[ESt] Einkommenssteuererklärung erklärt

Die Einkommensteuer, die der Staat von allen Bewohnern unseres Landes haben will, ist ein rechnerischer Anteil von allen Einnahmen, die ein solcher Bewohner erzielt; etwas konkreter: aus allen Einnahmen, die innerhalb eines Kalenderjahres ezielt werden, wird die Einkommensteuer als Jahressteuer berechnet und muss an das Finanzamt bezahlt werden.

Was sind „Einnahmen“:

Berücksichtigt werden (nur) die Einnahmen, für die Du „etwas tust“, d.h. es geht um Arbeitslöhne, Honorare von Freiberuflern, das Einkommen von Landwirten, selbständigen Handwerkern und Rentnern, aber auch um Einnahmen aus Kapitalvermögen (=Zinsen) und Mieteinnahmen. Keine Rolle bei der Einkommensteuer spielen dagegen z.B. Lottogewinne, Erbschaften und Schenkungen oder Taschengeld.

Von den „EinNAHMEN“ zu den „EinKÜNFTEN“:

Ein eherner Grundsatz des Steuerrechts ist, dass nur der Anteil Deiner Einnahmen für die Besteuerung berücksichtigt wird, der Dir auch tatsächlich bleibt, nachdem Du alles das bezahlt hast, was Du aufwenden MUSSTEST, um überhaupt diese Einnahmen erzielen zu können.
Beispiel: Ein Bäcker hat zwar Einnahmen aus dem Verkauf seiner Produkte von 300.000 € pro Jahr, allerdings auch Kosten von 250.000 €, die er aufwenden musste, um seine Brötchen überhaupt produzieren zu können (Kosten für Mehl, Strom, Backofen, Ladenmiete, etc). Wenn der Staat jetzt z.B. 30% der EinNAHMEN als Steuern wollte, dann wären das 90.000 € und damit mehr, als der Bäcker überhaupt „verdient“ hat (300.000 € - 250.000 € = 50.000 €). Dieser „Verdienst“ heißt im Steuerrecht EinKÜNFTE. und deshalb werden nicht die EinNAHMEN, sondern nur die EinKÜNFTE besteuert; hier z.B. 30% von 50.000 € = 15.000 €.

Bei den Selbständigen heißen diese notwendigen Kosten „Betriebsausgaben“ und was übrigbleibt ist der „Gewinn“; bei Arbeitnehmern und Wohnungsvermietern werden von den Einnahmen die „Werbungskosten“ abgezogen und das Resultat nennt sich „Überschuss“.

Bei Arbeitnehmern und Wohnungsvermietern sind die notwendigen Ausgaben naturgemäß nicht so hoch, aber natürlich gibt es sie auch, z.B. selbstgekaufte Fachliteratur oder Sicherheitsschuhe für den Bauarbeiter; der Vermieter z.B. muss entweder eine defekte Wasserleitung reparieren oder er wird keinen Mieter finden, der einziehen will.

Der Anteil für den Staat (=Einkommensteuer):

Im Gegensatz zu früheren Zeiten, wo jetzt auf diese Einkünfte der „Zehnte“ erhoben worden wäre, darfst Du im heutigen Steuerrecht noch verschiedene Ausgaben abziehen, bevor endgültig der Betrag feststeht, aus dem heraus die Steuerschuld berechnet wird. Dies sind zum einen ein fester (pauschalierter) Betrag, den Du brauchst, um überhaupt Dein Leben fristen zu können (sog. Grundfreibetrag) und zum anderen die unterschiedlichsten Sachverhalte, die der Staat fördern möchte, z.B. Spenden.
Für unseren Bäcker von oben bedeutet das, dass er nicht seinen Gewinn von 50.000 €, sondern nur noch 35.000 € versteuern muss und damit 30% x 35.000 € = 10.500 € Einkommensteuer zu zahlen hat.

