Entwerfen eines schönen Produktes

Liebe/-r Experte/-in,

vielleicht ist Ihnen der Name qlocktwo ein Begriff.

Meine Frage an Sie ist, und ich hoffe, daß Sie diese ehrlich beantworten werden: Ist es nötig, das Studium Industriedesign durchzuziehen, um auf eine Idee wie qlocktwo oder den iPod zu kommen, diese in der Praxis gut aussehen und erfolgreich produzieren zu lassen?

Ich frage deswegen, weil viele Produkte, die heutzutage erhältlich sind den Eindruck machen, nach einem ganz bestimmten Muster hergestellt worden zu sein.

Mit ehrlich meine ich folgendes: man könnte jetzt natürlich sagen, daß „alles irgendwie wichtig ist“. Eine Formel, die leider sehr häufig heutzutage zu Unrecht verwendet wird. Sicher, ein Studium des Industriedesigns „schadet“ nicht. Aber meine Frage ist eben doch, ob in der heutigen Zeit es tatsächlich nötig ist, das Studium zu absolvieren um ein solches Produkt erfolgreich auf den Markt zu bringen, wenn man die Grundidee hat, ohne einen Industriedesigner anzustellen oder zu beauftragen.

Wenn das nicht der Fall ist, was ich natürlich hoffe, können Sie mir sagen, welche Themengebiete tatsächlich zu wissen nötig sind, um ein solches Produkt zu entwerfen und zur Marktreife zu bringen?

Hallo Michael-Thomas.
Die Frage ist, welche Berufsplanung man für seine Zukunft hat.
Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn man ein „Händchen“ für Gestaltung hat, dafür kein Studium nötig ist. Gestalten kann man oder nicht.

Für eine Anstellung oder auch für eine kompetente Aquise ist ein Studium schon wichtig.

Ein Studium dient m.E. eher dazu, Problemlösungsstrategien zu erlernen, die zu marktrelevanten Produkten führen.
Das erkennt man auch anhand der Studieninhalte wie Konstruktion, Materialkunde, Ergonomie, Marketing etc. alles wichtige Themen für die erfolgreiche Realisierung und Vermarktung eines Produktes.

Letztendlich ist es wichtig für einen Designer, dass er am Ende des Tages etwas zu Papier gebracht hat und dabei helfen ihm die „Werkzeuge“, die ihm das Studium an die Hand gibt.

Das iPod ist nicht nur ein interessant gestaltetes Produkt, sondern das Ergebnis eines langen Prozesses, bei dem viele Menschen verschiedenster Fachrichtungen mitgewirkt haben. Und die braucht man für eine erfolgreiche Markteinführung. Es sei denn, man will alles selber machen … und das kostet Zeit und viel Geld. Insbesondere Lehrgeld.
Daher sollte man sich zumindest den Rat von Fachleuten einholen und beachten, selbst wenn man dafür ein Honorar entrichten muss.

Gruß … Jürgen

Lieber Jürgen,

mit welchen Elementen/Herangehensweisen haben Sie täglich zu tun, welche liegen im Hintergrund und werden selten gebraucht?

Gruß

Michael-Thomas

Ich persönlich habe eigentlich mit Allem zu tun.
Da bin ich in der Situation, dass ich den Job ausübe, den ich gelernt habe.
Wir betreuen unsere Kunden von der Marktrecherche über den Entwurf, Modellbau und Konkretisierung, die Konstruktion und technishe realisierung bis zur Markteinführung. Mal mehr mal weniger, daß ist unterschiedlich. Was wir nicht machen ist echte 3D-Konstruktion in Rhino, Alias etc. das geben wir weiter oder das Unternehmen macht es selbst.

Aber es ist wichtig, zu wissen, was machbar ist und was nicht, man muss die Kosten im Auge behalten und auch mal erkennen, dass man den falschen Ansatz hat.

Kunden checken immer wieder Deine Kompetenz, ein sehr gutes Allgemeinwissen in allen Bereichen und auch das Erlernte aus dem Studium helfen hier sehr weiter. Und wenn man etwas nicht weiss oder versteht sollte man das auch zugeben. Das macht glaubwürdig.

Gruß … Jürgen

Was ist der Grund dafür, daß modernes Design immer einen gewissen Charakter hat, etwas, bei dem man sagt: „Das ist modernes Design“. Was macht das aus und wie kommt es dazu? Welches standardisierte Verfahren wird verwendet?
Wenn Sie nicht in Rhino arbeiten, welche Art von Daten geben Sie denjenigen, die die echte(?) 3D-Konstruktion übernehmen?

