nun, ich bin keine Muslimin…
Hallo,
und es gibt auf gar keinen Fall irgendeine Entshculdigung für irgendwen, der sich aus welchen Gründen auch immer der Gewalt bedient.
Dennoch bin ich von Benedikt in mehrfacher Hinsicht entsetzt, vor allem für eine diplomatische Warmwasserentschuldigung.
Entweder tut es mir leid, dass (!) sich jemand verletzt fühlt oder ich lasse so ein Palawer. Wenn ich unabsichtlich einen Verkehrunfall verursache, sage ich dem Opfer ja auch nicht, dass es mir leid tun, wenn er den Unfall als eine Verletzung seines Körpers interpretiert.
Ansonsten fühle ich mich von Benedikt gelinde gesagt vereimert, weil ich mich frage, für wie blöd er die Menschen eigentlich hält.
Wenn wir uns die umstrittene Rede anschauen, kann man eigentlich nur feststellen (oder ich kann es nur), dass dieses Zitat:
Oder ist es das Zitat des Satzes: „Zeig mir doch, was Mohammed
Neues gebracht hat[,] und da wirst du nur Schlechtes und
Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den
Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten",
für den Rest der Rede, wenn es wirklich nur um das Verhältnis von christlichem Glauben und Vernunft gehen soll, völlig überflüssig ist.
Ich halte Benedikt jedoch für zu intelligent, um hier ein Versehen zu vermuten (und meine wissenschaftliche Erfahrung ist, dass selten jemand versehentlich zu viel zitiert - eher zuwenig).
Benedikt führt also hier die „Gewalt“ ein, im Zusammenhang mit dem Islam, und macht dann im weiteren Kontext deutlich, dass wir Christen, die wir ja den logos (=Christus) haben vernunftgemäß handeln, während nach islamischer Lehre die Kategorie der Vernünftigkeit im Gottesverstädnnis keine Rolle spiele. Der christliche Gott fordert also Vernunft des Menschen, der islamische aber bindet sich selbst nicht an diese Kategorie, was dann natürlich auch eine nicht notwendige Kategorie für die islamischen Gläubigen ist.
Von mir aus soll er diese Meinung haben, aber er soll nicht ein paar Tage später erklären, er hätte Interesse am einen „Dialog der Religionen“. Gerade wenn wir Benedikts Rede betrachten, in der er für sich den griechischen Geist der Kirchenväter für sich in Anspruch nimmt, dann kann es nach der Darstellung seiner Rede gar keinen Dialog mit dem Islam geben, denn ohne dem Kriterium des logos (= Wort) ist eine dialogos schlechthin unmöglich.
Es ist daher nicht nur eine Beleidigung des Islams, sondern der gesamten Weltöffentlichkeit, erst die Fähigkeit zum Dialog abzusprechen und dann zu erklären, gerade diesen hielte man für so wichtig.
Und wer die Rede weiter liest, wird auch feststellen, dass es auch nicht „wir Christen“ sind, die den logos (=Vernunft) haben, sondern nur die römisch-katholischen.
Geschickt nämlich verbindet Benedikt den logos mit dem Hellenismus, was ja angesichts einer säkularen Antikenverklärung missionarisch durchaus pfiffig ist, und entdeckt „Enthellenisierungsprogramme“. Und Da entdeckt er natürlich die Reformation als ein ebensolches. Die Reformation, wie hier beschrieben, als einen Abbruch der Kirchenvätertradition (!) zu beschreiben, kann man wirklich nur machen, wenn man eine Seite später (in meinem Ausdruck) der historischen Theologie ihr Existenzrecht quasi abspricht, was ich im Gesamtkontext so verstehen muss, dass die historische Theologie unvernünftig ist.
Letztlich ist die Aussage von Benedikt bezüglich der Frage von Glaube und Vernunft diejenige, dass Vernunft nur im römischen Katholizismus vorhanden sei.
Ärgern tun mich oben genannte verwaschene Statements, aber beleidigt sollte man nicht sein, es ist eher lustig.
Und für den, der sich bis hierhin durchgearbeitet hat:wink:
- Ein Dialog erfordert immer, dem jeweils anderen die Fähigkeit zur nachvollziehbaren Argumentation positiv zu unterstellen.
- Die Christen haben weder den dialogos noch den logos (im Sinne von Vernunft) für sich gepachtet, weil sie den logos Gottes (also das Wort Gottes) als Gottes Sohn, d.h. Christus verstehen.
- Vielmehr ist der Anfang des JohEv die biblische (!) Begründung und Legitimierung eines vernunftgemäßen, sagen wir besser: wissenschaftichen Umgangs mit den eigenen Glaubensvoraussetzungen. Dafür bin ich als christliche historische (!) Theologin zwar dankbar, damit ist aber noch lange nichts über irgendeine andere Konfession oder Religion ausgesagt.
- Harnack hatte in vielem Unrecht, aber sicherlich damit Recht, dass allein die historische Theologie ihren Platz im Wissenschaftskanon einer neuzeitlichen Universität hat. Das zeigt gerade diese „Vorlesung“ eines Papstes an einer staatlichen Universität.
Grüße,
taju