Hallo,
ich habe vor meinem Grundstück 4 große (10-12 m) Tannen stehen. Und bei den Stürmen der vergangenen Tage mache ich mir langsam Sorgen ob die Bäume dem noch lange stand halten. Vorallem, weil die Tannen nunmal flachwurzler sind. Sind Tannen anfälliger bei Sturm was das Entwurzeln angeht??
Moin,
Sind
Tannen anfälliger bei Sturm was das Entwurzeln angeht??
jain.
Wenn Du wirklich Entwurzeln meinst, dann sind Nadelbäume tatsächlich anfälliger. Wenn Du aber generell meinst, ob die Bäume umfallen/umknicken, dann nicht unbedingt.
Laubbäue sind meist Pfahlwurzler, brechen aber gerne mal am Stamm ab, oder große Äste gehen fliegen.
Vom Gefahrenpotential sind sie grob vergleichbar.
Allerdings hängen Sturmschäden von Bäumen von einer ganzen Reihe Faktoren ab.
Gandalf
Ja mir ging es ehr um das Entwurzeln bei starkem Sturm. Die Tannen stehen in einer Reihe komplett im Wind, sprich sie sind das erste Hindernis nach mehreren Kilometern Acker. Und da die Wurzeln auch schon an der Oberfläche durchbrechen mach ich mir halt sorgen ob die Tannen das wirklich aushalten.
Auf der anderen Seite stehen an der Küste Kifern direkt an der Promenade im Sandboden und bleiben auch stehen!?
Ich hoffe einfach mal, dass die Bäume halten
Vielen Dank für deine Antowrt Gandalf!
Hallo!
ERST mal muss ich da ein paar Punkte geraderichten (sorry auch an Gandalf)
ALSO: TANNEN (botan. Abies) sind KEINE Flachwurzler! (daher sind das die Bäume die in einem typischen schwäbischen Waldbestand stehen bleiben, wenn es die Fichten rundrum - DAS sind die Flachwurzler - drumrum umlegt…)
Tannen haben sozusagen VIELE Pfahlwurzeln…
Kiefern haben auch ein sehr stabiles, „fast-Pfahlwurzelsystem“
Bei Laubholz gibt es auch Pfahlwurzler (Eichen z.B.), die meisten Arten haben aber ein HERZ-Wurzelsystem.
ENTSCHEIDENDER Unterschied ist aber, dass die Laubhölzer zur „Sturmsaison“ - also jetzt - KAHLE Äste haben = dem Wind VIEL weniger Widerstand bieten als ein gleich grosser Nadelbaum!
(im Sommer fallen nämlichen z.B. Buchen fast genauso „gut“ wie Fichten…)
AUSSERDEM gibt es viele weitere entscheidende Faktoren:
- das schon zitierte Brechen kommt meist bei trockenem/gefrorenem Boden
vor oder wenn es sich um Windhosen handelt (verdrehende Wirkung) - Solitär stehende Bäume haben IMMER einen viel tieferen Schwerpunkt
(auch wenn die Krone meist viel größer ist) - Randbäume sind auch meist viel kräftiger und VOR ALLEM „trainiert“
(diese Bäume sind mit Sturmereignissen aufgewachsen) - das ist auch der Grund, warum meist der Trauf (Waldrand) noch steht,
wenn dahinter die kurzkronigen, „ungeübten“ Bäume gefallen sind - dann kommt es auf Wirbelwirkungen bzw. Windschatten von Hang und Gebäuden an
- da ist auch die schiere Baumhöhe wichtig (10m oder 20m?)
- bei nassen Böden fallen mehr Bäume um als bei trockenen
- bei anhaltenden Winden kommt es zum Aufschaukeln, bei eher einzelnen
Boen tritt das nicht so auf… - und nicht zuletzt sind Schwachstellen im Holz und an den Wurzeln entscheidend
(Faulstellen, Verletzungen, Zwieselwuchs, …)
Ich hoffe dass Deine Bäume stehen bleiben - wie ich auch hoffe, dass meine grosse Fichte noch steht, wenn ich nach Hause komme - immerhin hat die Wiebke 1990, Lothar 2000 und Kyrill überstanden!
es ist aber ein nicht ganz so triviales Thema…
cu kai
Vielen Dank für die ausführlich Antwort. Also „trainiert“ müssen die Bäume auf jeden Fall sein! Die stehen jetzt auch schon seit 40 Jahren an Ort und Stelle und mussten immer den Wind aushalten (haben also auch alle großen Stürme mitgemacht).
