Einhaltung der StVO-VwV (Haftung, Einforderung)

Hi.

Wenn eine Straße falsch beschildert wurde, in dem Sinne, dass die VwV der StVO nicht eingehalten wurde, wer haftet dann für eventuelle Unfälle, die daraus resultieren?

Wo und mit welchen ‚Druckmitteln‘ kann man die Einhaltung der StVO-VwV einfordern?

Danke!
M.

hi,

ich wage mal behaupten, dass es einen Unterschied gibt, ob zwei kreuzende Straßen mit Vorfahrt beschildert werden und es daraufhin zu einem Unfall kommt,
oder ob fälschlich ein nötiger Abstand der Schilder nicht eingehalten wird oder eine sonstige Beschilderung nicht eindeutig war (Grundgedanke: erkennbar unklare Lage) und man daraus eine Mitschuld der Schilder konstruiert.

grüße
lipi

Zunächst sollte man den entsprechenden Abschnitt der VwV-StVO genau lesen, denn darin wimmelt es von Sollvorschriften und solchen, die unter bestimmten Bedingungen gelten. Wenn man dann wirklich auf einen echten Verstoß gestoßen ist, stellt sich als nächstes die Frage, ob man für eine übergeordnete bzw. aufsichtführende Behörde arbeitet oder ob man sich als Privatperson auf den Kriegspfad für Recht und Ordnung begeben möchte. Sofern letzteres der Fall ist, wird es m.E. schwierig, denn dafür müsste man durch einen Verwaltungsakt oder anderweitig (also bspw. zivilrechtlich) betroffen sein.

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Genau das ist das Problem.
Wenn ich etwas hasse, dann sind es unsinnige und / oder unnötige Regeln, denen man sich unterwerfen muss, obwohl das unmöglich oder unsinnig ist. Im Gegenzug wird die Einhaltung dieser Regeln aber gar nicht überwacht.

Der Radfahrschutzstreifen mit 4,5m verbleibender Fahrbahnbreite in der Nachbarstadt ist klar rechtswidrig, da die Restfahrbahnbreite so groß sein muss, dass sich zwei mit erlaubter Höchstgeschwindigkeit fahrende PKW gefahrlos begegnen können. 100km/h Differenzgeschwindigkeit mit 40 cm Spiegelabstand - das soll mir mal der Verwaltungsbeamte vormachen!

Den Prozess würde ich wohl gewinnen. Die Stadt Hemer müsste 2 Kilometer Fahradschutzstreifen entfernen. Gewinnen würde niemand. Obwohl: Der Entfall des Schutzstreifens würde faktisch den wenigen Radfahrenden dort mehr Schutz bieten als dieses Pseudo-Streifchen, welches Autofahrer einlädt mit zu geringem Abstand zu überholen.

Oder die grandiose Fehlbeschilderung auf der A46. Wegen unglaublich vieler und schwerer Unfälle seit Jahren auf 130 km/h begrenzt, gibt es nun ein Problem mit einer maroden Brücke.
Aus 130 km/h werden 80 km/h, eine auf 2,10 m begrenzte linke Spur, eine nach links verschwenkende rechte Spur und eine breite Sperrfläche, damit LKW die Schulter der Brücke nicht mehr befahren.
Auf der Brücke ist auch der Einfädelungsstreifen einer Auffahrt. Dort Auffahrende haben keinerlei Hinweise auf 80 und 2,10 Beschränkung. Als das neu war, habe ich mich bloß gewundert warum die von hinten kommenden Autos alle so schleichen und habe ganz normal auf 110 km/h beschleunigt.
Dann folgt das neu aufgestellte Zeichen „Aufhebung aller Streckenverbote“. Nach 300 m stehen die alten Zeichen mit 130 km/h und LKW-Überholverbot, genau 2 Meter vor der Stelle, an der regelmäßig die 130 km/h überwacht wurden (mobiler Blitzer).
Völlige Fehlbeschilderung, es ist kompletter Unfug, für 300m alle Beschränkungen aufzuheben. Der Blitzer kann dort nun auch nicht mehr hingestellt werden, denn der misst ja nicht die Geschwindigkeit genau am Aufstellort (da wären es 130 km/h Tempolimit), sondern misst einige Zig Meter gegen die Fahrtrichtung (und da gilt „freie Fahrt für dumme Bürger“).

