Eine Kur für Leib und Seele

Hallo 50+Leute, vielleicht gefällt Euch mein „besonderer Kurbericht“.

Eine Kur für Leib und Seele…

… habe ich kürzlich beendet. Drei Wochen war ich in Bad Gögging, ein kleiner, ländlicher Kurort am Flüsschen Abens, ca. 40 km von der mittelalterlichen Stadt Regensburg entfernt. Im Ortsprospekt ist zu lesen, dass schon die alten, wärmeverwöhnten Römer zu Beginn unserer Zeitrechnung das heilkräftige Schwefel- und Mineralthermalwasser für ihre Gesundheit genutzt haben. Viele Funde aus der antiken Blütezeit belegen die Badetradition, zu sehen im Römischen Bademuseum unter der alten Pfarrkirche. Mit dem Abzug der Römer endete der Badebetrieb und wurde erst ca. 1880 wieder aufgenommen.

Wie habe ich es genossen, für einige Wochen frei zu sein von Hausfrauenpflichten und Alltagskram, mich nur um mich selber kümmern zu müssen. All die vielen Anwendungen taten den Gelenken ungemein gut. Sicher wurde der Körper dadurch nicht mehr jung, aber eine gewisse Verjüngung ist es allemal, gibt ein neues Lebensgefühl. Insbesondere in der dritten Woche merkte ich einen Schub in meinem Wohlbefinden. Auch die Sinne öff-neten sich mehr und mehr, ich durfte „sehen“, „hören“ und „staunen“. Bei einem Kurkon-zert brachte eine Blaskapelle einen breiten Querschnitt ihres Könnens von schmissiger Volksmusik bis zur Moderne. Das juckte in den Beinen und die Hände taten weh vom Mitklatschen. Ein andermal fand u.a. eine Break-Dance-Vorführung statt von zwei halb-wüchsigen Buben. Wau – da ging die Post ab! Was die Schnelligkeit, Kraft und Kondition brauchen!

In der evangelischen Kurkirche war gerade eine Ausstellung von Evita Gründler mit Bildern zur Bibel. Zum Abschlussfest spielte das St. Petersburger Streichquartett beschwingte Unterhaltungsmusik von Kreisler, Tschaikowski und argentinischen Tango. Im Kirchen-raum standen Tische und Stühle und in der Pause konnte man sich bei liebevoll hergerich-teten Häppchen und Getränken austauschen über die Bilder, mit den dazugehörigen Bi-beltexten versehen, und die Musik. „Wo Freude ist, darf man feiern“ – hatte der Pastor bei der Begrüßung gesagt, „und Gott ist die Freude“. So fand die kleine Feier anstelle des sonst um diese Zeit üblichen Gottesdienstes statt.

Ein andermal gestaltete das „Studio für alte Musik“ einen kammermusikalischen Gottesdienst. Hochkarätige Künstler aus Bukarest beeindruckten die Besucher mit Musik auf alten Instrumenten und wohltönendem Gesang. Sehr zu Herzen gehend war das letzte Musikstück, in dem – lt. Erklärung - das Leiden des rumänischen Volkes durch die Jahrhunderte zum Ausdruck kam. Beim anschließenden Kirchenkaffee konnte man im Miteinanderreden alles noch mal nachwirken lassen.

Beeindruckend ist auch die katholische Kurkirche, ein schlichter, zweiwandiger Rundbau. Der Kirchenraum, etwas weniger hoch als die Außenmauer, ist ruhig und meditativ gestaltet. Die obere Hälfte der fensterlosen Wände und der Altarraum sind mit hellem Holz verkleidet. Oberlichtfenster in der Außenmauer sowie ein großes rundes Fenster in der Deckenmitte lassen Tageslicht herein. Nachmittags ist leise Musik vom Tonband zu hören. Und wenn es ganz ruhig ist, kein Kommen und Gehen, kein Husten und Flüstern, und wenn man konzentriert in sich hineinlauscht, dann kann man sein Inneres hören …

Zweimal gab es in dieser Kirche eine abendliche „Atempause für die Seele“ mit Text und Musik. Ein Thema waren die Träume, wie wir als Kinder hatten und die wir uns bewah-ren sollen, auch beim Älterwerden. Das andere Thema war „Hoffnung“, das „Neuwerden“ im beginnenden Frühling nach langen, grauen Wintermonaten und der Vergleich mit den Hochs und Tiefs im menschlichen Leben.

Mehr und mehr zeigte sich der Frühling in seiner Farbenvielfalt und die milde Sonne war angenehm zu verspüren. Am Tag vor meiner Abreise machte ich einen letzten Abendspa-ziergang. Ich besuchte noch mal das Schwanenpaar „Erna und Sepp Schlagbauer“ (Kurgäs-te haben ihnen diese Namen gegeben). Während einer der beiden den Nachwuchs bebrü-tet, zieht der andere gemächlich seine Bahnen durch das Wasser, aber immer voller Auf-merksamkeit, dass dem Nest nur ja kein Unheil naht.

Die herrliche Auenlandschaft an den reichlichen Windungen und Verzweigungen des Flüsschens beeindruckte mich an diesem Abend ganz besonders. Es waren nur noch ver-einzelte Spaziergänger unterwegs. Ich genoss die Ruhe und hörte auf die Stille der nahen-den Nacht. Als ich später auf dem Heimweg an einem Tümpel entlang ging, bekam ich zum Abschied noch ein Froschkonzert geboten. Sehr berührt von meinem Meditations-spaziergang kehrte ich in mein Quartier zurück und nahm das „Erlebte“ mit in meinen Schlaf – und am nächsten Tag mit nachhause.

April 2002

Vielen Dank…
…liebe Rosi, für die Art, in der du uns an deinen Eindrücken hast teilnehmen lassen. Offen sein für alles, Hinhören auch auf die leisen Töne, das hat dir gut getan. Ich kann mir denken, dass du mit neuer Kraft wieder in deinen Alltag zurückgekehrt bist. Ich wünsche dir, dass die schöne Zeit noch lange in dir nachklingt!

Liebe Regengrüße vom Hochrhein schickt dir und allen LeserInnen
Theo aus WT