Aber wie du schon erwähnt hast kommt es auch auf die Größe der Bäume an. Ich gehe mal davon aus, dass die Bäume anfälliger werden mit wachsender Größe, da sich wahrscheinlich auch die Hebelwirkung auf den Stamm vergrößert??
Und das Tannen bzw. Fichten keine Flachwurzler sind hätte ich jetzt nicht gedacht. Ich dachte immer, dass die Baumarten welche auch in der Tundra wachsen ein flaches Wurzelsystem haben wegen des Permafrostbodens!?
Graad duat ers Maul zua -
Servus,
Und das Tannen bzw. Fichten keine Flachwurzler sind
lies doch nochmal, was Kai geschrieben hat: Das „bzw.“ an dieser Stelle ist völlig unsinnig.
Wenn es irgendwo einen halben Wald gerissen hat, siehst Du auf dem Schlachtfeld die flachen Wurzelteller immer nur der Fichten komplett erhalten, aber um etwa 90° gedreht, und kannst von der Seite, die vorher unten war, ausführlich studieren, wie die Wurzeln von Fichten strukturiert sind.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder
Hallo Kai,
hab ich`s mir gedacht: Forstbeamter, -nur die können so was wissen. Deinen Artikel habe auch ich mit Interesse gelesen und bin nun etwas schlauer. Es war sehr hilfreich zumal ich viel im Wald arbeite(Selbstwerbung von Brennholz).
Vielen Dank, Bernd
Nicht vergessen
Hi!
Wichtig ist es auch zu wissen, ob entlang der Bäume (auch in etwas größerem Radius) in den letzten 0-7 (schätze ich mal) Jahren Bauarbeiten stattfanden, bei denen evtl. Wurzeln beschädigt wurden oder sogar der Wurzelanlauf.
Vor allem im Siedlungsraum ist das häufig die Ursache für umstürzende Bäume. Zunächst sieht man den Bäumen nämlich gar nichts an, sie sind grün wie gehabt (Feinwurzeln regenerieren sich manchmal recht schnell). Und einige Jahre später fallen sie bei einem Sturm um, Was unter der Erde beschädigt ist (z.B. große Haltewurzeln) sieht man dann ja nicht mehr).
Die Rechnung: Großer, alter Baum = großer Hebel = umsturzgefährdet geht so nicht auf. Die Wurzeln wachsen ja auch (wenn sie Platz haben und unbeschädigt sind).
Dazu kommt noch: Auch der pfahlwurzligste Pfahlwurzler wird eine flache Wurzel ausbilden, wenn ihm z.B. eine Felsplatte im Weg ist. Und andersrum auch: Ein Wurzelteller kann sich nur ausbilden, wenn entsprechend Platz vorhanden ist. Bäume sind da flexibel in der Ausnutzung der Ressourcen.
Grüße
kernig
Klasse Beitrag (owt)
…
–
Hallo!
nachdem der Blumenpeter schon das gröbste korrigiert hat - Danke Peter - noch folgendes:
40 Jahre alt heisst nur, dass die Bäume jetzt ANFANGEN gefährdet zu werden… (bei Wiebke war die nur 1/2 so hoch und auch bei Lothar waren sie noch einige Meter kleiner…)
Größer heisst nicht unbedingt aufgrund des Hebels anfälliger - das stimmt nur in geschlossenen Beständen, wenn die Bäume so eng stehen, dass die grüne Krone auch nur 1/4 oder weniger der Stammlänge ausmacht = dann purzeln 5 m Krone an 20m „Stiel“ natürlich leichter, als 5m Christbaum…
ABER mit 40 Jahren und schätzemativ 15-20m Höhe streckt man so allmählich das meiste davon über die „Umgebungsrauhigkeit“ raus = der Wind wird mit der Höhe - und da reichen schon 10-20m - erheblich stärker/rauer/böiger (am Boden bremst ja jede Hecke, Mauer, jedes Auto und jeder Bordstein…)
zu trainiert kommt ausserdem, dass der Baum dazu wirklich schon den Böen ausgesetzt sein muss, nicht nur „in Europa gestanden haben“ = hoch genug und „vorne dran“ gestanden haben…
ich gönne ja jedem Bäumchen den Schutz durch Nachbarn, Zäune, Garagen usw. - aber wenn sie größer werden u/o den schützenden Nachbarn verlieren, dann ist so ein Baum schlechter dran, als der, der ohne Nachbar schon immer beansprucht war = schon immer „ein Ziehen in den Wurzeln“ hatte = entsprechend viele und starke Wurzeln bilden konnte und musste…
