EN: Nochmal Arztbericht

Hallo allerseits,

ich übersetze gerade einen Arztbericht und hätte da noch mal zwei Fragen:

  1. Sehr geehrter Kollege xyz

Irgendwie schwant mir, dass das so gar nicht geht im Englischen.

  1. So etwas habe ich noch nie erlebt. In dem Bericht wird ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart gewechselt, obwohl es nur Vergangenheit sein dürfte.
    (z. B. Der Patient stellte sich am soundsovielten vor. Er berichtet, dass …)
    Ich würde jetzt mal rein intuitiv in der Übersetzung die Vergangenheit benutzen, aber darf ich das?

(Und ich frage mich, warum man über den Umgang mit solchen Widrigkeiten nicht aufgeklärt wird, wenn man Übersetzer wird, die Texte bis zur Prüfung sind immer superkorrekt, so richtig am wahren Leben vorbei.)

VG

gipsy

Hallo allerseits,

Hallo, Heribert.

  1. Sehr geehrter Kollege xyz

Irgendwie schwant mir, dass das so gar nicht geht im
Englischen.

Äh … was ist denn unhübsch an „dear colleague xyz“?

Ich würde jetzt mal rein intuitiv in der Übersetzung die
Vergangenheit benutzen, aber darf ich das?

Also, die Arztberichte, die ich bisher zu lesen bekam, waren vollständig in der Gegenwart abgefasst. „Frau Meisenknödel-Schnackselneger stellt sich am bla vor. Sie klagt über blä. Palpation des hohlen Nüschels zeigt dumpfes Echo …“

(Und ich frage mich, warum man über den Umgang mit solchen
Widrigkeiten nicht aufgeklärt wird, wenn man Übersetzer wird,
die Texte bis zur Prüfung sind immer superkorrekt, so richtig
am wahren Leben vorbei.)

Mag daran liegen, dass Arzthelferinnen beim Schreiben Fehler begehen. Es ist zu hoffen, dass der Arzt wenigstens fachlich Korrektur liest …

Gruß kw

  1. Sehr geehrter Kollege xyz

Irgendwie schwant mir, dass das so gar nicht geht im
Englischen.

Du hast Recht.
Dear colleague Dr. xyz wäre nicht richtiges Englisch.
Aber:
Adressat auf Briefkopf: Dr. xyz
Anrede: Dear colleague,…

Ist ganz normal & wird verwendet. So zB von meinem Hausarzt an einen Spezialisten, an den er mich überwies.

Gruss, Isabel

OT: praxisgerechte Übersetzerausbildung
Hallo, gipsy!

(Und ich frage mich, warum man über den Umgang mit solchen
Widrigkeiten nicht aufgeklärt wird, wenn man Übersetzer wird,
die Texte bis zur Prüfung sind immer superkorrekt, so richtig
am wahren Leben vorbei.)

Das wundert mich sehr… In meiner Ausbildung trifft das nämlich überhaupt nicht zu. „Superkorrekte“ Texte werden eigentlich nur in getimten Prüfungen übersetzt (wobei in diesem Rahmen nur allgemeinsprachliche Texte geprüft werden können, da Fachtexte oft mit eingehenden Recherchen verbunden sind). Ansonsten bin ich ausschließlich mit praxisbezogenen Texten konfrontiert, die selten perfekt, sondern meistens bis zu einem gewissen Grad defekt sind. Das kann sogar soweit gehen, dass man beim Übersetzen einer aus Japan stammenden englischen Betriebsanleitung japanisch lernt aufgrund der schlechten Sprache :wink: (zumindest in Bezug auf Kultur und Ausdrucksweise).

Gruß
Ben

Nachfrage

  1. Sehr geehrter Kollege xyz

Irgendwie schwant mir, dass das so gar nicht geht im
Englischen.

Du hast Recht.
Dear colleague Dr. xyz wäre nicht richtiges Englisch.

Hi Isabel,

den Dr. in der Anrede, den Du als falsch bemängelst, hast Du selbst dazugedichtet. In Gipsys Beispiel kam der gar nicht vor.

Gruß Gudrun

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begriffsstutzig??

Du hast Recht.
Dear colleague Dr. xyz wäre nicht richtiges Englisch.

Hi Isabel,

den Dr. in der Anrede, den Du als falsch bemängelst,
hast Du selbst dazugedichtet. In Gipsys Beispiel kam der gar
nicht vor.

Herr Kollege xyz meinte ja wohl mit ‚xyz‘ den Namen, oder?
Da es sich um Arztkollegen handelt, ist die Erwähnung des Dr. ein Muss.
In der Adresse absolut unabdingbar, in der Anrede reicht ‚Kollege‘.

Kollege Schmidt, wenn der Kollege Dr Schmidt heisst, wär ja wohl noch ein Stück schlimmer.

Erst denken, dann schreiben!

Isabel

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Hallo Isabel,

Da es sich um Arztkollegen handelt, ist die Erwähnung des Dr.
ein Muss.

einen Dr. med. des noch etwas mehr in Konventionen geübten Jahrgangs 1922 habe ich etwa vierzig Jahre meines Lebens sowohl im Dienst als auch im Ruhestand aus nächster Nähe erlebt. Es gab genau einen Kollegen, den er mit dem Dr. vor dem Namen angesprochen hat, und das immer mit ziemlich ironischem Tonfall, weil derjenige keine Gelegenheit ausließ, zu betonen, dass er darauf Wert legte. Mündlich wie schriftlich war schon in den 1960er Jahren die Anrede inter collegas bloß der pure Name, unabhängig vom persönlichen Verhältnis der Beteiligten zueinander.

Es täte mich ziemlich verwundern, wenn dieses innerhalb Europas irgendwo anders wäre, allenfalls vielleicht Italien und Spanien ausgenommen.

Adressierung ist ein anderes Kapitel.

Schöne Grüße

MM

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Du hast Recht.
Dear colleague Dr. xyz wäre nicht richtiges Englisch.

den Dr. in der Anrede, den Du als falsch bemängelst,
hast Du selbst dazugedichtet. In Gipsys Beispiel kam der gar
nicht vor.

Herr Kollege xyz meinte ja wohl mit ‚xyz‘ den Namen, oder?
Da es sich um Arztkollegen handelt, ist die Erwähnung des Dr.
ein Muss.

Nicht alle Ärzte haben einen Dr.-Titel, er ist keine zwingende Voraussetzung für den Arztberuf.

In der Adresse absolut unabdingbar, in der Anrede reicht
‚Kollege‘.

Nach Adresse war nicht gefragt, ich nannte ausdrücklich „in der Anrede“.

Kollege Schmidt, wenn der Kollege Dr Schmidt heisst, wär ja
wohl noch ein Stück schlimmer.

Da stimme ich Martins Ausführungen zu: Fachkollegen unter sich verzichten darauf (das gilt übrigens auch für andere Fachbereiche).

Erst denken, dann schreiben!

Vorneweg kommt noch: erst lesen!

Gruß Gudrun

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