ein Freund und ich hatten eben eine interessante Unterhaltung. Und zwar darüber, ob Kinder ungewöhnliche Körpermaße von Erwachsenen erkennen können.
Kinderhirne haben ja nicht so viele Erfahrungswerte wie unsere Hirne und ich gehe jetzt mal davon aus, dass das Hirn immer in dem Rahmen interpretiert, den es gewohnt ist.
Ich selbst habe eine kleinwüchsige Schwester (erwachsen), in der Hinsicht kenne ich es also, dass Kinder dies sehrwohl bemerken. Allerdings kann ich nicht einschätzen, ob es an der Größe liegt, oder an den ungewöhnlichen Körperproportionen.
Ich habe die Vermutung, dass Kinder eher Kleinwuchs erkennen als Riesenwuchs (heißt das so? Verzeihung, falls nicht) weil Erwachsene ja generell größer sind. Auch vermute ich, dass eher schwer übergewichtige Menschen als solche eingeordnet werden können als offensichtlich magersüchtige.
Also im Prinzip zwei Fragen:
Sehen Kinder, sagen wir mal Kindergartenalter, dass etwas „anders“ ist?
Können sie bennenen, WAS anders ist?
Mir geht es in erster Linie um Größe und Gewicht, wenn ein Arm fehlt, nehme ich an, fällt Kindern das auf.
ich bin keine Fachfrau und kenne die Antwort nicht.
Aber ich hab mir tatsächlich eben die gleichen Gedanken gemacht. Hatte kurz rumgezappt und irgendwo ein paar Minuten in eine Sendung geschaut wo es um eine kleinwüchsige Mutter ging mit 3 Kindern von denen eines auch kleinwüchsig ist. Und das Kind kam wohl gerade neu - mit 21/2 - in den Kindergarten.
Also im Prinzip zwei Fragen:
Sehen Kinder, sagen wir mal Kindergartenalter, dass etwas
„anders“ ist?
Hmm, erkennen sie denn „das Andere“? Das Andere ist ja erst anders durch Erfahrungen die man gemacht hat, durch Menschen, die das beeinflusst haben. Ich denke mal, Kindergartenkinder nehmen wohl wahr ob jemand kleiner oder größer ist, aber vermutlich ist es für sie erstmal „normal“. Ich dachte immer es sei ähnlich bei der Hautfarbe, da nach meiner Erfahrung so kleine Kinder da überhaupt nicht reagieren (also z. B. bei anderer Hautfarbe als sie selbst), aber mir haben Mütter erzählt, daß ihr Kind beispielsweise Angst vor einem Kind mit total anderer Hautfarbe hatte (übrigens nicht nur im Beispiel Kind weiß hat Angst vor Kind schwarz, nein, auch umgekehrt).
Können sie bennenen, WAS anders ist?
Ist teilweise oben schon beantwortet - aus meiner Sicht. Natürlich können sie sagen „das Kind ist blond, das Kind ist klein, das Kind ist schwarz, das Kind ist groß“… Aber m. E. empfinden sie es erstmal nicht als „anders“ in dem Sinne wie es Erwachsene oder ältere Kinder empfinden, sondern sie empfinden es als „normal“.
Sehen Kinder, sagen wir mal Kindergartenalter, dass etwas
„anders“ ist?
Ja - da kommen dann die Sätze „Mama, guck mal, die Frau ist klein“. „Mama, guck mal, der ist aber groß“. „Warum bist du dick?“
Können sie bennenen, WAS anders ist?
Ja - „Mama, gell der Mann im Rollstuhl kann nicht gut gehen weil die Beine krank sind?“
Mir geht es in erster Linie um Größe und Gewicht, wenn ein Arm
fehlt, nehme ich an, fällt Kindern das auf.
das andere auch Nur weil es anerzogen wurde, dass man solche Veränderungen nicht anspricht, versuchen die Erwachsenen diese Fragen ihrer Kinder mit „schschsch“ oder Flüstern zu Beantworten Ich rede normal weiter - erkläre meinem Sohn, was ich kann. Und diese Fragen stellt er, seit er 3 oder 4 Jahre ist.
noch etwas…
Sie erkennen die Unterschiede, jedoch haben sie noch keine Wertung dazu, ob das gut oder schlecht, angenehm oder unangenehm ist. Das kommt dann durch die Reaktionen im Umfeld auf eine solche Rückfrage. Sie bemerken das sicher auch schon früher, aber für Kinder ist das in dem Alter gar nicht relevant - schön wenn das so bliebe ) Aber das ist nur Wunschdenken, leider kommen viel zu früh Wertungen in „a-normale“ körperliche Begebenheiten.
