Erlaubnis Karneval Französische Besatzungszone 1948/49

Hallo zusammen,

habe noch eine Frage zum örtlichen Karneval, es geht darum, bis zu welchem Jahr bei der französischen Militärregierung und beim zuständigen lokalen Kulturministerium eine polizeiliche Genehmigung eingeholt werden musste, um Karnevalsveranstaltungen durchzuführen. Ein alter Zeitzeuge sagte mir, dass dies bis zur Gründung der Bundesrepublik der Fall war, also bis Karneval 1949. Laut der Chronik des örtlichen Männergesangvereins musste diese Genehmigung aber nur bis Ende 1948 eingeholt werden, also Karneval 1949 nicht mehr. Es geht mir hierbei konkret auch um das Prinzenpaar 1949. Ich weiß nicht genau, ob sie um den 11.11. herum proklamiert wurden oder wenige Wochen vor dem Karnevalswochenende und wieweit diese Regelung genau ging. Vielleicht war die Genehmigung von Ende 1948 für die gesamte Session 1948/49 erforderlich.
Denke mal, diese Regelung war in der gesamten französischen Besatzungszone gleich und galt vielleicht auch für Theaterstücke, Konzerte etc.

Wäre toll, wenn mir jemand weiterhelfen könnte.

Vielen Dank im Voraus.

VG
Ayla

Hallo,

Mir fallen da zwei Institutionen ein:
Das örtliche Stadtarchiv
Der Karnevalsverein, falls er die alten Akten noch irgendwo hat.

Gruss
Jörg Zabel

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Hallo Herr Zabel,

Danke für den Tipp, aber ich hab mich schon sowohl an unseren Geschichtsverein (der unser Gemeindearchiv verwaltet) als auch an den Männergesangverein (den Karnevalsverein gab es noch nicht) gewendet und keiner konnte mir da weiterhelfen.

Es muss doch eine allgemeine Regelung gegeben haben, die für die gesamte französische Besatzungzone gegolten hat, das muss doch irgendjemand wissen?

VG
Ayla

Hallo

Wenn es allgemeine Regelungen gab, dann mussten sie auch öffentlich bekannt gemacht werden. Heute nennen sich die Veröffentlichungen Gesetz- und Verordnungsblatt, Staatsanzeiger, Amtsblatt usw. Sowas sollte es ach von der „Besatzungsregierung“ gegeben haben. Such danach im Archiv. (Sollte es sowas in Eurem Gemeindearchiv nicht geben, würde ich in einer grösseren Stadt oder im Staatsarchiv nachfragen.)
Vielleicht fragst Du auch mal bei einem grösseren Karnevalsverein nach, ob es da Jemanden gibt, der sich um die (Vereins-)Geschichte kümmert und der Dir weiterhelfen kann.

Gruss
Jörg Zabel

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Servus,

die Quelle ist diese hier:

https://zdb-katalog.de/title.xhtml?idn=1023189887

aber es ist mit einiger Mühe und Arbeit verbunden, das Gesuchte da rauszufummeln. Dafür hast Du im Ergebnis das Original und nicht irgendein Hörensagen.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

die einzelnen Bundesländer sich schon 1946 gegründet worden. Da mag es schon eigene Verkündungsblätter gegeben haben.

Gruss
Jörg Zabel

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Hallo Jörg,

im Fall Württemberg-Hohenzollern, um das es hier gehen dürfte, kommt vor Juli 1947 allenfalls beratende Funktion des Staatssekretariats von Carlo Schmid in Frage. D.h. es gab sicherlich eine Regelung zu dem Thema (konkret: Ausnahme vom allgemeinen Versammlungsverbot unter der Bedingung, dass eine Genehmigung beantragt und bewilligt wurde) von der Französischen Militärregierung. Die Kompetenz, Dekrete der französischen Militärregierung aufzuheben, hatte die Regierung Lorenz Bock nicht.

Daher würde ich nach der grundsätzlichen Aufhebung der beschriebenen Beschränkung für öffentliche Feiern nur im Amtsblatt des Französischen Oberkommandos in Deutschland suchen, das ist schon für sich eine richtige Fleißarbeit.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Aprilfisch

  1. Ich habe nicht erkennen können, dass es um Württemberg-Hohenzollern geht. Das Wort „Karneval“ lies mich eher an ein „rheinisches“ Bundesland denken.
  2. Das Bundesland wurde im Mai 1947 gegründet. Nach und Nach gingen die Kompetenzen der Militärregierungen auf die Bundesländer über. Wer wann und wo die Kompetenz für „Gaststätten und Versammlungen“ hatte, ist für mich nicht ausreichend klar.

