Eine Frage zur aktuellen Wirtschaftspolitik

Moin.
Ich habe da mal eine Frage an die Politikwissenschaftler.
In den letzten Jahren ist immer wieder die Rede davon, das die Arbeitszeit verlängert werden soll, wobei das Gehalt gleich bleibt.
Und vor zehn Minuten sagte F. Müntefering, das dass Rentenalter ebenfalls erhöht werden soll. Und das nicht erst in zehn Jahren, sondern möglichst bald.
Meine Frage ist jetzt, was verstehe ich da Falsch?
Es ist doch eigentlich so das zum einen ältere Arbeitskräfte, so ab 55, immer öfter mit einer Abfindung aus ihren Arbeitplätzen ausscheiden und zum anderen die Firmen Personen in dem alter nicht mehr einstellen. Warum also diese Erhöhung?
Des weiteren verstehe ich nicht, warum gesamt länger gearbeitet werden soll, ohne den Lohn zu vergrößern oder ihn sogar zu verringern.
Wenn weniger für mehr Lohn gearbeitet würde, so würde der Staat doch erstens mehr Steuern bekommen, und zum anderen würde mehr Arbeit in weniger Zeit dazu führen, das Firmen mehr Arbeitskräfte einstellen?
Ich denke nicht das ich mehr Ahnung habe als die Politiker, also wer kann mir das erklären?
Das soll übrigens keine Kritik sein, auch wenn es so klingen mag, nur eine Frage.

MfG. Goms

Moin Goms,

Warum also diese Erhöhung?

Ganz einfach: Weil dadurch die Auszahlungen sinken, egal mit welchem Alter derjenige in Rente geht. Ein Frühverrenteter erhält natürlich nicht die selben monatlichen Zahlungen, wie ein normal Verrenteter. Hebt man also das offizielle Renteneintrittsalter an, werden die Auszahlungen trotz vielleicht gleichbleibendem tatsächlichen Renteneintrittsalter sinken. Und dies will man erreichen…

Des weiteren verstehe ich nicht, warum gesamt länger
gearbeitet werden soll, ohne den Lohn zu vergrößern oder ihn
sogar zu verringern.
Wenn weniger für mehr Lohn gearbeitet würde, so würde der
Staat doch erstens mehr Steuern bekommen, und zum anderen
würde mehr Arbeit in weniger Zeit dazu führen, das Firmen mehr
Arbeitskräfte einstellen?

Weil das alles Theorie ist, wenn es zu wenig Arbeit gibt. In Produkte gehen die Lohnkosten ein. Steigen diese, weil der Lohn pro Stunde ansteigt, aber die Stunden pro Produkt gleich bleiben, wird das Produkt teurer bzw. unverkäuflich. Und damit geht die Arbeit verloren.
Der Umkehrschluss, dass eine Senkung der Lohnkosten durch Verlängerung der Arbeitszeit direkt neue Arbeitsplätze schafft, ist allerdings ebenfalls schwierig. Denn bei gleichbleibender Produktion reichen ja jetzt weniger(!) Menschen zur Arbeit aus. D.h. es müssten tatsächlich die Preise der Produkte gesenkt werden, um eine Nachfrageausweitung zu erzielen, die in zusätzlicher Arbeit mündet.
Sinnvoller hielte ich hierbei eine direkte Senkung der Lohnnebenkosten, die wir aber offensichtlich nicht hinbekommen…
Denn unser Kernproblem ist ja gerade die Nachfrageschwäche durch Zukunftsängste, die man durch eine Verlängerung der Arbeitszeit nicht wirklich beseitigen wird…

Meine Meinung
Jürgen

Hallo.

Ein Blick auf die Rentenformel bringt uns der Sache schon näher:
http://www.beamte4u.de/2062.html -> 0,3% Kürzung pro Monat, wenn Renteneintritt unter 65 Jahren.
Sowie : http://www.klinge-versicherungen.de/lexikon.public.i…

Jetzt kann man sich ausrechnen, WARUM das Renteneintrittsalter erhöht werden soll:
erstens sinkt die Anzahl der Einzahler und zweitens steigt die Zahl der Rentenempfänger.
Was auf Dauer nicht gut gehen kann, wenn man bei den Rentnern nicht die Beträge kürzt…

HTH
mfg M.L.

