Erfundene/r Lexikonartikel

Werte Leserin, geneigter Leser!

Gerade lese ich von dem Verdacht, dass sich der „alte Meyer“, (gemeint ist wohl das Konversationslex.) einige Informationen ausgedacht hat. Weisst Du mehr dazu?

Vielen Dank. Zerni

U-Boote/Nihilartikel
Hallo Zerni,

nicht nur der „Meyer“, fast alle Lexika enthalten erfundene Artikel, sog. „U-Boote“ oder auch Nihilartikel.

http://de.wikipedia.org/wiki/Nihilartikel

Eines der bekanntesten ist das „Nasobem“, das von Christian Morgenstern erfunden wurde und laut seinem Gedicht weder im Meyer noch im Brockhaus steht - und dann aber prompt ins Lexikon aufgenommen wurde.

http://de.wikipedia.org/wiki/Nasobem

Sehr hübsch ist auch Loriots „Steinlaus“, die ihre Würdigung in Pschyrembels klinischem Wörterbuch fand.

http://www.krages.co.at/start.asp?/intro/199902_stei…

Grüße
Wolfgang

Hallo,

Gerade lese ich von dem Verdacht, dass sich der „alte Meyer“,
(gemeint ist wohl das Konversationslex.) einige Informationen
ausgedacht hat. Weisst Du mehr dazu?

in fast jedem Lexikon gibt es Artikel, die ausgedacht sind. Das ist so ähnlich wie mit den „eastereggs“ oder der Aufnahme von Spielen oder der Namen von Programmierern in Software, die eigentlich nicht geplant, sondern versteckt sind und nur durch ganz bestimmte Kombinationen gefunden werden.

Es gibt für dieses Phänomen auch eine Bezeichnung, aber die fällt mir im Moment leider nicht ein. Für Lexika ist m. W. das bekannteste Beispiel ist die Aufnahme der „Steinlaus“ von Loriot in den bekannten „Pschyrembel“ -> http://www.krages.co.at/start.asp?/intro/199902_stei… , die zwar vor einigen Jahren nach ihrer „Entdeckung“ entfernt, dann aber auf eifriges Drängen der Leser wieder aufgenommen wurde.

Meinst du sowas? Oder meinst du echte Fälschungen? Dann würde mich die Quelle interessieren.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Nachfrage
Hallo Wolfgang,

das ist ja witzig: fast gleichzeitig und beide die Steinlaus - hihi!

Aber ich habe eine Frage an dich bezüglich eines Musiklexikons, nämlich das von Gerhard Dietel mit dem Titel „Musikgeschichte in Daten“ (1994). Dort befindet sich auf S. 731 folgender Eintrag:

"**1900-1921 Otto Jägermeier (1870-1933)

Sinfonische Dichtungen**

Letzte hypertrophe Steigerung der sinfonischen Dichtung Richard Straussscher Prägung; neben dramatisch-aktionistischen erscheinen auch philosophische und wissenschaftliche Programme: Psychosen (1900) basiert auf Sigmund Freuds Studien über Hysterie und der psychoanalytisch orientierten Ästhetik Sir Andrew Marbots, die Titanenschlacht (1901) führt zum Kampf zweier gegeneinander anblasender Blechbläsergruppen mit offenem Ausgang (Vorwegnahme aleatorischer Ideen), die Grundzüge der transzendentalen Analytik nach Kant für großes Orchester, Soli, Chor, Orgel und obligaten Universitätsprofessor (1914) verbinden sinfonische Dichtung, Oratorium und Melodram, Im Urwald schließlich verwendet madegassische Eingeborenengesänge und phonograhische Aufzeichnungen von Urwaldlauten."

Meiner Meinung nach ist das so ein Nihileintrag, jedenfalls spricht die Absurdität wohl dafür, oder? Andererseits gab es in dieser Zeit schon ganz merkwürdige Experimente … Meine Recherchen haben jedenfalls bisher keines dieser Stücke und auch nicht den Komponisten als existent ermitteln können.

Was meinst du? :smile:

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Meinst du sowas? Oder meinst du echte Fälschungen? Dann würde
mich die Quelle interessieren.

Hallo Thomas,

gerade lese ich den heutigen Vorabdruck von „Manieren“ aus der Feder von Asfa-Wossen Asserate in der FAZ. Dort heisst es:
„…So weit der alte Meyer, den ich übrigens bei mehr als einem Artikel im Verdacht habe, sich seine Informationen ausgedacht zu haben.“

Vorher war von (teilweise skurrilen) Begrüßungszeremonien in verschiedenen Ländern der Welt die Rede, der Meyer-Artikel ist mit „Begrüßung“ überschrieben.

