Um es noch einmal klarzustellen: das Urteil ist ergangen, bevor es den §554a BGB gab, auch wenn sich der Paragraph am Urteil orientiert. Ziel der Veranstaltung ist es, behinderten Mietern zu ermöglichen, über die übliche vertragliche Nutzung hinaus Veränderungen an der von ihm gemieteten Wohnung vorzunehmen, um die notwendige Barrierefreiheit herzustellen. Wie die „Erforderlichkeit“ gemeint ist und wie sie vor allem nicht gemeint ist, habe ich bereits dargelegt. Daß der Vermieter überhaupt die Möglichkeit hat, seine Zustimmung zu verweigern, ist Art. 14 GG geschuldet. Eine Streichung der Verweigerungsklausel (wie sie im übrigen auch vor knapp zehn Jahren mal diskutiert wurde) ist am Ende genau daran gescheitert, daß nämlich dann das Grundrecht auf Eigentum nach Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu sehr eingeschränkt worden wäre.
Warum man nun gerade an der Stelle die rote Linie als Grenze zur Enteignung der Immobilieneigentümer und Vermieter sieht, ist mir nicht ganz klar, weil man ansonsten nicht davor zurückschreckt (s. Mietpreisbremse, Untervermietungsfreibrief, Kündigungsrechte usw.), sei dahin gestellt.
Wie auch immer: wie ich schon ausführte, ist auch Absatz 2 ein ganz klarer Hinweis darauf, wie schwer man es dem Vermieter machen möchte, seine Zustimmung zu verweigern. Kommt es wirklich zu einem Prozeß, hat der Vermieter ganz, ganz schlechte Karten. Er muß nämlich a) nachweisen, daß seine Interessen schwerer wiegen als die des Mieters, b) ein vollständiger Rückbau der vorgenommenen Veränderung ohne bleibende Veränderung praktisch nicht möglich ist. Schließlich ist der Mieter ja verpflichtet, auf Anforderung eine zusätzliche (finanzielle) Sicherheit zu hinterlegen bzw. der Vermieter kann seine Zustimmung von einer solchen abhängig machen.
Also mit anderen Worten: theoretisch kann der Vermieter seine Zustimmung verweigern. Dieses Recht hat er, weil der Gesetzgeber fürchtete, daß die Vorschrift ansonsten mit Verweis auf Artikel 14 GG gekippt würde. Praktisch ist ihm das aber kaum möglich, weil er den Rückbau verlangen kann und sogar dazu noch eine zusätzliche Kaution, mit der der Rückbau bezahlt werden kann. Welche Interessen sollten es also sein, die da schwerer wiegen könnten als das Bedürfnis des Mieters nach barrierefreier Nutzung?
Noch kürzer: Du kannst natürlich spaßeshalber mal einem Mieter die Zustimmung verweigern und dann schauen, was passiert. Ich werde das bei meinen real existierenden Wohnungen ganz sicher nicht machen und das, was ich - neben dem, was ich in meiner Eigenschaft als Vermieter - als Beirat unserer Eigentümergemeinschaft an Informationen von der Verwaltung bekomme, gibt mir bei dieser Einschätzung recht.