Die Fehlbeschilderungen bei Baustellen sind legendär. Tempolimit auf beiden Straßenseiten beschildert: 70 km/h. Bauarbeiter klemmen vor das rechte Zeichen das neue, temporäre Limit 50 km/h. Die 70 auf dem linken Schild bleiben unangetastet. Freie Wahl des Limits, super.

Sämtliche E-Auto Ladeplätze in meiner Stadt wurden neu mit „P“ und dem darunter angebrachten Zusatzzeichen „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs frei“ beschildert. Herr, schmeiß Hirn…

Und das legendäre Schild hier:


„Auf dem Seitenstreifen ab dem 30.08.23“
Da gibt es gar keinen Seitenstreifen - und auf der Fahrbahn durfte ich parken.

Wegen einer Großbaustelle wurde bei uns eine Umleitungstrecke eingerichtet und beidseitig mit „Halteverbot, auch auf dem Seitenstreifen“ beschildert, damit der Durchgangsverkehr nicht behindert wird. Dort gibt es Seitenstreifen, dort würde das Parken den Verkehr gar nicht behindern - und dort parken weiterhin alle Anwohner unbehelligt. Da aber eine Haltestelle weggefallen ist, die den Busfahrern als Ort für Pausen zur Verfügung stand, hat die lokale Verkehrsgesellschaft mitten in der Umleitungssrecke eine überlange Behelfs-Haltestelle eingerichtet. Da stehen nun trotz Halteverbot öfters bis zu drei Gelenkbusse und machen Pause - neben den im 20-Meter-Takt wiederholten Zeichen „Auf keinen Fall halten, auch nicht kurz! Das ist eine wichtige Umleitungsstrecke!!!“.

Ach, ich rege mich schon wieder zu stark auf.

Ja, so ein Ding haben wir hier auch. Die haben extra den Mittelstreifen weggefräst, damit man nicht so deutlich sieht, dass das nicht passt. Blöd ist halt nur, dass am Ende des Abschnitts eine Bedarfsampel steht, vor der eine Haltelinie markiert ist und ein bisschen Mittelstreifen. Der Schutzstreifen bzw. dessen Markierung endet knapp zwei Meter davor. Sich zwischen Ende des Schutzstreifens und Anfang des Mittelstreifens mit einem KFZ durchzuquetschen, ist völlig unmöglich.

Das ist dann mein nächstes Projekt. Mein letztes wurde mit dem Absetzen zweier großer Kübel auf der Straße in unserem verkehrsberuhigten Bereich (die mit über sieben Metern übrigens einen guten halben Meter breiter ist als die Bundesstraße mit dem Schutzstreifen) beendet, die die Autofahrer ganz gut daran hindern, die früheren Spitzengeschwindigkeiten von teilweise über 55 km/h (wohlgemerkt: bei erlaubter Schrittgeschwindigkeit) zu erreichen.

Aktuell treibe ich noch die Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung und den Leiter des Amtes für öffentliche Infrastruktur wegen der eigentlich beschlossenen Abstufung unserer Ortsdurchfahrt (s.o.) zur Gemeindestraße vor mir her.

Aber danach kommt der Schutzstreifen dran, wobei dafür eigentlich die Verkehrslenkerin zuständig ist, die im Ordnungsamt sitzt.

Das gibt es ja leider häufiger. Wird die Beschränkung auch über den „unauffälligen“ Abschnitt fortgeführt, hat die entsprechende Behörde schnell eine Klage am Hals wegen einer ungerechtfertigten Geschwindigkeitsbeschränkung. Das Thema hatten wir hier mal mit der Fleher Brücke, wo jemand erfolgreich gegen eine Beschränkung auf 80 km/h geklagt hatte. Das Gericht entschied, dass das Land keine hinreichenden Gründe für die Beschränkungen vorgetragen hatte. 800 Meter später beginnt ein 80 km/h-Abschnitt aufgrund von Tunneln. :man_shrugging:

Ich muss mich korrigeren:

Jedes aufgestellte Schild stellt natürlich einen Verwaltungsakt dar. Insofern kann auch jeder dagegen vorgehen, d.h. eine Anfechtungsklage erheben. Es gilt eine Frist von einem Jahr nach erster Wahrnehmung durch die betreffende Person (wunderbare Begründung für diese verlängerte Frist aus einem Urteil des VerwG Düsseldorf: „Da Verkehrszeichen keine Rechtsbehelfsbelehrungen beigegeben sind, beträgt die Klagefrist nicht gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einen Monat, sondern nach § 58 Abs. 2 VwGO ein Jahr.“).

darf doch von Autos in Ausnahmefällen (also zum Beispiel Gegenverkehr) benutzt werden, oder nicht? Die Schutzstreifen gehören mit zur Fahrbahn, die damit nicht nur 4,5m breit ist.

