Erbpacht

Hallo zusammen,

ich bräuchte mal Einschätzungen und Erfahrungswerte mit Erbpacht. Das halbe Dorf, in dem ich ein Haus suche, steht auf Grundstücken mit Erbpacht. Meine Frau zuckt sofort zurück, nach dem Motto „muß mir ganz gehören“, ich persönlich sehe die Dinge etwas entspannter - es erspart mir die Grundstücksfinanzierung im Augenblick des Hauskaufes und ist ja auch nicht sooo hoch…

Wie ist denn Eure Erfahrung? Mich interessiert natürlcih auch, ob ich einen günstigeren Preis für den Grundstückskauf nach Ableben des Eigners erzielen kann, wenn ich ein Vorkaufsrecht festschreiben lasse, oder wie schlecht ich mich stelle, wenn der Eigentümer des Grundstückes mal das Haus kaufen könnte. Welche Rechten und Pflichten häte ich eigentlich als Bistzer eines Hauses auf einem Erbpacht-Grundstück?

Im Prinzip hilft mir aber jeder Kommentar wieter

Ich danke Euch

Jochen

Wir haben unser Grundstück auch gepachtet. Die Finanzierungsraten halten sich wunderbar in Grenzen - hätten wir den Grundstücksteil auch finanziert wäre der Gesamtaufwand wesentlich höher gewesen. Später haben wir immer noch die Möglichkeit das Grundstück zu kaufen. Dieses halt ich auch für sehr entscheidend - ich hätte mich nie dazu entschlossen wenn die Kirche zum Beispiel Eigentümnerin wäre.

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Hallo,

ich bräuchte mal Einschätzungen und Erfahrungswerte mit
Erbpacht.

Gegen Erbpacht ist grundsätzlich nichts zu sagen, wenn man sich darüber klar ist, was die Unterschiede zu einem Kauf sind, und welche Konsequenzen diese haben. Pachte ich neu, bin ich für die Zeit meiner eigenen Nutzung so gestellt, dass ich planbare Aufwände über die Nutzungszeit anstelle einer einmaligen Kaufpreiszahlung habe. Denken sollte man dabei an ggf. vorhandene Wertsicherungsklauseln, die eine ständige Kostenanpassung vorsehen. Da sollte man dann schon mal einen Forecast machen, ob die tragbar ist. Die nachfolgenden Generationen müssen sich natürlich darüber im Klaren sein, dass bei Auslauf des Vertrages ein neuer Vertrag ggf. deutlich teuerer wird.

Aufpassen heißt es hingegen, wenn man ein Haus erwirbt, bei dem der Pachtvertrag während der eigenen Nutzung ausläuft. Dann kann der Moment, in dem ein deutlich teurerer Vertrag auf einen zukommt, schon recht bald liegen. Es gibt z.B. hier in der Region einen Ort, in dem auch viel Land von der so genannten Klosterkammer in Erbpacht vergeben wurde, die damals wohl noch keine Wertsicherungsklausel in den Verträgen vorgesehen hatte. Die Verträge sind daher natürlich in den vergangenen Jahren zunehmend unwirtschaftlicher für den Verpächter und gleichzeitig immer netter für die Pächter geworden. Viele haben sich dann offenbar darauf verlassen, dass es immer so bleiben würden. Als jetzt neue Verträge zu marktgängigen Konditionen gemacht wurden, ist vielen die Spucke weggeblieben. Da muss man aber ganz klar sagen, dass hierbei die Betroffenen dann aber auch sehr naiv gewesen sein müssen. Mit etwas wirtschaftlichem Verstand, hätte man dies vorhersehen können und müssen.

Gruß vom Wiz

Hallo Wiz,

ich wußte doch, daß ich hier bei w-w-w Antworten bekomme!

Laß mich bitte einmal nachfragen: gibt es einen Unterschied in der Fortführung eines Pachtvertrages zwischen privat und Institutionell? Wenn das Grundstück z.B. der Kirche gehört könnte ich mir vorstellen daß nach Ende der Pachtzeit einfach ein weiteres Jahrhundert hinten dran gehängt wird und der von Dir beschriebene Fall eintritt.

