Entmündigung meiner Mutter

Hallo zusammen,

ich hätte eine Frage zur Entmündigung und hoffe mir kann jemand helfen.

Nun, ich schreib mal um was es genau geht.

Meine Mutter war jahrelange Alkoholikerin und war vor etwa 13 Jahren 6 Monate in einer Klinik. Seid dem ist sie Trocken.
Dort lernte Sie auch ihren heutigen Freund kennen.

Seid einigen Jahren fing Sie immer wieder an zu Essen und alles mögliche in sich zu stopfen.
Bis sie jetzt schließlich Adipositas (Fettleibig) und Diabetis hat.
Eine Schlafapnoe kommt noch dazu und ein Dekubitus (offenes Bein)

Sie hat nichts mehr unter kontrolle. Macht sich in die Hose und bei Familienfeiern schläft sie am Tisch ein.
Von ihrem Freund weiß ich, dass sie 23 Std am Tag nur vor dem Fernseher sitzt und Gummibärchen etc. isst.

Sie hat den Bezug zur Realität irendwie verloren. Träumt von Urlaub am Gardasee. Nimmt gar nicht wahr, was eigentlich mit ihr ist. Ohne einen Gehwagen kann sie nicht mal mehr laufen.

Wegen ihrer Schlafapnoe hat sie eine Sauerstoffmaske bekommen, damit sie Nachts schlafen kann. Sie benutzt die aber nicht, weil sie nicht will.

Vorgestern hatte ich ein längeres Gespräch mit ihr, wo ich ihr offenbarte dass es so mit ihr nicht mehr weiter gehen kann. und hab ihr ungefähr das gesagt, was ich euch hier geschrieben habe.

Sie spielt wie erwartet alles runter. Es wäre gar nicht so schlimm.
Diabetis hätte sie nicht nur profilaktisch muss sie die 1000 mg Zuckertabletten nehmen.
Abnehmen muss sie auch nicht. (170 kg)
Sie sieht wohl ein das es in ihrer Wohnung nicht aufgeräumt ist. Doch in Wirklichkeit kann man sie nicht mehr betreten, weil sie komplett schmutzig und verwahrlost ist.
Sie selbst pflegt sich nicht mehr und es ist ihr auch wurscht.

Nun meine Frage:

ich hab wirklich Angst, dass meiner Mutter irgendwas passiert.
War gestern bei meiner Hausärztin und sie sagte ich muss zum Neurologen weil ich von dem fürs Gericht ein gutachten brauch.

Hat jemand von Euch schon Erfahrungen gemacht??
Ich mein ich bekomm meine Mutter bestimmt nicht dahin???

Wie habt ihr das gemacht oder gibt es vielleicht noch eine andere Lösung??

Würde mich sehr über Antworten freuen.

Sag schon mal danke.

Gruß Tanja

Hallo Tanja,
eine Entmündigung als solche gibt es nicht (mehr), man kann vom Amtsgericht einen Betreuer bestellen lassen, der dann Entscheidungen in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung bei Behörden, und zum Empfang der Post, sowie Vermögensangelegenheiten trifft, wenn deine Mutter dazu definitiv nicht mehr in der Lage ist. Allerdings sind das auch keine generellen Handlungsvollmachten, sondern gelten nur für den vom Gericht festgelegten Bereich.
Ich bin in dem Bereich leider nicht unbedingt Expertin, weiss nur das, womit ich in der Altenpflege bereits zu tun hatte.
Das Herunterspielen von Seiten deiner Ma hat sicher etwas damit zu tun, dass sie sich nicht mit der Hoffnungslosigkeit ihrer Situation auseinander setzen kann, weil sie sonst zusammen brechen würde.
Es liest sich schlicht, als hätte sich ihr Suchtverhalten verlagert.
Und Suchtis stehen ihrem Verhalten einfach nicht wirklich objektiv gegenüber.
Naja, was tun, sprach Zeus,-
es gibt die Optionen sie erneut einzuweisen, ist aber vielleicht schwierig gegen ihren Willen, es kommt auf das Urteil eines Neurologen/Psychiaters und ggf des Gerichts an, ob hier eine Rechtfertigung für eine Zwangseinweisung nach PsychKG (Psychisch-Kranken-Gesetz) vorliegt. Vorraussetzung ist die akute Selbst- oder Fremdgefährdung.
Um einen Neurologen oder Psychiater wirst du in jedem Fall nicht herumkommen,
vielleicht findest du ja einen, der sich auf einen Hausbesuch einlässt, ich würd einfach mal rumtelefonieren.
Medizinisch interveniert sollte auf jeden Fall werden, vielleicht steckt sie einfach grad in einer depressiven Episode, dem kann entgegengewirkt werden, und dann wäre sie sicherlich auch wieder zugänglicher.

