Entgelt für Bank-Ersatzkarte?

Hallo zusammen,

im Grundsatzurteil hat der BGH (Az. XI ZR 166/14) entschieden: Privatkunden müssen nach Verlust oder Diebstahl ihrer Bankkarte kein Entgelt für eine neue Karte an ihre Bank zahlen. Entsprechende Regelungen in den AGB von Banken seien generell unwirksam.

Viele Geldinstitute haben ihre AGB geändert und und verlangen trotz dieses Urteils ein Entgelt für eine „Ersatzkarte auf Wunsch des Kunden“, z. B. 10 Euro. Dieses Entgelt sei „nur zu entrichten, wenn die Notwendigkeit der Ausstellung der Ersatzkarte ihre Ursache nicht im Verantwortungsbereich der Bank hat.“ bzw. „Das Entgelt ist nur zu zahlen, wenn die Ausstellung einer Ersatzkarte durch vom Kunden zu vertretende Umstände verursacht wurde (z. B. Namensänderung) und die Bank zur Ausstellung einer Ersatzkarte nicht gesetzlich verpflichtet ist.“

Der Begründungstext lautet z. B.: „Wie mit Ihnen in Nummer XX Abs. XX der AGB vereinbart, gilt Ihre Zustimmung zu den Änderungen als erteilt, wenn Sie uns Ihre Ablehnung nicht vor dem XX. XX 201X anzeigen. Der Widerspruch ist zu richten an: XXX. Für eine effektive Kundenbetreuung sind wir darauf angewiesen, unsere Kunden auf einer einheitlichen vertraglichen Grundlage zu betreuen. Daher können wir das Vertragsverhältnis nur auf Grundlage der neuen Bedingungen fortführen.“

Das bedeutet wohl: Nur durch einen Verstoß gegen das rechtskräftige BGH-Urteil werden Vertragsverhältnisse fortgeführt!

Den Geldinstituten müsste das BGB-Grundsatzurteil bekannt sein. Warum verstoßen sie dagegen? Und wer stoppt das?

Gruß
Black Eddy

Aber von Namensänderung oder Zerstörung der Karten lese ich da nix.

Hier ist der Permalink zu dem BGH-Urteil: https://openjur.de/u/860285.html (http://oj.is/860285)
Dort sind die Absätze 1 bis 3 und 17 bis 48 entscheidend.

Die Stiftung Warentest hat hierzu diesen Beitrag: https://www.test.de/Girokonto-Banken-duerfen-kein-Geld-fuer-Ersatzkarte-verlangen-4931433-0/

Im BGH-Urteil wird zwar in Absatz 22 das Berufungsgericht betreffend Namensänderung zitiert. Aber in den Absätzen 42 bis 48 wird durch die umfassende Erläuterung der Unzulässigkeit gar nicht mehr auf die Namensänderung abgestellt. Eine Zerstörung der Karte (@anon44275120) könnte meiner Meinung nach einem Verlust gleichgestellt werden.

klar, ich knicke jeden Tag meine Karte und gebe das dann als Verlust an, dass ist zwar übertreiben, aber verdeutlicht das ggf vorhandene Eigenverschulden.

Das Urteil ist den Kreditinstituten bekannt, aber anscheinend Dir nicht. Daher hier der Link zur Pressemitteilung des BGH:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2015-10&anz=16&pos=6

Die neuen AGB berücksichtigen das Urteil also durchaus.

Beziehst Du Dich damit auf diesen Absatz in der Erläuterung des Urteils??

„4) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.“

Sprich, mit der richtigen Vertragsformulierung ist weiterhin eine Gebühr für die Neuausstellung der Karte möglich wenn diese angemessen ist. ramses90

Ich beziehe mich darauf, daß das Gericht festgestellt hat, daß ein Kreditinstitut nicht für etwas eine Gebühr verlangen kann, was der Gesetzgeber sowieso verlangt. Im Zusammenhang mit einem Verlust bzw. einer Sperre ist insofern eine Gebühr für eine neue Karte nicht statthaft. Sehr wohl aber, wenn der Kunde eine neue Karte verlangt, weil er seinen Namen geändert hat oder lachend vor dem Schaltermitarbeiter steht und dabei die Karte mutwillig zerschneidet.

Gruß
C.

3 Like

Dann lies es doch bitte mal verständig. Beim Urteil ging es darum, daß eine Klausel, die rein auf die Frage abstellt, in wessen Verantwortungsbereich der Verlust der Karte geschehen ist, für unwirksam erklärt wurde, weil darunter auch Fälle fielen, in denen zwar die Karte nicht aufgrund eines Verschuldens des Instituts zu ersetzen war, aber eine gesetzliche (Neben)Pflicht der Institute bestand, die Karte dennoch zu ersetzen (vgl. RN 34 des Urteils).