In meinem Fall ist es so, daß das Grundstück einer Privatperson gehört, die nicht mehr die Jüngste ist, und der Makler drückte sich so aus, daß man im Pachtvertrag ein Vorkaufsrecht sichern lassen könnte - aber was passiert nach Ableben des derzeitigen Besitzers wirklich? Die eigentliche Pachtzeit von 99 Jahren ist erst so 2065 vorbei, können die Erben den Vertrag ändern, oder kann ich vorher das Grudnstück kaufen?

Du siehst - nicht naiv, einfach nur keine Ahnung von solchen Dingen…

Danke

Jochen

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Hallo,

Laß mich bitte einmal nachfragen: gibt es einen Unterschied in
der Fortführung eines Pachtvertrages zwischen privat und
Institutionell?

Also rein rechtlich nicht. Faktisch aber ggf. schon. D.h. bei einer Institution wie der Kirche/Klosterkammer kann man schon davon ausgehen, dass die regelmäßig kein Interesse am so genannten Heimfall hat und einfach einen neuen Pachtvertrag abschließen wird (wenn das Grundstück nicht gerade inzwischen zum Filetstück geworden ist und sich zu traumhaften Konditionen verkaufen ließe). Bei privaten Anbietern weiß man natürlich vorab nie, welche Motivationslage die Erben dann so umtreibt.

Ein Vorkaufsrecht sollte man immer vereinbaren, und wenn dann nach 99 Jahren kein neuer Pachtvertrag zustande kommt, dann kann man eben kaufen. Wobei man sich nichts vormachen sollte: Heutige Häuser sind nach 99 Jahren ohnehin fertig und so die lieben Enkel dann leben, …

Gruß vom Wiz

Hallo Jochen,

vor rund 4 Jahren haben wir uns ähnliche Gedanken gemacht. Damals ging es um ein Grundstück, das der ev. Kirche gehört, wir hatten sogar schon die schriftliche Zusage, dass wir das Grundstück bekommen würden.

Abgehalten haben uns folgende Klauseln im Vertrag:

  • automatische Anpassung der Erbpacht an einen vorher definierten Index. Was nützt es mir, wenn MEIN Einkommen leider nicht so steigt wie irgend ein Durchschnitt ?
  • Keine Möglichkeit, das Grundstück zu kaufen, weder jetzt, noch später.
    -Einflussmöglichkeit des Eigentümers bei größeren Veränderungen - wir hätten z.B. keinen Pool bauen dürfen (wollten wir auch nicht, aber das Mitspracherecht stand eben im Vertragsentwurf)
  • begrenzte Beleihbarkeit (wir hätten für das zu bauende Haus nur eine gewisse Höhe an Grundschulden aufnehmen dürfen und dies von der Kirche genehmigen lassen müssen).

Das waren die unangenehmen Punkte bei UNS, kann bei Dir natürlich ganz anders aussehen.

Ein Punkt aber hatte dann das größte Gewicht: Wir wohnen im Großraum Stuttgart. Für den typischen schwäbischen Häuslebauer ist es undenkbar, auf „fremdem Boden“ zu bauen. Uns wäre das egal gewesen, aber im Falle eines eiligen Verkaufs aus einer Notlage heraus würden solche Objekte hier vermutlich nur schwer veräußerbar sein.

Wir haben stattdessen ein älteres Häuschen gekauft und sanieren daran herum. Finanziell schenkt sich das auch nicht viel, aber wir können die Kosten besser zeitlich verteilen als bei einem Neubau.

Hoffe, Dir geholfen zu haben.

Viele Grüße,
Inselchen

Hallo Inselchen,

in eurem Fall mit den Einschränkungen von der Kirche (hat mal wieder bewiesen, daß sie für die Menschen da ist, ja?) hätte ich das Projekt auch vergessen, zumal in Stuttgart!

