Entwurf einer Temperaturregelung Kühlung

Hi Folks,

es handelt sich um folgendes Problem, was ich im Rahmen meiner Ausbildung betrachten muss und lösen muss:

Ein sich durch industrielle Beanspruchung erhitzendes Öl soll gekühlt werden und auf ca. 40°C gehalten werden (ohne Kühlung sind es ca. 80°C). Durch einen Kühler, welcher sekundärseitig mit Kühlwasser durchflossen wird, soll das Öl gekühlt werden (Wärmetauscherprinzip). Geregelt werden soll der Zulauf des Kühlwasser im Kühler. Der Ölvolumenstrom ist quasi fest und bleibt nahezu unverändert.

Die Sprunganwort der Temperatur des Öls liegt mir vor, nur frage ich mich, ob es das ist, was ich brauche, bzw. ob es das ist, was betrachten muss!
Ich möchte schließlich nicht das Öl durch „Ein- und Ausschalten“ einer Heizung erhitzen (so wie wir es mal in der Schule gemacht haben), sondern ich will es kühlen! Muss ich dazu nicht die Strecke der Kühlung betrachten?

Der zweite Punkte wäre:
Es wird ein Regelantrieb verwendet, welcher einen integrierten Prozessregler hat (PI-Regler). Der Verlauf der Strecke hat (vermutlich) PT1-Tt-Verhalten, also lässt sich die Einstellregel nach Reswick nicht anwenden, weil diese nur für Strecken höherer Ordnung ist. Ziegler und Nichols fällt auch unter den Tisch, da ich das System nicht an seiner Stabilitätsgrenze fahren will. Was für ein Verfahren gibt es noch zum Einstellen eines PI-Reglers?

Vielen Dank schon mal,

Andi

Hallo,

Die Sprunganwort der Temperatur des Öls liegt mir vor,

Das ist schonmal schön. Wobei ich nicht weiß, was Du damit genau meinst.

Ich möchte schließlich nicht das Öl durch „Ein- und
Ausschalten“ einer Heizung erhitzen (so wie wir es mal in der
Schule gemacht haben), sondern ich will es kühlen! Muss ich
dazu nicht die Strecke der Kühlung betrachten?

Regelungstechnisch ist es egal, ob da gekühlt oder gewärmt wird. Man betrachtet das doch sowieso abstrakt. Man muss nur ggf. Umrechnungsfaktoren betrachten.

Es wird ein Regelantrieb verwendet, welcher einen integrierten
Prozessregler hat (PI-Regler).

Okay.

Der Verlauf der Strecke hat (vermutlich) PT1-Tt-Verhalten,

Wie kommst Du darauf? Ich würde mal von PTn ausgehen. Wobei n bestimmt größer ist als 3. Du hast eine Verzögerung zwischen Öl und Kühlkörper, eine zwischen Kühlkörper und Wasser, eine zwischen Öl und Temperaturfühler, eine durch den Transport des Öls, eine durch den Transport des Wassers, eine durch den Verstärker des Temperaturfühlers und wenn der Regler digital ist, kommen von dem auch noch mehrere Totzeiten dazu…
Da kommt schon einiges zusammen, alles ist kreuz und quer gekoppelt und völlig unübersichtlich. Aber von PT1 würde ich einfach mal nicht ausgehen (wobei das aber prinzipiell auch egal wäre).

also lässt sich die
Einstellregel nach Reswick nicht anwenden, weil diese nur für
Strecken höherer Ordnung ist.

Na und?

Ziegler und Nichols fällt auch
unter den Tisch, da ich das System nicht an seiner
Stabilitätsgrenze fahren will.

Ziegler-Nichols geht in einer anderen Version durch Analyse der Sprungantwort.

Was für ein Verfahren gibt es
noch zum Einstellen eines PI-Reglers?

http://de.wikipedia.org/wiki/Faustformelverfahren_%2…

Aber denk dran: ALLE diese Verfahren dienen NICHT zur Einstellung eines Reglers. Sie sind nur Ausgangspunkt der Arbeit des Regelungstechnikers. Man stellt damit die Parameter grob ein, damit nichts schlimmes passiert - aber die hauptsächliche Arbeit, die eigentliche Optimierung kommt dann erst.
Gruß
loderunner

Hallo und danke für deine Antwort.

Um eine Regler zu parametrieren muss man eine Strecke betrachten, doch welche genau? Der Antrieb sitzt im Kühlkreislauf, der Temperaturfühler im Ölkreislauf.
Mit Sprungantwort meine ich, dass man das System einmal ohne Zuschalten der Kühlung hochfahren hat lassen (quasi auf den Eingang einen Einheitssprung drauf gegeben hat). Daraus erkennt man, dass es sich um PT1-Verhalten mit Totzeit handelt, stationärer Endwert ca. 80°C!

Die Frage ist nun: muss ich diese Strecke analysieren und anhand dieser Strecke den Regler parametrieren? Denn, es gibt ja auch noch den Verlauf der Kühlungsstrecke.

Das noch verschiedene Totzeiten eine Rolle spielen können, weis ich. Es handelt sich allerdings um eine seeeehr langsame Regelung. Das System braucht bis zum Erreichen des stat. Endwertes über eine Stunde. Totzeiten, welche im Bereich von Sekunden liegen, kann man in der Betrachtung vernachlässigen. Würde eh kaum eine Änderung bewirken.

Hallo,

Um eine Regler zu parametrieren muss man eine Strecke
betrachten, doch welche genau?