Viele Grüße: Zerni

Erster, ätsch!
Hallo Thomas,

kopieren ist halt doch schneller als selber schreiben *hihi*

Liebe Grüße
Wolfgang

Toll! Danke, Wolgang! Zerni

Hallo Thomas,

naja, die Steinlaus ist auch eines der besten und prominentesten Beispiele … :wink:

Bei Otto Jägermeier hast du sicher recht; ich habe dazu folgendes gefunden:

_ Otto Jägermeier
Otto Jägermeier ist ein „Scherz alter, gediegener Musikwissenschaftler“ (Oliver Buslau). Eine rein fiktive Person, welche inzwischen ein beachtliches Eigenleben führt. Im Werk Herbert Rosendorfers kommt Jägermeier mehrfach vor. In ‚Don Ottovio erinnert sich‘ ist ihm ein Aufsatz gewidmet: ‚Der Einsiedler auf Madagaskar. Komponist Otto Jägermeier - eine Fiktion‘. Schon in seinem Roman ‚Das Messingherz‘ läßt er von der Figur Jakob Schwalbe den Komponisten erfinden: „So machte die Redaktion eines renommierten Musiklexikons den Fehler, Schwalbe zur Mitarbeit aufzufordern. Neben etwa hundert ernsthaften Artikeln über Musiker und Musikbegriffe schob er der Redaktion acht komplette Biographien über Musiker unter, die es nie gegeben hatt. Er erfand… den neudeutschen Tondichter Otto Jägermeier, dessen - selbstverständlich auch erlogenen - Briefwechsel mit Richard Strauss er herausgab und von dem er in seinem Konzertzyklus ein (in Wirklichkeit von Schwalbe selbst komponiertes) unglaublich abstruses Tonstück für zwei Posaunen und Gitarre aufführen ließ.“ 21)

Erfunden!
12.05.2003

Eine harte Nuß! Aber Erfindung bleibt Erfindung, auch wenn sie noch gut getarnt ist! Zunächst:
Im Musiklexikon „Riemann“ findet sich tatsächlich ein Eintrag „Otto Jägermeier“ und zwar bis zur X. Auflage 19xx.
In Berlin gibt es ein „Musikinstitut Otto Jägermeier (MIO)“ mit angeschlossenem „OJOT-Verlag“, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Gesamtwerk Jägermeiers herauszugeben.
Noch ein paar Quellen zu Jägermeier: http://www.schulmusiker.info/?load=http://www.infosc…
sowie
http://www.zeit.de/2001/13/Kultur/200113_st-musik.html
Festzustellen bleibt, daß Herbert Rosendorfer die Erfindung lediglich aufgegriffen und weitergesponnen hat. Ob und inwieweit er an der Entstehung beteiligt war, wissen wir (zur Zeit) noch nicht._

Quelle: http://www.habermehl-web.de/werk.htm

Weitere Links:
http://kultur-netz.de/berlin/mio.htm
http://www.musikschule-rheinbach.de/jaegermeier.htm
http://www.coloramafilm.de/de/schwein.htm

Grüße
Wolfgang

1 Like

Hallo Wolfgang,

schönen Dank, das war sehr erhellend.

http://www.schulmusiker.info/?load=http://www.infosc…
sowie http://www.zeit.de/2001/13/Kultur/200113_st-musik.html
Quelle: http://www.habermehl-web.de/werk.htm
http://kultur-netz.de/berlin/mio.htm
http://www.musikschule-rheinbach.de/jaegermeier.htm
http://www.coloramafilm.de/de/schwein.htm

Die werde ich mir in den nächsten Tagen alle mal zu Gemüte führen. Danke.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

PDQ Bach
Hallo Ihr2,

ergänzend sollte PDQ Bach, Johann Sebastians mißratener 21. Sohn nicht unerwähnt bleiben:

http://www.mediaevum.de/lexikaspass2.htm bzw.

http://www.schickele.com/pdqbio.htm

Viele Grüße
Diana

Beck-Dülmen, v. Pidde
Hallo Diana,

ergänzend sollte PDQ Bach, Johann Sebastians mißratener 21.
Sohn nicht unerwähnt bleiben:

… oder Rudolf Beck-Dülmen
ISBN: 3924027307 Buch anschauen

oder Ernst von Pidde
ISBN: 3548364934 Buch anschauen (Neuauflage!!!)
http://www.perlentaucher.de/buch/14831.html
http://www.zickenportal.de/html/rubriken/literarisch…

Das sind halt nur alles keine Lexikon-U-Boote im engeren Sinn …

Grüße
Wolfgang

Hallo Diskutanten,

ein nicht erfundener, aber dennoch abstruser Sendbote der Müsli-Fraktion im „Potonnier“, Wörterbuch Wirtschaft-Recht-Handel Französisch/Deutsch (das Standardwerk in dem Bereich): épeautre = Dinkel; Spelz - selbst eingeschworene Reformköstler in Frankreich müssen bisschen überlegen bis ihnen zu dem Wort was einfällt.

Schöne Grüße

MM

Otto Jägermeier
Hallo Thomas,

ein ausführlicher Artikel über Otto Jägermeier (1870-1933), dessen Todestag sich in diesem Monat zum 70. Male jährt, findet sich im neuen Rondo-Magazin 05/03.

Liegt kostenlos im Plattenhandel auf, oder online hier:
http://www.rondomagazin.de/RONDO_0503.pdf
(Vorsicht, 5,7 MB groß!)

Grüße
Wolfgang