Hi, wer kann mir sagen, was Durchgriffshaftung durch den Vorstand in Zusammenhang mit einem e.V. (also nicht Gmbh) bedeutet, ob es überhaupt zulässig ist und was Konsequenzen wären? Danke!
Hi,
die Regeln zur Durchgriffshaftung zwischen GmbH und Verein unterscheiden sich zunächst nicht.
Wegen der rechtlichen Selbständigkeit einer juristischen Person, dazu gehört auch der Verein, haften ihre Mitglieder und Organe grundsätzlich nicht persönlich für deren vertragliche Schulden (Beschränkung auf das Gesellschaftsvermögen).
Ein Durchgriff auf die Person des Mitglieds, Gesellschafters usw. findet nach der Rechtsprechung (BGHZ 54, 222; 22, 226) nach dem Zweck der Rechtsordnung aber ausnahmsweise dann statt, wenn die Berufung auf die förmliche Selbständigkeit der juristischen Person gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Dies ist in bestimmten Einzelfällen für den Alleingesellschafter einer Einmanngesellschaft, für die Muttergesellschaft, welche die handelnde Tochtergesellschaft finanziell und wirtschaftlich (Gewinnabführung) völlig beherrscht, und ausnahmsweise für den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (wirtschaftliche Beherrschung genügt nicht) bejaht worden.
Grundsätzlich haftet also der Verein als juristische Person gemäß dem „Trennungsprinzip“ für seine Verbindlichkeiten nur mit seinem eigenen Vermögen. Vereinsmitglieder und Organwalter haften Dritten gegenüber grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen.
Organwalter und Rechnungsprüfer haften nur, wenn sich dies aus gesetzlichen Vorschriften ergibt, oder ein deliktisches Verhalten von Organwaltern oder Rechnungsprüfern in Ausübung der Vereinsfunktion gesetzt wurde. Den Regierungsvorlagen zum Vereinsgesetz 2002 ist zu entnehmen, dass es ausnahmsweise zu einer „Durchgriffshaftung“ von Gesellschaftern oder Geschäftsführern gegenüber Dritten, zB wegen „qualifizierter Unterkapitalisierung“, „Sphärenvermischung“, „Rechtsformmissbrauches“ oder „faktischer Geschäftsführung“ kommen kann; von einer detaillierten Regelung wurde angesichts bestehender Streitfragen jedoch abgesehen.
Organwalter haften gegenüber dem Verein persönlich, wenn sie gegen bestehende gesetzliche oder statutarische Pflichten verstoßen. Dabei ist bei Ausübung der Vereinsfunktion die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters, ähnlich den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, anzuwenden. Ein Verzicht auf Ersatzansprüche des Vereins gegen einen Organwalter ist grundsätzlich unwirksam.
Konsequenz in beiden Fällen ist die Haftung mit dem Privatvermögen des Betroffenen.
Gruß
Josef Mengeler
Hi, wer kann mir sagen, was Durchgriffshaftung durch den
Vorstand in Zusammenhang mit einem e.V. (also nicht Gmbh)
bedeutet, ob es überhaupt zulässig ist und was Konsequenzen
wären? Danke!
Hallo Josef,
danke für die ausführliche Antwort. Richtig folgen kann ich allerdings nicht. Zum einen schreibst Du: „Vereinsmitglieder und Organwalter haften Dritten gegenüber grundsätzlich nicht mit ihrem
Privatvermögen.“ Zum anderen: „Konsequenz in beiden Fällen ist die Haftung mit dem Privatvermögen des Betroffenen.“
Ich will ein allgemeines Problem formulieren: Kann ein Verein in seiner Satzung/Geschäftsordnung in einer Klausel den Vorstandsvorsitzenden - gemäß der Durchgriffshaftung folgend - zur privaten Haftung „zwingen“? Oder sind solche Klauseln unzulässig, da die Durchgriffshaftung gesetzlich nur besteht (und hier hoffe ich Dich richtig verstanden zu haben) wenn der Vorstandsvorsitzende in Ausübung seines Amtes gegen rechtliche Vorschriften verstoßen hat?
Danke nochmal, Gruß, Marc
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Hallo Marc,
sorry, wenn ich mich nicht klar ausgedrückt habe. Der letzte Satz mit der Konsequenz: „persönliche Haftung“ gilt nur dann, wenn das Gericht ausnahmsweise zu einer Durchgriffshaftung kommt. Dies ist eben nur in den geschilderten Fällen überhaupt möglich und nicht die Regel (insoweit hast Du absolut richtig verstanden).
Klartext: Der Gesellschafter bzw. das Organ des Vereins muss sich etwas gravierendes zu Schulden kommen lassen, damit von dem Grundsatz: „keine Haftung mit dem Privatvermögen“ ausnahmsweise abgewichen werden kann, dann aber mit der Konsequenz, dass voll gehaftet wird.
Die Nachfrage verstehe ich nicht ganz. Der Verein hat doch kein Interesse daran, seinen Organen zusätzliche Lasten (also Haftungsrisiken) aufzubürden. Es ist doch gerade auch (ein) Zweck der Vereinsgründung, solche Haftungen für seine Mitglieder und Organe auszuschließen?!