Durch die neue Klausel wird die monierte Formulierung durch eine ersetzt, die klarstellt, daß der Kunde nur dann zahlen muß, wenn a) die Bank nichts für den Verlust der Karte kann und b) die Bank auch keine gesetzliche Pflicht hat, die Karte zu ersetzen.

Das war zwar eigentlich vorher schon klar, aber wie der BGH so nett schreibt:
"Bei dieser Vertragsgestaltung fällt das in Rede stehende Entgelt aus der maßgeblichen Sicht eines Durchschnittskunden daher grundsätzlich immer dann an, wenn er - im Ausgangspunkt unabhängig davon, weshalb - eine Ersatzkarte begehrt. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist allein der Formulierung „auf Wunsch des Kunden“ aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden nicht zu entnehmen, dass Fallgestaltungen, in denen die Bank auf Grund gesetzlicher Verpflichtung zur (unentgeltlichen) Überlassung einer Ersatzkarte verpflichtet ist, von vorneherein vom Geltungsbereich der Klausel ausgenommen sein sollen. "

Das ist nun anders, d.h. selbst der blödeste Kunde kann (so zumindest die möglicherweise widerlegbare Vermutung) nun erkennen, daß er nur dann zahlen muß, wenn er a) selber schuld ist und b) der Gesetzgeber die Bank nicht direkt oder indirekt verpflichtet, kostenlos eine neue Karte auszustellen.

Wer also seine Karte absichtlich schreddert, sich einen coolen Doppelnamen zulegt oder zum Islam übertritt und fürderhin Jussuf bin Jussuf heißen möchte, der zahlt auch weiterhin (oder jetzt erst recht - je nachdem, wie man das sehen möchte).

1 Like

Absatz 44 des BGH-Urteils: „… Ob es Fallgestaltungen gibt, in denen die Beklagte bei entsprechender Abfassung ihrer Klauseln für die Ersatzausstellung einer Debitkarte ein Entgelt verlangen kann oder ob die beanstandete Klausel gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt, weil der Begriff „Verantwortungsbereich“ nicht hinreichend klar ist, muss der Senat nicht entscheiden.“

Letzter Absatz des Juris-Beitrags: „Die vom Kläger beanstandete Klausel ist nicht nur kontrollfähig, sondern auch unwirksam. Allgemeine Geschäftsbedingungen, die zum Nachteil des Kunden gegen (halb-)zwingendes Recht verstoßen, benachteiligen ihn zugleich mit der Folge ihrer Unwirksamkeit unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Von den Vorgaben des § 675f Abs. 4 Satz 2 BGB**** darf von Gesetzes wegen nicht zum Nachteil eines Verbrauchers als Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden.“

Insbesondere der letzte Satz schränkt das Zitat „***§ 675l BGB“ ein: „darf von Gesetzes wegen nicht zum Nachteil eines Verbrauchers als Zahlungsdienstnutzers abgewichen werden.“

Die Stiftung Warentest bittet in ihrem Beitrag sogar darum, ihr die Korrespondenz und die aktuelle AGB-Regelung zuzuschicken.

Mit anderen Worten: Du hast immer noch nicht verstanden, worum es bei dem Urteil ging. Es geht - um es ein letztes mal zu versuchen - nicht darum, daß ein Kreditinstitut niemals nicht ein Entgelt für eine neue Karte verlangen darf, sondern darum, daß die frühere Klausel den Eindruck erwecken konnte, daß ein Kunde für eine neue Karte zahlen mußte, auch wenn das Kreditinstitut die Karte hätte entgeltfrei ersetzen müssen, weil es durch das Gesetz dazu eh verpflichtet war.

Die neue Klausel stellt das klar und deswegen ist es auch OK, wenn ein Kunde die Karte zahlen muß, wenn er die Karte bspw. absichtlich zerstört oder die neue Karte auf Kundenwunsch erstellt wird, weil der Kunde bspw. den Namen geändert hat.

2 Like

Wie @C_Punkt verstehe auch ich nicht, was es da jetzt zu diskutieren gibt. Eingangs fragtest Du

und meinen grundsätzlicher Rat an alle Beratungsresistente gebe ich auch hier: Wenn Du Dir Deiner Sache wirklich sicher bist und es Dich wirklich stört, dann strengst Du die Klage an.

Wenn Du gewinnst, dann hattest Du Recht und kannst mir und allen anderen gerne Pfeil nach unten geben und uns als Schaumschläger mit Kneipenwissen bloßstellen.

1 Like