Erziehung im Lauf der Zeit und die Folgen

Hallo,

mir kam grade bei den vorgehenden Posts und auch im wahren Leben in Elterndiskussionen oft folgender Gedanke:

Eine gewisse Strenge war früher in der Erziehung völlig normal. Führte aber auch dazu, das wir Kinder Respekt hatten vor anderen menschen, deren Eigentum und deren Familie. Ich habe das Gefühl, das dieses ganze „Kinder dürfen bloß nie gemaßregelt werden“ dazu führt, das Kinder ausser Rand und Band geraten und das Gefühl für „kaputt machen“ verlieren.

Ich meine damit NICHT , Kinder zu schlagen, oder fertigzumachen.

Aber wenn ich beim Nachbarn zb die Tür mit Dreck beschmiert habe, hat der mich erst angemeckert, und zwar auch laut, und mir dann einen lappen in die hand gedrückt zum wegmachen. Das empfinden viele Mamas schon als Misshandlung (keiner packt mein Kind an oder meckert es an).

Ich selber kann mich daran erinnern, das ich mal ein anderes Kind auf dem Spielplatz ziemlich geärgert habe, so das es weinte. Die mutter des Kindes kam zu mir, hielt mich an den Armen und erklärte in einem ziemlich strengen Ton, das ihre Tochter wegen meines Verhaltens weint, und das nicht in Ordnung wäre. Fand ich nicht schlimm, sondern gerade diese strenge Haltung zeigte mir, das ich etwas falsch gemacht habe.

Was ich damit meine, warum ist es heutzutage so verpönt, wenn andere Erwachsene als die eigenen Eltern ein Kind zurechtweisen ? Natürlich ohne körperliche oder psychische „Gewalt“, aber in bestimmtem Ton und unter Androhung von Konsequenz ? (meine damit jetzt nicht den Thread der Dame mit dem Sohn).

Nicht das meine Eltern nicht früher auch Gespräche mit den Nachbarn geführt hätten, was da angebracht war und was nicht.

Aber ich habe das Gefühl, das früher Kinder wirklich auch im nachbarschaftlichen, familiären Verbund großgezogen wurden, und heute ein Elternmonopol besteht.

Ich habe das Gefühl, das Kinder damit auch ein bißchen das Gefühl für die Gesellschaft verlieren, das ihr Verhalten auch andere Menschen beeinflußt /schadet/hilft.

was sagt ihr dazu?

Lg

Brenna

Hallo,

es lohnt sich bei den Fragen der Kindererziehung einen Blick auf seine eigene Kindheit zu werfen, auf die der eigenen Eltern und die der Freunde und engen Kollegen - was sie erzählen, was sie beeinflusst haben und was die geprägt hat.

Es gibt Kinder, die kein starkes Selbstbewusstsein haben und sich schnell gekränkt und zurück gestossen fühlen - für sie sind manche Situationen, die für andere Persönlichkeiten unbedeutend sind, so prägend, dass sie sie ein Leben lang nicht vergessen.

Da so viele von dem erzieherischen Klaps sprechen (mal abgesehen davon, dass er verboten ist) - ein Emil (oder deutsch: Michel) wird ihn mit Fassung tragen und keinen Knacks davon tragen. Da hat er aber auch ein ruppiges zwar, aber auch liebevolles Elternhaus im Rücken.

Es sind die Kinder, die diese scheinbar unbändigbare Energie haben, die es „wissen“ wollen und ständig einen Schritt über die Grenzen gehen - diese Kinder haben unglaubliches Glück, wenn sie Eltern haben, die ihre Energie gleichzeitig schätzen, aber deutlich aufzeigen, wo es zu weit geht.

Wenn man an die Kindheit zurückdenkt und auch an die Pubertät - was hat einem geholfen und was hat einem negativ geprägt?

Ein Kind braucht keine Grenzen - es braucht nur Menschen um sich, die in der Lage sind ihre eigenen Grenzen zu stecken und angemessen zu kommunizieren.

