Ein langer 3 1/2 Stundenflug

Hallo,

die unten angehängte Geschichte ist meinem Mann und mir tatsächlich passiert. Im Oktober 2004 wurde mein Mann für ca. fünf bis sechs Monate beruflich nach Samara in Russland beordert. Es ist genau das Samara, das unsere Bundeskanzlerin vor kurzem besucht hat. Flugzeit ist ab Frankfurt etwa 3 1/2 Stunden.

Den Rest dürft Ihr selber lesen - aber Achtung, die Geschichte ist sehr lang.

Wenn Ingrid eine Reise tut, dann …………… kann sie was erzählen.
Dienstagmorgen: 6.00 Uhr der Wecker klingelt. Noch eine kurze Kuschelrunde mit Fritz, dann heißt es aufstehen und fertig machen für die große Reise nach Samara. Ein Koffer muss noch gepackt werden, die Blumen noch mal gießen, alle Elektroleitungen aus den Steckdosen ziehen usw. Kurz vor 12.00 Uhr will Sohnemann mit Frau und Baby kommen, er wird uns zum Flughafen nach Nürnberg bringen.
Endlich ist der Koffer gepackt, der Firmenbote hat die letzten Unterlagen gebracht, die mit nach Samara müssen und auch diese sind noch in den Koffern verstaut. Jetzt hat Fritz das erste Problem. Wie bekommen wir vier riesengroße Koffer amerikanischen Ausmaßes und eine große Reisetasche plus Handgepäck ins Auto? Fritz und Sohnemann Alex experimentieren und jetzt ist alles drin im Mondeo. Als Beifahrer hat Fritz dann den Handgepäcksrucksack. Fritz hat inzwischen eine Dusche nötig.
Baby Max, Schwiegertochter Antje, Ingrid und Alex werden im Golf von Alex verstaut, Fritz klemmt sich hinter das Steuer vom Mondeo und pünktlich um 16.00 Uhr beginnt die erste Etappe unserer Reise in Frimmersdorf. Am Nürnberger Flughafen angekommen, fahnden wir nach drei Gepäckwagen und haben Glück selbige zu finden. Alles rauswuchten, rauf auf die Wagen und los geht’s. Die Dame am Lufthansaschalter bekommt einen Schock. Den nächsten Schock bekommt Fritz als er die Kosten für das Übergepäck bezahlen muss. Die Lufthansa lässt sich „schlappe“ 2004,-- Euro (ist kein Tippfehler) dafür bezahlen.
Ein letzter Gruß und ein letztes Knuddeln mit den Daheimgebliebenen und wir ge-hen durch die Sperre in Richtung einer uns fremden Zukunft. Der Flieger hebt pünktlich ab. In Frankfurt heißt es dann umsteigen in einen Airbus der Lufthansa via Russland. Der Pilot sagt bei seiner Durchsage, dass wir nicht 3,5 Stunden für den Flug benötigen, sondern voraussichtlich wegen Rückenwind schon fünfzehn Minuten früher in Samara landen würden.
Drei Stunden sind keine allzu lange Zeit und vergehen recht schnell. Wir hören wie das Fahrgestell ausgefahren wird und der Pilot die Motoren drosselt. Das Anschnallzeichen leuchtet auf, die Nase des Flugzeuges zeigt schon Richtung Erde.
Plötzlich hebt sich die Nase des Flugzeuges, die Motoren heulen auf. Kurze Zeit später kommt die Durchsage des Piloten, dass er wegen starken Nebels in Samara nicht landen kann. Das Flugzeug hat zwar die Ausrüstung für eine blinde Landung, aber der Flughafen ist nicht mit den entsprechenden Geräten ausgestattet. Er erklärt uns, dass Samara für das Flugzeug ja nur ein Zwischenstopp gewesen wäre und der Flug dann weiter nach Kasan hätte gehen müssen. Er würde Kasan (auch Kazan geschrieben) jetzt direkt anfliegen und dann nach Samara zurückkehren.
Auf der anderen Seite des Ganges schläft ein Mann tief und fest. Er hat weder die abgebrochene Landung noch die Durchsagen mitbekommen.
Es ist noch dunkel aber die Sicht ist klar, als wir etwa eine halbe Stunde später in Kasan landen. Der Mann wird wach. Es ist ein Deutscher und war schon öfters nach Samara geflogen. Ihm fällt sofort auf, dass etwas nicht stimmt. Noch können wir ihn lachend über unser neues Reiseziel informieren. Mein Mann ruft seinen Kollegen per „Handy“ an und teilt ihm mit, dass wir an diesem Tag nicht in Samara landen könnten.
Die Fluggäste nach Kasan steigen aus und wir restlichen Passagiere sollen im Flugzeug warten. Die Zeit vergeht. Manche versuchen zu schlafen, ich kann das nicht, da die Sitze einfach zu unbequem sind. Also sehe ich, wie ein Bus zum Flugzeug kommt, Uniformierte aussteigen, eine Gangway wird ans Flugzeug geschoben. Der Pilot teilt uns mit, dass mit einer schnellen Wetterbesserung in Samara nicht zu rechnen sei. Um es uns bequemer zu machen, sollen wir mit dem Bus zum Flughafengebäude gebracht werden. Wir bekommen eine Transitkarte und können uns mit dieser dann ohne Zollformalitäten in einem bestimmten Bereich aufhalten.