Gruß

Michael-Thomas

Hallo,
ganz oben steht die innere Einstellung, ein Produkt aus der Anwendersicht zu entwerfen. Was braucht der Kunde, was will er, was wird er nutzen.
Ziemlich schnell folgt dann die Beherrschung der der notwendigen Technologie.
Nun kommen Ergonomie, Herstellung, Preisgestaltung, Namensgebung, Funktionshandhabung nacheinander dazu.
Der Designer ist ein Mensch, der mit Ideenbringern, Ergonomen, Maschinenbauern, Elektronikern, BWLern, Produktionsleitern, usw. zusammenarbeiten muss/kann.
Sein eigentliches Merkmal ist der Zeitgeist (Was ist gerade wie in) und die Kunst, dieses in Worte und Bilder fassen zu können.
Neben der Aneignung von Fachwissen ist sicherlich auch diese Kommunikationsgabe erlernbar … ohne Studium. Ich würde aber sagen, dass der, der für ein autodidaktisches Eigenstudium das Zeug hat, diese Frage nicht stellen würde, sondern einfach eifrig dabei wäre, und jede Wand, die er schrammt, jede Sackgasse, in die er gerät, als neuen Antrieb nehmen würde.
Grüße
Niklas

Hallo,

das ist eine diskussionswürdige Fragen. Natürlich erlebt man leider zu oft schlecht gestaltete Produkte. Solche die am Markt vorbeigehen, deren Gestaltung zu wünschen übrig lässt und besonders viele die schlichtweg nicht bedienbar sind. Das Studium als solches birgt natürlich auch eine gewisse Lebenserfahrung -aber da kommen wir auf ein anderes Thema- und der Austausch mit Studenten und Lehrenden, der Input den man dort für sein Fachgebiet bekommt ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Ich bin dennoch sicher dass man ein gutes Produkt entwerfen und umsetzen kann ohne Industrie-Design studiert zu haben. Aber die kleinen Facetten die zumindest in meinem Studium immer unmerklich um mich herum waren haben die Entwürfe immer positiv beeinflusst und zu weiteren kleinen Ideen, Details und der Auseinandersetzung mit dem Produkt geführt.

In der Nähe von Kairo gibt es eine sehr erfolgreiche Teppichknüpf-Werkstatt die ausschließlich junge Menschen ohne Schulbildung beschäftigt weil diese noch nicht so stark von der industriellen Welt beeinflusst sind. Ihre Entwürfe sind die kreativsten. Sie zeigen Unterwasserlandschaften, ohne dass die Urheber je einen Blick in die wunderbare Unterwasserwelt werfen konnten, beeinflusst nur von ihrer Fantasie. Dies zeigt natürlich dass Kreativität nichts mit Bildung zu tun haben muss. Ein Produkt aber welches technischen Anforderungen entsprechen muss, Sicherheitsstandards einhalten muss, Produktionskosten berücksichtigen muss, und und und ist natürlich um einiges komplexer.

Bevor ich nun geschwätzig werde, für mich persönlich ist es derzeit sehr wichtig den Aspekt der Usability oder noch weiter gefasst den Aspekt der User Experience bei der Konzeption eines Produktes zu berücksichtigen. Um es zur Marktreife zu bringen würde ich immer potentielle Benutzer an einen Entwurf oder Prototypen lassen um das Ganze „rechtzeitig“ zu testen.

Ich hoffe ich konnte ein wenig helfen aber wahrscheinlich habe ich die Verwirrung erhöht… :wink:

Beste Grüße,
Regina Smit

Hallo Michael-Thomas!

Sorry, dass es so lange gedauert hat, und ich hoffe es ist nicht zu spät.

Um’s kurz zu machen:

  1. Prinzipiell ist das schon möglich, dass ein „Laie“ einen großen Wurf landet. Aber die Gestaltung einer durchgängigen Produktfamilie ist dann etwas ganz anderes. Dafür bedarf es schon einer gewissen Vorbildung.

  2. redest du von „erfolgreich auf den Markt bringen“ - das ist eine Frage des Marketings, nicht von Design. Und ab einen bestimmten Komplexitätsgrad braucht es auch ein ausgeprägtes konstruktives Wissen. Das sind dann also schon 3 Fachgebiete, in denen man fit sein sollte. Und natürlich spielen dann noch die wirtschaftlichen Aspekte mit rein…

  3. Ich denke nicht, dass man den qlocktwo-Entwurf mit der Komplexität des iPod-Konzeptes vergleichen kann. Apple-Produkte sind für gewöhnlich sehr vielschichtig, was die Schnittstelle Maschine-Mensch angeht (d.h. Optik, Haptik, Bedienung und deren Abläufe, Erlebnisfaktor,…). Da haben mehr als eine Person ihre Finger im Spiel.

Ich hoffe, das war nicht zu desillusionierend. Aber ich wünsche trotzdem Erfolg beim Vorhaben!
vg nina