Viele Grüße

Moin,

Was ich damit meine, warum ist es heutzutage so verpönt, wenn
andere Erwachsene als die eigenen Eltern ein Kind
zurechtweisen ?

ist es das denn wirklich? Ich kenne es so eigentlich nicht. Ich wurde auf dem Spielplatz z.B. noch nie blöd angemacht, wenn ich einem anderen Kind deutlich sagte, dass es dies oder das zu lassen hat, solange unsere Tochter sich noch nicht selber wehren konnte. Wenn die anderen Eltern nichts tun …

Im Freundeskreis ist es auch eher so, dass derjenige, der eine „Mittetat“ mitbekommt, das Kind zurechtweist. Passiert automatisch, ist nichts dabei. Erst neulich hab ich einen Jungen recht unschön zusammengefaltet, als er meiner Tochter die Tür auf die Hände geschlagen hat - ich hab mich anschließend für meinen Ton entschuldigt, da gingen die Pferde mit mir durch, aber zwei blaue Finger waren schon ein großer Schreck. Seine Mutter nahm es gelassen und beide entschuldigten sich dann noch bei meiner Tochter. Und dann war alles wieder ok.

Ich finde es völlig in Ordnung, wenn Kinder auch von anderen zu hören bekommen, wenn sie was richtig oder falsch gemacht haben. Manchmal zieht das auch mehr, als es bei den eigenen Eltern bewirken würde. Allerdings bin ich nicht der Fan von anfassen und festhalten - das käme nur in Frage, wenn das betreffende Kind dabei ist, was Gefährliches zu tun und man es nicht anders abhalten kann.

Gruß
Cess

Hi,

Ein Kind braucht keine Grenzen - es braucht nur Menschen um
sich, die in der Lage sind ihre eigenen Grenzen zu stecken und
angemessen zu kommunizieren.

selbstverständlich braucht es Grenzen - es muss lernen, dass es nicht in Ordnung ist, an des Nachbarn neuer E-Klasse mit einem Nagel herumzukratzen, wenn es zugleich an der eigenen Rostlaube in Ordnung geht. Der Nachbar hat meist keine Möglichkeit zur Intervention.
Es ist nicht in Ordnung, Fremde zu duzen, und es ist nicht die Aufgabe der Fremdgeduzten, anderer Leute Kinder zu erziehen, Grenze hin oder her.

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Hallo,

ich sehe es ähnlich.
Kinder erziehen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Das heisst nicht, daß ich kleine Kinder auffordere, mir im Bus Platz zu machen, das heisst aber schon, Kinder zurechtzuweisen, wenn sie in der fahrenden U-Bahn Fangen spielen und dabei Senioren fast umrennen

Grüße
miamei

Hallo brenna,

ich denke, deine Wahrnehmung rührt daher, dass genau die Kinder, die sich nicht benehmen können und die keinen Respekt vor anderen zeigen, Gegenstand von u. a. Elterndiskussionen sind, die du hier zitierst.
Ein Kind, das sich respekt- und rücksichtsvoll verhält, wird wohl eher selten thematisiert.

Für mich heißt das aber noch lange nicht, dass diese Kinder tatsächlich das Gros ausmachen und dass es die anderen Kindern nicht mehr gibt. Meine Wahrnehmung geht sogar in die Richtung, dass die Vermittlung christlicher Werte wieder einen größeren Raum in der Erziehung ausmacht, als es zu Zeiten der antiautoritäten oder gar laissez faire-Erziehung (z. B. Summerhill) der Fall war, in denen man auf die Selbstregulation der Kinder durch sich selbst baute. Kinder brauchen sehr wohl Anleitung - und sie brauchen auch Grenzen. Um ihrer selbst willen!

