Elektrochemische Doppelschichten

Liebe Experten,
gibt es eine Möglichkeit, die Dicke von elektrochemischen Doppelschichten (Helmholtz- oder besser Sternsche Doppelschichten) messtechnisch zu bestimmen? In Wasser oder vielleicht auch in organischen Lösungsmitteln (Kohlenwasserstoffe, Alkohole etc.).
Ich bin für jeden Literatur- oder anderen Hinweis dankbar.

Viele Grüße
Willi

Im folgenden Artikel wird zwar nicht explizit auf eine Dickenmessung eingegangen, aber vielleicht findest Du was in den angegebenen Quellen

Gandalf

Elektrochemische Doppelschicht

(elektr. Doppelschicht). Bez. für eine etwa einige Atom- od. Molekülschichten dicke, durch Ladungsverschiebungen hervorgerufene elektr. geladene Zone an der Grenzfläche zweier Phasen. Die e. D. ist von der Ggw. von Ladungsträgern wie Ionen, Elektronen od. orientierten Dipolen abhängig; sie ist auf der einen Seite pos., auf der anderen neg. aufgeladen u. verhält sich so wie ein Plattenkondensator mit extrem geringem Plattenabstand. Nach dem Gesetz von Coehn wird die Phase mit der kleineren Dielektrizitätskonstanten neg. aufgeladen. Die Ladungsträger müssen sich nicht unmittelbar an der Grenzfläche befinden. Taucht z. B. ein Edelmetall in eine gleichionige Elektrolytlsg. ein, so wird das Metall pos. aufgeladen, weil seine Ionen bestrebt sind, sich unter Elektronenaufnahme als Metall abzuscheiden; es zieht so eine entsprechende Menge Anionen an. Die unmittelbar an der Metalloberfläche haftenden Anionen bezeichnet man als die starre, Helmholtz- od. Stern-Doppelschicht. Den Einfluß hier adsorbierter Teilchen auf die Elektrodenkinetik nennt man Frumkin-Effekt. Ein Teil der vom (pos. geladenen) Metall angezogenen Anionen befindet sich infolge der Wärmebewegung jedoch in der Flüssigkeitsschicht, die das Metall unmittelbar umgibt; diese bilden die diffuse od. Gouy-Chapman-Doppelschicht (Gouy-Doppelschicht). Derartige e. D. bilden sich auch in Kolloiden, Dispersionen u. bei der Flotation aus. Das zwischen der e. D. suspendierter Teilchen u. ihrer Umgebung entstehende Potential wird Zeta-Potential (s. die Abb. dort) od. – weil es für die elektrokinetischen Erscheinungen verantwortlich ist – auch elektrokinet. Potential genannt.

Lit.: Adamson, Physical Chemistry of Surfaces, 5. Aufl., New York: Wiley 1990 ï Bockris et al., The Double Layer (Comprehensive Treatise Electrochem. 1), New York: Plenum 1980 ï Dörfler, Grenzflächen- und Kolloidchemie, Weinheim: VCH Verlagsges. 1994 ï Hamann u. Vielstich, Elektrochemie I, Weinheim: VCH Verlagsges. 1985 ï Hunter, Foundations of Colloid Science, Vol. I, Oxford: Clarendon Press 1986 ï Koryta u. Dvorak, Principles of Electrochemistry, Chichester: Wiley 1987 ï s. a. Elektrochemie, Grenzflächen, Zeta-Potential.

E electrochemical double layer
F couche double électrochimique
I strato doppio elettrochimico
S capa doble electroquímica

Quelle: Römpp Lexikon Chemie – Version 2.0, Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag 1999

Im folgenden Artikel wird das oben angespochene Zeta-Potential näher erläutert. Leider kann der Editor weder die Zeichnung noch die Formeln wiedergeben, dafür mußt Du schon den Römpp (Buch oder CD) selber in die Hand nehmen.

Zeta-Potential

(z-Potential). Bez. für die Galvanispannung im diffusen Teil der elektrochemischen Doppelschicht an der Phasengrenze Metall/Elektrolyt-Lsg. od. allg. an der Grenzfläche zweier nicht mischbarer Phasen.

