Euro = Angleichung der MWSt?

Hi!

Aus Österreich kommen die ersten Reaktionen zum ersten Euro-Kauf-Tourismus:

„Es ist zu befürchten, dass der Einkaufstourismus nach Deutschland und Italien zunimmt.“ Bernhard Felderer, Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS), glaubt, dass vor allem die Grenzregionen Österreichs schon bald den Nachteil unterschiedlich hoher Steuern im Euroraum zu spüren bekommen werden. „Schon bisher war es beispielsweise in Kärnten so, dass sich die Bewohner der Grenzregion mit Medikamenten in Italien eingedeckt haben, weil die dort viel billiger sind.“ Gleiches werde auch in anderen Grenzgebieten Österreichs passieren.
In Deutschland sind etwa Computer und elektronische Geräte deutlich billiger: Zum einen profitieren die Unternehmen vom größeren Markt und den damit verbundenen Einkaufskonditionen, zum anderen gilt in Deutschland ein Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent, in Österreich liegt er bei 20 Prozent. Das Ergebnis: Preisunterschiede von Hunderten Euro bei einer Computerausrüstung.

Profitabler Ausflug

Ein kurzer Ausflug über die Grenze zahlt sich aus - und ist völlig legal: Innerhalb der EU gibt es keinen Zoll und keine Mehrwertsteuernachzahlungen, alle Pflichten sind an der (deutschen) Kassa erfüllt. Ausnahme: Österreich hat sich bei Autos das Recht gesichert, hier den österreichischen Mehrwertsteuersatz (und die Normverbrauchsabgabe) beim Import vom Käufer zu kassieren, was dem Eigenimport von Fahrzeugen viel an Attraktivität nimmt.

„Es wäre im Interesse der Grenzregionen wünschenswert, die Steuersätze zu harmonisieren“, meint Felderer. Würde Deutschland etwa auf 17 Prozent anheben und Österreich auf 18 Prozent absenken, wäre die Differenz vernachlässigbar.

Finanzminister Karl-Heinz Grasser sieht hingegen keinen Bedarf: „Der Euro hat mit der Steuerharmonisierung nichts zu tun. Im Übrigen kostet schon ein Prozentpunkt Mehrwertsteuer weniger dem Staat viele Milliarden - wo sollen die herkommen?“, fragt der Finanzminister.

In der deutschen Wirtschaft hat man den neuen Markt bereits geortet: Die Elektronikkette Mediamarkt wird ihre Werbeaktivitäten in der Grenzregion verstärken.

Quelle: „Der Standard“ (Österreich) vom 07.01.2002

Wenn also die Österreicher keine Steuerausfälle risikieren wollen, gleichzeitig aber ihren Handel vor Umsatzverlusten schützen müssen, bleibt nur eine Anpassung der MWSt in den Nachbarländern nach oben - was in der derzeitigen Lage ein Konjunkturkiller wäre.

Was ich nicht verstehe: dieses Verhalten der Käufer war doch absehbar. Warum wurde eine europaweite Nivellierung der MWSt-Sätze nicht während der Jahre vor der Einführung des Euro-Bargeldes durchgeführt? Sind die Wirtschafts- und Finanzpolitiker so blöd oder tun die nur so?

Grüße
Heinrich

Euro = Anpassung der Steuerkonzepte

Hi!

Auch so,

Was ich nicht verstehe: dieses Verhalten der Käufer war doch
absehbar. Warum wurde eine europaweite Nivellierung der
MWSt-Sätze nicht während der Jahre vor der Einführung des
Euro-Bargeldes durchgeführt? Sind die Wirtschafts- und
Finanzpolitiker so blöd oder tun die nur so?

da bist Du nicht der einzige, der das nicht versteht. Nicht zuletzt ist das ein Grund, warum ich gegen den Euro war (nun bin ich nicht dafür, kann mich aber nicht mehr wehren). Die Unterschiede bestehen ja nicht nur in den Mehrwertsteuersätzen. Es werden ja völlig verschiedene Steuerstrategien gefahren, d.h. man setzt hier auf direkte Steuern und hier auf indirekte Steuern. Dann gibt’s noch Strafsteuern, Luxussteuern usw. Ich will hier gar nicht mal anfangen, Bildchen und Diagramme aufzumalen, aber das ganze wird die tollsten Effekte haben…

In Deutschland sind etwa Computer und elektronische Geräte
deutlich billiger: Zum einen profitieren die Unternehmen vom
größeren Markt und den damit verbundenen Einkaufskonditionen,
zum anderen gilt in Deutschland ein Mehrwertsteuersatz von 16
Prozent, in Österreich liegt er bei 20 Prozent. Das Ergebnis:
Preisunterschiede von Hunderten Euro bei einer
Computerausrüstung.