Eine gewisse Strenge ist m. E. auch heute durchaus normal - teilweise sind die Eltern sogar ZU streng (unterdrücken und/oder schlagen ihre Kinder), was wiederum (nachweislich) die Aggressionsbereitschaft der Kinder erhöht. Sehr schön nachzulesen z. B. in „Mut zum Erziehen“ von Christa Mewes. Ein zwar schon etwas älteres Buch, im Hinblick auf viele Aussagen aber immer noch aktuell.

Wie schon auch in weiter unten ausgeführte Schilderungen decken sich auch meine Erfahrungen nicht mit deinen. Genauso wie ich meine Tochter auf die Situation und ihrer Persönlichkeit angemessene Art und Weise darauf hinweise, dass sie sich falsch oder inakzeptabel verhalten hat, so tue ich dies auch bei fremden Kindern, wenn es die Situation m. E. verlangt. An entrüstete oder gar ablehnende Reaktionen von Eltern kann ich mich dabei eigentlich nicht erinnern. Genauso würde ich es akzeptieren, wenn andere Mütter meiner Tochter etwas sagen; immer vorausgesetzt sie überschreiten eine bestimmte Grenze nicht, die für mich den Respekt vor anderen Menschen ganz allgemein ausmacht. Und so kenne ich es auch aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis - oder sagen wir zumindest bei ca. 95 %.

Gruß
Kirsten

Hallo,

Was ich damit meine, warum ist es heutzutage so verpönt, wenn
andere Erwachsene als die eigenen Eltern ein Kind
zurechtweisen ? Natürlich ohne körperliche oder psychische
„Gewalt“, aber in bestimmtem Ton und unter Androhung von
Konsequenz ? (meine damit jetzt nicht den Thread der Dame mit
dem Sohn).

Ich denke nicht, dass das generell heutzutage verpönt ist. Aber warum es ab und zu problematisch sein kann, hast du in deinem Posting über die „Supermamas“ selbst schön beschrieben:

Zudem neigen solche Mütter auch dazu, in Streitigkeiten mit anderen kindern, Kita, Schule, etc immer die Schuld bei anderen zu sehen. Zb haut ihr kind ein anderes, ist das andere Schuld, da es ja vorher ein Spielzeug weggenommen hat. Wird Ihr Kind gehauen, dann ist aber was los, und das andere kind wird erstmal ausgemeckert. ???

Viele Eltern finden leider ihre eigenen Kinder unfehlbar, mischen sich dafür mit Wonne in die Erziehung fremder Kinder ein. DAS ist es, was mich an der Sache stört.

Wenn mein Kind am Spielplatz ein anderes ärgert und die Mutter des geärgerten Kindes schimpft dann, schäme ich mich ehrlich gesagt ein bisschen dafür, dass ich das nicht selbst geregelt habe. Aber wenn eine Mutter ein verzogenes Gör hat, das gern mal aneckt, und wenn diesem Gör mal Paroli geboten wird, und DANN erscheint die Mutter und macht die bösen anderen Kinder fertig - da lege ich betreffender Mutter auch gern nahe, dass sie die Erziehung meines Kindes lieber mir überlassen soll.

Aber man muss auch festhalten: Ein bisschen „Löwenmama“ steckt wohl in den meisten Müttern. Und auch ich bin nicht davor gefeit, eine Situation verzerrt wahrzunehmen - im Zweifel stelle ich mich vermutlich auf die Seite meines Kindes. Und deshalb klappt „Fremderziehung“ halt oft nicht so gut…

Liebe Grüße

Hallo,
Du hast mich missverstanden. Kinder müssen beigebracht werden, dass andere Menschen Grenzen haben: die Eltern, die Großeltern, der Nachbar. Das sind aber die Grenzen der Anderen. Viele Menschen verstehen das Thema mit den Grenzen in der Kindererziehung so, dass den Kindern Grenzen gesetzt werden soll - so ist es aber nicht. Wo ihre eigenen Grenzen sind müssen sie selbst erlernen und auch lernen diese Grenzen zu kommunizieren.
Du wirst einem Erwachsenen Menschen auch nicht belehren wollen wo er seine Grenzen hat - die muss jeder Mensch für sich erspüren. Wer seine eigenen Grenzen kennt und selbst bestimmt hat, der ist auch eher in der Lage die Grenzen der anderen zu erkennen und zu respektieren.

