Erziehung

Hallo,

ich wende mich an Sie, weil wir momentan große Probleme
bei der Erziehung unseres Sohnes Elias haben.Kurz zu uns:
Meine Frau ist 40 Jahre alt, ich 36 und unsere Kinder
Elias und Charlotte sind 2 1/4 bzw fünf Monate alt.
Elias ist schon immer ein aufgeweckter, lebendiger
Junge.Er ist für sein Alter sehr Groß (1,02 M) und laut
unserer Kinderärztin in vielen Dingen weit voraus - er
konnte sich sehr früh überall hochziehen und hat dadurch
auch sehr früh laufen gelernt.Seit seinem zweiten
Geburtstag wird es allerdings von Woche zu Woche
anstrengender mit ihm, da er nur sehr schlecht bzw gar
nicht hört.Wenn er z.B. einen Stinker in der Hose hat und
gewickelt werden soll, reagiert er in der Regel mit
weglaufen oder er wehrt sich mit Tritten, Schlägen und
Bissen gegen das gewickelt werden.Im normalen Tagesablauf
ist es leider sehr oft so, dass er das Gegenteil von dem
tut, was er eigentlich machen soll.Wenn ich z.B. ihn
frage, ob er Hunger hat, sagt er ja.Ich frage ihn, was er
essen möchte (d.h.ich biete ihm einen Apfel oder eine
Banane an) und er entscheidet sich dann für die
Banane.Sobald er sich dann in sein Stühlchen setzten
soll, geht der Tanz los:Er will nicht ins Stühlchen, er
will jetzt auch keine Banane mehr, er will Schokolade.
Wenn er die nicht bekommt, wirft er mit Spielsachen,
wirft sich zu Boden u.s.w.
Er holt sich evt auch einen Stuhl, um auf die
Küchenanrichte zu klettern und sich die Schokolade selbst
zu holen.Hindert man ihn, dann schlägt er, wird er
festgehalten, beisst und tritt er.
Wahrscheinlich kann man nun sagen, dass viele Kinder so
eine Phase durchmachen, wir sind aber zur Zeit ratlos und
ziemlich am Ende.Ich hatte diesen Monat einen
Bandscheibenvorfall und mein Sohn verlangt mir täglich
wirklich alles ab.Vor zwei Wochen habe ich das Buch „Das
Geheimniss glücklicher Kinder“ gelesen und mich an die
Tipps gehalten.Ich sage meinem Sohn mit strenger, ernster
Stimme „Ich will, dass Du …machst“, was auch des
öfteren funktioniert (wobei es manchmal 15 Minuten
dauert).Wenn er nicht hört, stelle ich Ihn in die Ecke,
bis er es tut.
Das Problem ist, ich könnte das ca hundert Mal am Tag
machen, und damit verschaffe ich auch nur mir selber
etwas Respekt.Bei wildfremden Menschen reagiert er aber
genauso.Er hat vor niemandem Respekt.Er kam letzte Woche
in den Kindergarten, die Kindergärtnerin sprach bei Ihm
von einem „enormen Selbstvertrauen“, was wir ihm auch
gerne mitgeben wollten.
Elias hat ein liebevolles Zuhause, und ich schreibe diese
Mail letztendlich auch, damit mir irgendjemand sagt „das
ist völlig normal“, „das geht vorbei“ oder aber „Sie
machen folgenden Fehler“.
Vielleicht sind wir zu „weich“, schlagen möchten wir
unseren Sohn nur im äußersten Notfall,also: Wir sind
dankbar für jeden Rat, Tipp und jede Meinung, die uns bei
der Erziehung von Elias weiterhelfen können.

hallo Holger,
erst einmal ist das fast alles normal, die einen sind als Kleinkinder „schlimm“ die anderen fangen während der Schulzeit an und bei einigen dauerts halt bis zur Pubertät. Ich habe mal ein Frage, wie verhält sich Elias zu seiner Schwester? Ist er eher lieb und fürsorglich oder ist er eher aggressiv und „gemein“ zu ihr?
Also ich arbeite seit über 13 Jahren als Tagesmutter und betreue auch des öfteren schwierige Fälle.
Leider kenne ich Elias nich persönlich, aber ich möchte schon fast vermuten, dass Ihr Sohn hochbegabt ist (schreckliches Wort), er scheint mit vielen Dingen unterfordert zu sein.
Was für Interessen hat Elias, sportliche oder kreative.
Liebt er Tiere bzw. haben Sie ein Haustier?
Muss er in den Kindergarten oder ist vielleicht eine Tagesmutter mit individueller Förderung im kleinen Kreis nicht vielleicht besser. Wie ist seine sprachliche Entwicklung?
Ich weiss das sind viele Fragen, aber so kann ich mir halt besser ein Bild von ihm machen.Z.B. muss er unbedingt noch im Hochstuhl sitzen, kann er nicht ganz normal am Tisch sitzen, vielleicht mit einm Kissen?