„Er darf nur innerhalb geschlossener Ortschaften auf Straßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von bis zu 50 km/h markiert werden und nur, wenn die Verkehrszusammensetzung eine Mitbenutzung des Schutzstreifens durch den Kraftfahrzeugverkehr nur in seltenen Fällen erfordert.

Also mit anderen Worten: wenn es dort ständig Begegnungsverkehr von Bussen und LKW gibt, für den der der Fahrbahn nicht ausreichend ist, darf der Streifen nicht eingerichtet werden.

Bei uns die Ortsdurchfahrt (Bundesstraße) 6,2-6,5 Meter breit. Schutzstreifen mindestens 1,25, LKW und Busse ohne Spiegel 2,55 Meter. Macht in Summe 6,35. Mit Spiegel und Abstand reicht also die Straßenbreite offensichtlich nicht aus. Ein Schutzstreifen hätte also nicht eingerichtet werden dürfen, da es stündlich zu mindestens zehn Busbegegnungen kommt und wenigstens zehn LKW je Richtung hinzu kommen. Das hat mit „selten“ nichts mehr zu tun.

Moin,

Würdest du mir auch Hirn werfen und erleuchten? :grin:
Dass dich daran etwas stört, ist mir klar, aber was genau?

Hier im Norden gibt/gab es Gemeinden, die einen gebührenpflichtigen Parkplatz betreiben. Je nachdem muss man während des Ladevorgangs Parkgebühren entrichten oder eben nicht. Meintest du so was?

-Luno

Wenn das Zusatzzeichen mit diesem Wortlaut einen Sinn geben soll, bräuchte es an dieser Stelle Zeichen 286. Mit Zeichen 314 heißt der Zusatz, der das Parken positiv auf die im Zusatz genannten Fahrzeuge einschränkt, „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs“.

Schöne Grüße

MM

Zusatzzeichen „frei“ bestimmen, dass dort bezeichnete Fahrzeuge von der Regelung des Hauptzeichens ausgenommen sind.

So etwa „Durchfahrt verboten - Landwirtschaft frei“ oder „Nur links abbiegen erlaubt - Linienverkehr frei“.

Streng genommen heißt diese Kombination


also:

„Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind von der Parkerlaubnis ausgenommen“.

Die Schilder-Idiotie hat ihren Ursprung schon in der stümperhaft zusammengepfuschten StVO.

Gerade heruntergeladen von „gesetze-im-internet.de“:
Screenshot 2023-12-21 at 14-33-28 Anlage 2 StVO 2013 - Einzelnorm

Das ist die gesetzliche Abbildung des Zeichen 277.1. Dazu der nicht bindende, lediglich beschreibende Text.

Und nun lesen wir uns durch, welches gesetzlich bindende Verbot damit ausgesprochen wird:
„Wer ein mehrspuriges Kraftfahrzeug führt, darf ein- und mehrspurige Fahrzeuge nicht überholen.“

Motorräder und Motorräder mit Beiwagen zählen beide als einspurige Fahrzeuge.

Ein Auto darf hier ein Motorrad (auch mit Beiwagen) nicht überholen, das Motorrad (auch mit Beiwagen) darf da Auto jedoch überholen. Unsinnig, gell? Und dass die amtliche Bezeichnung etwas ganz anderes aussagt als die Verhaltensvorschrift (und ich offen gesagt das Sinnbild auch so interpretieren würde, dass hier nur einspurige Verkehrsteilnehmer besonders geschützt werden sollen), ist anscheinend den Schreibern des Gesetzes nicht aufgefallen. Da war wohl gerade Weihnachstfeier.

Moin,

Und ich Dödel dachte immer, das bedeutet „Hier gibt es Freistrom!“ So kann man sich irren.

-Luno

ps:Danke für eure Erklärungen.