Erzählung aus DDR-Unterricht gesucht: Sowjet-Offizier rastet aus

Hallo!
Dunkel erinnere ich mich an eine Erzählung, die in den 70er Jahren im Literaturunterricht behandelt worden sein müsste, und die ich gern wieder neu lesen möchte. Kennt die jemand und kann die Quelle nennen?
:
Kurz nach dem 2. Weltkrieg wurde ein sowjetischer Offizier in eine deutsche Familie eingeladen, es wurde gefeiert, gesungen, war gute Stimmung. Plötzlich aber kam es zum Eklat, als der Offizier „ausrastete“ und Gegenstände demolierte oder so.
Es stellte sich heraus, dass er durch irgendeine Kleinigkeit an seine eigene Familie erinnert worden war, die die Faschisten umgebracht hatten o. ä., er also aus erlittenem Schmerz so handelte.

Hab keine sichere Vorstellung mehr, in welchem Schuljahr das drangekommen sein könnte. 7. Klasse? Gar noch in Heimatkunde?
Bin gespannt, ob’s jemand kennt!
Tschuess, Sven.

Hallo, ja stimmt - mir kommt das bekannt vor. Ich habe bald Klassentreffen und frage mal die Koryphäen der Sowjetliteratur aus meiner ehemaligen Klasse. Hat es so lange Zeit?

…bedeutet in dem Fall: Nächstes Wochenende.

Ja, na klar. Bin froh, wenn ichs erfahre und kommt dabei auch nicht auf die Zeit an :slight_smile: Hab schon mal auf Verdacht das Lesebuch Klasse 7 bestellt.

Hallo allerseits!
Ich habs gefunden: im Lesebuch Klasse 9/10. Volk und Wissen Volkseigener Verlag. 12. Auflage der Ausgabe von 1970, Jahr 1980, S. 217-226. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus der Novelle „Frühlingssonate“ von Willi Bredel (1901-1964). Interessanterweise ist es lt. Konrad Hannemann nicht „nach“ einer wahren Begebenheit sondern eine wahre Begebenheit, die Bredel hier widergibt.

Falls der Link dereinst ins Leere führt, kurze Widergabe:

Ein sowjetischer Hauptmann ist kurz nach dem gewonnenen 2. Weltkrieg in Deutschland stationiert. Auf dem Nachauseweg hört er Hausmusik aus einem geöffneten Fenster. Als ehemaliger Musikpädagoge in Kiew rührt ihn dies an und er fragt bittend um Einlass, um zuhören zu dürfen. Allmählich freundet er sich mit der Familie an, erscheint häufiger und gibt - danach gefragt - Beethovens Frühlingssonate als sein Lieblingslied an (https://www.youtube.com/watch?v=Wclps5RoqBM).
Als ihm die Familie jedoch dieses Stück beginnt vorzutragen, kippt die Situation, der Offizier demoliert die Einrichtung und ist außer sich… Er selbst hatte mit Frau und zwei Kindern dieses Stück eines Abends gespielt, als deutsche Soldaten am Folgetag im Jahr 1942 in Kiew Zehntausende von Juden wie Vieh zusammentrieben und unweit der Stadt erschossen, unter den Opfern auch seine Familie.

"Nachdenklich spricht der Professor nach diesem Ereignis: ‚Die Schuldigen sind doch eigentlich wir, … ich meine, wir Deutschen.‘
Man stelle sich vor: Ein Offizier befindet sich in dem Land, aus dem die Menschen kamen, die seine Familie umgebracht haben. Die Mörder sind besiegt, aber die Menschen dieses Landes sind den Mördern nicht in dem Arm gefallen.
Und dann wird gerade das Stück, das eine deutsche Familie – aus der nicht einer fehlt – ihm nichtsahnend zur Freude spielt, zur größten Qual.
Kann man sich vorstellen, was in diesem Menschen vor sich ging?

Was Willi Bredel in dieser Novelle wiedergab, hat sich in den von deutschen Truppen besetzten Gebieten tausendfach abgespielt.

Die NATO rückt mit ihren Stützpunkten immer näher an Russland heran. Die Begründung: Wir müssen uns vor den Russen schützen.
Wie glaubhaft eine solche Schutzbehauptung ist, darüber sollte man nachdenken. " (Hannemann, 2016)

Nun bist du mir zuvor gekommen.

Es konnte sich allerdings niemand aus meiner Klasse, noch nicht einmal die größten Streber, an dieses Schriftstück erinnern.

Hallo,
nuja, mir hat’s keine Ruhe gelassen, und als das Lesebuch Klasse 7 ankam hab ich begonnen, intensiver zu stöbern. Thematisch schien’s mir dann doch recht schwer für die Altersstufe, so dass ich in Klasse 10 weitergemacht hab und prompt fündig geworden bin. Anscheinend hatte mich das Geschilderte damals recht stark bewegt, so dass noch immer Spuren im Gedächtnis waren. Oder ich bin einfach ein noch strebsamerer Streber, als deine größten Streber :wink:
Tschuess, Sven.

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