Evolutionstheorie

In Meyers Lexikon von 1888 steht eine Definition des Begriffes Evolutionstheorie, das ich gerne diskutieren möchte.

Die Evolutionstheorie sei eine Theorie, „welche annimmt, dass in dem gesamten Weltall ein großer einheitlicher, durch mechanische Ursachen bedingter, unaufhaltsam fortschreitender Entwicklungsvorgang stattfinde, dem sich sämtliche Zustände und Erscheinungsformen der anorganischen und organischen Natur, also auch der Himmelskörper, unterordnen.“

http://peter-hug.ch/lexikon/evolutionstheorie

Eine solche Evolutionstheorie würde nach meiner Auffassung eine Weiterentwicklung der Darwinsche Evolutionstheorie bedeuten, da die Theorie auch auf die Bedingungen für die Entstehung und Entwicklung von Leben eingeht.

cetus

Hallo,

In Meyers Lexikon von 1888 steht eine Definition des Begriffes
Evolutionstheorie, das ich gerne diskutieren möchte.

Das was dort unter Evolutionstheorie definiert ist, ist nicht das, was heute im allgemeinen unter diesem Begriff verstanden wird, nämlich die biologische (Darwinsche) Evolutionstheorie, die sich mit der Evolution von Lebewesen befasst.

Das Wort „Evolution“ hat aber ja auch eine allgemeinere Bedeutung und wird in einer ganzen Reihe anderer Prozesse ebenfalls gebraucht, z.B. die chemische Evolution, die Evolution des Universums, usw usf… das darf man aber nicht in einen Topf werfen, weil das alles verschiedene Paar Stiefel sind die verschiedene Prozesse beschreiben. Das was im Meyers Lexikon da beschrieben ist, ist also nicht eine „Weiterentwicklung der Darwinsche Evolutionstheorie“ sondern eine Zusammenfassung einer ganzen Reihe von verschiedenen Theorien die sich mit der Entwicklung von ganz verschiedenen Dingen auseinandersetzen.

vg,
d.

Dass die Ende des 19ten Jahrhunderts etablierte Darwinsche Evolutionstheorie in der Tat nicht das ist, was in Meyers Lexikon von 1888 unter Evolutionstheorie definiert ist, ist schon klar. Ebenso klar ist, dass heute zwischen physikalischer, chemischer und biologischer Evolution unterschieden wird.

Allerdings stellt sich die Frage, warum denn nun die Evolutionstheorie im allgemeinen so gewaltätig erschlagen wurde.

cetus

1 Like

Dass die Ende des 19ten Jahrhunderts etablierte Darwinsche
Evolutionstheorie in der Tat nicht das ist, was in Meyers
Lexikon von 1888 unter Evolutionstheorie definiert ist, ist
schon klar. Ebenso klar ist, dass heute zwischen
physikalischer, chemischer und biologischer Evolution
unterschieden wird.

Nach deinem Ursprungsposting wolltest du die in Meyers Lexikon (1888) gegebene Definition des Begriffs: „Evolutionstheorie“ diskutieren:

„In Meyers Lexikon von 1888 steht eine Definition des Begriffes Evolutionstheorie, das ich gerne diskutieren möchte.“

Meiner Ansicht nach hat deconstruct die Definition des Begriffs Evolutionstheorie laut Meyers Lexikon (1888) prima diskutiert.

Deine Antwort auf deconstruct läßt den Schluß zu, daß du alle seine Anmerkungen bereits gekannt hast.

Was wolltest du laut UP denn nun überhaupt „diskutieren“?

watergolf

Die Frage ist, warum die Evolutionstheorie in physikalische, chemische und biologische Evolutionen zerlegt wurde und die Experten nichts mehr von einander wissen dürfen.

Die Entstehung und Entwicklung des Lebens schließt doch physikalische und chemische Faktoren ein.

cetus

Hallo,

Die Frage ist, warum die Evolutionstheorie in physikalische,
chemische und biologische Evolutionen zerlegt wurde und die
Experten nichts mehr von einander wissen dürfen.