Ganz einfach: Eingang Regler - Ausgang Regler. Eingang ist die Größe, die geregelt werden soll, also vermutlich die Temperatur des Öls. Ausgang ist der Ausgang des Regelbausteins, also vermutlich irgendwas, das an den Eingang eines Leistungsstellers geht, der einen Motor(Pumpe) betreibt. ALLES dazwischen ist auf der einen Seite der Regler, auf der anderen die Strecke.
Ist doch egal, wo man den Kreis auftrennt und wie kompliziert es in Wirklichkeit ist.

Mit Sprungantwort meine ich, dass man das System einmal ohne
Zuschalten der Kühlung hochfahren hat lassen (quasi auf den
Eingang einen Einheitssprung drauf gegeben hat). Daraus
erkennt man, dass es sich um PT1-Verhalten mit Totzeit
handelt,

Wirklich? Startet die Kurve aus der Umgebungstemperatur ohne einen Übergang? Oder doch eher erstmal flach ansteigend und damit mindestens zweiter Ordnung?

stationärer Endwert ca. 80°C!

Daraus kann man dann den Übertragungswert der Strecke bekommen. Aber eben nur den für die Störung. Wie gut und schnell die Kühlung wirkt, kann man daraus ja leider gar nicht ablesen. Nur eine grobe Schätzung, in welchem Bereich von Zeitkonstanten wir uns bewegen.

Die Frage ist nun: muss ich diese Strecke analysieren und
anhand dieser Strecke den Regler parametrieren? Denn, es gibt
ja auch noch den Verlauf der Kühlungsstrecke.

Eben. Viel zu kompliziert, das erst zu modellieren und simulieren. Ich würde den Regler grob einstellen und dann optimieren.

Das noch verschiedene Totzeiten eine Rolle spielen können,
weis ich.

Okay.

Es handelt sich allerdings um eine seeeehr langsame
Regelung.

Wie immer, wenn es um Temperaturen geht.

Das System braucht bis zum Erreichen des stat.
Endwertes über eine Stunde.

Ja. Der Praktikumsversuch, den wir hier durchführen, nimmt auch eine Sprungantwort auf, die eine halbe Stunde bis zum Endwert benötigt. Übrigens wird von den Studenten dann Ziegler-Nichols angewandt. Die Sache mit Tu und Tg und Ks, um daraus einen Regler für eine Strecke zweiter Ordnung zu bestimmen.

Totzeiten, welche im Bereich von
Sekunden liegen, kann man in der Betrachtung vernachlässigen.
Würde eh kaum eine Änderung bewirken.

Ja. Aber es ist eben real doch komplizierter als ein System mit Pt1 und Totzeit, darauf wollte ich hinaus. Was andererseits keine große Rolle spielt bei der Auslegung des Reglers. Man legt einfach das ganze als System zweiter Ordnung fest und den Rest erledigt man durch Optimierung im laufenden Betrieb (Spezialfälle außen vor gelassen, da geht sowas manchmal komplett in die Hose).

Ist doch klar, dass die ganzen Standardverfahren erstmal kein optimales Ergebnis liefern können.
Eine Werkzeugmaschine soll nach einem Werkzeugwechsel möglichst schnell wieder loslegen - völlig egal, ob zwischendurch mal ein Drehzahl-Überschwinger von 1000u/min auftritt. Aber wenn ein Brennofen einen Überschwinger von 100° produziert, kann man alles wegwerfen, was drin ist.
Also völlig andere Ansprüche an’s Regelverhalten. Woher sollen die schlauen Herren aber gewusst haben, was da geregelt werden soll? Können sie doch gar nicht, deshalb muss man immer optimieren, bis es wirklich passt.
Gruß
loderunner

Hallöle,

nicht so kompliziert denken…die ganzen Verfahren nach Ziegler,Nichols und Reswick sind gut und schön in der Theorie…sind aber in der Praxis an laufenden Anlagen meistens nicht durchführbar.
Bei deinem Beispiel würde ich wie folgt vorgehen…

  1. Eckdaten ermitteln…
    -max.Öltemperatur bei geschlossenem Wasserventil
    (nehmen wir mal 80°C an)
    -min. Öltemperatur bei voll geöffneten Wasserventil
    (néhmen wir mal idealerweise die Wassertemperatur von 20°C an)
    also ergibt das ein max.Bereich von 60Grad (entspricht 100%)
  2. Regler auf Hand stellen und dein Wasserventil auf 50% Öffnung stellen
    und warten bis sich deine Öltemperatur beruhigt hat.
  3. Wasserventil auf 40% Öffnung stellen und wieder warten bis sich deine Öltemperatur beruhigt hat. Dabei die Zeit messen und die Temperaturdifferenz festhalten („Sprungantwort“)
  4. anhand der Temperaturänderung (nehmen wir mal an 6°C, entspricht 10%) hast du jetzt das Übergangsverhalten deiner Strecke.
    4.Kp ausrechnen…Ausgangssignal/Eingangssignal=Kp
    ergibt Kp=1
    5.beim I-Anteil wirds etwas komplizierter…
    Aus Erfahrung machen wir das so
    Bei der Sprungantwort die Zeit messen(nehmen wir mal 30s an), Totzeit abziehen (nehmen wir mal 5s an),ergibt Tn=25s
  5. PI-Regler wie folgt einstellen Kp=1, Tn=25s
    damit fangen wir an…
  6. Sollwert auf 40°C stellen, Regler auf Automatik stellen und das Regelverhalten (Istwert Öltemperatur) beobachten (idealerweise anhand einer Trendkurve)
  7. Sollwertsprung eingeben (zB.35°C), Istwert beobachten und entsprechend die Regelparameter (Kp,Tn) anpassen
  8. Punkt 8 solange wiederholen bis ein zufriedenstellendes Regelverhalten erreicht wird.

Gruss Angus

PS.folgendes hab ich mal beigebracht bekommen „…man regelt nur sogenau wie nötig und nicht sogenau wie möglich…“