Liebe Liviana,
Deine Anfrage kam per Mail in mein Postfach geflattert, in Foren bin ich so gut wie nie unterwegs. Zum Verhalten anderer Teilnehmer kann ich daher wenig sagen. Ich werde aber versuchen, auf Deine Gedanken nach bestem Wissen und Gewissen einzugehen.
Natürlich hast Du Recht: Ein sensibler Umgang mit Betroffenen ist wichtig! Allerdings kann man den leider nicht von ausnahmslos allen Forenteilnehmern erwarten. Denn sie mögen ganz eigene Probleme haben, oder sich von manchen Fragen einfach nur überfordert fühlen? Wer weiß das schon - von anonymen Forenteilnehmern! 
Den Tipp „Du bist krank, such Dir Hilfe“ als solchen halte ich allerdings erst mal für durchaus vernünftig. Tipps von Nichtfachleuten können mitunter auch ziemlich fragwürdig sein, wenn nicht sogar schädlich. Und damit ist es auch a) rechtens und b) mitunter durchaus sinnvoll, eine Antwort zu verweigern, solange man das respektvoll und nicht taktlos tut.
Wenn ein Mädchen sich Hilfe suchen will, dann wird das
bestimmt nicht durch Ratschläge einer für die fragende Person
imaginäre Internetbekanntschaft sein.
Nun, wozu sollte dieses Mädchen dann Fragen an eine Internetbekanntschaft stellen, wenn nicht, um von dieser auch Antworten/Ratschläge zu erhalten? Aber wie gesagt: Ich habe keinen einzigen der entsprechenden Threads verfolgt.
[…] wenn ein Mädchen mit ihrer Essstörung glücklicher ist,
als wenn sie meinetwegen sonst suizidgefährdet wäre, :dann sollte man sie doch damit lassen.
Jedes betroffene Mädchen/Frau weiß ganz genau, welche Risiken es gibt.
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Wozu sollte man Fragen in einem Internetforum stellen, wenn man bereits bestens bescheid weiß? Auch das erschließt sich mir so erst mal nicht.
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Diese Argumentation empfinde ich als nicht ganz ungefährlich. Buliminie ist schließlich eine ernstzunehmende Erkrankung, bei der auch die Selbstwahrnehmung der Betroffenen schwer beeinträchtigt sein kann. Sich daher darauf zu verlassen, dass „diejenige alle Risiken kennt und schon wissen wird, was für sie gut ist“, ist so sicherlich nicht ganz zutreffend. Realistischer dürfte sein: Wäre diejenige tatsächlich glücklich, gesund und ganz und gar dazu in der Lage zu wissen was gut für sie ist, hätte sich bei ihr vermutlich gar nicht erst eine Bulimie entwickelt.
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Man könnte zudem Deine Argumentation so missverstehen, dass nur die Wahl zwischen Bulimie und Übergewicht existieren würde. Dabei muss es doch dar nicht um dieses „entweder oder“ gehen! Sondern darum, mit Hilfe einer professionellen Therapie gesund zu werden. „Gesundheit“ verstehe ich in dem Zusammenhang als „natürlich-schlank“ anstelle von „krankhaft-schlank“ - und keineswegs als „übergewichtig und unglücklich“.
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Auch Essstörungen haben einen Verlauf, „Krankheit“ ist ja leider noch nicht mal ein gleichbleibend(!) ungesunder Zustand, sondern unbehandelt oft mit fortlaufender Verschlechterung verbunden. Es entwickeln sich nicht nur immer mehr körperliche Konsequenzen, die durchaus lebensbedrohliche Ausmaße annehmen können. Nicht selten resultiert daraus sogar eine schwere Depression MIT Suizidgefährdung! Auch hier geht es nicht um „entweder oder“. Je länger sie andauert, umso wahrscheinlich wird bei Bulimie ein „sowohl als auch“.
Mir z.B. geht es so, dass ich lieber meine Gesundheit belasten
würde und dafür glücklich und dünn wäre, als ständig unter
diesen Fressattacken und meinem momentan dadurch entstandenen
hohen Gewicht zu leiden.
Siehe oben. Bulimie ist keine gesunde, vertretbare oder sogar „glücklich machende“ Lösung für Gewichtsprobleme, sondern eine behandlungsbedürftige Essstörung. Gegen Übergewicht existieren ja auch GESUNDE Lösungsmöglichkeiten.
Um Deine Argumentation hier noch mal aufzunehmen: Was würdest Du davon halten von einem depressiven Suizidgefährdeten zu glauben, dass er „schon wisse was für ihn am besten ist“? Sollte man einen solchen Menschen einfach sich selbst überlassen? Ist eine Depression erfolgreich behandelt, sind die meisten ehemaligen Suizidgefährdeten sogar immens dankbar, dass man ihre Selbsttötung verhindert hat. Selbst GEGEN ihren - früheren, krankheitsbedingten - Willen. Hier könnte man durchaus Parallelen zur Bulimie sehen.
Es MUSS keine Wahl zwischen „unglücklich-dick“ und „krankhaft-schlank“ sein. Das wäre keine Verbesserung, sondern nur eine Wahl (wie man im Englischen sagt) „zwischen dem Teufel und der tiefen blauen See“! 
Weit hilfreicher ist eine integrierte Therapie, die BEIDES heilt, Körper UND Seele:
http://www.apotheken-umschau.de/Essstoerungen/Bulimi…
Und zudem macht eine solche Therapie echtes, langfristig haltbares Glücklichsein sehr viel wahrscheinlicher als Bulimie es jemals könnte.
Ich hoffe, meine Anwort war hilfreich für Dich, und wünsche Dir, dass Du einen guten Weg zu Deinem ganz persönlichen Glück findest. Wie auch immer es aussehen mag.
Und lass’ Dich nur nicht von (scheinbar?) respektlosen Forenteilnehmern ärgern.
Manchmal haben Menschen einfach nur einen schlechten Tag, und lassen das im Internet raus. Weil man da ja „so schön anonym ist“. Wir können jedoch niemals andere Menschen änderen. Erst recht nicht anonyme Fremde. Keine Chance.
Sich selbst und das eigene Leben dagegen kann man sehr wohl gezielt ändern!
Jeder Zeit und immer wieder neu.
Solange man lebt.
Liebe Grüße
Anke