Bis dahin wird es sicherlich für dich nicht einfach werden, ich glaube nicht dass deine Ma sehr begeistert sein wird, da hilft dir wahrscheinlich nur, dir vor Augen zu halten, wofür du das tust.
Vielleicht ist auch ein Pflegedienst angezeigt, der die medizinische Versorgung und evtl auch die körperliche Hygiene sicherstellt, sowie hauswirtschaftliche Hilfestellung leistet. Hast du mal eine Pflegeberatungsstelle angerufen? Die gibt es in jeder größeren Stadt.
Sollte es dazu kommen, dass deine Ma eine Betreuung erhält, weiss ich nicht, ob ich dir raten soll, diese selbst zu übernehmen, denn Eltern zu betreuen ist nicht immer einfach, sie empfinden es bisweilen als Bevormundung durch ihre Kinder, allerdings gibt es ja auch amtlich bestellte professionelle Betreuer.

Zusammengefasst,- zu deiner Frage mit dem Neurologen/Psychiater, ich würd versuchen einen zu einem Hausbesuch zu bewegen, vielleicht ist in der Nähe des Wohnortes deiner Mutter ja ein Altenheim, dort könntest du fragen, welcher Psych./Neur. die Betreuung der Bewohner übernimmt, wenn es eh auf dem Weg liegt, lassen sie sich schon mal lieber auf sowas ein, da sich Hausbesuche im Allgemeinen einfach nicht rentieren. Hätte den Vorteil, dass der Arzt die Zustände direkt vor Ort erleben würde und nicht aus deiner Schilderung, der deine Ma sicherlich widersprechen würde.
Ich hoffe du kommst nun ein bisschen weiter.
Viel Erfolg und lass dich nicht entmutigen, du tust es ja um ihr zu helfen.

Hallo Tanja!
bin wahrscheinlich der falsche Ansprechpartner für diesen Fall. Kenne mich nur im Bereich Adipositas gut aus und könnte dir sagen, dass Deine Mutter ein gute Chance hätte eine OP (z.B. Magenband oder Magenbypass) von der Krankenkasse genehmigt zu bekommen, wenn sie denn wollte.

Hier aber noch ein Auszug aus der Wikipedia zum Thema Entmündigung bzw. Betreung:
Im deutschen Recht waren zuletzt Gründe für eine Entmündigung: Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunksucht, Rauschgiftsucht, Verschwendungssucht. Geisteskrankheit und -schwäche waren dabei keine medizinischen Begriffe im Sinne psychischer Krankheit oder geistiger Behinderung, sondern juristische Kategorien der Abweichung von einem Normalzustand.

Entmündigungen erfolgten auf Antrag eines Familienangehörigen oder des Staatsanwaltes. Sie erfolgten nach einem Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit im Rahmen der Zivilprozessordnung. Ihnen folgte die Bestellung eines Vormundes in einem separaten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch das Vormundschaftsgericht.

Entmündigung wegen Geisteskrankheit führte zur vollständigen Geschäftsunfähigkeit (§ 104 Nr. 3 BGB a.F.) und somit auch zur Eheunfähigkeit und Testierunfähigkeit, Entmündigungen wegen anderer Gründe führten zur beschränkten Geschäftsfähigkeit, im letzteren Falle war eine Eheschließung zwar möglich, aber nur mit Zustimmung des Vormundes. Außerdem hatten alle Entmündigungen ein Wahlverbot zur Folge und wurden im Bundeszentralregister vermerkt.

Die Gesetzessprache mit Ausdrücken wie: der „zu Entmündigende“, der „Mündel“, der „Pflegling“ wurde als veraltet, stigmatisierend und für zeitgemäßen juristischen Gebrauch als nicht mehr brauchbar angesehen. Spät wurde erkannt, dass das in seinen Strukturen und seinen wesentlichen Inhalten aus dem vergangenen Jahrhundert stammende Entmündigungs-, Vormundschafts- und Pflegschaftsrecht einer Prüfung unter dem Lichte des Grundgesetzes (Recht auf Menschenwürde) nicht mehr standhalten konnte.

Das Verfahren zur Einleitung einer Gebrechlichkeitspflegschaft (§ 1910 BGB alter Fassung) war weniger aufwendig, es erfolgte als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor dem Vormundschaftsgericht. Es räumte den Betroffenen geringere Verfahrensgarantien ein, war aber auch in seinen Auswirkungen weniger gravierend als die Entmündigung. Seit Jahren gingen die Entmündigungszahlen zurück, die Gesamtzahl der unter Vormundschaft und Pflegschaft stehenden Personen stieg jedoch an, da die Gebrechlichkeitspflegschaft sich (regional unterschiedlich) zu einer Ersatzform für die Vormundschaft entwickelt hatte.