Das wurde sie doch überhaupt nicht. Hast du nicht verstanden was ich geschrieben habe? Der Artikel fasst verschiedene Arten von Evolution zusammen. Diese wurden aber nie als eine Disziplin begriffen. Diese Sparten der Wissenschaft haben sich zu völlig anderen Zeiten völlig separat ausgebildet. Es gab nie eine Evolutionstheorie, die die Evolution der Sterne, der Materie im Universum, die Entstehung des Lebens oder die Weiterentwicklung des Lebens gemeinsam umfasst hat. Das sind völlig unterschiedliche Sachen die unterschiedliche Antworten und Mechanismen haben. Das einzige was diesen gemeinsam ist, ist, dass sich etwas durch kleine Schritte zunehmend verändert. Das wars dann aber im wesentlichen auch schon.

Das ist so, wie wenn der Artikel über Sportwagen wäre und aussagen würde, dass ein Sportwagen einen Wagen von Bugatti, Ferrari oder Aston Martin meint. Und dann würdest du fragen, wieso man Sportwagen in einzelne Marken zerlegt hätte, als wenn diese Hersteller vorher jemals gemeinsam Sportwagen produziert hätten. Haben sie nicht.

Die Entstehung und Entwicklung des Lebens schließt doch
physikalische und chemische Faktoren ein.

Die darwinsche Evolutionstheorie beschäftigt sich überhaupt nicht mit der Entstehung des ersten Lebens. Sie beschäftigt sich nur damit, wie sich bereits vorhandenes Leben durch kleine Schritte sukzessive verändert und weiter entwickelt.

Und natürlich sind dabei biochemische Prozesse involviert, die letztlich wie alles auf den physikalischen Grundkräften basieren. Aber die Prozesse sind völlig andere als bei der Entstehung des Lebens und v.a. der Fokus ist ein völlig anderer. Von der kosmischen Evolution, die damit noch viel weniger zu tun hat, völlig abgesehen. Alle drei Theorien kommen sehr gut ohne die andere aus. Man braucht kein Wissen aus einer Theorie, um die Entwicklung von völlig anderen Dingen in einer anderen Theorie zu beschreiben.

Letztlich kannst du mit deinem Einwurf, dass dies ja auch physikalische Faktoren miteinschließt, ja immer kommen, weil *alles* basiert letztlich auf den physikalischen Grundkräften. Aber deshalb schaffen wir die Chemie, die Medizin oder die Biologie nicht ab oder fassen sie zusammen. Natürlich gibt es immer ein paar Schnittstellen, wo wissen aus einer Disziplin in die andere einfließen wird, aber im wesentlichen sind die behandelten Themen so unterschiedlich, dass es keinen Sinn macht, alles in einen Topf zu werfen.

vg,
d.

Du schreibst, dass es nie eine Evolutionstheorie gab, die die Evolution der Sterne, der Materie im Universum, die Entstehung des Lebens oder die Weiterentwicklung des Lebens gemeinsam umfasst hat.

Das ist aber ziemlich genau die Definition des Begriffes „Evolutionstheorie“ von 1888, den ich zur Diskussion stelle.

Du denkst nicht logisch.

cetus

Hallo!

Wenn ich mich an diesem Punkt mal einklinken darf …

Der Lexikoneintrag, den Du zitiert hast, behandelt meines Erachtens eine (natur-)philosophische Theorie, die behauptet, dass sich die Welt entwickelt hat und immer noch in einem Entwicklungsprozess befindet. Dem kann man eine ebenso philosophische Theorie entgegenhalten, die behauptet, dass die Welt nie anders war, als wir sie heute sehen. Diese Theorie ist in vielfacher Hinsicht heute widerlegt, aber man darf nicht vergessen, dass sie im 19. Jahrhundert noch durchaus denkbar war. Zumindest für den Kosmos ging Einstein anfangs auch davon aus, dass sich das Weltall nicht verändere. (Später bezeichnete er diesen Gedanken als die größte „Eselei“ seines Lebens).

Die naturwissenschaftlichen Evolutionstheorien (allen voran die Darwinistische) sehen schon lange nicht mehr die Hauptfrage in dem „Ob?“ sondern in dem „Wie?“. Wenn Du in Deinem Link auch noch den zweiten Abschnitt über die „Deszendenzlehre“ liest, dann wird vieles klarer.

Michael

Hallo,

Du schreibst, dass es nie eine Evolutionstheorie gab, die die
Evolution der Sterne, der Materie im Universum, die Entstehung
des Lebens oder die Weiterentwicklung des Lebens gemeinsam
umfasst hat.