Abb.: Aufbau der elektrochem. Doppelschicht. Es bedeuten: S = Stern-Schicht fest adsorbierter Ionen mit dem sog. Oberflächen- od. Nernst-Potential (zur Partikel) u. dem sog. Stern-Potential (zu D), D = diffuse Schicht (Gouy-Chapman-Doppelschicht) mit dem Zeta-Potential (vgl. auch die Abb. bei Gegenionen).
Das Z.-P. ist das nach außen wirksame Potential der Teilchen, das für deren elektrokinetische Erscheinungen verantwortlich ist u. deshalb auch elektrokinet. Potential genannt wird. Das Z.-P. läßt sich durch mikroskop. Beobachtung der elektrophoret. Wanderung suspendierter Teilchen bestimmen. Für große Teilchen, bei denen die Dicke der diffusen Schicht klein ist gegenüber ihrem Durchmesser, gilt dann:

wobei n die Wanderungsgeschw., h die Viskosität des Lsm., e0 die abs. u. er die relative Dielektrizitätskonstante u. E die angelegte Feldstärke ist (Helmholtz-Smoluchowski-Gleichung). Das Z.-P. spielt eine Rolle bei Dispergiervorgängen in der Pigment-Ind., beim Waschprozeß, bei Solubilisation, Filtration u. Flotation u. bei der Stabilisierung von Suspensionen u. Emulsionen; in letzteren ist das Z.-P. vom HLB-Wert (s. HLB-System) abhängig. Flockungsmittel wirken dadurch, daß sie das Z.-P. dispergierter Partikeln herabsetzen od. ganz aufheben.

Lit.: Evans u. Wennerström, The Colloidal Domain. Where Physics, Chemistry, Biology, and Technology Meet, New York: VCH Verlagsges. 1994 ï Hiemenz u. Rajagopalan, Principles of Colloid and Surface Chemistry, 3. Aufl., New York: Dekker 1997 ï Kirk-Othmer (4.) 9, 356–376; 19, 1093–1113 ï Winnacker-Küchler (3.) 4, 438–440 ï s. a. elektrochemische Doppelschicht, elektrokinetische Erscheinungen, Grenzflächen, Kolloidchemie.

E zeta potential, electrokinetic potential
F potentiel zeta (électrocinétique)
I potenziale zeta
S potencial zeta (electrocinético)

Quelle: Römpp Lexikon Chemie – Version 2.0, Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag 1999

Nernst,Stern,Helmholtz,Gouy-Chapman
Hallo Willi,

Liebe Experten,
gibt es eine Möglichkeit, die Dicke von elektrochemischen
Doppelschichten (Helmholtz- oder besser Sternsche
Doppelschichten) messtechnisch zu bestimmen?

Handelt es sich hierbei um eine polarisierte Metalloberfläche oder um (kolloidale) Teilchen?

Wie Gandalf schon schreibt, gibt es ja verschiedene Doppelschichten (und Theorien) hierzu… Ergänzend das mE Wichtigste zu den entspr. grundlegenden Begriffen/Theorien:

  1. Nernst-Potential :
    Nennt man das elektrische „Grundpotential“ unmittelbar an der Feststoffoberfläche
    Anm: da Anionen leichter polarisierbar sind werden (kolloidale) Teilchen bevorzugt negativ geladen!

  2. Stern-Schicht :
    nennt man die erste mono- oder bimolekulare Schicht direkt an der Phasengrenze-Flüssigkeit -Fesstoff.
    d.h. das sind nur die „ersten“ Gegenionen die durch Coulombsche Kräfte an der Oberfläche des Fesstoffes vorhanden sind. Die Dicke dieser Schicht beträgt also „Molekülmaße“ und kann über die Größe der entsprechenden Ionen abgeschätzt/berechnet werden.
    (Das Potential an deren Grenze nennt man dmentsp. auch Stern-Potential.)

**Weder das Nernst noch das Stern-potential ist (leider) durch direkte Messungen erfassbar.

  1. Helmholtz-Schicht**
    :
    H. ging davon aus,daß sich die elektrische Doppelschicht wie ein starrer Kondensator verhält, d.h die die auf die Fläche bezogene Oberflächenladung sigma ist der Dicke der (hier) „Helmholtzschen Doppelschicht“ umgekehrt proportional.

d.h.