Gruss
Jörg Zabel

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Servus,

stimmt - Koblenz und Umgebung ist sogar wahrscheinlicher: Mir war nicht bewusst, dass Koblenz bereits nördlich der Fastnacht / Karneval - Grenze liegt; ich hätte den Begriff „Karneval“ für zufällig gewählt gehalten, weil ich glaubte, er sei nirgendwo in der französischen Zone verwendet worden.

In diesem Fall ist es eher denkbar, dass hier bereits wieder eine deutsche Instanz die Modalitäten für Ausnahmen von dem grundsätzlich geltenden Versammllungsverbot festlegte.

Schöne Grüße

MM

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Wenn es um die französische Zone geht könnte man eventuell bei einem der Mainzer Fassenachtsvereine nachfragen. Die waren ebenso betroffen und haben unter Garantie Archive.

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Hallo zusammen,

erstmal vielen vielen Dank für eure Hilfe und sorry, dass ich mich wegen den aktuellen Ereignissen erst jetzt melde.

Ja es stimmt der Bericht stammt nicht aus Baden-Württemberg, sondern aus dem nördlichen RLP, hier lebe ich auch. Das Wort Karneval ist bei uns aber sehr verbreitet, viele Karnevalsvereine tragen es auch im Namen. Der Verein in meinem Heimatort heißt … Karneval Verein. Im angesprochenen Koblenz gibt es u.a. die Arbeitsgemeinschaft Koblenzer Karneval und dann natürlich den RKK (Rheinische Karnevals-Korporationen, wobei dieser auch NRW, Hessen und das Saarland umfasst). In Baden-Württemberg gibt es eher Fastnachtsvereine, davon gibt es bei uns soweit ich weiß eher keine.

Wieso war denn eher eine deutsche Instanz 1948/49 dafür verantwortlich, hat das mit der Trizone zu tun, die im März 1948 gegründet wurde?
Also RLP wurde schon 1946 gegründet, da gingen denke ich die Kompetenzen der Militärregierung noch nicht auf die Bundesländer über. Wie gesagt die Erlaubnis musste bis Ende 1948 bei der Französischen Militärregierung eingeholt werden und eben beim lokalen Kulturministerium. War letzteres eine deutsche Instanz? Ihr meintet ja, dass es eher denkbar war, dass hier bereits wieder eine deutsche Instanz die Modalitäten für Ausnahmen von dem grundsätzlich geltenden Versammllungsverbot festlegte.

Doch, der Begriff Karneval taucht auf jeden Fall in den damaligen örtlichen Zeitungsberichten auf, ich hänge mal einen dran.

Mit dem ZDB Katalog komme ich überhaupt nicht klar, sorry. Ich kann aber mal die Mainzer Karnevalsvereine anschreiben, die können mir sicher weiterhelfen.

Nochmals vielen vielen Dank für die Hilfe

VG
Ayla

Wie ihr in diesem Bericht von 1949 hier lesen könnt, waren im Vorjahr also 1948 nur Kostümfeste und keine Maskenbälle erlaubt. Ob das jetzt daran lag, dass die Franzosen den Deutschen hierüber das Kommando übertragen haben? Außerdem ist hier neben Karneval auch von Fastnachtskostümen die Rede (ja der Begriff Fastnacht wird schon bei uns verwendet aber meiner Meinung nach nicht so häufig wie Karneval).

So hier noch der andere Bericht von 1949

Servus,

solche Begriffe folgen in der Regel den regionalen Ausprägungen der Sprache ingsgesamt. „Karneval“ gehört zu den ripuarischen und moselfränkischen Mundarten, während bereits knapp südöstlich davon in den rheinpfälzischen und hessischen Mundarten „Fasnacht“ vorherrscht. Am „Fastelovend“ in und um Colonia Agrippina kann man hier (wenn man mag) eine Art „Rest“ römisch-rheinpfälzischer Sprache im ripuarischen Raum erkennen. Wie auch immer - in Mainz wird bereits Fassenacht gefeiert, obwohl MCC und MCV beide den „Carneval“ in ihrem Namen tragen. Das lässt sich mit den Gründungsjahren erklären: Man wollte à la mode eben auch schön exerzieren und marschieren und wohlgeordnete „Sitzungen“ mit Elferrat, Bütt und Tusch organisieren, wie man das aus der preußischen Rheinprovinz kannte, und übernahm für die zentralen Organisationen der Fassenacht halt auch die Bezeichnungen aus der Preußischen Provinz.

Dass ich überhaupt nicht dran gedacht hatte, dass ganz im Norden der französischen Besatzungszone noch ein Streifchen „Karneval“ lag, kommt von meinem verengten persönlichen Horizont - die Berichte und Erzählungen aus der französischen Besatzungszone, die mir von Zeitzeugen hinterbracht worden sind, stammen aus familiärem und nachbarschaftlichem Kontext in Württemberg - Hohenzollern (die Grenzen der französischen Zone verliefen anders als die der heutigen Bundesländer).

