Epilepsie und Führerscheinklasse CE

Liebe/-r Experte/-in,
ich möchte deine Fachhilfe in Anspruch nehmen und mir einen Ratschlag von dir für den nachfolgenden Sachverhalte holen.

Nachfolgend möchte ich in Stichpunkten mal schnell meine Situation schildern damit du dir schnell ein Bild machen kann was für eine Situation vorliegt.

  • Mitte 2005 Diagnose Epilepsie (komplex-fokal), Ursache Hirntumor
  • Fahrverbot
  • Mitte 2006 Tumorentfernung und seitdem kein Anfall / Absence mehr
  • Fahrverbot für ein Jahr
  • Aufhebung Fahrverbot Anfang 2008
  • Medikamentation mit Lamotrigin bleibt bestehen / 50% Schwerbehinderung unbefristet ohne Merkzeichen wird ausgestellt

Nun ist es so das ich ja 6 Jahre zum Glück gar nichts mehr hatte und meine EEG´s auch immer sauber sind. Eigentlich könnte man auch das Lamotrigin (Antiepileptika) absetzen. Nur mein Neurologe am Epicenter Berlin meint ich soll es weiterhin nehmen wenn ich damit keine Probleme habe. Er ist da sehr konservativ und will mir Probleme ersparen die durch einen evtl. neuen Anfall (man geht zwar davon aus das nichts mehr passiert, aber Risiko bleibt natürlich) auftreten können. Dann gehts ja wieder los mit Aufdosierung, Fahrverbot,…

Ein unverschuldetes Fahrverbot will ich auf keinen Fall mehr haben. Jeden Tag 5km bergauf zur Arbeit und abends zurück auf einem bayrischen Dorf ohne Möglichkeit von öffentlichen Fahrzeugen oder Fahrgemeinschaften mit Kollegen. Das war die Hölle bei Eis, Winter, Hagel, Regen, Hitze,… An solchen Tagen habe ich die Welt gehasst. Aber ich musste zumindest meinen Job nicht aufgeben. Als Single musste ich jeden scheiß Einkauf selber ranschleppen. Familie 700km entfernt und noch keine Freunde gefunden da frisch in die Gegend gezogen. Kurzum, es war für mich die Hölle.

Gerne möchte ich jetzt den LKW-Führerschein machen (Klasse CE). Einsetzen möchte ich diesen aber nicht gewerblich. Im Prinzip soll dieser nur für mich da sein damit ich mal einen 7,5 Tonnen Umzugs-LKW fahren kann und evtl. auch mal einen etwas größeren Wagen fahren darf. Außerdem sind die Kosten für einen 7,5 Tonnen Schein in der Fahrschule fast genau gleich wie beim großen CE. Bei beiden sind auch die selben Gebühren zu zahlen und die gleichen ärztlichen Untersuchungen durchzuführen.

Und um die Untersuchungen und die rechtliche Situation hierzu geht es nun. Bis jetzt war es so das meine Neurologen mir immer das Fahren verboten haben und nichts an die Straßenverkehrsbehörden gemeldet haben. Sie haben mir auch geraten es tunlichst zu vermeiden das Wort „Anfallskrankheit“ jemals zu erwähnen im Beisein von diesen Staatsorganen. Man könnte damit nämlich schlafende Hunde auf irgendwelchen Ämtern wecken und dann müssen teure Gutachten vorgelegt werden und bis diese beschafft sind muss der Lappen abgegeben werden…

Nun möchte ich dies bei der Erweiterung des Führerscheins alles umgehen bzw. da keiner Behörde Zündstoff liefern für eine evtl. Prüfung meiner Fahrtauglichkeit (nicht das es nachher noch Probleme bei der Klasse B gibt) Diese ist aus Neurologensicht und meiner eigenverantwortlichen Sicht absolut gegeben.

Die Begutachtung für den LKW-Schein darf jeder Hausarzt machen. Würde mir da nun einen suchen mit dem ich noch nichts großartig zu tun hatte und der mein Krankheitsbild nicht genau kennt.

Dieser wird dann ja genau den Fragebogen abarbeiten der vom LRA für diesen Fall vorgegeben ist. Wenn da nicht nach einer Anfallskrankheit gefragt wird bin ich ja aus dem Schneider.

Nur wie ist der Fall wenn danach gefragt wird? Darf ich diese dann verschweigen? Es liegt ja schon so lange zurück und ich denke es gibt bestimmt eine Verjährungsfrist. Wie ist die Dauer dieser? Gibt es dazu eine genaue gesetzliche Definition?

Wie würdest du das Handhaben?

Mein Neurologe will mir dazu nichts sagen bzw. wehrt sich auch gegen einen Wink mit dem Zaunpfahl. Er meinte nur ich soll alles vermeiden was mit Gutachten und dem Kram zu tun hat. Das kostet nur ein Heidengeld und dauert ewig. Sehe auch ehrlich gesagt nicht ein da 500€ oder mehr auszugeben für etwas wofür ich noch nicht mal etwas kann.

Im Prinzip kann ja jeder eine Epilepsie entwickeln und somit ist jeder ein Risiko für die Gesellschaft.

Wie denkst du darüber? Wie ist deine Erfahrung in solchen Dingen?

Vielen Dank!

