Dvorak Neue Welt Symphonie

Guten Morgen,

in der Dvorak Neue Welt Symphonie Einleitung zum ersten Satz gibt es Diskrepanzen in verschiedenen Ausgaben beim Rhythmus des Horneinsatzes in Takt 4. Weiss jemand, was korrekt/original ist? Oder ist es etwas, was man nicht mit Sicherheit feststellen kann?

Danke
Matthias

Hallo Matthias,

Karin Stöckl/Klaus Döge schreiben in ihrer Einleitung zur Schott-Taschenpartitur (ISBN: 3442330459 Buch anschauen):

T. 4/5, Cor. III/IV: im _ Autograph _ rhythmisch wie folgt notiert:
doppelt punktierte Sechzehntelpause, Vierundsechzigstel + punktierte Viertel
_ Erstdruck _ und vorliegende Ausgabe dagegen schreiben:
doppelt punktierte Achtelpause, Zweiunddreißigstel + Viertel.
[Hervorhebungen von mir, W.]

Zur Einordnung heißt es weiter in demselben Artikel:

„Obwohl Dvorák den Erstdruck zur Ansicht erhielt, die Eigenheiten dieses Druckes ihm also bekannt gewesen sein mußten, hat er sich seltsamerweise in keinem Brief an Simrock und auch sonst an keiner Stelle jemals zur gedruckten Partitur der 9. Sinfonie geäußert; […] Dieser Umstand aber ist vielleicht dadurch zu erklären, daß Dvorák aufgrund seines besonderen Verhältnisses zu Johannes Brahms […] es nie gewagt hätte, Kritik - auch indirekte - an dessen Arbeit und Urteil zu üben. Eben dieser Gönner Dvoráks aber war derjenige, der auf Bitten Simrocks vor und nach dem Stich Korrektur gelesen hatte. Das Schweigen Dvoráks berechtigt also gerade in diesem Falle nicht dazu, die Eigenmächtigkeiten des Simrock-Druckes als autorisiert anzusehen […]“

Klärt das deine Frage?

Grüße
Wolfgang

Hallo Matthias,

Karin Stöckl/Klaus Döge schreiben in ihrer Einleitung zur
Schott-Taschenpartitur (ISBN: 3442330459 Buch anschauen):

doppelt punktierte Achtelpause, Zweiunddreißigstel + Viertel.

… was dort ein Druckfehler ist, muss punktierte Viertel heißen.

W.

Hallo Matthias,

Karin Stöckl/Klaus Döge schreiben in ihrer Einleitung zur
Schott-Taschenpartitur (ISBN: 3442330459 Buch anschauen):

doppelt punktierte Achtelpause, Zweiunddreißigstel + Viertel.

… was dort ein Druckfehler ist, muss punktierte
Viertel heißen.

Hallo Wolfgang,

ist eine hervorragende Antwort, haette besser nicht sein koennen! Herzlichen Dank.

Was Deine obige Nachkorrektur betrifft, so scheint mir, dass es im Kommentar der Schottpartitur doch dann kein Druckfehler ist: es ist ja ein 4/8-tel Takt. Die doppelt punktierte Achtel-Pause macht mit folgender kleiner Note schon ein Viertel aus. In dem Fall kann dann nur eine Viertelnote ohne Punkt folgen.

Aber die Version ‚doppelt punktierte Sechzehntel etc mit punktierter Viertelnote‘ finde ich musikalisch schluessiger und freue mich, dass es Dvorak wohl urspruenglich so gemeint hat.

Beste Gruesse
Matthias

Hallo Matthias,

Was Deine obige Nachkorrektur betrifft, so scheint mir, dass
es im Kommentar der Schottpartitur doch dann kein Druckfehler
ist: es ist ja ein 4/8-tel Takt. Die doppelt punktierte
Achtel-Pause macht mit folgender kleiner Note schon ein
Viertel aus. In dem Fall kann dann nur eine Viertelnote ohne
Punkt folgen.

Du hast recht, im Revisionsbericht steht es rechnerisch richtig.
Der Druckfehler ist vielmehr in der Partitur selbst, dort ist T.4
doppelt punktierte Achtelpause, Zweiunddreißigstel + punktierte Viertel
notiert.
Hintergrund ist wohl, dass die Schott-Partitur den Notenstich der Eulenburg-Taschenpartitur übernommen hat, aber einige Angleichungen an den Notentext des Autographen vorgenommen wurden. Vielleicht wurde dabei vergessen, die Punktierung zu tilgen?
[Ich habe die Schott-Partitur übrigens nach der 2. Auflage von 1986 zitiert.]

Aber die Version ‚doppelt punktierte Sechzehntel etc mit
punktierter Viertelnote‘ finde ich musikalisch schluessiger
und freue mich, dass es Dvorak wohl urspruenglich so gemeint
hat.

Die Werkeinführung listet übrigens fünf Seiten von Unterschieden der beiden Quellen auf. Vielleicht noch ein Nachsatz dazu (ich hatte für mein erstes Posting die Werkeinführung nur kurz überflogen):

Die Abweichungen rühren daher, dass Simrock nicht den Autographen als Stichvorlage zur Verfügung hatte, sondern eine Abschrift von Dvoráks Freund Jan Kovarík, sowie das Stimmenmaterial für eine Aufführung in Amerika.
Da diese beiden Vorlagen wohl im 2. Weltkrieg verlorengegangen sind, lässt sich nicht mehr mit letzter Sicherheit klären, ob die Änderungen allesamt Eigenmächtigkeiten von Simrock sind oder vielleicht auf Varianten in einer der beiden Quellen zurückgehen. Im letzteren Fall wäre es auch nicht ausgeschlossen, dass die Änderungen von Dvorák selbst autorisiert wären, oder zumindest ein Teil davon.

Schöne Grüße
Wolfgang

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Hallo Wolfgang

herzlichen Dank fuer die zusaetzlichen Informationen. Verstehe ich es richtig, dass Du alles von Hand eingetippt hast (copy and paste stand wohl nicht zur Verfuegung in diesem Fall?) Dann hast Du Dir viel Arbeit gemacht.

Es ist ja ein ewiges Theater mit der Zuverlaessigkeit oder Sorgfalt der Ausgaben Dvorak’scher Musik, auch was Phrasierungs- und dynamische Bezeichnungen betrifft, aus vielfaeltigen Gruenden.

Viele Gruesse fuer heute

Matthias

Die Werkeinführung listet übrigens fünf Seiten von
Unterschieden der beiden Quellen auf. Vielleicht noch ein
Nachsatz dazu (ich hatte für mein erstes Posting die
Werkeinführung nur kurz überflogen):

Die Abweichungen rühren daher, dass Simrock nicht den
Autographen als Stichvorlage zur Verfügung hatte, sondern eine
Abschrift von Dvoráks Freund Jan Kovarík, sowie das
Stimmenmaterial für eine Aufführung in Amerika.
Da diese beiden Vorlagen wohl im 2. Weltkrieg verlorengegangen
sind, lässt sich nicht mehr mit letzter Sicherheit klären, ob
die Änderungen allesamt Eigenmächtigkeiten von Simrock sind
oder vielleicht auf Varianten in einer der beiden Quellen
zurückgehen. Im letzteren Fall wäre es auch nicht
ausgeschlossen, dass die Änderungen von Dvorák selbst
autorisiert wären, oder zumindest ein Teil davon.

Schöne Grüße
Wolfgang