Der Bereich ist ein Warteraum in dem viele kleine runde Bistrotische und ordentlich davor aufgestellte Stühle stehen. Es gibt eine Bar und eine Treppe abwärts zu den Toiletten. Es war recht sauber, aber alles wirkte trist. Wir können sehen, wie sich nebenan Uniformierte vor und hinter Schaltern langweilen. Die Bar ist geöffnet. Wir können aber nichts kaufen, da wir keine Rubel haben und es keinen Geldautomaten gibt, wo wir welche ziehen könnten.

Dass es Toiletten gibt ist ja schon mal von Vorteil. Allerdings sahen die etwas sehr anders aus, als die, die wir sonst kennen. Ich habe sie „Stehpinkler“ getauft. Nun ja, Frauen können auch in die Hocke gehen. Hoffentlich haben sie genug Gleichgewichtssinn, da es nichts gab woran man sich hätte festhalten oder abstützen könnte. Fritz erzählt, dass er beim Händewaschen den Wasserhahn öffnete und dann tatsächlich das Wasser am Waschbecken daneben kam. Nun, wie heißt es so schön? Andere Länder andere Sitten.

Wir warten also eine ganz geraume Zeit und inzwischen wird es draußen hell. Dann werden wir wieder zum Bus gelotst. Vereinbarungsgemäß ruft mein Mann wieder seinen Kollegen in Samara an, damit er den Abholer zum etwa 60 km entfernten Flughafen schickt. Uns wird erklärt, dass sich die Wettersituation in Samara verbessert hat. Hier in Kasan ziehen dafür Nebelschwaden auf. Das Flugzeug rollt zur Startbahn und wartet dort dann etwa eine halbe Stunde. Der Nebel in Kasan wird von Minute zu Minute dichter. Endlich heulen die Motoren auf und das Flugzeug startet gen Samara.

Wieder vergeht eine halbe Stunde und schon kommt wieder eine Durchsage des Kapitäns: der Nebel in Samara ist dichter geworden. Bald soll es wieder eine Besserung geben und deshalb wird er über Samara kreisen. Er teilt uns mit, dass die Maschine ohne Probleme etwa eine Stunde lang die Warteschleifen fliegen kann. Ja auch diese Stunde vergeht und plötzlich hören wir, wie die Motoren wieder höher drehen und bemerken dass die Nase des Flugzeuges gen Himmel zeigt.

Alle sind gespannt auf die schon obligatorische Durchsage des Piloten. Diese lässt auch nicht lange auf sich warten. Er teilt uns in den Sprachen Deutsch, Englisch und Russisch mit, dass der Nebel über dem Flughafen Samara nicht weichen möchte. Es ist auch nicht mehr möglich wieder nach Kasan zu fliegen. In Kasan und allen in der Nähe liegenden Flughäfen, wie z. B. Perm und Ufa, ist wegen des starken Ne-bels ein Landen nicht möglich. Er wird uns nach Jekatharinburg fliegen. Viele greifen in die Taschen vor ihren Sitzen und suchen in den Unterlagen nach Landkarten. Nach längerem Suchen entdecken wir, dass dieser Ort hinter dem Ural, also auf asiatischer Seite liegt. Wir schätzen die Entfernung in der Luftlinie auf nicht ganz 2.000 km.

