Entschädigung für Schäden am Bau

Hallo,
mal angenommen, folgender hypothetische Fall würde passieren:

Ein Kunde (Auftraggeber, AG) bestellt für sein Einfamilienhaus beim Auftragnehmer (AN) komplett neue Fenster und Rollläden, Autragswert ca. 30 T€. Für den Einbau müssen die vorhandene Rolladenkästen und die darüber befindliche Dämm- und Putzschicht aufgesägt werden. Dies wird auch so im Auftrag vereinbart. Der AN weist den AG mündlich darauf hin, dass dies nicht passgenau passieren kann, sondern 2 bis 3 cm frei bleiben müssen, die anschließend von einem Stukkateur nachgearbeitet werden müssen (dämmen und verputzen). Der AG akzeptiert das.

Bei der Ausführung stellt sich schnell heraus, das die Aufsägearbeiten nicht fachgerecht erfolgen. Die Ausschnitte sind viel zu groß (breiter als 15 cm) und krumm, da teilweise „frei Hand“ ohne angezeichnete Linie und ohne Anschlag gesägt wurde.
Der AG reklamiert dies bereits am ersten Tag in per Email und stellt telfonisch sicher, dass die Mail vom AN-Chef auch vor Beginn der Arbeiten am 2. Tag gelesen wird.
Nach einer weiteren Reklamation besichtigt der CAN-Chef mit seinem Mitarbeiter die Baustelle und stimmt grudsätzlich zu, dass die bisher (an inzw, 3 Arbeitstagen) geleisteten Arbeiten mangelhaft ausgeführt wurden. Nach einer Pause von ca. 1 Woche wird weiter gearbeitet und die restlichen 4 Fenster werden ordnungsgemäß eingebaut (mit max. 2 cm Rand). Der AN beweist also selbst, dass eine ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten möglich ist.

Um den Schaden (bis zu 12 cm große Löcher in Putz und Dämmung über die ganze Fensterbreite, an manchen Stellen auch mehr) zu beheben, gibt es zwei Möglichkeiten:
a) Löcher dämmen und Putz reparieren (Kosten ca. 1500 €). Die Reparaturfläche muss aber mind. 8 cm mit dem alten noch „guten“ Putz überlappen. Der Stukkateur weist darauf hin, dass Reparatur immer sichtbar bleibt. Es würde also an jedem Fenster eine min. 20 cm breite „geflickte“ Stelle deutlich sichtbar bleiben.

b) Neuverputzen des ganzen Hauses (Kosten ca. 11000 €). Laut übereinstimmender Auskunft mehrerer Stukkateure ist dies der einzige Weg, sichtbare Mängel zu vermeiden.

Obwohl der AG ursprünglich das Haus nicht neu verputzen (sondern nur anstreichen)lassen wollte (was dem AN bekannt war) , akzeptiert er Lösung a) nicht und entscheidet sich für die teurere Lösung b.

Der AG verlangt nun Entschädigung für den Mehraufwand vom AN. Da er durch den neuen Putz einen gewissen Mehrwert erhält (der neue Putz ist unzweifelhaft besser als der alte, nur überstrichene Putz) und durch das Neuverputzen einige Ausbesserungsarbeiten am alten Putz entfallen (ca. 1000 €), fordert er vom AN die Übernahme von 40 % seines Mehraufwands, also 4000 €. Der AG will die Rechnung des AN um diesen Betrag kürzen.

Frage: wäre im angenommen Fall die Kürzung um 4000 € rechtens ? Falls nein: Nach welchen Kriterien könnte eine angemessene Höhe der Entschädigung gefunden werden? Könnte der AN gegen die Kürzung vorgehen? Welche Erfolgsaussichten hätte er dann?

Schon mal vielen Dank im Voraus!

Gruß Kurt

Hallo,

vier Aspekte:

a) Sowieso-Kosten
Die Dämm- und Putzarbeiten fallen auf jeden Fall an, auch bei fachgerechter Vorleistung mit 2-3 cm Schnittbreite ==> sogenannte Sowieso-Kosten, die der AG oder Bauherr übernehmen muss. Größere Bereiche wirken sich im Gesamtpreis anteilig aus, wenn man aber die unveränderlichen Kosten für An-/Abfahrt und Baustelleneinrichtung im Gesamtpreis von 1500 EUR berücksichtigt, dürfte sich der Mehraufwand für die schlechte Vorleistung vielleicht auf 300-500 EUR belaufen (müsste man vor Ort beurteilen). Diese wären auch anzurechnen.

b) Wertminderung
So oder so, ob gute oder schlechte Vorleistung, wird eine „Wertminderung“ aufgrund optischer Beeinträchtigung zu erwarten sein. Die „optisch größere“ Beeinträchtigung aufgrund der schlechteren Vorleistung kann man m.E. aber nicht oder nur begrenzt wertmäßig erfassen/abgrenzen/ansetzen ==> Verhandlungsbasis (für beide Seiten).

c) Neuputz und Anstrich
Dass der AG ursprünglich keinen neuen Putz vorgesehen hat, ist unerheblich. Neuverputz bedeutet Wertverbesserung des Gebäudes des AG, die der AN für die Fenster grundsätzlich nicht zu übernehmen hat. Auch der geplante Anstrich ist ausschließlich Angelegenheit des AG, er könnte sich auch mit den ergänzten Putzarbeiten ohne Anstrich begnügen. Keine Möglichkeit der Verrechnung mit AN.

d) Ungeplanter Aufwand
Durch die schlechte Vorleistung entstehen dem AG zusätzliche Aufwendungen für Terminvereinbarungen, Terminverzüge, Schriftverkehr etc. Sofern er sie konkret nachweisen kann, wären diese Aufwendungen/Schäden zu verrechnen.

In der Summe scheint der geforderte Betrag von 4000 EUR erst einmal zu hoch. 1000-2000 EUR wären auf Grundlage der Schilderung realistischer.

Frage: wäre im angenommen Fall die Kürzung um 4000 € rechtens?

Kann man so nicht sagen, es müssten a), b) und d) konkret erfasst bzw. verhandelt werden.

Könnte der AN gegen die Kürzung vorgehen?

Ja.

Welche Erfolgsaussichten hätte er dann?

Kommt darauf an :smile:

Franz

Hallo Franz,
vielen Dank für deine ausfühliche Antwort! Sie enthält wichtige Denkansätze, die es zu bedenken gibt und über die man natürlich auch diskutieren kann bzw. ggfls. verhandeln könnte.
Gruß Kurt

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