'eine/die Scharte auswetzen'

Hallo, liebe Experten!

Kennt jemand von euch die Herkunft der o.g. Redensart?

Beste Grüße, Karin

Hallo,

ich kann nicht mit einem Zitat dienen, aber ich weiß, daß eine Scharte normalerweise dort auftritt, wo eine scharfe Kante ist. Scharfe Kanten haben z.B. Messer, Sicheln und Sensen. Wenn man also beim sicheln nicht aufpaßt und an einen Stein stößt, macht der Stein eine Scharte (eine kleine Einkerbung) an die Schneide der Sichel.

Um diese Scharte wieder wegzubekommen muß man die Sichel mit einem Wetzstein wetzen.

Man wetzt also die Scharte aus.

Gerhard

Hi Gerhard,

Um diese Scharte wieder wegzubekommen muß man die Sichel mit einem Wetzstein wetzen.

mit dem Wetzstein wird nur ein Grat erzeugt. Sollte mal eine Scharte in der Sense sein, hilft kein Wetzen, dann muss gedengelt werden.

Das ändert natürlich nichts am heutigen Sinn der Redewendung: Eine (meist sportliche) Niederlage durch eine Revanche ausgleichen.

Gruß Ralf

Hi Gerhard,

Um diese Scharte wieder wegzubekommen muß man die Sichel mit einem Wetzstein wetzen.

mit dem Wetzstein wird nur ein Grat erzeugt. Sollte mal eine
Scharte in der Sense sein, hilft kein Wetzen, dann muss
gedengelt werden.

Hallo, Ihr beiden!

Meiner Meinung nach bezieht sich das Sprichwort auf den Kampf oder den ritterlichen Turniersport, wenn nämlich durch unsachgemäßen Einsatz (z.B. Enthaupten eines Steines?) im Schwert oder in der Kampfaxt oder was für einer Waffe auch immer eine Scharte entstanden ist. Um diese Scharte auszuwetzen, bedarf es erheblicher Zeit und Arbeit mit einem Wetzstein.

Grüßle
Regina

Hallo,

Meiner Meinung nach bezieht sich das Sprichwort auf den Kampf
oder den ritterlichen Turniersport, wenn nämlich durch
unsachgemäßen Einsatz (z.B. Enthaupten eines Steines?) im
Schwert oder in der Kampfaxt oder was für einer Waffe auch
immer eine Scharte entstanden ist. Um diese Scharte
auszuwetzen, bedarf es erheblicher Zeit und Arbeit mit einem
Wetzstein.

bei solchen „Schneidegeräten“ mit starren Schneiden würde ich nicht von „wetzen“, sondern von „schleifen“ sprechen. Eine Axt wird normalerweise nicht gewetzt, sondern geschliffen.

Wetzen ist eine Tätigkeit, wo man mit der linken Hand die Sichel festhält und mit der rechten Hand den Wetzstein abwechselnd links und rechts an die Schneide ansetzt und in kleinen Abschnitten den Grat wieder aufrichtet.

Eine Axt wird aber geschliffen, d.h. entweder benutzt man eine Platte aus Schleifstein, auf dem zuerst die eine und dann die andere Seite der Axtschneide geschliffen wird, oder einen rotierenden Schleifstein, aber auch hier wird zuerst die eine und dann die andere Seite geschliffen.

Wobei noch dazukommt, daß man wetzen immer nur in Verbindung mit dengeln gebrauchen kann, jedoch schleifen ohne dengeln.

Aber natürlich stimmt der vorhergende Einwand, daß man mit Wetzen alleine nie eine Scharte aus einer Sichel bekommt.

Gerhard

Hallo,

die Frage bleibt natuerlich, ob die heutzutage wohl berechtigten Einwaende (dengeln, schleifen etc.) seit jeher haetten Gueltigkeit beanspruchen koennen oder ob das Bedeutungsfeld des Wortes „wetzen“ sich einfach verlagert hat. Laut etymologischem Woerterbuch bedeutet wetzen jedenfalls urspruenglich „scharf machen“ (ohne naehere Spezifikation der Vorgehensweise und des Werkzeugs).