Beim Landeanflug sehen wir verharschte, schon dunkel eingefärbte, zusammen ge-schobene Schneehaufen. Wieder fährt ein Bus ans Flugzeug und wir werden ins Flughafengebäude gebracht. Unsere Crew verabschiedet sich von uns. Sie dürfen erst mal nicht weiter fliegen, da sie eine gesetzlich bestimmte Ruhepause einlegen müssen. Fritz ruft wieder seinen Kollegen in Samara an um ihn davon in Kenntnis zu setzen, dass der Abholer wieder umsonst zum Flughafen gefahren ist.

Der Raum, in dem wir gebracht werden, ist mit langen Reihen rot gepolsterter, zusammengehängter Stühle möbliert. Wirkt aber trotzdem nicht so trist wie in Kasan. Die Toiletten entsprechen dem Standard den wir auch sonst kennen. Leider gibt es in dem Raum weder was zum Essen noch zum Trinken. Damit die Zeit schneller vergeht erkunde ich die Räume, so weit das möglich ist. Dabei sehe ich auch eine Glastür, hinter der einige wunderschön neu aussehende Gepäckkarren stehen. Die Tür ist aber abgeschlossen.

Einige Stunden später kommt eine russische Mitarbeiterin der Lufthansa und erklärt erst in Russisch und dann in Englisch, dass es für uns drei Möglichkeiten gibt um nach Samara zu kommen.

  1. wir können mit der Eisenbahn nach Samara fahren. Recherchen mit drahtlo-sem Internet ergeben, dass die Reise etwa zwei Tage dauern wird. Wir haben fünf riesengroße Gepäckstücke, wie sollen wir zum Bahnhof gelangen? Weder Fritz noch ich können die kyrillische Schrift lesen, geschweige denn ein Wort Russisch sprechen.

  2. eventuell fliegt die jetzt auf dem Rollfeld stehende Maschine, nach der Ruhepause der Mannschaft heute am späten Abend über Samara nach Frankfurt zurück. Ist für uns auch keine allzu verlockende Alternative. Bis heute am späten Abend hätten wir nichts zum Essen oder Trinken.

  3. eine andere Lufthansamaschine wartet auf dem Rollfeld. Ihr planmäßiges Ziel ist Frankfurt. Sie könnte die gestrandeten Passagiere aufnehmen. Auf dem Weg nach Frankfurt könnte sie einen Umweg machen und einen Zwischenstopp in Samara einlegen. Dort könnten wir aussteigen.

Wir entscheiden uns für die Möglichkeit Nummer drei. Es war eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Wir erhielten dann nämlich die Information, dass wir unser Gepäck aufnehmen müssen und Zoll- und Ein- bzw. Ausreiseformalitäten erledigen müssen. Obwohl wir für das gesamte Übergepäck den stolzen Preis von 2.004,-- Euro bezahlen mussten, war es der Lufthansa, auch nach unserem Protest, nicht möglich die vorhanden Gepäckkarren oder einen Gepäckträger zu organisieren.

Wir Zwei mussten die fünf, insgesamt etwa 150 kg schweren, Gepäckstücke, einen großen und einen kleinen Rucksack vom Handgepäck zusätzlich eine Notebooktasche und meine Handtasche durch mehrere enge Türen einen längeren Weg schleppen. Dann in einen Bus wuchten. Der Bus fuhr uns um das Gebäude herum. Jetzt durften wir die Gepäckstücke wieder herauswuchten und irgendwie ins Gebäude verbringen. Unsere Koffer haben zwar Rollen und ausziehbare Ziehstangen, aber es gab auch noch die große Reisetasche. Die Türen waren zweiflügelig. Es war nur eine offen. Keinem von den drei Lufthansaleuten fiel es ein uns zu helfen oder zumindest die Türen gänzlich aufzumachen.

Ein russischer Mitpassagier war freundlich und half uns, obwohl er selber zwei Kof-fer schleppen musste. Wir erledigten gleichzeitig die Ein- und Ausreiseformalitäten, erhielten einen Stempel in unsere Pässe und das Gepäck wurde mit neuen Banderolen versehen. Die Passagiere bekamen improvisierte Bordkarten.

Fritz war völlig durchgeschwitzt. Sogar die Spitzen seines Hemdenkragens waren nass. Er hatte einen Wollpullover an und daher war kein Körpergeruch wahrnehmbar. Er roch nur ganz laut nach nasser Wolle. Seine Haare tropften. Mir taten der Rücken weh und auch sonst war ich inzwischen nach der langen Zeit ohne Schlaf so ziemlich am Ende. Mein russischer Sitznachbar zur Linken war so nett und bot mei-nem Fritz Wasser zum Trinken an. Aber inzwischen gelang es uns, die für Fritz dringend notwendig Flüssigkeit von einer Flugbegleiterin zu erhalten.