Ich dachte immer
es sei ähnlich bei der Hautfarbe, da nach meiner Erfahrung so
kleine Kinder da überhaupt nicht reagieren (also z. B. bei
anderer Hautfarbe als sie selbst), aber mir haben Mütter
erzählt, daß ihr Kind beispielsweise Angst vor einem Kind mit
total anderer Hautfarbe hatte (übrigens nicht nur im Beispiel
Kind weiß hat Angst vor Kind schwarz, nein, auch umgekehrt).
Das kann ich bestätigen. Als meine Tochter in den Kindergarten kam, war ihr ein dunkelhäutiges Kind irgendwie „unheimlich“, sie wollte ihm nicht die Hand geben etc. Mich hat das sehr verwirrt, und es war auch schwierig, darauf richtig zu reagieren. Aber eine andere Hautfarbe ist ja auch etwas sehr Auffälliges. Es gab im Kindergarten ein Mädchen mit Down-Syndrom, da wusste wohl kein Kind genau, inwiefern die „anders“ war. Manche sagten direkt, die sei „blöd“, meinten aber damit, dass sie andere Kinder gern an den Haaren zog. Und dass sie klein für ihr Alter war, fiel schon überhaupt nicht auf, weil sie eben für jünger gehalten wurde.
Ansonsten glaube ich, dass du schon Recht hast: Starkes Übergewicht fällt wahrscheinlich mehr auf als starkes Untergewicht (lässt sich aber auch schlechter kaschieren). Bei Klein- und Riesenwuchs bin ich mir nicht sicher. Und ab Grundschulalter wird schon aktiv verglichen und auch unverblümt ausgesprochen, wer das dickste Kind in der Klasse ist…
ich glaube, dass es eine Entwicklung ist- in welchem Alter sie einsetzt, kann ich nicht bestimmen.
Ich weiß aber, dass meine Tochter mich öfter dadurch erstaunt hat, dass sie Ähnlichkeiten herstellte, wo für einen Erwachsenen keine waren.
Z.B. „Papa, die Tante X. kommt, die Tante X. kommt.“ Tante X. hatte uns vor Kurzem besucht, lebt aber auf einem anderen Kontinent.
Tante X. ist groß, trägt eine Brille, ist dunkelhäutig und hat schwarze Haare. Die Frau, die an unserem Garten vorbeilief, war relativ klein, hatte kurze blonde Haare, war hellhäutig und trug eine Brille.
Meine Tochter (damals etwa 3 Jahre alt) gab dann zu, dass diese Frau Tante X. nur ähnlich sah, aber „fast genauso“ aussah. „Und Brille!“
das mit den Wertungen hab ich auch vermutet. Im Gespräch mit meinem Freund, habe ich das Hinterherschauen hinter meiner kleinwüchsigen Schwester mit „staunend“ beschrieben, ich denke, das trifft es dann eher als „entsetzt“ oder sowas. „Neugierig“ ist vielleicht noch passender.
Also werden vermutlich Eckpunkte „abgeglichen“, je nachdem, welches Schema man kennt/anwendet. Vielleicht sehen also Kinder, deren Eltern tagtäglich betont figurbewusst agieren, eher Über-/Untergewicht. So als Beispiel.
Sehen Kinder, sagen wir mal Kindergartenalter, dass etwas
„anders“ ist?
Meine Tochter ist mit 2,5 Jahren in einen Integrationskindergarten gekommen. Sie ist nicht behindert, ein Teil der Kinder in den beiden Gruppen des KG waren mehr oder weniger bemerkbar behindert. Die schwersten Behinderungen hatte ein Junge im Alter meiner Tochter, er litt unter schlimmen spastischen Lähmungen und war geistig behindert. Der Junge hat bis zum Schuleintritt meiner Tocher, also fast 4 Jahre lang, mühsam krabbeln, dann laufen, alleine Essen und noch einige andere Dinge gelernt, aber nie „perfekt“. Sprechen kann er bis zum Schluss nicht. Kurz vor Schuleintritt stellte meine Tochter die Frage: „Ist er eigentlich behindert?“ Sie ist mit behinderten Kinden aufgewachsen, es war normal, nicht anders. Die Erkenntnis, dass körperliche und geistige Behinderungen „anders“ sind kam relativ spät.
Im Gegensatz dazu hat sie aber schon sehr früh (zu Beginn ihrer Quasselstrippenphase mit etwa 3 Jahren) erkannt, dass einer meiner Brüder, den sie nur wenige Male im Jahr gesehen hat, geradezu aberwitzig groß ist (2 m 8 cm).
Können sie bennenen, WAS anders ist?
Siehe oben: Meine Tochter konnte es teilweise schon sehr früh und deutlich benennen. Das Männer und Frauen anders sind, hat sie schon in der Zweiwortphase (ca. 2 Jahre) erkannt und unterwegs Männi und Weibi mit glockenhellem Kleinkindersopran in „Hat Penis“ und „Hat Muschi“ eingeteilt.