Hallo Herr Wolf,

Ihre Anfrage ist sehr komplex, ich melde mich sobald
ich mehr Zeit habe, besser wäre, Sie rufen mich
an oder nennen Ihre Telefon-Nummer
mfg
Dipl. Sozialpädagogin
Anke Löffelhardt
02103-253477

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hallo Holger,
erst einmal ist das fast alles normal, die einen sind

als

Kleinkinder „schlimm“ die anderen fangen während der

Schulzeit

an und bei einigen dauerts halt bis zur Pubertät. Ich

habe mal

ein Frage, wie verhält sich Elias zu seiner Schwester?

Ist er

eher lieb und fürsorglich oder ist er eher aggressiv

und

„gemein“ zu ihr?
Also ich arbeite seit über 13 Jahren als Tagesmutter

und

betreue auch des öfteren schwierige Fälle.
Leider kenne ich Elias nich persönlich, aber ich

möchte schon

fast vermuten, dass Ihr Sohn hochbegabt ist

(schreckliches

Wort), er scheint mit vielen Dingen unterfordert zu

sein.

Was für Interessen hat Elias, sportliche oder

kreative.

Liebt er Tiere bzw. haben Sie ein Haustier?
Muss er in den Kindergarten oder ist vielleicht eine
Tagesmutter mit individueller Förderung im kleinen

Kreis nicht

vielleicht besser. Wie ist seine sprachliche

Entwicklung?

Ich weiss das sind viele Fragen, aber so kann ich mir

halt

besser ein Bild von ihm machen.Z.B. muss er unbedingt

noch im

Hochstuhl sitzen, kann er nicht ganz normal am Tisch

sitzen,

vielleicht mit einm Kissen?

Hallo,

vielen Dank erstmal für die Antwort.
Zu seiner Schwester ist Elias sehr lieb, er macht oft
und gerne „ei“ und fragt sofort nach ihr, wenn sie mal
nicht da ist.Ein Tier haben wir nicht, unsere Katze ist
vor einigen Monaten verstorben.Interesse hat er vor
allem an Büchern, die man sich lange und oft mit ihm
anschauen darf, eher selten schaut er alleine rein.Seit
letzter Woche sind wir in der Eingewöhnung für den
Kindergarten, in etwas zwei Wochen wird er dann alleine
dort in der Gruppe sein.
Er sitzt beim Essen auf einem Tripp-Trapp-Stuhl.Wir
hatten den Haltebügel schon eine Weile ab, mussten ihn
aber wieder dranmachen, nachdem er einfach nicht mehr
sitzen bleiben wollte und kaum gegessen hat.
Vielen Dank für Ihre Hilfe
Holger Wolff

hallo Holger,
so in etwa habe ich es mir bereits gedacht. Also Elias ist meiner Einschätzung nach ein total normales Kind. Da er sehr lieb mit seiner Schwester umgeht und Bücher liebt, ist dieses, ich hör mal nicht auf meine Eltern und Kindergarten ist doof eine ganz normale Entwicklungsphase.Er testes seine Grenzen aus und probiert natürlich, wie lange es dauert bis Papa und Mama kapitulieren.
Als kleine Hilfestellung kann ich nur sagen, einen geregelten Tagesablauf, beim Essen konsequent aufs sitzenbleiben beharren, zru Not ihn immer wieder hinsetzen, dass ist zwar auf Dauer sehr anstrengend, aber es hilft, denn irgendwann hat auch ein kleines Kind keine Lust mehr.Auch sollte man ihm, wenn er sehr unruhig und „anstrengend“ wird, eine Auszeit in seinem Zimmer geben und mit ihm viel und oft Bücher anschauen. Dabei auf Vorlieben achten (z.B. Feuerwehr, Polizei, Bauernhof usw.) und beim nächsten Ausflug mal gezielt das Thema des letzten Buches aufgreifen.
Ihn auch gerne mal beim Einkaufen mit einbeziehen, das gilt auch für das Kochen.
Ein bisschen Geduld und Nervenkraft gehört dazu, aber er wird ja so schnell größer und dann hört es meist ganz von alleine auf.Auf die Sache mit der Windel würde ich es ruhig schon mal versuchen Elias mit auf die Toilette oder aufs Töpfchen zu nehmen. Da er ja laut Kinderarzt schon ziemlich weit ist, würde ich es mal versuchen.
Ich hoffe, es waren ein paar hilfreiche Tipps dabei
Martina