Nachdem die „verirrten“ Passagiere noch in das bereits vorher schon ziemlich vollbesetzte Flugzeug hineingequetscht worden waren, wurde deutlich, dass die Maschine jetzt tatsächlich bis auf den letzten Platz ausgelastet war. Am Fenster saß Fritz, ich in der Mitte und links neben mir ein etwas wohlbeleibter, aber sehr freundlicher Herr. Nach nicht allzu langer Zeit in der Luft, wurde mitgeteilt, dass das Flugzeug nicht über Samara fliegen kann. Wir fliegen ……………………………. na wohin wohl? Klar nach Frankfurt.

Fritz und ich waren inzwischen seit über zwanzig Stunden unterwegs und seit über 30 Stunden ohne Schlaf auf den Beinen. Somit hoffte ich, trotz der Enge und der unbequemen Flugzeugsitze etwas schlafen zu können. Es war eine Hoffnung, die sich schnell in Luft auflöste. Hinter uns saß ein russischer Herr, der seinen beiden Banknachbarn ununterbrochen mit einer unangenehmen knarrenden und lauten Stimme irgendwas in Russisch erzählte. Dabei verlangte er von der Flugbegleiterin laufend nach Whisky.

Durch Zeichensprache bat ich ihn, doch bitte mal etwas leiser zu sein. Länger als fünf Minute konnte er keine Pause machen. Nach einiger Zeit beschwerten sich die russischen Mitreisenden auf der anderen Seite des Ganges über den lauten Herrn bei den Flugbegleiterinnen. Alles erfolglos. Im Gegenteil seine Aussprache wurde immer verwaschener und lauter. Die Stewardess weigerte sich inzwischen ihn weiter mit Alkohol abzufüllen. Somit wollte er sich selbst versorgen und holte seine im Flugzeug beim Duty Free-Verkauf erstandene Flasche.

Die Stewardess wollte ihm die Flasche abnehmen. Er weigerte sich. Sie drohte ihm dann an, dass das Flugzeug den nächsten Flughafen ansteuern wird und er dann die Maschine verlassen und alles dadurch entstandenen Mehrkosten übernehmen muss. Nun rückte er die Flasche heraus. Dafür wollte er aber seine Gitarre aus dem Gepäckfach haben. Auch dies wurde ihm von der Stewardess verwehrt.

Kurze Zeit später ging er nach vorne. Dort stand ein Herr, der einige Dehnübungen machte. Wir kannten uns schon vom Sehen, da er mit uns mit der Maschine von Frankfurt nach Samara bzw. Jekatharinburg geflogen war. Bevor sich dieser Herr versah, wurde er von dem Störenfried in den Schwitzkasten genommen. Später erzählte uns der Herr, der für die gleiche Firma wie Fritz arbeitet, allerdings bei der Niederlassung in Wien, dass ihn der Russe hatte schlagen wollen.

Die Flugbegleiterinnen eilten ihm zu Hilfe und der Russe kehrte auf seinen Platz zurück. Jetzt ließ sich die Stewardess sein Ticket geben und notierte sich den Namen und die weiteren Flugverbindungen.

Somit war es unmöglich während des fünfstündigen Fluges nach Frankfurt auch nur ein Auge zuzumachen. Aber auch diese Zeit ging vorbei. Wir hofften, dass wir, wenn wir das Flugzeug verlassen, Informationen bekommen, wie mit unserem Gepäck verfahren wird, ob wir Zollformularitäten erledigen müssen und wie der Weiterflug funktionieren soll.

Von irgendwo her, bekamen wir immerhin die Information, dass wir hier das Gepäck nicht aufnehmen müssen. Aber das Abfertigungsgebäude konnten wir auch nicht sofort verlassen, da es eine Bombendrohung gegeben hatte. Nach kurzer Zeit wurde der Weg wieder freigegeben.

Aber wie heißt es so schön?: die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber gestorben ist unsere Hoffnung. Es kam keine Durchsage wohin wir uns wenden sollen und niemand erwartete uns um die benötigten Informationen zu geben. Irgendwie fanden der Herr aus Wien und wir uns wieder auf dem großen, vor Menschen wimmelnden Flugha-fen Frankfurt. Zu Dritt machten wir uns auf dem Weg um den Weiterflug nach Sama-ra zu organisieren. Nach dem x-ten Fragen wurden wir an einen Schalter verwiesen. Die Dame dort hatte von der Odyssey der Samara-Reisenden noch nichts gehört.

