Hallo,
Wieso werden steuerfreie Bezüge in einer Steuererklärung den steuerfreien Einnahmen hinzugerechnet?
Das ist Verwaltungspraxis. Begründet ist das erstmal mit § 19 Abs 1 Nr. 1 EStG und darüber hinaus bloß formal damit, dass dem FA bei der Veranlagung nur diejenigen Werbungskosten bekannt sind, die der StPfl in seiner Steuererklärung benannt hat - unabhängig davon, welche Motive der Arbeitgeber dafür hatte, dass er Bezüge ohne Lohnsteuerabzug abgerechnet und ausbezahlt hat.
Ändert doch aber nichts daran, dass sie steuerfrei sind. Nicht weil der AG das gerne so machen würde, sondern weil das Gesetz die Steuerfreiheit vorsieht. Der AN muss doch auch keine Stundenzettel vorlegen, damit seine steuerfreien Nachtschichtzuschläge steuerfrei bleiben.
In welchen Fällen im Einzelnen das bei der Veranlagung von Arbeitnehmern so gehandhabt werden muss oder soll und welche Ermessensspielräume dabei bestehen, steht ( vermute ich ) in öffentlich nicht zugänglichen Anweisungen.
Dabei kommt es mir so vor , als sei diese Praxis nicht dadurch begründet, dass man mit aller Gewalt noch ein paar Euro Steuereinnahmen herausleiern will (der mit den dadurch erzeugten Einspruchsverfahren und Änderungsanträgen verbundene Aufwand macht viel mehr aus als die festgesetzte und dann doch wieder geänderte ESt), sondern nur technisch: Die Maschine muss halt mit jedem Betrag, der vom AG in der LSt-Bescheinigung übermittelt wird, irgendwo hin.
Wenn der als steuerfrei deklariert ist, dann wird das jedenfalls nicht dem steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet.
Für einen nur technischen Grund sprechen die seit einigen Jahren in das Formular aufgenommenen „Angaben in Kurzform“ zu Zeile 49 Anlage N, wo Arbeitnehmer die steuerfrei erstatteten Fahrtkosten und Mehraufwendungen für Verpflegung jeweils in einer Summe und ohne Einzelangaben erklären können: Das gibt bei der Veranlagung für eine Prüfung, ob die Fahrtkosten tatsächlich steuerfrei erstattet werden konnten, überhaupt keine Anhaltspunkte, aber der Rechner hat dann halt einen Betrag „Werbungskosten“, den er gegen die steuerfreien Einnahmen aus der LSt-Bescheinigung setzen kann.
Wenn denn solche geltend gemacht werden. Es wird nicht pauschal gegen Werbungskosten gesetzt, sondern es werden geltend gemachte Reisekosten mit steuerfrei erstatteten Reisekosten verrechnet (§3c Abs. 1 EStG; BFH-Urteil vom 15.11.1991, VI R 81/88, BStBl. 1992 II S. 367). Werden sie nicht geltend gemacht, wird auch nichts angerechnet. Das Risiko für eine falsche steuerfreie Erstattung trägt der Arbeitgeber bei Lohnsteueraußenprüfungen durch das Finanzamt und die Außenprüfungen der Rentenversicherung. Wenn da rauskommt, dass er es falsch abgerechnet hat, dann zahlt der das im Zweifel alleine, nebst den Extragebühren.
Die einzige greifbare Konsequenz der „Angaben in Kurzform“ ist, dass der Steuerpflichtige bei wissentlich falschen Angaben (und nennenswerten Beträgen) bei § 370 AO mit im Boot ist. Möglicherweise eine Reaktion der Finanzverwaltung auf die Praxis, die „kleine Kasse“ mit fingierten Reisekosten zu speisen.
Also alles sehr viel Spekulatius? Dann schreibt das auch so, dass es sich lediglich um Vermutungen handelt, die auf möglicherweise falschen Einzelfallbeobachtungen beruhen.
Grüße