Gruß
Flo

Hallo Flo,

eigentlich hast du dir die Frage selbst beantwortet, genau so läuft es ab und du bist sicher nicht der einzige. Wenn auf eine konkrete Frage des Facharztes jemand sagt, dass ihm nicht bekannt ist, ob er ein „Anfallsleiden“ hat, ist es ja auch nicht gelogen. Probleme würden nur entstehen, wenn während der Untersuchungen die Krankheit entdeckt würde, das dürfte aber nach deiner Schilderung ausgeschlossen sein.

Für ein wirklich gutes Gewissen aber wäre die Abklärung durch einen Verkehrsmediziner im Fachbereich Neurologie notwendig… wenn du dir unsicher bist, dann wähle diesen Weg… sollte wirklich einmal etwas passieren, weil die Krankheit eine unvorhergesehene körperliche Reaktion hervorgerufen hat, dann wird der Weg sehr „steinig“ und die FE auch für den Pkw ist weg.

Gewissensfrage also.
LG
Conny

hallo,
sorry damit kenne ich mich leider nicht aus, daher will ich nichts raten.

Hallo Flo,
so einfach sit die Sache nicht.
Das Führerscheinrecht und genau „die Teilnahme am Starßenverkehr“ setzt auf eine hohe Eigenverantwortung. So darf ein Patient nach Einnahme von bestimmten Medikamente keine Fahrzeuge führen. Dies darf der Arzt nicht melden (Schweigepflicht) und man muss es selbst umsetzen. Solange nichts passiert ist dies auch nicht auffällig.
Wenn du aber dem Risiko eines erneuten Anfalls näher stehst als ein anderer völlig gesunder Verkehrsteilnehmer, dann musst du selbst Vorsorge betreiben. Also hier kommt ein Arztbesuch mit einem eindeutigen Ergebnis, also ja oder nein in Betracht. Natürlich wirst du nur schwer einen Arzt finden, der dir bei deiner Erkrankung schriftlich bescheinigen wird, dass ein Anfall ausgeschlossen ist und somit die Teilnahme am Straßenverkehr nicht andere gefährdet.
Auf einen LKW - Führerschein würde ich an deiner Stelle verzichten.
Die Gründe:
Hohe Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer
ggf. Verlust des jetzigen Status

Bitte denk daran, dass eine Teilnahme am Straßenverkehr mit dieser Erkrankung auch andere Konsequenzen nach sich ziehen kann:

  1. Verkehrsstraftat, wenn ein Unfall passiert
    (vielleicht auch bereits jetzt schon ohne Unfall durch blosses Führen eines KFZ)
  2. Versicherungsverlust!!

Sicher wird dir die Antwort nicht gefallen, aber so ist die Lage.

Grüße,
strucki

Hallo Florian,
als erstes möchte ich Ihnen zu der überstandenen Krankheit gratulieren. Trotzdem möcht ich Ihnen von der Erweiterung Ihrer fahrerlaubnis „B“ auf „CE“ abraten.
Ich möchte hier klarstellen, dass Ihre Neurologen kein Fahrverbot aussprechen dürfen. Sie können nur an Ihre Vernunft appellieren kein Kfz zu führen. Ein Verbot kann nur die Behörde aussprechen.
Ihre Ärzte durften auch die Behörden, auf Grund ihrer ärztlichen Schweigepflicht, nicht verständigen.
Jetzt zum Antrag der Erweiterung von „B“ auf „CE“: Die ärztliche Untersuchung durch einen Hausarzt wird nicht anerkannt. Es muss ein Spezialist (Arbeitsmediziner usw.) sein.
Beim Ausfüllen des Antrages müssen Sie wahrheitsgemäß über Krankheiten, Bericht erstatten. Ein Weglassen ist gleichbedeutend mit einer Falschmeldung.
Ferner ist zu bedenken, sollten Sie die Krankheit weiterhin verschweigen und ein Unfall passiert durch Ihre Epilepsie (mit Ihrer Fahrerlaubnis „B“), wird die Versicherung den entstandenen Schaden von Ihnen zurückverlangen, da sie Ihnen grobe Fahrlässigkeit bzw. bedingten Vorsatz vorwerfen werden.

Hi,
danke für den ausführlichen Bericht.
Zum Vergleich kann ich Dir meinen Fall schildern. Ich wollte in den Staatsdienst, musste aber Vorerkrankungen angeben. Da ich bisher mit Magen-Schleimhautentzündungen und Zwölffingerdarmgeschwüren zu tun hatte und ich mich deswegen operieren ließ, um eine neuerliche Erkrankung zu vermeiden, habe ich mir von dem Professor, der mich operierte, eine Bescheinigung ausstellen lassen, dass durch die OP ein Wiederauftreten der Erkrankung ausgeschlossen ist, da die Ursache für die Erkrankung beseitigt ist…
Dies hat mir geholfen, dass ich problemlos in den Staatsdienst übernommen wurde. Eine vergleichbare Bescheinigung müsste in Deinem Fall auch reichen.
MfG
webcruiser

Hallo Flo,

ich muss ehrlicher Weise gestehen, dass ich in diesem Fall keinerlei Erfahrungen habe.
Erstmal frage ich mich aber, ob es denn für dich so notwendig ist, diesen Führerschein zu machen, da ich nach deinen Schilderungen eigentlich keine Notwendigkeit dafür sehe.
Ausserdem darfst du meiner Meinung nach natürlich nicht verschweigen, dass du Epileptiker bist, auch wenn es bei dir lange Jahre nicht mehr aufgetreten ist.
Zusammenfassend würde ich dir raten, den jetztigen Status beizubehalten - also nur Klasse B - und den Führerschein C zu vergessen.

MfG
der Verkehrsexperte