zu den Unterschieden Tanne und Fichte google bitte mal = die sind weniger miteinander verwandet als die sprichwörtlichen Äpfel und Birnen - siehe z. B. http://de.wikipedia.org/wiki/Kieferngew%C3%A4chse
Das mit der Tundra und Flachwurzler kann sein, hab ich noch gar nicht drüber nachgedacht - ABER das sind eben nur die Fichten (hab da v.a. die Frosttoleranz im Kopf, weshalb bei uns z.B. Fichtenreinbestände von Natur aus nur im Bayer. Wald in den Kaltluftsenken vorkommen), und weltweit gesehen auch verschiedene Arten! (USA/Canada/Skandinavien/Russland/China…)
Die Tanne - auch unsere mitteleuropäische - ist dagegen recht frostempfindlich (v.a. die kleinen, wie bei den meisten in der Jugend schattertragenden Arten, aber auch die grossen mögen es eher atlantisch/gemässigt als kontinental/schockgefrostet…), die meisten Tannenarten sogar noch viel mehr, es gibt Arten in USA,Japan,China,Kleinasien und dem Mittelmeerraum - wie etwa die „Abies equi-tronjani“ = die Tanne aus der das trojanische Pferd gebaut wurde (sagt man zumindest, aber es wird eine eigene Art gezählt…)
Schau mal eine kleine Tanne im Wald an: die duckt sich manchmal Jahrzehnte(!!) irgendwo zusammen, trotz jedem Verbiss, braucht wenig Licht, wächst sehr langsam und eher in die Breite (typische 5-Jährige) sind keine 20 cm hoch, aber 1/2m breit…), investiert aber viel Energie in den Aufbau eines guten Wurzelsystems = das kann ihr keiner mehr nehmen… - und wenn sie dann ihre Chance bekommt (Licht von oben und sichere Wasserversorgung von unten) dann geht sie ab wie die Luzie, kann Jahrestriebe von 1m und mehr anlegen und insgesamt Höhen von 50, ja 60m erreichen -> so eine Tanne musste auch mal anschauen!
Dagegen sind 08/15-Fichten ja recht nett und sie können ja auch nix dafür, aber ist halt - in unseren menschengeformten Forsten - doch eher „Durchschnitt“ )
cu kai
P.S.: nach allem Anschweifen: was hast Du jetzt eigentlich?? Fichten oder Tannen? *machmabild* (Detail-Bild von Zweig wäre gut)
Erstmal vielen Dank an alle die hier so fleißig und umfassend geanwortet haben. Hätte nie gedacht, dass ich soviele Antworten zu dem Thema bekommen würde .
Nun zum „P.S“ von Kai: Ich denke es handelt sich hier um Tannen aber ich werde noch ein zwei Bilder einstellen.
Ergänzung zu ‚frostempfindlich‘
… „frostempfindlich“ meint hier natürlich nicht „geht bei -1°C put“ (wie Tropenpflanzen) sondern „hält mehr als -30°C nicht wirklich gut aus…“ (während Fichten in Sibirien bei -40°C noch feixen… und erst bei -50°C zu zittern anfangen…, oder so…)
und zu den Verwandschaften: wenn man es mit den Rosengewäschsen vergleicht, sind Tannen vllt. mit Zedern so nahe verwandt wie Apfel und Birne (2 Gattungen der gleichen Unterfamilie), aber mit Fichten so wie Birnen mit Erdbeeren oder Mädesüß (google mal…) = einmal quer durch die ganze Verwandtschaft (botan. Familie…) = also nicht wirklich eng beieinander stehend…
cu kai
http://imageshack.us/photo/my-images/337/imag0114r.jpg/
http://imageshack.us/photo/my-images/256/imag0116z.jpg/
http://imageshack.us/photo/my-images/405/imag0115he…
So hier habe ich mal 3 Bilder gemacht. Die ersten beiden zeigen die Baumreihe jeweils von der Grundstücks- bzw. Strassenseite, das dritte Bild ist eine Nahaufnahme eines Zweigs. Ich hoffe das reicht zur Identifizierung der Baumart. Und eine Fichte ist es definitiv nicht, soviel kann ich auch schon sagen!!!