Theoretisch ist es natürlich möglich, dass die Vereinsmitglieder eine Patronatserklärung für den Verein abgeben und damit für alle Risiken des Vereinsbetriebes persönlich gerade stehen wollen, es macht aber in der Regel keinen Sinn. Eine Patronatserklärung formuliert in der Satzung (also ohne konkrete, seperate und auf das einzelne Haftungsrisiko bezogene eigene Verpflichtungserklärung des Mitglieds oder des Organs) halte ich für unwirksam.
Gruß
Josef Mengeler
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Hi Josef,
danke für Deine Antwort, die ich jetzt verstanden habe.
Warum ein Verein in seiner Satzung den Vorstand eine Durchgriffshaftung auferlegen möchte, weiss ich auch nicht.
Aber was passiert eigentlich, wenn es keine solche Haftung gibt (also ein ganz ‚normaler‘ e.V.) und der Verein macht z.B. Schulden (z.B. organisiert der Verein ein Fest o.ä. und hat einen hohen Ausfall weil keine Besucher kommen o.ä.)? Oder Steuerschulden etc.? Die Schulden können vom Vereinskapital nicht gedeckt werden und eine Bank fängt an zu nerven, sie wolle Geld zurück. Wer zahlt dann bei einem e.V. konkret? Der Staat? Die Mitglieder? Der Vorstand? Irgendwoher muss das Geld ja kommen.
Danke nochmal, Gruß, Marc
Hallo Marc,
sorry, wenn ich mich nicht klar ausgedrückt habe. Der letzte
Satz mit der Konsequenz: „persönliche Haftung“ gilt nur dann,
wenn das Gericht ausnahmsweise zu einer Durchgriffshaftung
kommt. Dies ist eben nur in den geschilderten Fällen überhaupt
möglich und nicht die Regel (insoweit hast Du absolut richtig
verstanden).Klartext: Der Gesellschafter bzw. das Organ des Vereins muss
sich etwas gravierendes zu Schulden kommen lassen, damit von
dem Grundsatz: „keine Haftung mit dem Privatvermögen“
ausnahmsweise abgewichen werden kann, dann aber mit der
Konsequenz, dass voll gehaftet wird.Die Nachfrage verstehe ich nicht ganz. Der Verein hat doch
kein Interesse daran, seinen Organen zusätzliche Lasten (also
Haftungsrisiken) aufzubürden. Es ist doch gerade auch (ein)
Zweck der Vereinsgründung, solche Haftungen für seine
Mitglieder und Organe auszuschließen?!Theoretisch ist es natürlich möglich, dass die
Vereinsmitglieder eine Patronatserklärung für den Verein
abgeben und damit für alle Risiken des Vereinsbetriebes
persönlich gerade stehen wollen, es macht aber in der Regel
keinen Sinn. Eine Patronatserklärung formuliert in der Satzung
(also ohne konkrete, seperate und auf das einzelne
Haftungsrisiko bezogene eigene Verpflichtungserklärung des
Mitglieds oder des Organs) halte ich für unwirksam.Gruß
Josef Mengeler
Hi Marc,
die Vereinshaftung sieht vor, dass der Verein nur mit seinem Vermögen haftet. Dies bedeutet, dass die Gläubiger (bis auf die beschriebenen Ausnahmen) keine Möglichkeit haben, auf das Vermögen der Mitglieder oder des Vorstands zurück zu greifen. Es geht insoweit in die klassische Insolvenz, bei der die Gläubiger solange befriedigt werden, bis das Vereinsvermögen aufgebraucht ist. Reicht das Vermögen nicht aus, wars das! Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens oder der Ablehnung mangels Masse, wird der Verein aus dem Register gelöscht.
Natürlich versuchen Banken etc. persönliche Haftungserklärungen, Bürgschaften etc. im Vorfeld zu erhalten, wenn die Mitglieder hier aber hart bleiben, haften sie nur mit dem, was sie in das Vereinsvermögen eingezahlt haben.
Gruß
Josef Mengeler
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Hallo!
Der Verein ist eine juristische Person und haftet daher nur selbst für die eigenen Schulden. Hat der Verein kein Geld, dann heißt das ganz einfach Pech für den Gläubiger.
Gruß
Tom
Ich fasse also zusammen:
-
Der e.V. haftet für jegliche Ausfälle mit dem Vereinskapital. Wenn das Kapital aufgebraucht ist: Pech für den Gläubiger.
-
Handelt allerdings der Vorstand grob fahrlässig oder verstößt gegen Gesetze etc. kann dieser - der Durchgriffshaftung folgend - mit seinem Privatvermögen zur Zahlung herangezogen werden.
Diese Durchgriffshaftung besteht immer (!?!) und muss nicht extra in der Satzung o.ä. ausgewiesen werden (!?!) Richtig!?!
Gruß Marc
Genau so ist es!
Gruß
Josef
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