Erfolgreiche Verdeutschungen

Hallo,

ich interessiere mich für das Schicksal der französischen Wörter in der deutschen Sprache. Mich interessieren besonders die von den Puristen (Philipp von Zesen, J.H. Campe) geschaffenen Wörter, die
französische Wörter verdrängt haben.
Bis jetzt stosse ich immer wieder auf Wörter, die erfolgreich verdeutscht wurden: Moment > Augenblick, Autor > Verfasser, Distanz > Abstand. Aber das frz. Wort ist gebräuchlich geblieben.
Als relevant fand ich bisher nur : Humanité > Menschentum ; Diktionär > Wörterbuch. Fallen Euch weitere Beispiele an ?

Liebe Grüsse.

Benoît

Hallo,

Im Bereich der Post (damals auch Fernmeldewesen) wurde so um 1900 reichlich eingedeutscht. Für Telephon und Telegramm wurden die deutschen Begriffe Fernsprecher und Fernschreiben „erfunden“. Ich glaube Heinrich von Stephan hat den Anstoss dazu gegeben.

Gruß
Jörg Zabel

Hallo Jörg,

vielen Dank für den Hinweis auf Heinrich v. Stephan ! Ich habe gerade gegoogelt u. er hat tatsächlich Wörter erfunden, die das Fremdwort verdrängt haben:

„Von Stephan erlangte auch hohe Verdienste auf dem Gebiet der Sprachpflege, indem er sich um verständliche deutsche Ausdrücke im behördlichen Sprachverkehr bemühte. Mit Erlass vom 21. Juni 1875 führte er 671 Verdeutschungen im Postwesen ein, darunter ‚Briefumschlag‘ (statt dem bis dahin üblichen französischen couvert), ‚Einschreiben‘ (statt recommandé), ‚Postkarte‘ (Correspondenzkarte), ‚postlagernd‘ (poste restante), ‚Nachnahme‘ (remboursement) und Einlieferungsschein (‚récépissé‘). Er gilt daher als ein Vertreter des deutschen Sprachpurismus.[1] 1887 ernannte ihn der Allgemeine Deutsche Sprachverein zu seinem ersten Ehrenmitglied.“ (Wikipedia)

lg

Benoît

Hallo,

im Bayrischen gab es viel franz. Lehnwörter, sie sind aber von selbst veraltet oder haben sich selbst „bereinigt“, weil die bezeichneten Gegenstände nicht mehr gebräuchlich sind. Wie das gute alte Potschamperl (pot de chambre) oder das Lavoir (Waschhaus). Das Trottoir , das Canapé, der Paraplü und vis-à-vis fallen mir noch ein.

Gruß
Heidi

Hallo Heidi,

vielen Dank! Werden die Wörter Canapé u. Paraplü (Parapluie) noch verwendet?

lg

Benoît

Hallo,

bei uns (Kurpfalz) heißt es noch immer Trottwaa. Paraplü (gesprochen übrigens Paraplö) und Canapé sind aber passé.

Dafür gibt es das Schesslong noch (chaise longue / interessant ist hier übrigens, wo es DAS und wo DIE heißt).

Aber ein Briefumschlag ist in der Alltagssprache noch immer ein Kouvert (da ich gerade heute gebacken habe, fällt mir dazu die Kouvertüre ein, die auch offiziell noch so heißt).

Eigentlich antworte ich nur, weil ich erwähnen wollte, dass die besagten Wörter nicht nur im Bairischen zu finden sind, sondern mit Sicherheit im ganzen Südwesten Deutschlands und anscheinend auch im Süden.

Grüße
Siboniwe

1 Like

Wird noch als Fachbegriff in der Küche verwendet. Es wird allerdings zunehmend von Schnittchen (deutsch) oder Fingerfood (englisch) verdrängt. Wobei Fingerfood ein Sammelbegriff für alle möglichen Sächelchen ist, die man mit einem Haps verspeisen kann.
Oder meinst du das gute alte Sofa?

Data

Hallo,

auch hier in Bayern habe ich die beiden Ausdrücke seit bestimmt 30 Jahren nicht mehr gehört, also wenn, dann verwenden sie nur noch sehr alte Leute.

Mit Canapé meinte ich das Sofa, das auch ganz allgemein als Diwan oder Ottomane bezeichnet wurde (nicht wie heute nur auf einen speziellen Stil gemünzt).

Grüße
Heidi

1 Like

hi Ihr,
mir fallen noch die Chaussee (Landstraße) und der Perron (Bahnsteig) ein, vielleicht noch das badische peutetrele (Feuerzeug, weil es „manchmal“ funktioniert), aber an der deutsch-französischen Grenze gibt es sicher noch einige lokale Begriffe, die ansonsten ausgestorben sind.
Interessanter Beitrag, danke!
synapse

Hallo nochmal,

im deutschen Sprachgebrauch auch eher veraltet: das Journal, das Malheur, Cousin/Cousine, ebenso das gut bayrische Schimpfwort „a so eine Bagage“ (für Gesindel, Taugenichtse) dürfte nur noch bei älteren Leuten in Gebrauch sein.

Grüße
Heidi

Cousin und Cousine passen nicht, da sind vielmehr die deutschen Begriffe (Vetter, Base) ungebräuchlich.

Gruß
Heidi

Hallo,

Danke für Eure Antworten !
Noc hein paar Fragen :
Heidi, du schreibst, „Vetter“ sei weniger gebräuchlich als „Cousin“. Sagt man aber noch „Vetter“ (regional o. ältere Leute?)
Gleiche Frage für „Bagage“, ich dachte, es sei hochdeutsch, aber du schreibst, es sei bayrisch. Wird es anderswo nicht mehr verwendet?
Versteht man unter „Journal“ Zeitung, Zeitschrift o. Tagebuch?
Siboniwe, ich hätte nie gedacht, dass Kouvertüre etwas mit Bäckerei zu tun hat! Auf Frz. Ist damit heute meistens eine Bettdecke gemeint. Kouvertüre wäre hier „un nappage au chocolat“.

lg

Benoît

Hallo,

Ich kenn es noch und habe es als Kind und Jugendlicher auch noch benutzt. Ebenso „Wääs“ (= Base) für eine ältere Frau. Mittlerweile bin ich aber „ältere Generation“ und aus der Gegend weggezogen.

Nördlich des Mains im Hessischen auch gebräuchlich.

Gruß
Jörg Zabel

Ich kenn’s auch (Brandenburg).

Beatrix

Hallo,

Zeitschrift. Als Tagebuch wird es meines Wissens im Deutschen überhaupt nicht verwendet.

Grüße
Heidi

Hallo,

na ja, dann ist es noch ziemlich verbreitet! Vor Kurzem bin ich beim Schriftsteller D. Schwanitz auf das Wort „Cousinenwirtschaft“ gestossen. Ich hatte es bis jetzt nie gehört, bzw. gelesen.

lg

Benoît