Wandern im PWV-Land
Servus,
gleich westlich neben dem von der Ludwigshafener und Mannheimer Industrie dominierten „Delta“ liegt der Pfälzerwald. Ich schätze, dieses Jahr wird relativ spät gelesen, da werden vor dem Wald in der Haardt und auch zwischen Neustadt und Landau je nachdem wann im Oktober noch einige Wingerte in Herbstfärbung stehen. Der Wald ist inzwischen in großen Teilen wieder zum Mischwald umgebaut, mit entsprechender Färbung von Kastanien, Buchen, Lärchen - die Kastanien (= Keschde), die die ganze Front des Waldes zum Rheintal hin stehen, sind ein nettes Extra, genauso wie die Feigen, die da un peu partout gedeihen und auch unterhalb der Sterneküche bis in die Gaststuben finden. Der von Fremden teils eher gefürchtete Saumagen wird mit einer Keschdefüllung etwas Besonderes - Keschde sind da drin übrigens als Armeleuteessen durchaus authentisch.
Im Wald muss man nicht bloß rundwandern (die auf die Wanderparkplätze ausgerichteten Wanderwege sind besonders an Sonntagen, vor allem südlich von Neustadt, ein bissle überlaufen). Es gibt auch ein ziemlich komfortables Netz von Bahnen und Bussen, das den Radius sehr vergrößert, weil man nicht zum Ausgangspunkt zurück muß.
Zwanzig Kilometer ist im Wald schon eine ordentliche Distanz, weil es egal von wo aus man ihn angeht, immer zuerst 200 Höhenmeter aufwärts geht - in der Regel nicht steil, aber schon so, daß man das Volumen der eigenen Lunge spürt. Die Täler gehen teils auch recht weit in das Mittelgebirgsmassiv hinein, tausend Höhenmeter kommen an einem Tag schon einmal zusammen, auch wenn es höchst selten einmal eigentlich steil wird.
Westlich des Waldes die recht scharmanten Täler von Alsenz und Lauter, dort Höhenzüge mit weniger Baumbestand oben drauf, Blicke von prächtiger Weite.
Thermalbäder hat es in der Gegend einige, „wellnesstechnisch“ würde ich allerdings Bad Dürkheim „Pensionopolis“ aussparen.
Geologisch geht das gleiche Gebiet, aber mit viel dünnerer Besiedlung und auf jedem dritten Buckel einer staufischen Burgruine, auf der französischen Seite in der Gegend Wissembourg - Niederbronn - Bitche weiter. Dort ist man echt im Freien, es ist nicht schwer, Wanderrouten zu finden, bei denen man einen ganzen Tag lang keinem Menschen begegnet.
In beiden Gebieten ist zu Fuß 1:25.000 besser als 1:50.000, weil sie wegen der Höhenunterschiede teils ziemlich fisselig auf der Karte darzustellen sind. Ich hab schon öfters Wanderlustigen mit dem Weg geholfen, die bloß so eine grobe „Kompaß“-Karte hatten und sich damit heillos verfranzt haben.
Für Dauerregentage (ja, ganz selten gibt es sowas auch in deutsch-Kalifornien) gibts in Ludwigshafen, Mannheim, Heidelberg einige bedeutende Museen. Architekturhistorisches u.a. in Speyer, Worms, Ladenburg und in der ganz unbekannten kleinen Schwester von Rothenburg o.T. Freinsheim. Technische Museen in Speyer und Sinsheim (privat geführt) und in Mannheim (Landesmuseum).
Und mit seinem dichten Netz an Hütten (teils wochenends, teils durchgehend bewirtschaftet), bei denen es wohlfeile einfache Kost und vor allem Riesling bis zum Abwinken gibt (Vorsicht! Ein Pälzer Schorle wird nicht 50:50 eingeschenkt, je nach Stimmung des Wirts liegt der Sprudelanteil bei 20%), dürfte der Pälzer Wald das bestmöblierte Wanderrevier Deutschlands sein.
Für geologische und landschaftliche Abwechslung gibts gleich nördlich an den Wald anschließend den Donnersberg, der nicht bloß botanisch hochinteressant ist, sondern auch besonders im Frühjahr und Herbst an einzelnen Tagen eine dramatische Sicht bietet - ich habe selber von dort aus schon den Taunus gesehen.
Auto/Zelt täte ich mir angesichts des unberechenbaren Oktoberwetters überlegen, viele Hütten des Waldvereins und auch Naturfreundehäuser bieten Quartier für ein paar Euronen.
Falls Dich das reizt, komm wegen Einzelheiten und Tourenvorschlägen über e-mail, sonst spamme ich hier noch alles zu mit langatmigen und weitschweifigen Liebeserklärungen an den Wald.
Achja, und wenn Du sehr großes Glück hast und frühmorgens oder in der Abenddämmerung unterwegs bist, kann es im Extremfall passieren, daß Du einen leibhaftigen Luchs zu Gesicht kriegst. Das ist aber sehr unwahrscheinlich, auch Förster, die ihr Revier in- und auswendig kennen, vermuten die wahrscheinlich ungefähr fünf Luchse, die im Pälzerwald leben, eher, als daß sie von ihnen wüßten.
Schöne Grüße
MM