Gruss

R. B.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo, liebe Karin und Vorantworter,

ich finde es nett, dass ihr gewartet habt und so mir die Gelegenheit bleibt, den Röhrich ins Spiel zu bringen und zu zitieren.

Dort heißt es:

_ Scharte

Die Scharte auswetzen: einen Fehler wiedergutmachen, einen erlittenen Schimpf wieder wettmachen.

Das Bild der Redensart stammt aus der Landwirtschaft: Wie der Bauer die Sicheln und Sensen, die durch Steine und Unebenheiten des Bodens beim Mähen Scharten bekommen haben, mit dem Wetzstein wieder ausschleift, so kann ein Mensch einen begangenen Fehler, einen Mißerfolg oder gar eine Niederlage durch entsprechende Taten wieder wettzumachen suchen.
Niederländisch gibt man einem, der einen Fehler begangen hat, den guten Rat: ‚Hij zal de schaarden uitslijpen‘. Ein deutscher Spruch aber sagt: ‚Die Scharten kosten Geld, die Haare aber wachsen wieder ohne Geld‘. Vgl. lateinisch ‚lacunam explere‘, bei Cicero.

In der Soldatensprache geht die Bedeutung für ‚eine Scharte auswetzen‘ noch weiter: hier macht man nicht nur einen begangenen Fehler wieder gut, sondern rächt einen erlittenen Schimpf oder stellt die gekränkte Ehre wieder her.

In dieser Bedeutung ist die Scharte schon im frühen Mittelalter bildlich gebraucht worden: »dem wuohs vil manic scharte an lîbe«, schreibt Konrad von Würzburg im ‚Trojan. Krieg‘, V. 216. Daher stammt auch der Ausdruck Heinrichs von Meißen (‚Frauenlob‘ 310, 17): »Dîn lop nie scharte gewann«. Wigalois (Wirnt von Grafenberg, V. 11502) preist bei einem Ritter »triuwe âne valschen scharten«; und an einer anderen Stelle heißt es vom Kaiser:

ob den keizer daz wol verswirt
so muoz er doch die scharten tragen,
die niht gâhens wirdet heil.

In Ottokars ‚Oesterreichische Reimchronik‘ (V. 22675) wird schon ganz deutlich, daß mit der Scharte die gekränkte Ehre und der verletzte Ruhm gemeint sind:

ich furchte daz er slach
in iuwer lop ein scharten.

Bei Abraham a Sancta Clara heißt es auch in übertragenem Sinne: »Die Scharten widerumb ausschleiffen« (‚Judas‘ IV, 331). Ein deutsches Lied aus dem Jahre 1691 läßt den besiegten türkischen Großwesir jammern:

In unsre Säbel hat gemacht
Die starke Badnisch Adlermacht
Ein gar zu große Scharten;
Glaub, keiner werd sie schleifen aus
So bald von Ottomaner Haus,
Ich würd es nit erwarten.

Man vergleiche auch die ‚Zimmerische Chronik‘ (III, 495): »Darzu hat das bischtumb ganz wol gethan und diese alte scharten alle künden ußwetzen«.
In Schillers ‚Räubern‘ (V, 2) kommt der Räuberhauptmann Moor vor seinen letzten Kumpanen am Ende seiner Taten zu der schrecklichen Selbsterkenntnis: »Ich nannte es Rache und Recht - ich maßte mich an, o Vorsicht, die Scharten deines Schwerts auszuwetzen und deine Parteilichkeiten gutzumachen - aber - o eitle Kinderei! - da steh ich am Rand eines entsetzlichen Lebens«.

Im bairischen Sprachgebrauch kennt man noch den Ausdruck ‚Das hat eine Scharten‘, wenn irgendeine Sache einen ‚Haken‘ hat. Schwäbisch ist das Sprichwort ‚Allzu scharf macht (gibt) Scharten‘ weit verbreitet und bedeutet ungefähr das gleiche wie: Allzu viel ist ungesund.

[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Scharte, S. 3. Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 5262 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 4, S. 1302) © Verlag Herder]_

Gruß Fritz