffelei findest Du in jedem Land. Da spielen die USA keine Sonderrolle. Auch in Deutschland gibt es Organe, die z. B. die Verfassungstreue ihrer Staatsdiener überprüfen. Und dazu kann auch eine Überprüfung des sozialen Umfeldes gehören. Und Dein Beispiel mit den Bibliotheken ist eben auch gar nicht so sehr schlecht. Denn - mal ganz ehrlich - was würdest Du vermuten, wenn Du über einen bestimmten Leser in Erfahrung bringen kannst, dass er sich ständig Bücher über Bakterien, Viren, Gift- und Explosivstoffe ausleiht, im Berufsleben aber bei Aldi an der Kasse sitzt? Würdest Du dann nicht, wenn es in Deinem Aufgabenbereich läge, wissen wollen, warum ihn diese Themenbereiche interessieren? Wäre es meine Aufgabe, dann würde ich jenem schon etwas mehr Aufmerksamkeit schenken.
Bibliotheken sind Orte des Wissens, Wissen ist Macht. Und nicht jeder kann mit Macht umgehen und vernünftig einsetzen. Vermutlich will es auch nicht jeder…schon gar nicht jeder, der wissen will (oder wollte), wie man eine Boeing fliegt.
Wenn du wirklich dahinter kommen willst, was ein Land „sicher“
macht, dann solltest du dir mal die Gegenbenheiten in einem
„sicheren“ Land anschauen und diese mit einem weniger
„sicheren“ vergleichen. Ich denke, du wirst da andere Faktoren
feststellen, als ausgerechnet „weniger persönliche
Freiheiten“.
Um welche es aber eben es nur geht. Eine Tatsache aber ist wohl, dass sich Quantität und Qualität von Kriminaldelikten im Laufe der vergangenen Jahrzehnte drastisch verändert haben. Im Vergleich zur Vergangenheit sind Anschläge, wie z. B. die vom 11.09., einzigartig. Im Vergleich mit der Zukunft werden wir aber fürchten müssen, dass sie vermutlich eher normal bis lächerlich sind. Wie häufig hört man von Uran-Schmuggel oder irgendwelchen Firmen, die Waffen(herstellungs)technik illegal abschieben. An die Täter kommst Du aber nicht heran wie an einen Schüler, der Kaugummis klaut oder einen Schmalverdiener, der sich mit einer 0190-Abzocke was dazu verdienen will. Diese Leute haben keine Visitenkarte, auf der steht „Im-und Export von Uran, Munition und Waffenteilen aller Art seit 1990“. Da musst Du schon etwas tiefer graben.
Gruss
Bark