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Hallo,

was Sie beschreiben ist eine relativ normale Reaktion eines Kindes, welches seit kurzem mit einem Geschwisterchen leben muß. Unfreiwillig.

Sicher haben Sie schon von dem Begriff „Enttronung“ gehört oder gelesen. In einfachen Worten: Mama und Papa haben sich das zweite Kind (meist) gewünscht und freuen sich über den Zuwachs. Das erste Kind empfindet dies in den wenigsten Fällen genauso! Und genau das müssen sich die Eltern immer wieder klar machen.

Mit der Geburt eines (weiteren) Kindes ändert sich die gesamte Familienkonstellation noch einmal! Bis sich alles wieder einpendelt und zum Alltag wird, dauert es seine Zeit. Je nachdem, wie viele einzelne Situationen und Umstände da sind und je nachdem, wie jung „das große Kind“ ist, dauert es zwischen 1 und 2 Jahren, bis Eltern von einem Zusammenschweißen sprechen können.

Sie befinden sich somit noch in der ersten „Kennenlern-Phase“ sozusagen… Das ist schwierig, nervenaufreiben, anstrengend, mühsam, zermürbend… Eine Durststrecke eben. Doch nicht nur für Sie als Eltern. Am schwierigsten ist es für das „große“ Kind; denn es hat weder mitentschieden, ob noch ein Kind hier leben darf, noch kann es mit der Konkurrenz (denn das ist es nun einmal) in diesem Alter leben.

Versuchen Sie, grade und auch wenn es schwer fällt, sich in die Situation Ihres Kindes zu versetzen.

Ein Trost: Sie stehen mit dieser Situation nicht allein da! Den meisten Eltern mit zwei Kindern unter 4 Jahren geht es ähnlich oder genau so! Tauschen Sie sich aus! Das kann manchmal beruhigen, erleichtern und vor allem: zum Lachen bringen.

Machen Sie sich klar, daß diese Zeit vorüber geht. Die Trotzphase gehört zur Entwicklung eines Krippenkindes nun einmal dazu. Hier trifft es mit der Geburt eines weiteren Kindes zusammen. Das ist erst mal geballte Ladung für die Eltern.

Bleiben Sie möglichst konsequent in der Erziehung. Bieten Sie nicht mehr als 1 Alternative an. Und bleiben Sie dann dabei.

Aber am allerwichtigsten: behalten Sie die Paarbeziehung im Auge! Entlasten Sie sich gegenseitig. Aber pflegen Sie gerade jetzt ihre Paarbeziehung; denn auch das gibt Kraft für den gemeinsamen Familienalltag.

Zur Wickelsituation: wenn Ihr Sohn gewickelt werden muß, dann wickeln Sie ihn halt. Ohne großen Kommentar oder Theater. Sie sind der Erwachsene - also bleiben Sie in dieser Rolle, indem Sie diese Aufgabe übernehmen. Erwarten Sie nicht Begeisterungsrufe seitens Ihres Sohnes in diesem Moment. Machen Sie einfach ruhig weiter. Einer muß ja diese Aufgabe übernehmen, oder?

Bitte erwarten Sie jetzt keine großen Entwicklungssprünge von Ihrem „Großen“; sehr wahrscheinlich werden Sie eher das Gefühl haben, er geht 2 Schritte zurück und wird sozusagen „zum 2. Baby“. Gönnen Sie ihm dies. Um so früher geht es wieder vorbei.

Zeigen Sie gleichzeitig Stolz und Anerkennung, bei dem was Ihr Sohn schon kann - und das Baby eben nicht! Sicher gibt es viele Dinge, die er besonders gut kann, oder? Behalten Sie seine Liebenswürdigkeit im Auge. Gerade in turbulenten Situationen.