Hi!

Es ist doch eigentlich so das zum einen ältere Arbeitskräfte,
so ab 55, immer öfter mit einer Abfindung aus ihren
Arbeitplätzen ausscheiden und zum anderen die Firmen Personen
in dem alter nicht mehr einstellen. Warum also diese Erhöhung?

Um die Rentenkassen zu entlasten.
Angenommen, ein Mensch wird durchschnittlich 78 Jahre alt. Er geht mit 65 in Rente. Dann muss die Rentenversicherung 13 Jahre lang zahlen. Geht der Mensch erst mit 68 in Rente, reduzieren sich die Zahlungen auf 10 Jahre. Deutlich geringere Belastung für die Rentenkasse.

Dies setzt natürlich voraus, daß der Mensch bis zum 68.Lebensjahr berufstätig ist (und somit in die RV einzahlt) und nicht anderen Sozialkassen zur Last fällt (z.B. Arbeitslosigkeit).

Wenn weniger für mehr Lohn gearbeitet würde, so würde der
Staat doch erstens mehr Steuern bekommen, und zum anderen
würde mehr Arbeit in weniger Zeit dazu führen, das Firmen mehr
Arbeitskräfte einstellen?

Die Unternehmer argumentieren genau anders herum. Wird weniger gearbeitet, wird weniger produziert. Werden dann auch noch die Löhne erhöht, werden die Produkte teurer. Konkurrenzunternehmen, bei denen länger und für geringere Löhne gearbeitet wird, können ihre Produkte zu niedrigeren Preisen anbieten. Dem deutschen Unternehmen gehen Marktanteile verloren, was zu Entlassungen oder Insolvenz führt.

Grüße
Heinrich

Hallo Goms,

Ich habe da mal eine Frage an die Politikwissenschaftler.

Das ist eine Frage für Wirtschaftswissenschaftler, aber sei’s drum.

In den letzten Jahren ist immer wieder die Rede davon, das die
Arbeitszeit verlängert werden soll, wobei das Gehalt gleich
bleibt.

Des weiteren verstehe ich nicht, warum gesamt länger
gearbeitet werden soll, ohne den Lohn zu vergrößern oder ihn
sogar zu verringern.

Diesen Effekt habe ich bis vor kurzem auch nicht in ganzet Tiefe verstanden, bis ich von Hans-Werner Sinn, Ist Deutschland noch zu retten? gelesen habe. Das war nicht nur hinsichtlich Deiner Frage höchst aufschlussreich.

Gruß,
Andreas

Die Unternehmer argumentieren genau anders herum. Wird weniger
gearbeitet, wird weniger produziert. Werden dann auch noch die
Löhne erhöht, werden die Produkte teurer.
Konkurrenzunternehmen, bei denen länger und für geringere
Löhne gearbeitet wird, können ihre Produkte zu niedrigeren
Preisen anbieten. Dem deutschen Unternehmen gehen Marktanteile
verloren, was zu Entlassungen oder Insolvenz führt.

…und dies ist die einzig richtige Antwort auf das Dielemma. Kein hier Lebender und Arbeitender kann / will sich in D-land produzierten Produkte kaufen / leisten, denn sie sind einfach zu teuer; sämtliche Konkurrenten auf dem Weltmarkt sind günstiger bei nahezu gleicher Qualität.
Will man also Arbeitsplätze in D-land retten, müssen zwei Dinge erfolgen:
erstens die Brutto!!!-Löhne runter(nicht Netto wegen Kaufkraftverlust), damit die AG die Lohnnebenkosten senken können und zweitens:
die Sozialleistungen günstiger machen (schlecht für diesen Vollkaskoversorgerstaat)