Einstweilige Verfügung bei Gehaltsabzug?

Guten Tag zusammen,

ein Arbeitgeber hat angekündigt, einem Angestellten von seinem nächsten Gehalt die Vollkasko-SB von 300 Euro für einen durch leichte Fahrlässigkeit von ihm verursachten kleinen Unfall abzuziehen. Kann man dagegen mit einer einstweiligen Verfügung des Arbeitsgerichtes vorgehen?
Ist ein derartiger Abzug von (vermeintlichen) Forderungen durch den Arbeitgeber überhaupt rechtmäßig? Eine korrekte Berechnung und Kostenaufstellung erfolgte bisher nicht, sondern lediglich die Ankündigung des Abzugs.
Danke für Unterstützung!

Hallo,

der AN haftet nicht bei leichtester Fahrlässigkeit, während er bei höherem Fahrlässigkeitsgrad zur Mithaftung zum Beispiel in Höhe des SB herangezogen werden kann. http://www.dak.de/content/files/arbeitnehmerhaftung.pdf

Leichte Fahrlässigkeit ist nicht gleich leichteste Fahrlässigkeit, wobei das auf vielen Webseiten in Unkenntnis der Rechtsprechung manchmal falsch dargestellt wird.

Worin bestand denn das Verschulden des AN?

VG
EK

Guten Tag und danke für Antwort,

das Verschulden das AN bestand darin, dass er in einem Riesenstau -innerörtlich - hinter einem Lkw mit angebautem Gabelstabler stand, dann stop and go, kurz Anfahren und genau in diesem Moment nur kurz auf das Navi geschaut, und in diesem Augenblick nahm der Lkw-Fahrer wieder Gas weg (daher kein Bremslicht), so dass AN leicht unter den Gabelstapler rutschte. Die Motorhaube musste erneuert werden.
Der AG hat bestimmt, dass alle selbstverschuldeten Unfälle grob fahrlässig begangen werden und möchte deshalb die 300 Euro.
Im Moment ist die zentrale Frage, ob man gegen die jetzt drohende Ankündigung des Gehaltsabzugs eine einstweilige Verfügung erwirken könnte, damit es gar nicht erst zu diesem Abzug kommt, denn später das Geld zurück zu holen wird sicher auch nicht so leicht sein. Auf jeden Fall wurde die Forderung zwar so beziffert, aber nicht im Detail, d.h. es erfolgte keine Austellung, z.B. mit Datum des entstandenen Schadens (hier: wann hat die Versicherung die 300 Euro im AG in Rechnung gestellt, usw. Also es ist noch gar nicht nachgewiesen, dass diese Forderung seitens der Versicherung gestellt wurde.
Danke, Gruß Elliot

Guten Tag und danke für Antwort,

Hallo,

Der AG hat bestimmt, dass alle selbstverschuldeten Unfälle
grob fahrlässig begangen werden und möchte deshalb die 300
Euro.

Das kann der AG nicht so einseitig festlegen, da ja gerade bei Verschulden des AN der Grad der Fahlässigkeit bzw. der Vorsatz bestimmt werden muß.

Im Moment ist die zentrale Frage, ob man gegen die jetzt
drohende Ankündigung des Gehaltsabzugs eine einstweilige
Verfügung erwirken könnte,

Das ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, im Einzelfall kann das aber nur ein Fachanwalt beurteilen.

damit es gar nicht erst zu diesem
Abzug kommt, denn später das Geld zurück zu holen wird sicher
auch nicht so leicht sein. Auf jeden Fall wurde die Forderung
zwar so beziffert, aber nicht im Detail, d.h. es erfolgte
keine Austellung, z.B. mit Datum des entstandenen Schadens
(hier: wann hat die Versicherung die 300 Euro im AG in
Rechnung gestellt, usw. Also es ist noch gar nicht
nachgewiesen, dass diese Forderung seitens der Versicherung
gestellt wurde.

Der vollständige, detaillierte Nachweis des entstandenen Schadens ist aber Vorraussetzung für die Geltendmachung.

Danke, Gruß Elliot

&Tschüß
Wolfgang

Danke Wolfgang,

ich sehe das eigentlich auch so. Am besten wird sein, man geht zum Arbeitsgericht, legt alle Unterlagen vor und bittet um die Ausstellung einer einstw. Verfügung, denke ich. Dann wird man sehen, wie man die Sache dort beurteilt.