Sie schlug vor, dass wir mit der nächsten Maschine, die wie am Tag vorher um 21.55 Uhr starten soll, nach Samara fliegen können. Wir bestanden aber darauf, dass sie telefonisch abklärt, ob sich der Nebel in Samara verzogen hat und dass die Maschine auch wirklich landen kann. Wir hatten alle Drei keine Lust mehr auf weite-re Irrwege. Fritz und der Herr aus Wien hatten feste Termine in Samara und alle waren wir müde und inzwischen auch reichlich gereizt.

Nachdem wir die Auskunft erhielten, dass nach dem momentanen Stand der Dinge eine Landung möglich sein wird, ließen wir uns für diesen Flug die Bordkarten geben. Gleichzeitig wurde uns versichert, dass unser Gepäck automatisch den Weg nach Samara mit uns nehmen wird.

Von Seiten der Lufthansa bekamen wir aber für unsere Mühen und Gepäckschlep-pereien keinerlei Entgegenkommen. Lediglich eine Visitenkarte mit den Telefonnummern der Beschwerdeabteilung. Später stellte sich heraus, dass auf diesen Visitenkarten nicht einmal eine e-mail-Adresse angegeben war.

Nach einem kurzen Imbiss suchten wir uns eine etwas ruhigere Ecke im Flughafen und dann gelang es mir, dass ich etwa eine halbe Stunde, mit dem Kopf auf Fritzchens Knie liegend, schlafen konnte.

Nach der Passkontrolle fanden wir im Warteraum viele der uns schon hinreichlich bekannten Gesichter wieder. Wir machten uns also ein zweites Mal auf nach Samara. Inzwischen war es Mittwoch Abend und unsere Reise hatte am Dienstag begonnen. Kurz bevor der Flug aufgerufen wurde, rief Fritz wieder seinen Kollegen in Samara an, um ihn zu bitten, den Abholer ein weiteres Mal zur geplanten Ankunftszeit zum Flughafen zu schicken.

Noch während des Startens des Flugzeuges ist Fritz eingeschlafen. Noch nie konnte ich, trotz vieler und oft recht langer Flugreisen, im Flugzeug schlafen. Etwa eine Stunde vor der Landung in Samara bin auch ich eingeschlafen. Am Donnerstag gegen 5.00 Uhr Ortszeit landeten wir tatsächlich in Samara. Für uns stellte sich dann die Frage, ob unser Gepäck auch mitgekommen ist.

Die Passformalitäten gingen ganz problemlos vor sich. Und schon hatten wir wieder ein Wunder. Es gab funktionierende Gepäckkarren. Ja ja, der Donnerstag war dann noch unser Glückstag. Auf dem Gepäckkarussell kamen kurz hintereinander alle fünf Gepäckstücke an. Rauf damit auf die beiden Gepäckkarren und Richtung Zoll. Wir hatten brav alle unsere wertvollen elektronischen Geräte, wie Notebooks, Han-dys, Drucker usw. auf das entsprechende Formular geschrieben.

Der junge Zöllner bekam trotzdem große Augen und holte seine Chefin. Es war eine wirklich sehr freundliche Dame, die sogar Deutsch sprach. Sie überprüfte unsere Angaben, in dem sie Gepäckstücke eines nach dem anderen durch das Röntgengerät schickte. Dann ließ sie uns ohne Zollzahlungen und weiterer Probleme gehen.

Draußen stand ein Mann mit einem Schild in der Hand, auf dem der Name des Arbeitgebers von Fritz stand. Gott sei Dank, dachten wir, jetzt hat alle Not ein Ende. Aber so einfach wollte es das Schicksal mit uns doch nicht machen. Der Abholer brachte es tatsächlich fertig seelenruhig da zu stehen und zuzuschauen, wie Fritz und ich das Gepäck in seinem Auto verstauten. Nun, das bereitgehaltene Trinkgeld in begehrten Devisen, das sicher etwa einen Wochenlohn von ihm ausgemacht hätte blieb in unserer eigenen Tasche.

Vielleicht will sich ja das Hotelpersonal dieses Geld verdienen. Nach einer längeren Fahrt über Straßen, deren meist gespürte Eigenschaft die sich nahtlos aneinander reihenden Schlaglöcher waren, kamen wir im Hotel Rossiya an. Wieder sah der Fahrer zu, wie mein Mann das Gepäck alleine auf den Gehsteig wuchtete. Direkt vor die Eingangstür des Hotels konnte er, wegen einer Sperrkette nicht fahren.