Nein, die Trizone als erster formaler Schritt zur Teilung Deutschlands im Zuge der Bildung der zwei „Machtblöcke“ um UdSSR und USA steht in einem ganz anderen Zusammenhang. Bis 5. Mai 1955 konnte von der BRD als (auch nur teil-) souveränem Staat keine Rede sein, und die Kompetenzen der sukzessiv 1946 … 1947 teils gegründeten, teils wieder gegründeten Länder waren in erster Linie administrativ und gegenüber den jeweiligen Militärregierungen beratend. Die Entwicklung, die Du beim Antrags- und Genehmigungsverfahren für Karnevalssitzungen und -umzüge beobachtest, betrifft eine andere für die Besatzungsmacht „ungefährliche“ Kompetenz, die Kultushohheit (die beiläufig bis heute im Bundesstaat bei den Ländern ist).

Es stehen hier also zwei Aspekte in Konkurrenz zueinander: Einerseits die recht bald den frisch gegründeten Ländern überlassene Kompetenz für Belange von Kultur, Religion, Traditionspflege usw., andererseits das generelle und besonders von den Franzosen aus leidvoller Erfahrung essenziell empfundene Versammlungs- und Maskierungsverbot: Sie hatten ja in kurzer Folge nacheinander 1870, 1914 und 1940 erlebt, was dabei leicht herauskommen kann, wenn man den Deutschen erlaubt, sich zu versammeln und sich zu organisieren.

(Anekdotisch dazu: In Köln wird erzählt, beim ersten wieder erlaubten Martinszug 1946 hätte ein französischer Verbindungsoffizier in heller Aufregung Colonel Patterson alarmiert, deutsche Jugendliche marschierten in einem Fackelzug durch die Reste der Stadt…)

Wie auch immer - aus diesen beiden ganz verschiedenen Aspekten von Karnevalszügen und -sitzungen ergibt sich, dass das Verfahren für Antrag und Zulassung solcher Veranstaltungen möglicherweise von den Organen des frisch gegründeten Landes bereits 1948 aufgehoben worden war, möglicherweise aber auch von der französischen Militärregierung bis 1949 beibehalten worden ist.

Wegen dem ZDB-Katalog: Dort findest Du u.a. den Link zum digitalisierten Bestand des „Journal Officiel“ http://deposit.dnb.de/online/vdr/rechtsq.htm. In der Maske kannst Du links oben den Titel auswählen, darunter den Jahrgang und dann darunter unter „Ausgabe“ die Option ‚Zeitl. u. alph. Register‘. Das ‚Journal Officiel‘ ist zweisprachig erschienen, die deutschen Übersetzungen sind in Ordnung. Wenn es Dir Vergnügen macht, hast Du auf diese Weise viel Fleißarbeit zum ‚Inderwohnungbleiben‘, ohne Garantie auf Erfolg, aber mit der Garantie, dass Du da jedenfalls (wenn Du sie findest) die authentische Quelle vor Dir hast.

Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass hier von den Franzosen nur ein ganz allgemeiner Rahmen festgelegt worden ist und alle Einzelheiten mehr oder weniger von Anfang an von der Landesregierung verwaltet worden sind. Dann ginge das auf der Fährte weiter, die @Joerg_Zabel gegeben hat. @Armin_Diedrich ist übrigens Profi im Umgang mit Bibliotheken und Archiven, der kann Dir - wenn Du diese Fährte aufnehmen möchtest - zehnmal besser weiterhelfen als meinereiner, der in dieser Materie wie in so vielen eben dilletiert.

Schöne Grüße

MM

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Hallo Aprilfisch,

Vielen Dank für deine sehr ausführliche und interessante Erklärung zum Thema Karneval/ Fastelovend/ Fastnacht/ Fassenacht, besonders was die Mainzer angeht, hätte ich gar nicht gedacht.

Ja klar Baden-Württemberg wurde ja aus Württemberg-Hohenzollern, Baden und Württemberg-Baden gebildet und das ja erst nach Gründung der Bundesrepublik.

Ja klar die Franzosen waren sehr beunruhigt wegen den Jahren und Jahrzehnten zuvor. Der Knackpunkt scheint aber auch bei den Maskenbällen wiederum das Jahr 1948 zu sein, war da vielleicht doch irgendwas in der Besatzungszone?

Danke für deine Hilfe bezüglich des ZDB-Katalogs, er ist aber sehr umfangreich, das schaffe ich momentan nicht, schon gar nicht in der aktuellen Krise. Ich denke aber, dass die Franzosen schon ziemlich streng waren, da ja laut meinen Quellen beide Institutionen um Erlaubnis gefragt werden mussten. Ich werde mal bei den Mainzer Karnevalsvereinen nachfragen.

VG und nochmal danke

Ayla