Entlassung wegen politischer Äußerungen möglich?

Guten Abend!
Ich habe einmal eine Frage zu einem Vorfall, welchen es heute bei uns im Betrieb gab und ich frage mich, ob dies juristisch überhaupt haltbar ist.

Um es kurz zu machen: Im Lager unseres Betriebes tat ein Mitarbeiter im Kollegenkreis eine persönliche Meinung kund. Dabei fielen u.a. Sätze wie „Nur ein toter Asylant ist ein guter Asylant“ und dass man den „Islamische Staat“ als Vorbild nehmen sollte in Dingen der Öffentlichkeitsarbeit. „Ein paar bei lebendigem Leibe verbrannte Asylanten, das Video im Netz und schon weiß die Welt dadraußen, was Fremde hier zu erwarten haben.“

Zudem ein paar Äußerungen über die Hochleistungsöfen in den Konzentrationslagern und welche Probleme mit der Verbrennung einer hohen Anzahl von Körpern damals gelöst werden mussten.

Einer der Kollegen schnitt die Unterhaltung mit seinem Smartphone mit und legte diese dem Prokuristen des Unternehmens vor. Unmittelbar darauf wurde er nun zunächst beurlaubt, aber der „Flurfunk“ tuschelt bereits, dass es nur noch um den richtigen juristischen Kniff geht, um diese Person aus dem Betrieb zu entfernen.

Einmal abgesehen von den moralisch abartigen Äußerungen: Aber ist es jursitisch überhaupt haltbar ein seit über fünf Jahren bestehendes und unbefristetes Arbeitsverhältnis wegen solcher Äußerungen (Meinungsfreiheit?) zu entlassen?

Gruß
Bernd

Mir bricht das Herz…

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Hallo,

Die Art, der Tonfall und die Wortwahl der Äußerungen den AN gelten im derzeitigen Deutschland als radikal, beleidigend und eventuell sogar als Volksverhetzung. Die letzten beiden Varianten stellen sogar Straftaten dar, die durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt sind. Solche Äußerungen im betrieblichen Umfeld zu tätigen, kann im Wortlaut der Juristen eine „Störung des Betriebsfriedens“ sein. Wenn der AN sogar noch Kontakt mit Außenstehenden (Kunden, Lieferanten etc.) hat, kommt möglicherweise sogar noch geschäftsschädigendes Verhalten hinzu.

Das alles kann unter Umständen sogar zu einer fristlosen Kündigung führen.

Die Meinung ist eben doch nicht so frei, wie einige meinen oder sich wünschen…

Grüße
Pierre

In dem Fall ist er draußen, da aus dem Ausland stammenden Mitarbeitern nicht zuzumuten ist mit jemandem zusammenzuarbeiten, der ihnen coram publico den Tod wünscht…

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Hallo

Es kommt auf den Einzelfall an, ist der AG z.B. ein Tendenzbetrieb, lässt sich durch diese Äusserungen ein messbarer Schaden nachweisen, Schwere der Äusserungen, Vorgeschichte,… ? Vgl. auch mit http://www.anwalt.de/rechtstipps/das-arbeitsverhaeltnis-ein-grundrechtsfreier-raum_026194.html

mfg M.L.

Danke für Deine Antwort.

Der Kontakt mit zahlreichen ausländischen LKW-Fahrern ist auf Grund der Natur der Beschäftigung am Wareneingang gegeben.

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Hallo,

beleidigende Äußerungen rechtfertigen bei entsprechender Schwere eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung. Dabei muß noch nicht mal eine Straftat festgestellt worden sein.
Dies ist in der Literatur unstrittig (zB ErfK, Müller-Glöge, § 626 BGB Rn 86ff). Auch das BAG hat bereits so bei ausländerfeindlichen Beleidigungen entschieden (BAG 1.7.1999, 2 AZR 676/98): https://www.jurion.de/Urteile/BAG/1999-07-01/2-AZR-676_98

Selbst wenn der AG mit einer solchen Kündigung zögert, gibt es noch in engen Grenzen das Instrument der sog. "Druckkündigung, wenn sich zB eigene Beschäftigte oder aber Lieferanten/Geschäftspartner weigern, mit dem Beleidiger zusammenzuarbeiten.

Eine spezielle rechtliche Variante der „Druckkündigung“ ist bei „Wiederholungstätern“ auch noch das Recht des BR gem. § 104 BetrVG:
http://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__104.html

&Tschüß
Wolfgang

Vielen Dank für die Antwort!

„Rechtes“ Gedankengut ist also grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt, solange nicht die Grenze zur Volksverhetzung (§ 130 StGB) überschritten wird. Was hier wohl zweifelsohne der Fall sein dürfte.

Hi!

Nur mal ein gutes Beispiel:

Gruß
Guido

  1. ging´s da (2006) um einen Betriebsangehörigen der von einem Kollegen beleidigt wurde
    Und 2. sind AG Urteile durchaus nicht bindend, weder im betreffenden Bundesland noch im Rest der Republik.
    Womit natürlich keinesfalls die geschilderten Aussagen des Kollegen im Eingangsthread abgemildert werden sollen.
    Lediglich der Link passt zum Sachverhalt nicht dazu. MfG ramses90

Man könnte an die in jüngerer Zeit aufgetretenen Fälle erinnern, wo Lehrlinge bei Porsche Österreich und bei der AWO wegen übler Facebookäußerungen fristlos entlassen wurden.

bei deinem beispiel richteten sich die äusserungen gegen bestimmte kollegen und wurden über einen längeren zeitraum wiedrholt getätigt.
bei der hierigen fragestellung geht es um allgemeine fremdenfeindliche äusserungen, die niemand bestimmtes im visier haben.

Das wird seinen finanziellen Ruin bedeuten, denn er baut gerade ein Haus.

Hi!

Es ging mir um die Begründung im Urteil - unabhängig vom Einzelfall …

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Denn der Beklagten ist es nicht zuzumuten, einen Arbeitnehmer
zu beschäftigen, der ausländerfeindliche Tendenzen offen zur Schau
trägt (so auch bereits BVerfG vom 2. Januar 1995 – 1 BvR 320/94).

Gruß
Guido