Wenn Sie nicht möchten, daß Ihr Sohn an die Schokolade ran kommt, halten Sie sie ihm nicht vor Augen! Natürlich will ein Kind dies dann haben! Packen Sie sie weg, dann kommt es gar nicht erst zum Kampf.

Hm… in die Ecke stellen, bis das Kind das tut, was der Erwachsene will… Gehen Sie bitte vorsichtig mit diesem „Erziehungs-Rat“ um.

Stellen Sie sich die Fragen: a) was muß funktionieren (im Alltag)? Auf dieser Regel bestehen Sie. Aber bitte nicht mehr als 3 wirklich wichtige Regeln!

b) was möchte und brauche ich, um mich wohl zu fühlen? Hier muß das Kind nicht Ihrer Meinung sein! :wink:

c) worauf kann ich angesichts unserer jetzigen Situation erst einmal verzichten??

Respekt ist etwas, was ein Kind nur, ich wiederhole: nur!!!, durch Vorbild lernt! Erwarten Sie dies nicht jetzt schon! Das kommt frühestens nach der Pubertät, glauben Sie mir :wink:

Geben Sie die Verantwortung für das Verhalten Ihres Sohnes im KiGa ab: nämlich an den KiGa!

Und zu guter Letzt: das schaffen Sie! Es geht vorbei… Wenn auch oft nur mit Humor… :wink:

Herzliche Grüße,

Vesna C.

Lieber Herr Wolff,

zunächst entschuldigen Sie bitte die viel zu späte Antwort auf Ihre Frage!

Ohne die konkrete Situation zu kennen und durch eine reine Beschreibung, die natürlich durch die Sicht des Beschreibenden gefärbt ist und somit nicht das ganze Bild wiedergeben kann, ist es schwer konkrete Hilfe leisten zu können. Ich würde Ihnen daher empfehlen z.B. eine Familienberatungsstelle aufzusuchen. Professionelle Hilfe aufzusuchen ist keineswegs schämenswert, es bedeutet auch nicht, dass man in der Erziehung versagt hat. Ganz im Gegenteil, es zeigt, dass sich die Eltern sehr viele Gedanken um die Erziehung ihrer Kinder machen und bei Problemen, die man eben nicht zu hundert Prozent alleine lösen kann, sich Hilfe holt. Das ist Ihr gutes Recht.

Nun möchte ich aber doch noch, von Ihrer Beschreibung ausgehend, ein paar Tipss geben.

Zum einen erscheint mir Elias mit seinem Verhalten auszudrücken, dass er nicht das machen will, was ihm jemand anderes diktiert. Daher denke ich, werden Sie mit solchen Maßnahmen wie „Ich will, dass Du …machst" keinen Erfolg erzielen, eher sein Verhalten bestärken.

Versuchen Sie ihn in Familienentscheidungen mit einzubeziehen. Planen Sie beispielsweise einen Einkauf in der Woche mit ihm zusammen. Sie und Ihre Frau wissen, was im Haushalt fehlt. Fragen Sie Elias, was er gerne kaufen möchte, was ihm fehlt. Sie könnten ihm ein „Budget“ zur Verfügung stellen (z.B. 1-2 Euro), mit dem er das, was er mag, einkaufen kann. So bekommt er von Ihnen das Gefühl vermittelt, dass seine Entscheidung wichtig ist.

Das Problem mit der Schokolade ist sicher nicht einfach zu lösen. Allgemein würde ich für Süßigkeiten einen oder zwei bestimmte Tage auswählen, an dem Süßigkeiten erlaubt sind. Hier spielt wieder das Miteinbeziehen von Elias eine entscheidende Rolle. Sie geben die Richtlinien vor, lassen aber Elias entscheiden.
Beispiel: 3 Tage in der Woche dürfen Süßigkeiten gegessen werden. Pro Woche sind 50g erlaubt. Jetzt fragen Sie ihn, welche Süßigkeiten er gerne mag. Nun kann er sich die Wochentage für jede Woche eines Monats selbst einteilen und selbst bestimmen, an welchem Tag er wie viel essen möchte. Mehr als 3 Tage pro Woche sind aber nicht erlaubt.

Probieren Sie es mal aus. Und seien sie erfinderisch. Sie müssen versuchen ihr Kind wissen zu lassen, dass Sie die Regeln aufstellen, aber Ihr Kind das Recht hat, darin selbst zu entscheiden. So wird es Ihnen vielleicht mehr mit Respekt entgegnen.

Schöne Grüße
Felix