Hallo Rainbird,
Nun ergab sich vor einiger Zeit das Problem, dass sich eine
Schraube aus dem Saitenhalter gelöst hat und verschwand.
welchen „Saitenhalter“? Meinst du die Stimmmechanik (am Kopf) oder den Steg/das Tremolo (am Korpus)? Ich gehe mal davon aus, dass du den Steg/das Tremolo meinst. Welche Schraube? Eine der kleinen senkrecht zur Korpusoberfläche in den Reitern steckenden Schrauben? Die Schraube, die von hinten durch die Grundplatte in die Reiter geht? Eine der Halteschrauben, mit denen die Grundplatte am Korpus befestigt ist? Eine der Halteschrauben für die Federn auf der Rückseite?
So klingen die Töne nicht ‚richtig‘, d.h. wenn ich z.B. die
leere g-Saite spiele, klingt es anders, als wenn ich es auf
dem fünften Bund der d-Saite spiele (und das ist bei allen
Saiten so!), das sagen mir auch sämtliche Stimmgeräte, also
liegt es nicht an meinen alten Ohren.
Dass leere Saiten anders klingen als gegriffene, ist ein alter Hut. Die Tonhöhe sollte aber eigentlich schon stimmen, selbst bei billigen Geräten zumindest in den unteren Lagen. Das hängt natürlich auch davon ab, wie sehr man auf die Saiten drückt. Wenn das nicht der Grund ist (wovon ich ausgehe), ist es wahrscheinlich so, dass aus irgendeinem Grund der Steg (die ganze Grundplatte) verrutscht ist, die Reiter verrutscht sind oder deren Höhe falsch eingestellt ist. Wenn die Federspannung falsch ist und der Steg zu schräg steht, kann das auch passieren.
Schau mal auf das Bild, da sind die verschiedenen Schrauben durchnummeriert, die ich im Folgenden ebenso nummeriere: http://img88.imageshack.us/img88/6066/tremoloej4.jpg
Schritt I
Wenn du eine der Schrauben [1] gewechselt hast, solltest du alle Schrauben [1] mit den gleichen Schrauben ersetzen. Dadurch, dass die Schraublöcher vorgebohrt sind, kannst du damit nicht viel falsch machen. Wenn aber eine Schraube nur einen etwas größeren Durchmesser hat als der Rest, dann kann es passieren, dass das Tremolo genau um diese Schraubenachse leicht rotieren kann, darum also nach Möglichkeit die gleichen Schrauben. Die Schrauben dürfen auch nicht zu fest angezogen werden, aber das siehst du ja daran, wie die anderen Schrauben stehen. Ansonsten kannst du beim Einbau diese Schrauben so tief reindrehen, dass die Grundplatte (ohne Saiten und ohne Federn) gerade so nicht hinten nach oben gezogen wird und bündig auf der Decke liegen bleibt. Keinesfalls dürfen hier Senkkopfschrauben verwendet werden, sondern in jedem Fall Rundkopfschrauben der gleichen Länge und Dicke wie die Originalen (mit Schieblehre kontrollieren). Es müssen nicht unbedingt die gleichen Schrauben rein, aber achte bitte darauf, dass du in jedem Fall hier Rundkopfschrauben verwendest und diese wirklich senkrecht und nicht schief im Bohrloch sind. Aber Vorsicht! Am besten besorgst du dir im Musikladen die richtigen Schrauben, denn wenn du Schrauben mit anderem Gewindegang verwendest, kannst du die Bohrlöcher u.U. kaputtdrehen. Versuche, die neuen Schrauben in die Gewindespuren der alten Schrauben zu drehen.
Schritt II
Wenn das erledigt ist, solltest du dafür sorgen, dass das Tremolo nicht zu schräg steht und auch nicht ganz hinten auf der Korpusdecke aufliegt. Bei diesen Vintage-Tremolos genügt es, wenn die Grundplatte sich bei voller Bespannung und richtiger Stimmung am hinteren Ende gerade etwas (je nach Geschmack ca. 1 bis 2 mm) von der Decke abhebt. Um das Tremolo abzusenken, müssen die Schrauben [4] auf der Rückseite etwas angezogen werden, um das Tremolo zu heben, können die Schrauben [4] leicht gelockert werden. Alternativ kannst du Federn dazu machen oder weglassen, oder beispielsweise zwei Federn schräg (aber spiegelsymmetrisch) einspannen, was den Zug auch etwas erhöht. Damit kannst du gefahrlos rumprobieren, bis die Neigung des Tremolos bei gestimmten Saiten okay ist.
Schritt III
Als nächstes muss die Höhe der Reiter kontrolliert werden. Dies geschieht mit den Madenschrauben [2], die sich senkrecht zur Decke in den Reitern befinden. Ich gehe zwar davon aus, dass du keine dieser Schrauben gewechselt hast, dennoch kann es nützlich sein, so die Saitenlage zu kontrollieren. Hierfür drehst du sie bei einem (!) Reiter so weit raus, dass der Reiter auf der Grundplatte aufliegt. Dann spielst du die nachgestimmte Saite in allen Bünden an. Das schnarrt und schäppert wahrscheinlich sehr. Dann ziehst du die Schrauben [2] bei gelockerter Saite schrittweise auf beiden Seiten gleich (es sind ja immer zwei) an, stimmst die Saite wieder und wiederholst die Prozedur. Die richtige Höhe des Reiters ist dann erreicht, wenn in allen Bünden gerade kein Schäppern/Schnarren mehr zu hören ist. Danach macht du das Gleiche Saite für Saite mit den übrigen Reitern. Alle Saiten müssen dabei richtig gestimmt sein. Manche Gitarristen nehmen bei E-Gitarren ein leichtes Schnarren zu Gunsten einer besseren Saitenlage in Kauf, da man es v.a. bei verzerrtem Sound kaum hört.
Schritt IV
Stimmt das nun auch, kannst du die Oktavreinheit wiederherstellen. Hierzu spielst du bei genau gestimmter Gitarre (Stimmgerät) den Flageolett über dem 12. Bund. Danach spielst du den gegriffenen Ton auf dem 12. Bund. Beide Töne sollten genau gleich hoch klingen. Ist der gegriffene Ton höher als das Flageolett, muss die Schraube [3] bei entspannter Saite angezogen werden, ist der gegriffene Ton tiefer, muss die Schraube [3] gelockert werden. Danach Saite wieder stimmen und kontrollieren, ob beide Töne identisch sind. Dafür ist ein gutes Gehör erforderlich. Wenn dein Stimmgerät das mitmacht, kannst du es damit am genausten machen. Das machst du dann mit jeder einzelnen Saite so. Auch hierbei müssen alle Saiten richtig gestimmt sein.
Fertig!
Ich empfehle dir aber, einfach das Pferd von hinten aufzuzäumen und zuerst mal nur Schritt IV zu machen. Das ist sicher und du kannst nichts falsch machen oder beschädigen (im Gegensatz zu Schritt I). Wenn er ein zufriedenstellendes Ergebnis liefert, kannst du dir die vorherigen Schritte sparen. Ansonsten nimmst du beim nächsten Durchgang den jeweils vorherigen Schritt hinzu, bis du mit dem Ergebnis zufrieden bist.
LG
Huttatta