Hier in der Rhein-Main-Region ist es nicht so wild mit „Grundstück besitzen müssen“ und wir hätten auch ganz gute Chancen, so ein Haus zu vermieten statt zu verkaufen, typisch Rhein-Main, aber es tut gut zu lesen, daß sich andere mit den selben Problemen umtun und auch klar sagen, warum Ihr abgelehnt habt.

Danke, und viel Spaß beim sanieren! Kennst Du redstone.de ? Heute gefunden, hab ich selber nix mit zu tun, nur falls es Schimmel- oder Feuchtigkeitsproblemem gibt…

Jochen

Ich danke euch allen für eure Antworten! Es ist sehr hilfreich, so wie immer bei w-w-w!

Danke

Hallo Jochen,

also es ist so, wenn du ein bestehendes Erbbaurecht kaufst verpflichtest Du Dich normalerweise in den bestehenden Erbbaurechtsvertrag mit allen Rechten und Pflichten einzutreten. D.h. sowohl Du als auch der Erbbaurechtsausgeber haben einen bindenden notariellen Vertrag mit festgelegter Laufzeit.
Nun wurden hier jedoch einige Dinge meiner Meinung nach etwas durcheinander gebracht, ich möchte versuchen dies etwas klarer darzustellen.

Es gibt einen Heimfall, dies bedeutet im Erbbaurechtsvertrag sind genau definierte Vertragsverletzungen des Erbbaunehmers definiert und falls einer dieser Fälle eintritt hat der Erbbaurechtsausgeber das Recht vom Erbbaurechtsnehmer zu verlangen, dass er das Erbbaurecht auf sich oder einen Dritten übereignet (ähnlich einer fristlosen Kündigung bei Mietverträgen). Das Erbbaurecht läuft aber bis Vertragsende weiter.

Dann gibt es die Beendigung des Erbbaurechts durch Zeitablauf. Sobald der im Vertrag genannte Termin eintritt, ist das Erbbaurecht erloschen. Das Grundbuch muss berichtigt werden und das Haus gehört dem Erbbaurechtsausgeber und muss (sofern es im Vertrag geregelt ist) vom Grundstückseigentümer durch Ausgleichszahlung abgelöst werden.
Falls das Gebäude noch eine Restnutzungsdauer hat, ist es möglich mit dem Grundstückseigentümer über eine Vertragsverlängerung bzw. einen neuen Vertrag zu verhandeln. Wie allerdings in anderen Antworten bereits erwähnt wurde, wird dies nur mit Anpassung des Erbbauzinses an die aktuellen Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt möglich sein. Es stellt sich allerdings die Frage, wenn das Erbbaurecht noch bis 2065 läuft, in wie fern dich das noch betrifft.

Das Vorkaufsrecht wird häufig falsch verstanden: Es bedeutet, dass wenn der Grundstückseigentümer sein Grundstück verkaufen möchte und mit einem Käufer einen notariellen Vertrag abgeschlossen hat kann der Vorkaufsberechtigte in den bestehenden Vertrag (mit allen bereits ausgehandelten Konditionen) eintreten (er muss jedoch nicht). Es berechtigt jedoch nicht zum Kauf des Grundstücks, wenn der Vorkaufsberechtigte das Grundstück gerne kaufen möchte. Der Grundstückseigentümer muss nicht verkaufen, wenn er das nicht möchte.

Stirbt der Grundstückseigentümer, folgt die normale Erbfolge und die Erben treten in den Erbbaurechtsvertrag als Erbbaurechtsgeber ein. Also in diesem Fall kannst Du mit oder ohne Vorkaufsrecht das Grundstück auch nur dann kaufen, wenn die Erben das Grundstück veräußern wollen.

Im übrigen kann der Grundstückseigentümer das Erbbaurecht (Haus) nicht einfach kaufen, sonder nur wenn Du es Ihm verkaufen willst. Oder im Falle eines Heimfalls oder bei Zeitablauf.

So ich glaube nun hab ich alles ;o)
Viele Grüße von der Immotante