Hallo Ihr klugen Köpfe,
was meint ihr: erkennt sich Narziss beim Blick ins Wasser wirklich sich selbst und wird schuldig, indem er sich in sich selbst verliebt? Die landläufige Bedeutung von „Narzissmus“ meint ja eben die Selbstverliebtheit. Aber nach meinen Ovid-Kenntnissen der Narcissus-Episode erkennt er sich eben nicht: „arglos begehrt er sich selbst […] wer du auch seist, tritt heraus! was täuschst du mich, einziger knabe?“
In einem schlauen Aufsatz des Philosophie-Professors Konersmann wird hingegen die Auffassung vertreten, Narziss würde sich selbst erkennen, also gerade nicht „arglos“ begehren.
Besten Dank
André
Hallo André,
bin zwar kein Philosoph, aber… Jeder Mensch ist in der Lage, sein Spiegelbild als solches zu identifizieren und nicht als Abbild eines anderen Menschen. Daraus ist zu schließen, dass auch Narziss genau wusste, wen er vor sich hat. Wäre er arglos gewesen, würde Narzissmus nicht negativ belegt werden. Es hat sich also bereits in der Antike etwas Verwerfliches dahinter verborgen, sonst wäre Narziss auch nicht abgestraft worden. Arglosigkeit findet aber auch in der Antike immer mitleid, wenn sie zum opfer wird.
Grüßle,
Susanne
Hallo Susanne!
Eine kleine Denkhilfe:
bin zwar kein Philosoph, aber… Jeder Mensch ist in der Lage,
sein Spiegelbild als solches zu identifizieren und nicht als
Abbild eines anderen Menschen. Daraus ist zu schließen, dass
auch Narziss genau wusste, wen er vor sich hat.
Sein Spiegelbild als solches erkennt er wohl, was aber nicht heißt, daß er „sich“ selbst erkennt, sondern nur ein Bild, eine Projektion.
An sich selbst kommt man nicht vorbei, da hilft auch keine Kompensation oder eben nur temporär.
Gruß
und viel Spaß beim Weiterdenken
J.
Hallo Susanne, hallo Andre,
Jeder Mensch ist in der Lage,
sein Spiegelbild als solches zu identifizieren und nicht als
Abbild eines anderen Menschen.
Und was, wenn jemand eine derartige Bewusstseinsstörung hat, dass er mindestens zwei Persönlichkeiten in sich trägt und nun nicht weiss, ob der im Spiegel „der Andere“ ist oder er selbst, denn: wer ist er denn nun?
Daraus ist zu schließen, dass
auch Narziss genau wusste, wen er vor sich hat. Wäre er arglos
gewesen, würde Narzissmus nicht negativ belegt werden.
Es hat
sich also bereits in der Antike etwas Verwerfliches dahinter
verborgen, sonst wäre Narziss auch nicht abgestraft worden.
Äh, kann sein, ich kenne die Geschichte nicht richtig, aber war es nicht so, dass er zuerst abgestraft wurde, bevor er in Selbstliebe verfiel, weil ebendies ja die Strafe sein sollte? Aber dann ist er ja nicht für seine Selbstliebe bestraft worden, sondern für sein Nicht-Begehren der Nymphe Echo? Oder irre ich da?
Übrigens denke ich nicht, dass es unbedingt eine Strafe ist, sich selbst zu lieben, denn wenn es auf dem Planeten nunmal weit und breit kein angemessenes Gegenstück gibt, findet man doch wenigstens alles in sich, was eine höhere Erfüllung sein kann, als ein Leben voller Kompromisse, nur um jemanden „lieben zu können“, denn wozu?
LG
Marlené
Arglosigkeit findet aber auch in der Antike immer
Moin Susanne,
bin ebenfalls kein Philosoph. Auch kein Altphilologe oä.,
aber
Arglosigkeit findet aber auch in der Antike immer mitleid,
wenn sie zum opfer wird.
würde ich mit Verweis auf Ödipus doch bezweifeln
Gruß Stefan