Epitheta und wegen der geforderten Länge nochmal Epitheta

Hallo!
„Stadt XY, Sitz der Götter, Thron der Welt, Hort der Rosen und der Lieder“ - sind das Epitheta oder nicht? Ich dachte nein, aber: „Auch die Beinamen insbesondere antiker Herrscher werden als Epitheta bezeichnet.“ (Wikipedia), also vielleicht doch Ja?

Gruß,
Eva

Ja, es sind Epitheta. Dass antiken Städten ebenso Titel zugeordnet wurden wie Göttern und Herrschern, liegt daran, dass Städte im Alten Orient (und der davon beeinflussten hellenistischen Welt) als weiblich gedacht wurden, d.h. metaphorisch mit bestimmten Göttinnen assoziiert, die als ihre Personifikation agierten, z.B. als Schutzgöttin der Stadtbevölkerung, was besonders in der hellenistischen Kultur üblich war. Die Römer hatten diese Tradition übernommen und benannten ihre Stadt nach der Göttin Roma, die in der Kaiserzeit in Dea-Roma-Tempeln z.B. in der Provinz Asia die Macht des römischen Reichs verkörperte. Auch die Israeliten interpretierten Städte als weiblich, wie die Metaphorisierung Jerusalems (z.B. bei Jeremias) als „Tochter Zion“ und ihr Status als „Braut“ des jüdischen Gottes Jahwe zeigt. In der christlichen Johannesoffenbarung erscheint die Stadt als Frau gleich in zwei Varianten, sowohl im ´positiven´ Sinn als „Jerusalem = Braut des Lamms“ (= Christus) als auch im ´negativen´ und durchaus misogynen Sinn als „Babylon = Hure“, wobei Babylon für Rom steht, das für den Verfasser, Johannes, die Macht des Satans repräsentiert.

Chan