Essens-Panscher

Moin, moin!
Die Überschrift in der „Hamburger Morgenpost“ hat mich unsicher gemacht:
„Endlich: Pranger für Essens-Panscher S.4/5“
Müsste es nicht Essenpanscher heißen?
Ist das „s“ nicht zu viel?
Mit freundlichen Grüßen
Dino

Moin Dino

Der Versuch, das Fugen-s mit einer klaren Regel zu beschreiben, ist bisher noch immer gescheitert.

Im vorliegenden Fall würde ich, wenn es schon sein muss, den „Essen s panscher“ mit s vorziehen. Ohne s erinnert mich das zu sehr an Amts- oder Versicherungsdeutsch.

Aber das Wort an sich gefällt mir gar nicht, ich würde eher vom Lebensmittelpanscher (dort ohne s) sprechen.

So oder so, eher eine Frage des persönlichen Geschmacks – erst noch in diesem Zusammenhang! :wink:.

Liebe Grüsse
A.S.

Danke mit Stern OwT
Danke mit Stern OwT

Hallo Dino,

das scheint regional unterschiedlich und "modern"zu sein. Nirgendwo in älteren Büchern oder Zeitschriften fand ich ein Fugen-S im Zusammenhang mit Essen.
Auch wohnte man bis vor Jahren in Miethäusern und saß abends am Esstisch.
Es ist sehr modern, überall Fugen-S einzufügen und zu betonen, dass es keine eindeutigen Regeln gäbe.
Ich hörte bisher: Bratskartoffeln, Verschnaufspause, Nachbarsjunge.

Strubbel
&:open_mouth:)

Hallo Strubbel

Nirgendwo in älteren Büchern oder Zeitschriften fand ich ein Fugen-S im Zusammenhang mit Essen.

Da musst du mal gründlicher schauen, oder meinst du Bücher und Zeitschriften aus der Zeit vor 1925?
(Ein Diagramm zur Vorkommenshäufigkeit von zwei Wörtern in deutschen Büchern oder Zeitschriften: Essenreste/Essensreste)

Essen s verweigerung zum Beispiel gibt es überhaupt nur mit Fugen-s (allerdings gibt es das Wort in gedruckter Form erst seit ca. 1920, ist das schon modern in deinem Sinne?): (Essensverweigerung)

Die Essen s ausgaben und Essen s marken nehmen auch immerhin seit ca. 1978 überhand, und zwar deutlich:
(Essenausgabe/Essensausgabe)
(Essenmarken/Essensmarken)

Es ist sehr modern, (…) zu betonen, dass es keine eindeutigen Regeln gäbe.

Wenn du meinst, dass es so eindeutig ist, dann formulier doch einfach mal die Regel. :wink:

Bratskartoffeln, Verschnaufspause

Diese beiden Wortformen sind meinem und dem allgemeinen Sprachempfinden nach auch falsch, aber vergleich mal mit:
mit Fugen-s: Ausverkaufsware, Einkaufstasche, Verkaufsangebot
dagegen ohne Fugen-s: Kaufangebot (aber beachte: in älteren Büchern oder Zeitschriften fast nur mit F…), Laufhose.
Was für eine Regel kannst du formulieren?

(Nur als Gedankenanstoss: Alle diese Zusammensetzungen kann man als deverbal betrachten, fünf davon aber gleichzeitig auch als denominal. Von den letzteren haben wir drei mit Fugen-s, zwei ohne. Das müsste die Regel erklären. Vorsilben (ver-, ein-) kommen in beiden Gruppen vor, und zwar sowohl betonte als auch unbetonte, ohne das einer der beiden Gruppen zuordnen können (Einkauf s -, Verkaufs-, Verschnauf-). Auch das muss die Regel erklären können.)

Ich bin sehr gespannt, wie du dann die folgenden Fugen-s in diese Regel einbeziehst:
Lebensmittel (erster Bestandteil substantivierter Infinitiv wie bei „Essen“)
Nahrungsaufnahme (erster Bestandteil semantisch ähnliches Wort wie „Essen“, teilweise synonym)

Nachbarsjunge

Da gibt es schon seit dem 19. Jh. beide Varianten, und mal ist die eine häufiger, mal die andere, aber generell kommt die s-Variante häufiger vor, vergleiche hier.

Für mich existiert in dem Fall sogar eine feine Bedeutungsnuance: mit Fugen-s denke ich eher an den Sohn der/des Nachbarn, also eher aus Erwachsenen-Sicht, während ich den Nachbarjungen ohne Fugen-s eher als auf einer Stufe mit mir oder dem Gesprächspartner sehe, also z.B. wenn ich mit einem Kind spreche.

Gruss
Dodeka

3 „Gefällt mir“

das scheint regional unterschiedlich

Das ja.

und "modern"zu sein.

Das nicht.

Nirgendwo in älteren Büchern oder Zeitschriften fand ich ein
Fugen-S im Zusammenhang mit Essen.

http://books.google.com/ngrams/graph?content=Essensz…

„Essenszeit“ ist deutlich gebräuchlicher als „Essenzeit“.

http://books.google.com/ngrams/graph?content=Essenau…

Da gibt es in der Tat einen Anstieg, vermutlich, weil das Wort aus der fugenelementfeindlichen Bürokratensprache in die Alltagssprache gewechselt ist. Das Wort wird insgesamt häufiger verwendet. Man kann aber nicht gerade behaupten, daß es das früher nie mit -s- gegeben hat.

Auch wohnte man bis vor Jahren in Miethäusern und saß abends
am Esstisch.

http://books.google.com/ngrams/graph?content=Mieth%C…

Es ist sehr modern, überall Fugen-S einzufügen und zu betonen,
dass es keine eindeutigen Regeln gäbe.

Gibt es auch nicht. Tendenziell ist die Version mit s gehört eher zur gesprochenen Sprache, die Tendenz ohne s eher zur Bürosprache.

http://books.google.com/ngrams/graph?content=Esstisc…

Ich hörte bisher: Bratskartoffeln, Verschnaufspause,
Nachbarsjunge.

Das ist zum Teil regional bedingt, aber in der deutschen Sprache auch schon seit Jahrhunderten verankert.

Gruß,
Max

Hallo Max

Danke für die „Essenszeit“, genau so ein „normales“ Wort hatte ich noch gesucht und kam einfach nicht drauf!

Übrigens ist das Miet s haus im Singular bereits seit 1940 (fast durchgehend) in der Mehrheit. Und bei den Mietshäusern im Dativ wechseln die Präferenzen bis in die 1950er Jahre, und ab den späten 1950ern ist die Form mit -s- dauerhaft vorn (hier).

Gruss
Dodeka

1 „Gefällt mir“

Moin Strubbel,

für das Fugen-s gibt es teilweise Regeln, teilweise sind es nur Tendenzen - und Ausnahmen gibt es natürlich auch. Eine ganze Menge davon findest Du hier http://www.canoo.net/services/WordformationRules/Kom…

Zum Essen(s)panscher passt diese „Regel“ aus dem Link:
s steht immer nach substantivierten Infinitiven:
Lebensfreude
Vermögensverwaltung
lebensecht

Ausnahmen: Essenmarke neben Essensmarke, Essengeruch neben Essensgeruch usw.“

Den Essenspanscher würde ich ebenfalls vorziehen; das Wort Essenpanscher könnte man zudem als despektierliche Bezeichnung für einen Schornsteinfeger oder Schmied verstehen :wink:

Grüße
Pit

2 „Gefällt mir“