Also zogen wir abwechselnd einen Koffer nach dem anderen über die Schlaglöcher des Vorplatzes zum Hotel, hoben sie die zwei Stufen hinauf. Vorher hatte ich in der Hotellobby um Hilfe gebeten. Dort befanden sich ein Mann und zwei Frauen. Die einzige Hilfe die uns der Mann gab, war, dass er aus den automatischen Türen die Verriegelung entfernte. Er wollte also auch kein Trinkgeld.

Nachdem wir den Zimmerschlüssel bekommen hatten, machten wir uns daran alles eine Etage hoch zu den Aufzügen zu schleppen. Diese waren sehr klein und wirkten reichlich klapprig. Also fuhr ich jeden Koffer einzeln hoch zum 10. Stock, brachte ihn ins Zimmer, schloss dieses wieder ab und fuhr nach unten, wo Fritz inzwischen wieder ein Gepäckstück die eine Etage hoch getragen und vor dem Lift abgestellt hat.

Selbst diese Plagerei hatte dann ein Ende. Das Zimmer war frisch renoviert und das Bad sehr sauber. Endlich, nach drei Tagen Zick-Zack-Reise konnten wir duschen und die Zähne putzen. Wir begaben uns dann noch in den Frühstücksraum um Kontakt zu seinen Kollegen aufzunehmen. Diese waren schon am Frühstücken und auf dem Weg zur Arbeit. Wir gingen ins Bett und wollten nur noch eines: schlafen.

Ingrid und Fritz

—ohne Worte—

ich hab’s gelesen und finde es doch recht unterhaltsam, danke für die schöne geschichte, hoffentlich passiert euch sowas nie wieder *g*

ich hab’s gelesen und finde es doch recht unterhaltsam, danke
für die schöne geschichte, hoffentlich passiert euch sowas nie
wieder *g*

Hallo,

hoff(t)e ich auch. Aber leider passierte mir auf den nächsten Flügen, die gingen nach China, doch einiges ähnlich Unerfreuliches. Ich habe Freunde, die würden niiiieee mit mir fliegen wollen.

Ein Beispiel in Kurzform: Rückflug nach Deutschland ohne meinen Mann. Der Flug von Baotou in der Inneren Mongolei, der mich nach Peking bringen sollte, damit ich die Maschine nach Deutschland bekomme, wurde ohne Vorwarnung ganz kurzfristig gestrichen.

In Peking lande ich mit dem nächsten Flugzeug, als meine Maschine nach Frankfurt gerade startet.

So, da stehe ich in Peking kann weder englisch noch chinesisch. Flieger nach Frankfurt ist weg. Der Flieger von Frankfurt nach Nürnberg wird auch ohne mich starten. In Nürnberg wird mein Sohn mit hochschwangerer Frau und Kind auf mich warten. Der Akku vom Handy hat schon vor Monaten seinen Geist aufgegeben - in China gab es keinen für dieses Modell.

Ich sehe einen China Airlines Schalter und steuere ihn an, damit man mir hilft. Auf den Weg dahin, suche ich meine paar englischen Brocken zusammen, damit ich mich irgendwie verständigen kann.

Mit meinem abgelaufenen Lufthansaticket und dem Baotouticket in der Hand radebreche ich mein Problem. Plötzlich antwortet mir der Chinese auf Deutsch. War nicht perfekt, aber doch gut verständlich.

Mann oh Mann, den Mann hätte ich am liebsten geküsst. Er sorgte dafür, dass ich einen Platz auf einen Flieger der China Air nach Frankfurt bekam. Nach Nürnberg konnte von China Air aus nicht weitergebucht werden. Dafür bekam ich von China Air noch eine Telefonkarte und konnte meinen Mann in Baotou anrufen, der meinen Sohn in Deutschland verständigte, dass ich in Frankfurt, statt in Nürnberg abgeholt werden muss.

War jetzt die absolute Kurzform. War schon abenteuerlich, bis ich einen Platz in der späteren Maschine nach Peking bekam. Aber vielleicht schreibe ich das mal irgendwann richtig zusammen.

Während der Zeit in Russland habe ich einige meiner Erlebnisse aufgeschrieben. Mal sehen ob ich sie im Notebook noch finde.

Gruß
Ingrid