Hallo Anja,
zu einigen Deiner Punkte möchte ich ein paar Sätze sagen.
Damit aber nicht ein falscher Eindruck entsteht, möchte ich vorab betonen, daß ich den Einsatz von Konzentrationsapperaturen wie Umkehrosmosegeräten, Vakuumverdampfern, Kyroextraktoren ebenso ablehne, wie Staves, Chips und Powders.
Ebenso für falsch halte ich es aber, undifferenziert und eher populistisch auf sogenannte neue Verfahren einzudreschen - das Problem als solches ist nämlich noch viel schlimmer …
Ich schreibe in Deinen Text hinein.
Seit langem verfolge ich die Diskussion der Umkehrosmose
(künstliches Verdicken des Weins durch Entzug des
Wassers)mittels des
Konzentrateurs.
Der Begriff „verdicken“ ist nicht wirklich treffend. Bei den genannten Verfahren werden zwischen 10 % und maximal 15 % des Wassers künstlich entfernt. „Verdicken“ klingt irgendwie nach Marmelade und das wird es dann doch nicht …
Da die Europäer ja auf Betreiben u.a Italiens ebenfalls schon
jahrelang die Erlaubnis erhalten haben das o.g Verfahren
einzusetzen,werden jetzt auch Sägespäne(Eichenchips) zur
Weinbereitung benutzt,um den Konsumenten
ein Holzfass-Aroma vorzugaukeln.
Das ist in mehrerer Hinschicht falsch.
- Es waren nicht italienische Verbände/Winzer/Genossenschaften die eine Erlaubnis angestrebt haben.
- Die Verfahren sind in ganz Europa noch nicht in der Breite erlaubt, sondern die Winzer müssen sich bei ihrem zuständigen Aufsichtsorgan eine Ausnahmegenehmigung zu Forschungszwecken holen. Die Arbeiten in den Weingütern werden dann von Forschungseinrichtungen begleitet.
- Der Einsatz von Staves, Chips und Powders begann wesentlich früher, als das Herumexperimentieren mit Konzentratoren.
Auch mit Tanninpulver,künstlichen Aromen etc.wird mittlerweile
ganz legal
rumgepantscht.
Das ist zumindest was die Aromen betrifft, für Europa falsch.
Es gibt viele Winzer,die sich zu Recht gegen diese
Manipulationen wehren und darauf auf Dauer verzichten wollen.
Sie sollten auf Änderung der Kennzeichnungspflicht drängen,
aber die Lobby der Konzentrateurnutzer ist zu groß um das
durchzusetzen!?!
Jede (sehr) große Genossenschaft, jeder Hersteller von Markenweinen, jeder Vermarkter von Faßware, also die Produktions- bzw. Handelsbetriebe, die sehr große Volumina bearbeiten muß ein Interesse an Produktionsverfahren haben, die von konkurrierenden Betrieben ausserhalb Europas völlig legal eingesetz werden dürfen.
Eine Änderung der Kennzeichnungspflicht ist schon in Europa nicht so einfach und seit Anfang dieses Jahres ist das neue Weinhandelsabkommen mit den USA in Kraft und dieses Abkommen würde eine Auszeichnungspflicht für diese Produktionsverfahren verhindern (Stichwort: Verbot der positiven wie negativen Diskriminierung).
Ob ein Wein auf diese Weise getunt wurde ,sollte auf den
Etiketten
deklariert werden-aber solche Transparenz sucht man leider
vergeblich.
siehe oben
Nun zu meiner Frage:
Würdet ihr weiterhin einen Wein konsumieren,von dem ihr
wisst,das er auf solche Weise manipuliert worden ist-auch wenn
er noch so fabelhaft
schmeckt?
Ich würde ihn probieren - auf jeden Fall!
Kaufen und in größerer Menge konsumieren würde ich dieses Erzeugnis nicht.
Das Problem ist ja auch folgendes: Es gibt u.a in Frankreich
ganz renommierte Weingüter die mit dem Konzentrateur ihre
Weine aufwerten und es scheint ja dort durchaus en vogue zu
sein.(habe einen Fernsehbericht darüber gesehen)
Zählt am Ende nur das „Geschmacks“-Erlebnis?
Kommt drauf an. Für mich hat der Weinbau auch eine kulturelle, kulturhistorische und soziale Komponente. Für die meisten deutschen Verbraucher ist es aber nur wichtig, daß der Wein billig ist und richtig reindröhnt.
Winzertraditionen ade?
Gerade der Weinbau hat immer wieder entscheidende Technologieschübe erlebt. In der Vergangenheit haben diese Entwicklungen zu einer Steigerung der allgemeinen Weinqualität geführt. Es hat also meiner Ansicht nach keinen Sinn, sich pauschal gegen technologische Weiterentwicklungen auszusprechen.
Auch ist es meiner Ansicht nach völlig legitim, wenn sich ein Produktionsbetrieb die Frage stellt, ob man den Einsatz eines Barriques nicht durch eine kostengünstigere Alternative ersetzen kann. Die Frage „Warum muß der Wein ins Holz und nicht das Holz in den Wein?“ ist also berechtigt, die Forschung darüber auch. Bei der großtechnischen Anwendung sehe ich Probleme.
Mit Gerätschaften wie der Spinning Cone Columne kommen eh noch viel dickere Brocken auf uns zu.
Mittelfristig bis langfristig sehe ich für den europäischen Traditionsweinbau sehr, sehr schwarz.
Grüße
mhg
http://www.ich-brauche-keine-homepage.de
http://www.4Wine.de