Erschließungskosten 5 Jahre nach Grundstückskauf?

Hallo,

eine Person kauft 2003 ein Grundstück; die Erschließung (1998), sagt der Verkäufer, ist bezahlt.

5 Jahre nach dem Hausbau (Dezember 2008) kommt eine Rechnung von der Gemeinde „aufgrund der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung in der Änderungsfassung vom Dezember 2007“, über 1000 €.
Errechnet aus Grundstücks- und Geschoßfläche + MWSt., abzüglich einer „Vorauszahlung laut Bescheid von 1998“.
Beitragsschuldner ist, laut diesem Schreiben, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstückes ist.
1998 war noch der ehemalige Verkäufer Eigentümer, 2007 jedoch nicht mehr.

Bei unbebauten Grundstücken wird 1/4 des Grundstückes als Geschoßfläche berechnet. Die Geschoßfläche ist jedoch durch den Bau letztlich mehr geworden. Daraus könnte sich evtl. der Mehrbetrag von 1000 € errechnen.

Allerdings haben die Grundstückskäufer nicht damit gerechnet, dass durch den Bau Erschließungskosten nacherhoben werden.

Fragen:

  1. Wäre der Schuldner nicht laut diesem Bescheid derjenige, der 1998 Besitzer war?
  2. Ist das rechtens, dass Erschließungskosten nacherhoben werden, 10 Jahre nach Erschließung, 5 Jahre nach Grundstückskauf und Hausbau? Kann man sich als Grundstückskäufer nicht darauf verlassen, dass keine Erschließungskosten mehr anfallen, wenn doch die Erschließung schon 5 Jahre vor dem Kauf bezahlt wurde?

Danke,
Julia

Hallo Julia,

  1. Für den Grundstückskauf gibt es doch einen Vertrag. Wenn da drin steht, daß mit dem Kauf die Erschließung komplett bezahlt ist, dann muß der Vorbesitzer dafür aufkommen.
    Es ist die Frage, was genau geschrieben steht, wie das auszulegen ist.
    Es könnte evtl. sinnvoll sein, sich anwaltlich beraten zu lassen.

  2. Daß zum Zeitpunkt der Erschließung der unbebauten Grundstücke nur eine Vorauszahlung verlangt wird und die Endabrechnung Jahre später kommt ist nicht ungewöhnlich und meines Wissens rechtlich ok.
    Das liegt daran, daß nach der eigentlichen Erschließung erst mal die Enderschließung kommt. Danach muß die Baumaßnahme erstmal von der Baufirma abrechnen werden. Das kann schon mal Monate, bis über 1 Jahr dauern, je nach dem ob die Gemeinde mit der Bauabrechnung einverstanden ist oder nicht. Mit der endgültigen Bauabrechnung werden dann evtl. Zuschüsse und Förderungen ebenfalls endgerechnet. Dann muß die Gemeinde noch den verbleibenden Betrag korrekt auf die Grundstückseigentümer aufteilen. Alles in allen können dabei Jahre ins Land gehen.

Gruß Steffi

Hallo

  1. Ist das rechtens, dass Erschließungskosten nacherhoben
    werden, 10 Jahre nach Erschließung, 5 Jahre nach
    Grundstückskauf und Hausbau? Kann man sich als
    Grundstückskäufer nicht darauf verlassen, dass keine
    Erschließungskosten mehr anfallen, wenn doch die Erschließung
    schon 5 Jahre vor dem Kauf bezahlt wurde?

nein, darauf kann man sich nicht verlassen… Abwassersatzungen können jederzeit neu beschlossen werden auch 20 oder 30 jahre später und der Bürger muss zahlen. Das gibt das deustche Recht her. Meien Empfehlung: Mal bei „Escher“ stöbern da war voriges Jahr auch ein Statement einer Richterin dabei, die den Sachverhalt nach einer Verhandlung ebend zu dieser Sache bestätigt hat

Danke,

bitte

Julia

Wallflower

  1. Wäre der Schuldner nicht laut diesem Bescheid derjenige,
    der 1998 Besitzer war?

Im Bescheid steht doch ausführlich erläutert, wer diese Gebühren zu zahlen hat. Deutlicher geht es doch nun wirklich nicht.

  1. Ist das rechtens, dass Erschließungskosten nacherhoben
    werden, 10 Jahre nach Erschließung, 5 Jahre nach Grundstückskauf und Hausbau?

Ja.

Kann man sich als
Grundstückskäufer nicht darauf verlassen, dass keine
Erschließungskosten mehr anfallen, wenn doch die Erschließung
schon 5 Jahre vor dem Kauf bezahlt wurde?

Nein.

Hallo Steffi,

vielen Dank für deine Antwort. Das war eine gute Idee, in den Kaufvertrag zu schauen. Ich vermute, dass dieser eher zu Ungunsten des Käufers ausfällt, allerdings ist es zwiespältig.
Nehmen wir mal an, da steht:

Der Verkäufer hat alle Erschließungskosten zu tragen, die bis zum Verkauf des Grundstücks in Rechnung gestellt wurden. Alle vom Verkauf an in Rechnung gestellten Erschließungskosten trägt der Käufer.