Berechnung der (Jahres-)Einkommensteuer und Einkommensteuererklärung:

Um nun ganz konkret berechnen zu können, wieviel Steuern Du für das Jahr 2008 bezahlen musst, muss das Finanzamt also
a) alle Deine Einnahmen in 2008 kennen,
b) alle Deine notwendigen Ausgaben in 2008 kennen,
c) daraus die Einkünfte für 2008 berechnen,
d) verschiedene weitere Angaben aus 2008 haben (Ehepartner, Kinder, Versicherungsbeiträge, Spenden, etc)
e) daraus den Betrag errechnen, der Dir in 2008(pauschaliert) zum Verprassen bleibt und
f) daraus mit Hilfe Deines (individuellen) Steuersatzes die Einkommensteuer berechnen, die er gerne für 2008 von Dir hätte.

Und wie bekommt er diese ganzen Angaben? Indem Du eine Einkommensteuererklärung ausfüllst und beim Finanzamt abgibst.

Vorauszahlungen:

Das ganze schöne Verfahren des Punktes 4 hat nun allerdings einen kleinen Schönheitsfehler: Es kann erst funktionieren, wenn das Jahr 2008 vorbei ist; vorher sind ja noch nicht alle Fakten bekannt. Wenn Du also im Sommer 2009 Deine Einkommensteuererklärung für 2008 ausfüllst und abgibst, wird entweder
a) der Staat schon längst pleite sein, weil er so lange nicht auf Deine Steuern warten kann oder
b) Du wirst nicht das Geld flüssig haben, um die 6.000 € Steuer bezahlen zu können, die das Finanzamt ausgerechnet hat, weil Du von Deinem bescheidenen Gehalt als Verkäuferin nicht diszipliniert genug jeden Monat etwas auf die Seite gelegt hast; zum einen war das rote Sofa im Möbelhaus schon immer Dein Traum, dann war die Waschmaschine kaputt, … und außerdem hättest Du nie mit 6.000 € Steuer gerechnet, höchstens mit 4.000 € …

Deshalb wartet der Staat nicht bis ins Jahr 2009 (oder 2010)auf die Einkommensteuererklärung 2008 , um Dir die Steuer für 2008 abzuknöpfen, sondern er verlangt bereits während des Jahres 2008 fortlaufende Vorauszahlungen. Bei Arbeitslöhnen wird in Form der Lohnsteuer ein gewisser Anteil schon mal „vorab“ an den Staat abgeführt, bei Kapitaleinkünften geht’s über den Zinsabschlag und Selbständige diskutieren mit dem Finanzamt individuell darüber, wie hoch denn im laufenden Jahr der Gewinn voraussichtlich sein wird. Diese ganzen Vorauszahlungen werden natürlich nie genau mit der tatsächlichen Steuerschuld übereinstimmen, die sich ergäbe, wenn man denn tatsächlich nach Ablauf des Jahres genau rechnen würde (entweder zuviel oder zuwenig) und deshalb bleibt’s auch nicht beim Konjunktiv, sondern die Abgabe der Einkommensteuererklärung ist faktisch Pflicht; nur dadurch kann letztlich genau abgerechnet werden, damit Du nicht zuviel oder zuwenig bezahlst.

Moral von der Geschichte:

a) In der Einkommensteuererklärung für ein bestimmtes Jahr machst Du alle Angaben, aufgrund deren das Finanzamt exakt berechnen kann, wieviel Einkommensteuer Du für dieses bestimmte Jahr schuldest.
b) Dann wird dieser Betrag mit den Steuern verglichen, die Du in diesem bestimmten Jahr bereits bewusst oder unbewusst an den Staat bezahlt hast (z.B. Lohnsteuern, Zinsabschlag).
c) Die Differenz bekommst Du dann entweder ausbezahlt oder musst sie an das Finanzamt nachzahlen.
d) Alle Dispositionen unterm Jahr (Lohnsteuerklassen, Freibeträge, Freistellungsaufträge, etc.) beeinflussen nur die Steuervorauszahlungen des laufenden Jahres; abgerechnet wird zum Schluss mit der Einkommensteuererklärung!

Und als „normaler“ Arbeitnehmer geht diese Abrechnung fast immer zu Deinen Gunsten aus.

Viele Grüße und viel Erfolg bei Deinem Berufseinstieg.

Sven P.