Sigma=Geometriefaktor*epsilon(dielektrische Konstante)*phi(Potential an der F.oberfläche)/delta (Dicke der Doppelschicht)

Dieses Modell stimmt allerdings (meist) schlecht mit der physikalischen Wirklichkeit überein, denn die Ionen diffundieren ja auch…es gibt ein entsprechendes „dynamisches Gleichgewicht“ mit der Flüssigkeit bzw. der Suspension
Ausserdem sind die Teilchen+Doppelschicht letztendlich nicht neutral (d.h. in der Summe nicht ungeladen!)

Ein besseres Modell ist somit das folgende, (von Gouy-Chapman):

  1. diffuse Doppelschicht :

In erster Näherung wird hier ein exponentieller Abfall des Potentialverlaufs angenommen.
Die Dicke der elektrischen Doppelschicht wird als Länge zwischender Sternschicht und dem Punkt, an dem das Potential auf den e-ten (2,718) Teil des Sternpotentials abgesunken ist definiert!!

(Sozusagen ein Maß für die Eindringtiefe des elektrischen Feldes in die Flüssigkeit)

Diese Dicke läßt sich über die Ionenkonzentrationen und -wertigkeiten, Temperatur und Dielektrizitätskonstante berechnen,
Gleichungen in jdm guten Lehrbuch der physik.Chemie, im Internet Beispielrechnungen für einen bestimmten Anwendungsfall z.B. unter

http://www.kanazawa-bidai.ac.jp/~momo/qrcv/QRCV.html

Wichtig somit zu wissen, das SEHR viele Faktoren die elektrische Doppelschicht (und entsp. Messungen) beeinflussen,u.A.

1)Elektrolyte (-Typ,-Konzentration, usw.)
2)pH-(Änderungen)
3)Temperatur
4)bei Teilchen: Konzentration der dispergierten Phase

Wenn es sich um suspendierte Teilchen handelt ist der folgende Begriff noch wichtig:

  1. Zeta-Potential
    „Leider“ sind ja (wie gesagt)die Ladungsverhältnisse an der Fesstoffläche nicht durch direkte Messungen erfassbar.
    Man kann jedoch durch elektrokinetische Messungen Aussagen über die Potentialverhältnisse an einer Fest-Flüssig Scherfläche machen.
    Die Wanderungsgeschwindigkeit der Teilchen in einem elektrischen
    Feld kann ja relativ einfach bestimmt werden.

Die entsprechende Kräftebilanz (viskose=elektrische Kräfte) ermöglicht die Berechnung des Potentials an der Scherfläche
-das sog. Zeta-Potential Zp:frowning:vereinfachte Gleichung bei Elektrophorese:smile:

Zp=6*pi* Wanderungsgeschwgkeit*Viskosität/Dielektrizitätskonst.

hoffe Dir somit (etwas) geholfen zu haben, (auch wenn vielleicht einiges sicherlich schon bekannt war)

Viele Grüße
Martin

(Quelle: (erworbenes Wissen dank) Vorlesungen an der Univ. Karlsuhe über Grenzflächenphänomene in der Verfahrenstechnik)

(PD: wie kann ich hier grechische Buchstaben darstellen? Für Hilfe dankbar…)

Kraftmikroskope
Hallo,
ergänzend zu meinen Vorrednern möchte ich noch anfügen, dass man mit Hilfe eines Rasterkraftmikroskops (AFM) Oberflächenkräfte sehr genau messen kann.
Zum Thema elektrische Doppelschicht gibt es zahlreiche Arbeiten, in denen die Kräfte gemessen werden konnten.
Ein paar Zitate zum warmwerden:

G. Toikka, R. Hayes, J.Ralston, Langmuir 1996,12, 3783
C.Rotsch,M.Radmacher Langmuir 1997, 13(10),2825
A. Doppenschmidt, H-J. Butt, Colloids and Surfaces A, 1999,149, (1-3); 145

Viel Erfolg bei der Literatursuche
Grüsse
Rossi