Aber da steht auch:
Der Verkäufer sichert zu, dass alle Erschließngskosten bezahlt sind, soweit ihm bisher Bescheide zugegangen sind.

Und im Bescheid steht: Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstückes ist.
Die Frage ist, ob im vorliegenden Fall die Beitragsschuld 1998 entstanden ist oder 2007.

???

Das liegt daran, daß nach der eigentlichen Erschließung erst
mal die Enderschließung kommt. Danach muß die Baumaßnahme
erstmal von der Baufirma abrechnen werden. Das kann schon mal
Monate, bis über 1 Jahr dauern, je nach dem ob die Gemeinde
mit der Bauabrechnung einverstanden ist oder nicht. Mit der
endgültigen Bauabrechnung werden dann evtl. Zuschüsse und
Förderungen ebenfalls endgerechnet. Dann muß die Gemeinde noch
den verbleibenden Betrag korrekt auf die Grundstückseigentümer
aufteilen. Alles in allen können dabei Jahre ins Land gehen.

In diesem Fall:

10 Jahre nach der Erschließung!??

Danke und viele Grüße,

Julia

Im Bescheid steht doch ausführlich erläutert, wer diese
Gebühren zu zahlen hat. Deutlicher geht es doch nun wirklich
nicht.

Hallo,

wenn dir das so deutlich ist, kannst du vielleicht meinem langsamen Geist etwas auf die Sprünge helfen?

„Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld“: Ist das der Zeitpunkt der Erschließung und damaligen Rechnung (1998), oder ist es der Zeitpunkt der Änderungsfassung der Wasserabgabesatzung 2007?

Danke,

Julia

wenn dir das so deutlich ist, kannst du vielleicht meinem
langsamen Geist etwas auf die Sprünge helfen?

Herzlich gerne, wenn Du mir den Bescheid zur Verfügung stellen würdest. Hellsehen war noch nie meine Stärke.

Danke,

Bitte

Julia

Nordlicht

Hallo Julia,

Der Verkäufer hat alle Erschließungskosten zu tragen, die bis
zum Verkauf des Grundstücks in Rechnung gestellt wurden. Alle
vom Verkauf an in Rechnung gestellten Erschließungskosten
trägt der Käufer.

Das ist doch eindeutig.
Alles was vor dem Verkauf in Rechnung gestellt wird zahlt der Verkäufer, alles danach der Käufer.

Der Verkäufer sichert zu, dass alle Erschließngskosten bezahlt
sind, soweit ihm bisher Bescheide zugegangen sind.

Das ist genauso eindeutig.
Der Bescheid von 2007 hat dem Verkäufer beim Verkauf nicht vorgelegen, also hat er damals die Kosten von 2007 nicht bezahlt.

Und im Bescheid steht: Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt
des Entstehens der Beitragsschuld Eigentümer des Grundstückes
ist.
Die Frage ist, ob im vorliegenden Fall die Beitragsschuld 1998
entstanden ist oder 2007.

Letztlich kann das Entstehen der Beitragslast auch irgendwo dazwischen dazwischen liegen, je nach dem welche Leistungen genau abgerechnet werden.

Mir scheint, daß der derzeitige Eigentümer zahlen muß.
Hat er Zweifel, sollte er sich anwaltlich beraten lassen.

Gruß Steffi

Hallo

es lohnt sich durchaus, auch zu überprüfen, ob nicht möglicherweise beim Bau die Erschließungskosten vorab bezahlt wurden.

Fall aus eigener Familie (Eltern, und ich habe die Verträge hier vorliegen, wegen Erbfall, es geht also nicht um von nem Freund des Freundes habe ich heört…):

Hausbau 1979/1980, typisches Reihenhauswohngebiet

Im Jahr 2006 nach endgültigem Abschluß aller geplanten Straßenbaumaßnahmen im Viertel erreichte mehrere hundert Anwohner die Abrechnung der Erschließungskosten.

Die Empörung war groß, rechtlich scheinbar nichts zu machen.

Nur mein Vater erinnerte sich, daß im Kaufvertrag seinerzeit ein 10 % Aufpreis für den Abschlag sämtlicher Erschließungskosten aufgeführt war.

Die Stadt wußte von nichts. Kaufunterlagen für das Grundstück an den Bauträger waren erstmal nicht „auffindbar“.

Da der Bauträger noch in der Stadt ist und wenn auch alt, so doch noch „rüstig“, konnte dort nachgefragt werden.

Die Stadt hatte mit dem Kauf des Grundstücks schon vorab die Erschließungskosten eingezogen (damals für ein 300 qm Grundstück immerhin 22.000 DM!).

Nachdem nun von 2 Seiten die Daten vorlagen, begab sich auch die Stadt auf Archivsuche und mußte dann alle Erschließungskostenbescheide zurücknehmen.

Also kann sich Recherche durchaus lohnen und selbst ohne böse Absicht können möglicherweise hohe Kosten doppelt eingezogen werden.

Wendy