Ich bin überzeugt, dass Kinder schon Abweichungen vom Normalen erkennen, lange bevor sie Worte dafür haben. Aber ob diese Erkenntnis bleibt oder -wie die Sache mit der Behinderung- erstmal verschütt geht und später wieder kommt, hängt vom Umfeld und vielen anderen Faktoren ab.
ja, sie erkennen Unterschiede und stellen es einfach fest. Dabei beobachten sie Dinge, über die wir so gar nicht mehr nachdenken und natürlich kommen die Fragen dann in den unmöglichsten Situationen-eben dann auch erst, wenn sich ein Vergleich bietet.
Ein Kind nimmt das anders sein erst wahr, wenn es damit konfrontiert wird und irgendetwas das tägliche Umfeld anders erscheinen lässt. Auf einmal ist ein Kind mit dunkler Hautfarbe in der Kita oder nur der Vater ist fast schwarz gefärbt und die Kinder sind relativ hell und somit fällt auf einmal der Vater auf. Jemand echt extrem dickes taucht auf - während sonst im Umfeld nur normal bis leicht übergewichtige Leute vorhanden sind. In der Sauna werden auf einmal die anderen Männer begutachtet und mit Papa und dem eigenen Körper verglichen (nein, da versinkt man nicht im Boden)und auch Mama wird bewertet - die ist so schön rund und weich.
Und manchmal sind Personen ja echt eine Karrikatur ihrer selbst und darüber lachen sich 4 Jährige kaputt. Sie wissen nicht genau warum, aber sie wissen, dass die Person irgendwie lustig ist. Weil sie vielleicht an irgendeine Märchenfigur oder ein Tier oder was auch immer erinnert.
Kinder nehmen das aber alles als gegeben hin und werten es nicht. Wie Duploschen schon schrieb. Wir fangen an zu werten.
Kinder nehmen das aber alles als gegeben hin und werten es
nicht. Wie Duploschen schon schrieb. Wir fangen an zu werten.
Ja, so denke ich das auch - Kinder beobachten viel mehr, aber fragen halt auch nach und sprechen darüber (das machen Erwachsene doch meist nicht mehr - selbst wenn sie klärungswürdige Fragen haben)
Letztens traf meine Tochter (4 Jahre) auf einen Mann mit auffälliger Nase - knollig geschwollen und gerötet (der Erwachsene in mir sagt „Alkoholiker-Nase“ - nicht drüber sprechen)
Meine Tochter kommentierte die Nase später, nach der Begegnung:
„Mama, der Mann hat ne komische Nase, der war bestimmt ein Clown“
das zeigt, sie hat wahrgenommen, aber auch versucht zu katalogisieren - das ist anders, als das erwachsene Schubladendenken. Es ordnet ein, ohne zu werten. Ich habe innerlich gewertet, weil ich dem Mann nur aufgrund seiner Nase ein gewisses Misstrauen entgegenbrachte, weil ich Alkoholikern grundsätzlich nicht sehr vertraue. Daran werde ich aber auch mal arbeiten.
Ich habe ganz pc gesagt, dass mir die Nase auch aufgefallen ist, dass das aber kein Clown war, und dass die Menschen ganz verschieden aussehen.
(der
Erwachsene in mir sagt „Alkoholiker-Nase“ - nicht drüber
sprechen)
jo, und genau das ist das - wo ist das Problem einfach zu sagen „Ja, jeder ist unterschiedlich, der eine hat so ne Nase, der andere so eine“ - so verteilst du kein Unbehagen über das Thema Alkohol, was überhaupt nicht Kindgerecht wäre
Ich habe ganz pc gesagt, dass mir die Nase auch
aufgefallen ist, dass das aber kein Clown war, und dass die
Menschen ganz verschieden aussehen.
ganz genau so manchmal kann man erklären, beispielsweise, dass der Rollstuhlfahrer vllt eine Krankheit in den Beinen oder Rücken hat, manchmal ist es einfach so, dass Menschen unterschiedlich sind.
Kurz vor Schuleintritt stellte
meine Tochter die Frage: „Ist er eigentlich behindert?“ Sie
ist mit behinderten Kinden aufgewachsen, es war normal, nicht
anders. Die Erkenntnis, dass körperliche und geistige
Behinderungen „anders“ sind kam relativ spät.
dazu eine nette Geschichte aus dem Bekanntenkreis:
Junge Frau mit Down-Syndrom muss wegen einer neuen Stelle bei einem entsprechenden Arbeitgeber zum Arzt, um Gesundheitsprobleme ausschließen zu lassen, die sich mit der neuen Stelle nicht vereinbaren ließen.
Kommt sie nach der Untersuchung nach Hause und sagt zu ihrer Mutter: „Und dann hat die Ärztin gesagt, ich bin rundum gesund.“
Pause
„Ich verstehe gar nicht, warum du immer sagst, ich bin behindert.“