Hallo Zerni,
wir hatten vor einigen Jahren schon einmal eine interessante Diskussion zu diesem Thema geführt, allerdings finde ich sie auf die Schnelle nicht im Archiv wieder; war vermutlich off topic.
Wenn ich sie ausgegraben habe, poste ich den Link noch nach.
Aber zurück zum Thema: ich finde nichts Schlimmes daran, wenn jemand seine Eltern mit dem Vornamen anspricht - Geschämcker und Einstellungen sind ja verschieden. Für mich selbst kann ich mir das allerdings nicht wirklich vorstellen, obwohl zwischen meiner Mom und ihren Töchtern inzwischen eher ein freundschaftliches denn ein Mutter-Tochter-Verhältnis herrscht. Ob wir sie nun mit Mom, Mama, Mucia - klebt an ihr seit 30 Jahren, weil meine Schwester damals ‚mamusia‘ (= polnische Koseform für ‚Mami‘) noch nicht richtig aussprechen konnte -, Süße bzw. Hübsche, Jola bzw. Jo (ist die Kurzform ihres Namens bzw. ihr Spitzname) oder hochtrabend Königin Mutter anreden, hängt vom Anlaß ab. Wenn wir uns zoffen, heißt es aber auch schon mal ‚Weib (alternativ: Kröte), Du gehst mir auf den Keks!‘. 
Im Grunde genommen würde es auch nichts ausmachen, wenn wir sie Rumpelstilzchen oder sonstwie nennen würden, denn Namen sind bekanntlich Schall und Rauch und unserem Respekt ihr gegenüber bzw. der Liebe zu ihr würde keine Anrede einen Abbruch tun. Und schließlich sehe ich auch nicht ein, jeden Trend und jede Mode mitzumachen. Ich liebe meine Mutter und ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß es sie irgendwann nicht mehr gibt, aber es kommt nicht wirklich auf die Anrede an.
Anders sieht es bei Tanten und Onkeln (die meisten sind jünger als meine Mom) aus: da habe ich irgendwann gesagt, daß ich dieses Geonkel und Getante superdämlich finde, zumal in Polen die Anreden ‚Tantchen‘ und ‚Onkelchen‘ üblich sind. *mitdenaugenroll* Einige hatten am Anfang ihre Probleme damit, aber das Argument ‚das hat nichts mit meinem Respekt Euch gegenüber zu tun‘ hat schließlich bei allen gezogen.
Die einzige Ausnahme ist Granny, obwohl auch sie häufiger mit ‚Liebes‘ als mit ‚Oma‘ angeredet wird.
Eine weitere Ausnahme sind Stiefeltern… Den Teufel hätte ich getan, meine Stiefväter mit Papa, Dad oder etwas in dieser Richtung anzusprechen. Es ist nun einmal nicht mein Vater. Das mag bei jüngeren Kindern funktionieren, die mit dem Mann aufgewachsen sind und die er wirklich ein Vater ist, aber nicht wenn man mit 13, 14, 15 einen neuen Daddy ‚vorgesetzt‘ bekommt. Ebenso habe ich mich beharrlich geweigert, mich von den Kids eines meiner Ex ‚Mama‘ nennen zu lassen, obwohl sie damals noch klein waren. Ihre Mutter lebt, ich habe mich nie als Mutter gesehen und zwei Mütter kann man nun einmal nicht haben, gelle?
Beste Grüße
Renee