…und zwar gar nicht mal unbedingt nur für den Fiskus, sondern vor allem für die Unternehmen. Grenznahe Anbieter werden über kurz oder lang ihre Preise anpassen müssen. Bei übernationalen Anbietern wird es vielleicht auch zu einer Reduzierung des Angebotes bestimmter Güter im grenznahen Bereich des teureren Landes kommen. Man wäre ja bescheuert, sich selber die Nachfrage abzugraben bzw. die Preise nur wegen der Steuern zu senken und dadurch die schwachsinnige Steuerpolitik der EU-Länder aus dem eigenen Gewinn zu finanzieren. Und der Verbraucher lacht nicht mehr, wenn er zu den niedrigeren Preisen 50 oder 100 km fahren muß.

(deutschen) Kassa erfüllt. Ausnahme: Österreich hat sich bei
Autos das Recht gesichert, hier den österreichischen
Mehrwertsteuersatz (und die Normverbrauchsabgabe) beim Import
vom Käufer zu kassieren, was dem Eigenimport von Fahrzeugen
viel an Attraktivität nimmt.

Tja, wie Österreich das geschafft hat…

Finanzminister Karl-Heinz Grasser sieht hingegen keinen
Bedarf: „Der Euro hat mit der Steuerharmonisierung nichts zu
tun. Im Übrigen kostet schon ein Prozentpunkt Mehrwertsteuer
weniger dem Staat viele Milliarden - wo sollen die
herkommen?“, fragt der Finanzminister.

Das kann ich auch nicht sagen, aber eigentlich geht es weniger um eine Anpassung der Steuersätze als vielmehr um die Anpassung der Steuerkonzepte (siehe oben). Solange es Länder gibt, die ihre Einnahmen vor allem aus Verbrauchssteuern beziehen, werden die bei den Einkommensteuern besser dastehen und umgekehrt.

Großer Mist halt, das ganze, und schon lange von Wissenschaft und Praxis vorhergesehen.

Gruß
Christian

Was ich nicht verstehe: dieses Verhalten der Käufer war doch
absehbar.

Ja, war absehbar.

Warum wurde eine europaweite Nivellierung der
MWSt-Sätze nicht während der Jahre vor der Einführung des
Euro-Bargeldes durchgeführt? Sind die Wirtschafts- und
Finanzpolitiker so blöd oder tun die nur so?

Nein, die wussten das vorher. Nur man macht eine solche Operation erst wenn es brennt, weil sonst kann man eine Erhöhung der MwSt (in Deutschland wohl) oder eine Erhöhung anderer Steuern zum Ausgleich für die Senkung der MwSt (oder Ausgabenkürzung, in Österreich wohl) nicht verkaufen.

Jetzt wird es offensichtlich (nicht nur theoretisch) und jetzt ist dies zu verkaufen und wird sicherlich 2004 oder 2005 tippe ich mal (so viel Vorbereitungszeit auf EU-Ebene ist notwendig) passieren.

Grüße
Heinrich

hallo beide Heinrichs,
leider gibt es keinen Politiker, der für eine nSteuersenkung wäre. Also werden wir wohl den höchsten MwSt-Satz Europas bekommen (wie hoch ist der eigentlich?).
Wenn dann die Arbeitslosenzahlen in gigantische steigen, ist es immer das Ausland, das dafür zuständig ist.
Hast Du schon mal einen Politiker erlebt, der sich an die eigene Nase fasst?
Grüße
Raimund

leider gibt es keinen Politiker, der für eine nSteuersenkung
wäre.

Ich kenne keinen, der für eine Steuererhöhung wäre.

Also werden wir wohl den höchsten MwSt-Satz Europas
bekommen (wie hoch ist der eigentlich?).

Dänemark, Schweden mit 25%

Wenn dann die Arbeitslosenzahlen in gigantische steigen, ist
es immer das Ausland, das dafür zuständig ist.

Arbeitslosenquote (2000)
Dänemark 5,3%
Schweden 4,7%