Er ist stets außergewöhnlich gekleidet. - Warum Ironie?

Heute wurde über den o.g. Ausdruck (Er ist stets außerordentlich gekleidet.) diskutiert. Nach Meinung der Deutschlehrerin handelt es sich dabei um eine ironische Bemerkung mit der Bedeutung: Er ist oberflächlich. - Das soll ein Beispiel für „verborgene Ironie“ sein.

Kann mir das hier jemand erklären?

Ironie ist doch eigentlich das Gegenteil oder die Verneinung des Gemeinten, also: Er ist stets gewöhnlich gekleidet.

Gibt’s da auch nen Zusammenhang dazu? Ich meine „Schönes Wetter heute“ kann durchaus genau so gemeint sein oder (im größten Unwetter) auch ironisch…

Hallo!

Was gibt es an ihm zu loben? Eigentlich nichts. Also machen wir ihm ein nichtssagendes Kompliment über Nebensächlichkeiten. Wir hätte auch sagen können:

Er ist ein totaler Durchschnittstyp, oberflächlich, unauffällig, nicht erwähnenswert.

Dein Engel

Inhaltlich möchte ich widersprechen. Wenn man ihn wegen einer Nebensächlichkeit loben würde, würde man sagen „(immerhin) ist er immer gut gekleidet“ - und eben nicht „außergewöhnlich“.

Wie kommst Du denn aus diesem einen Satz auf diese wundervolle Interpretation? [Anmerkung: genau aus diesem kühlen Grunde hatte ich - zu Deinem Mißfallen - ja nach einem weiteren Kontext gefragt].

Hallo!

Wenn man ohne Ironie ein höfliches Lob versuchen würde, dann ja. Aber es handelt sich um Ironie, wie du der Fragestellung entnehmen kannst. Deswegen kein „immerhin“ oder so.

Dein Engel

Ein Durchschnittstyp fällt aber nicht durch außergewöhnliche Kleidung auf.

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In welchem Zusammenhang?

Aus welchem Text stammt der Satz bzw. kannst du den ganzen Abschnitt zitieren, in dem dieser Satz zu finden ist?

Ohne Kontext ist, wie bereits gesagt wurde, keine Aussage möglich.

Hallo,

im UP steht nichts davon, dass der Satz

die einzige Aussage über die betreffende Person ist. Dass es sich dabei um Ironie handle, ist eine - anscheinend nicht näher begründete - Behauptung der Deutschlehrerin.

Der Kontext, nach dem hier gefragt wurde, könnte ja auch z. B. so aussehen:

Eine auffällige Erscheinung: Er ist stets außerordentlich gekleidet. […]
Schon an der Schule war er der hellste Kopf seines Jahrgangs, promovierte später ‚summa cum laude‘ und wurde der jüngste Professor an seiner Universität. Bei Kollegen wie Studenten ist er beliebt wegen seines empathischen Wesens, seiner Hilfsbereitschaft und seines Humors.

Dann träfe Deine Interpretation

ja nun definitiv nicht zu.

Gruß
Kreszenz

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Die Umkehrung von gewöhnlich sehe ich in diesem Zusammenhang eher in ungewöhnlich.
Tatsächlich kenne ich ein paar Leute, die durch ihren Kleidungsstil immer ein Blickfang sind…

Zusammenhang?
Erst mal Danke! - Forderung nach Zusammenhang ist ok. Gerade bei Ironie.

Alle im Kurs hatten eine kurze Erzählung zu schreiben. Thema: Kein gewöhnlicher Mensch. - Im Unterricht sprechen wir grade über Thomas Mann: Felix Krull. / Jemand hat dann von einem jungen Mann erzählt, der immer nur an sich selbst dachte - naja, so eine Art Narziss und immer top dressed.

Heißt das, dass dieser Satz original von Thomas Mann ist und im Felix Krull vorkommt?

Bitte, nicht jeder hat den auswendig gelernt. Kann man nicht den Abschnitt mal hier zitieren?

Wenn so ein Satz im Arbeitszeugnis stehen würde, dann würde das zweifellos bedeuten, dass es sonst nicht viel über ihn zu sagen gibt. In einer Erzählung würde ich das nicht so ohne weiteres behaupten.

‚Außerordentlich‘ ist doppeldeutig. Das kann gut oder schlecht sein.

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Das Zitat ist nicht von Thomas Mann, sondern von jemandem aus dem Kurs - wie ich ja auch geschrieben habe.

Die Autorin möchte ihren Text nicht öffentlich sehen. Was ja auch ihr Recht ist. Darum nicht mehr zum Zusammenhang.

Dann ist es etwas schwierig, etwas dazu zu sagen.

Wenn die Lehrerin tatsächlich nur diesen einzelnen Satz so wie oben geschildert gedeutet haben sollte, so möchte ich mit verborgener Ironie anmerken, dass ich sie etwas oberflächlich finde.

An und für sich sagt dieser Satz nur aus, dass ‚er‘ stets außerordentlich gekleidet ist, und sonst eigentlich nichts.
Man fragt sich natürlich, warum die Autorin nicht genauer erwähnt, inwiefern er außerordentlich gekleidet ist (außerordentlich chic, außerordentlich altmodisch, außerordentlich gammelig, außerordentlich vornehm?). Man weiß jedenfalls nun, dass ‚er‘ sich irgendwie ungewöhnlich anzieht, und zwar immer.

Sonst kann ich zu diesem Satz nichts weiter sagen.

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Die Antwort ist eigentlich einfach.

Der Trick bei der sog. verborgenen oder auch versteckten Ironie ist, dass sie noch schwerer zu erkennen als die „normale“ Ironie. - Sie ist eben versteckt (worden).

Der/die FragestellerIn hat die Sache leider noch erschwert, weil zwei unterschiedliche Formulierungen genannt werden: Er ist stets außergewöhnlich gekleidet. und Er ist stets außerordentlich gekleidet. Trotzdem: Beides kann - wortwörtlich genommen - gleich verstanden werden im Sinne von: hervorragend, vorzüglich gut gekleidet. Die Sache wäre klarer, wenn noch ein „gut“ dort stände: außergewöhnlich gut, außerordentlich gut. - Nötig ist es aber nicht. Die meisten werden das bei dem geschilderten Zusammenhang mitdenken. Denn da ist die Rede von einem jungen Mann, „so eine Art Narziss und immer top dressed“.

Das ist der entscheidende Hinweis: Der junge Mann hat - und das ist der durch die verborgene Ironie zum Ausdruck gebrachte eigentliche Vorwurf - nichts anderes im Sinn als sich um seine Kleidung zu kümmern: Er ist eben oberflächlich.