Hallo,

ganz ehrlich: Auf das Navi schauen und dann auf den Vordermann auffahren ist in meinen Augen ein Fall von mindestens mittlerer Fahrlässigkeit, bei dem Arbeitnehmerhaftung in Betracht kommt.

Und eine Leistungsverfügung auf Zahlung des vollen Gehalts ist beim Arbeitsgericht nicht so leicht zu bekommen.

VG
EK

Hallo EK,

meinst Du wirlich, dass eine bloße und sehr kurze Unaufmerksamkeit schon nicht mehr leicht fahrlässig ist? Das wäre m.E. eine zu harte Beurteilung für diesen leichten Fehler, der jedem jederzeit unterlaufen kann, oder? Aber letztendlich entscheiden ja die Gerichte darüber, welcher Grad der Fahrlässigkeit gegeben ist, bzw. es gibt ja schon reichlich Urteile zu ähnlich gelagerten Fällen, nehme ich an. Bezieht sich Deine Aussage auf ein derartiges Urteil oder ist das (Du schreibst ja: in meinen Augen…) Deine Meinung? Es war, wie der Betroffene sagt, nur ein kurzer Blick, nachdem der vor ihm stehende Lkw wieder angefahren war, und dann hat er sich leicht unter den Gabelstapler geschoben, weil der Lkw unbemerkt langsamer wurde, nicht mal den Lkw berührt, keinen Fremdschaden angerichtet, der Lkw-Fahrer hat noch nicht mal was bemerkt und ist weitergefahren, so gering war der Anstoss. Ein Rad des Gabelstaplers hat die Motorhaube leicht eingedrückt, die musste natürlich neu.
Gruß Elliot

Hallo,

ich will damit sagen: Im Straßenverkehr wird so gut wie nie „leichteste“ Fahrlässigkeit angenommen.

http://www.kluge-recht.de/arbeitsrecht-ratgeber/haft…

Da Unfälle infolge Abgelenktsein durch Bedienung des Navi sogar als grob fahrlässig eingestuft werden, gehe ich davon aus, dass Abgelenktsein durch Schauen auf das Navi statt auf die Straße beim rollenden Fahrzeug mindestens mittlere Fahrlässigkeit darstellt.

Fälle leichtester Fahrlässigkeit sind Fälle wie: Dem Dachdecker fällt der Ziegel aus der Hand, weil er nicht fest genug zugepackt hat, der Tankwart rutscht mit nasser Sohle vom Pedal, …

VG
EK

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Hallo,

eine einstweilige Verfügung hat den Zweck, eine „Vorwegnahme der Hauptsache“ durch Schaffen von unumkehrbaren Tatsachen zu verhindern.

Beispiel: A will ein Haus abreißen lassen von dem B behauptet dass es ihm gehört. Der Abriss des Hauses würde die Forderungen von B unmöglich machen.

Wegen 300 Euro Forderung wird man keine einstweilige Verfügung bekommen, so etwas wird in einem normalen Rechtsstreit ausgefochten. Bekommt der AN dann nach Monaten oder Jahren Recht, dann bekommt er die 300 Euro (+ Zinsen) ausbezahlt.

Viele Grüße
Lumpi

hallo,

die gerichte legen für die feststellung einer „leichten“ Fahrlässigkeit gerne das zu erwartende Verhalten des sog. Idealfahrers an.
Dieser hätte sich jedoch nicht vom Navi ablenken lassen, weil er sich vorher eine gewisse Ortskenntnis verschafft hätte um nicht vom Navi ablenkbar zu sein. Ich weiss auch das du dir gerade denkst „ja klar bei wem ist das denn so“ aber das ist regelmässig gerne der Maßstab, ich folge [EK] in seiner Auffassung das es sich da bei um einen Grad der Fahrlässigkeit handelt den man sich vorwerfen lassen muss, und leider in deinem Fall auch zu einem Abzug (Schadenersatzanspruch - Mithaftung des AN) führt.

Ist nicht schön - aber dein AG kann am allerwenigsten was dafür das du aufs Navi gesehen hast - somit musst du dir „objektiv“ wohn auch die frage gefallen lassen, „warum soll er dann dafür zahlen“

weiter oben schreibst du „du weist nicht ob die Versicherung überhaupt die 300 Eur in Rechnung gestellt hat“ das wird sie wohl auch nicht tun, sie wird den Schaden bezahlen und eben die 300 eur nicht… die zahlt dein chef direkt an die werkstatt…
entsprechende anspruchsgrundlagen sind zum lohnkonto zu nehmen …

GOB - keine Buchung ohne Beleg!!!

grüsse…