Viele Grüße

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Hallo,

ich finde es immer wieder klasse, wenn ich aus dem Freundeskreis höre, was die Kids für Probleme machen.

Ich kenne beide Sorte Eltern, eher sind es Mütter, die Väter haben andere Gesprächsthemen.

Die einen halten ihre Kids für super, sogar Beißattacken werden mit Krankheit entschuldigt (nur zum Teil gerechtfertigt) die anderen sind ehrlich.

Es ist und bleibt eine Gratwanderung, aber ja du hast Recht viele Eltern heben ihre Kinder in den Himmel und tun ihnen nichts gutes damit und merken es nicht.

Meine mussten schon Garage putzen, weil sie Dreck dran geworfen haben. Die Mutter des anderen Übeltäters wollte meinen Sohn aussen vor lassen, wogegen ich heftig protestiert habe, er war dabei er soll mit putzen.

Es tut den Kids gut für ihre Schandtaten einzustehen.

Kids probieren vieles, haben wir auch nicht anders gemacht. Das ist genau der Punkt den niemand vergessen sollte. Aber dann sollten sie auch mit den Folgen leben, also mal Garage putzen oder was auch immer, mussten wir ja auch und es hat uns nicht geschadet im Gegenteil.

Gruß
Kati

Du wirst einem Erwachsenen Menschen auch nicht belehren wollen
wo er seine Grenzen hat -

Nein, nein, das darf ich öfters mal müssen. :smile:

Hallo Chili,

deine Argumentation kann sehr gefährlich werden – und zwar für das Umfeld und das Kind: Ich glaube nicht, dass man einem Kind mit einem Feuerzeug und einer Scheune gestatten sollte, seine eignen Grenze zu finden… das kann böse enden, eventuell auch für das Kind.
Und bei leibe nicht alle „Erwachsenen“ kennen ihre Grenzen: So bin ich enwa nicht bereit, etwa einem Schäler zuzugestehen, mich (oder sonst wen) zu vermöbeln, nur weil das novh vor seiner Grenze liegt.
Es gehört inho zum sozialen Verhalten, sich an Grenzen zu halten (ganz egal, wo die erst mal liegen mögen).

Bye
Leo

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Hallo KirstenK,

Du verwechselst da etwas, Summerhill war antiautoritär, aber es gab Regeln die einzuhalten waren. nur, diese Regeln wurden demokratisch durch abstimmungen festgelegt. Die Kinder dort lernten sehr wohl, dass es Regeln geben mustte. Lies mal die zugehörige Literatur, die Stimmung schwankte immer zwischen mehr oder weniger autoritärem Stil, weil die Kids sehr wohl erkannten dass zu wenig reglementierung nicht funktioniert! dann schwenkte es wieder in Richtung mehr Gängelung. Auch nahmen die Kinder regelmäßig am Unterricht teil, wenn auch oft nach einer Phase des nichtstuns. Lies das mal genau durch. Das hat mit „lasst machen“ nichts zu tun. Die Lehrer diskutierten da sehr wohl mit und hatten auch Stimmrechte.

Bei einer Diskussion im Fernesehen waren neben verschiedenen anderen Teilnehmer auch zwei -erwachsene aus Summerhill dabei. Und genau die stellten fest, dass zwei autoritär erzogene Alte unfähig waren, andere Teilnehmer ausreden zu lassen! (Peinlichst Peinlichst!) Also Antiautoritär hat nichts mit Laissez faire zu tun, das wird regelmäßig verwechselt und in einen Topf geworfen!

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