Eine Sachverständigenkommission des Deutschen Bundestags, die 1975 ihren Bericht zur Lage der Psychiatrie in Deutschland veröffentlichte (Psychiatrie-Enquete, BT-Drs. 7/4200 und 4201), machte deutlich, dass neben der Reform der medizinischen und psychosozialen Versorgung eine Reform auch der rechtlichen Rahmenbedingungen für geistig Behinderte und psychisch Kranke nötig war.

Dies erfolgte mit erheblichem Abstand im Jahre 1990 durch das Betreuungsgesetz, das am 1. Januar 1992 in Kraft trat.

Ich hoffe du findest einen Weg deiner Mutter zu helfen.
Liebe Grüße Marcus

Nun meine Frage:
ich hab wirklich Angst, dass meiner Mutter irgendwas
passiert.
War gestern bei meiner Hausärztin und sie sagte ich muss zum
Neurologen weil ich von dem fürs Gericht ein gutachten brauch.
Hat jemand von Euch schon Erfahrungen gemacht??
Ich mein ich bekomm meine Mutter bestimmt nicht dahin???
Wie habt ihr das gemacht oder gibt es vielleicht noch eine
andere Lösung??:Gruß Tanja


Hallo Tanja,

zunächst : die „Entmündigung“ ist zum Glück in Deutschland abgeschafft. Es gibt seither die rechtliche Betreuung von Volljährigen.

Zur Lebensweise Ihrer Mutter gilt, jeder kann leben, wie er möchte, da darf niemand Vorschriften machen. Lediglich die Gesetze sollten eingehalten werden…

Jeder darf auch selbst entscheiden, ob und wie er sich bezüglich gesundheitlicher Probleme behandeln läßt. Solange keine Gefahr besteht , daaa sie sich auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt, wird auch kaum eine Möglichkeit bestehen „einzuschreiten.“

Wenn Du der Meinung bist, dass Deine Mutter bestimmte Angelegenheiten (wie Vermögenssorge, Gesundheitssorge,Wohnungsangelegenheiten) ganz oder teilweise nicht mehr allein regeln kann, dann solltest Du versuchen, für diese Bereiche eine Vollmacht Deiner Mutter von ihr zu bekommen.

Gelingt Dir das nicht und bist Du der Meinung, dass die Ursache z.B. in einer psychischen Krankheit oder seelischen Behinderung liegt , dann könnten die Voraussetzungen für die gerichtliche Anordnug einer rechtlichen Betreuung vorliegen. Beim örtlich zuständigen Amtsgericht (Betreuungsgericht) könnten Deine Mutter oder Du Antrag auf Einrichtung einer Betreuung stellen. Das Gericht wird dann die erforderlichen Prüfungen vornehmen. Günstig wäre es tatsächlich, wenn man dem Antrag zumindest ein ärztliches Zeugnis beifügt, was die Situation bestätigt.

Was ist mit dem Freund der Mutter, kann er nicht helfen ??

Soviel erstmal … hoffe, konnte Dir helfen, ansonsten findest Du erste Infos auch im Internet . (z.B. www.andre-krueger-online.de ) Gruss andre

Hallo Tanja, wie es genau rechtlich mit der Entmündigung aussieht kann ich dir leider nicht sagen, aber so einfach ist das nicht, das kann ich dir aus Erfahrung sagen.

Was den gesundheitlichen Zustand deiner Mutter betrifft, solltest du vielleicht erstmal das Gespräch mit ihrem Hausarzt suchen. Da sie wie du schreibst viele Dinge nicht mehr wahr nimmt solltest du versuchen mit dem HA eine Einweisung in eine Pschiatrische oder Psychosomatische Klinik zu erreichen. Ist sie einmal dort können die Psychologen auch ein genaues Gutachten erstellen und dir auch genau sagen ob du mit einer Entmündigung überhaupt was erreichst, denn selbst dazu wirst du die Zusammenarbeit mit deiner Mutter brauchen denn, so wie du schreibst, nimmt sie doch noch ein wenig am Leben teil. Es klingt aber danach als ob deine Mutter depressiv Verstimmt ist und das sollte man dringend Abklären.

Was das Übergewicht betrifft, auch über den HA gehen , Laborkontrolle, HbA1c Wert bestimmen lassen, Diabetes einstellen lassen, mit dem Freund zusammen die Ernährung umstellen und versuchen ob sie in eine Selbsthilfegruppe gehe würde. Die Ulcusstellen das ist kein Decubitus) an den Beinen unbedingt vom HA mit behandeln lassen, die kommen vom Diabetes.

Ich hoffe ich konnte dir auf die schnelle erstmal weiterhelfen, ansonsten einfach nochmal melden.

lg rita