Ich gehe wie schon gesagt davon aus, dass es sich um eine Tanne handelt.
Hallo!
muss Dich leider enttäuschen, das sind definitiv Fichten!
aber meinst Du wirklich, die sind 40 Jahre alt? dann isses eine gemächlich wachsende Sorte, die sind doch gerade mal 10/12 m hoch, oder? -> na jedenfalls sind die nicht wirklich sturmgefährdet
zu den Merkmalen: Nadel stechend, im Schnitt 4-kantig, auf „Hubbel“ des Zweigs sitzend, Zapfen hängend, als ganzes abfallend = Fichte!
im Gegensatz zu Tanne: Nadeln weich/sehr biegsam, flach, vorne mit „Kerbe“ statt Spitze, Zapfen stehend, am Baum zerfallend = Tanne
v.a. das mit den Zapfen ist eindeutig und bei allen Tannen- bzw. Fichtenarten wie oben beschrieben…
auch andere Nadelholzarten (Hemlock oder sowas) kommen IMHO nicht in Frage…
wahrscheinlich ist es eine Zierform, zur genaueren Bestimmung müsste man Nadellängen, Zapfengrößen etc. abgleichen; Fichten sind untereinander nicht soooo unterschiedlich; einheimisch in Europa ist nur eine einzige Art = vergleich Deinen Zweig doch mal mit einer Fichte draussen im Wald (das sind die mit den Tellern und umfallen ) cu kai
Ah ja, ich habe jetzt auch meinen Denkfehler gefunden. Ich habe Fichten mit Kiefern verwechselt also Kiefern sind es definitiv nicht!!!
Vielen Dank für die Klarstellung.
Okay dann hab ich also Fichten vorm Grundstück und somit doch Flachwurzler.
Ja die Höhe der Bäume würde ich auf max. 12 Meter schätzen. Leider stehen die Bäume nur 9 Meter vom Haus weg ^^. Aber ich habe von Nachbarn gehört, dass die Bäume damals mit Erschließung des Bausgebietes, sprich Anlegung der Strasse, gepflanzt wurden. Vielleicht sind die Bäume während der ersten 20 Jahre zu DDR-Zeiten schlechter gewachsen, wir hatten ja nichts damals und sind deswegen noch etwas kleiner.
Hallo!
Also das mit dem Alter und Nachbarn und Strasse ist so ne Sache…
Du kannst das ganz einfach prüfen: schau Dir Deine Fichten mal genauer an: die haben sog. Quirle = jedes Jahr bringt die Endknopse (eigentlich ein Knospenbüschel) einen senkrechten und eine „Ebene“ +/- waagrechter Triebe hervor.
Ergo: zwischen zwei so Quirlen liegt ein Jahr (mal von so ein paar Fetzern dazwischen abgesehen…) = zähl die, incl. den geasteten=abgesägten Kränzen (die kann man noch ahnen) unten am Stamm und addiere ungefähr 5 Jahre oder so dazu (von den ersten Jahren ist meist kaum was zu sehen), dann hast Du das Lebensalter.
Je nach Alter beim Pflanzen kannste wieder was abziehen (ganz kleine sind 2, etwas größere auch mal 5 oder 10 Jahre…)
Egal wie: das „40“ kannst Du damit schon mal auf Plausibilität prüfen, aufs Jahr festlegen würde ich mich aber auch nicht…
(vom Habitus und wenn die nicht wirklich ganz mau wachsen - weil vllt. gerade dazu hingezüchtet als Gartenbaumsorte - würd ich die auf nicht älter als 20 schätzen, vom Bild her…)
cu kai
Windrichtung?
Hallo!
noch was: als die obersten 3 Meter sind wie Christbäume = an einem normalen Haus richten die i.d.R. keinen fatalen Schaden an…
(was’n da ggf. für ein Zimmer drin/drunter?)
wenn das Alter stimmt: dann brauchen die 3-4 Jahre für jeden weiteren Meter, da wäschst das Risiko jetzt nicht wirklich rasant…
noch was: in welcher Himmelsrichtung stehen die von Deinem Haus?
(Stürme kommen i.d.R. von West/Südwest = Fichten fallen meist nach Ost/Nordost…)
cu kai