Richtig. Oder welche wäre das bitte?

Das ist aber ziemlich genau die Definition des Begriffes
„Evolutionstheorie“ von 1888, den ich zur Diskussion stelle.

Das ist aber keine Definition einer naturwissenschaftlichen Theorie, die das, was du oben schreibst umfasst, sondern der Lexikonartikel sagt gleich am Anfang, dass:

„Evolutionstheorie [bezeichnet] diejenige Weltanschauung […],
welche annimmt, daß in dem gesamten Weltall ein […] einheitlicher […]
fortschreitender Entwickelungsvorgang stattfinde, dem sich sämtliche
Zustände und Erscheinungsformen der anorganischen und organischen
Natur, also auch der Himmelskörper, unterordnen.“

Eine Weltanschauung ist keine wissenschaftliche Theorie. Die Darwinsche Evolutionstheorie ist aber eine wissenschaftliche Theorie, genau wie die Chemische Evolution oder die Evolution des Kosmos.

Du denkst nicht logisch.

Das würde ich mal bestreiten. Ich denke eher, du liest den Artikel nicht sorgsam genug und wirfst hier alles möglich in einen Topf und vergleichst Äpfel mit Birnen.

Du kannst natürlich die Weltanschauung haben (wie im ersten Abschnitt des Artikels geschildert), dass alles im Weltall einem einheitlichen Entwicklungsvorgang unterworfen ist, das macht es aber nicht wahr und ist auch keine wissenschaftliche Theorie. Denn die verschiedenen Dinge im Weltall entwickeln sich nämlich nach gänzlich unterschiedlichen und eben nicht einheitlichen Vorgängen und Prozessen. Und die verschiedenen naturwissenschaftlichen Evolutionstheorien beschäftigen sich wissenschaftlich mit diesen verschiedenen Arten von Entwicklungen.

vg,
d.

Sicher, nicht jede Weltanschauung ist eine wissenschaftliche Theorie. Als ein Beispiel hierfür möchte ich den christlichen Glauben nennen. Andersherum kann eine Weltanschauung aber durchaus auch eine wissenschaftliche Theorie sein, siehe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie

Damit ist deine Frage beantwortet, warum die Evolutionstheorie von 1888 als eine Weltanschauung bezeichnet ist.

Wir alle wissen, dass es nicht einfach ist eine neue wissenschaftliche Theorie zu etabilieren.

Die Durchsetuzung neuer wissenschaftliche Theorien ist immer ein langwieriger Diskussionsprozess.

Aber das ist noch lange kein Grund nur noch in den Sack zu hauen und in den Maschinismus oder den Dadaismus abzudriften.

cetus

Hallo,

Wir alle wissen, dass es nicht einfach ist eine neue
wissenschaftliche Theorie zu etabilieren.
Die Durchsetuzung neuer wissenschaftliche Theorien ist immer
ein langwieriger Diskussionsprozess.

Vor allem braucht man dafür erst mal eine wissenschaftliche Theorie, die man diskutieren kann. Einfach nur zu behaupten, dass alles im Universum sich durch einen *einheitlichen* Vorgang weiter entwickelt, ist keine Theorie, sondern eben einfach nur eine Behauptung.

Und da sind wir dann wieder am Anfang dieses Threads, nämlich dass es nie eine allumfassende Evolutionstheorie gab, die sich dann in die verschiedenen Evolutionstheorien (Darwin etc) aufgesplittet hat.

vg,
d.

Die Theorie, nach der sich das Weltall als Ganzes nicht verändere, war wohl eher eine Fiktion denn eine wissenschaftliche Theorie. Das ist wie die Behauptung, die genaueste Wettervorhersage für morgen sei das Wetter von heute, das auch eine Hypothese ist, deren Widerlegung ohne wissenschaftliche Exzellenz gelingt. Dass Einstein sowas als seine größte Eselei bezeichnet hat, fasse ich eher als eine Warnung vor noch größeren Eseleien auf.

Den Abschnitt über die Deszendenzlehre habe ich gelesen. Die Deszendenzlehre beschäftigt sich mit der Abstammung der Arten. Die Frage nach der Entstehung des Lebens ist aber einer andere Frage.

Darum ist noch nicht so ganz verstanden, warum die Hauptfrage der Evolutionstheorie die nicht Frage nach dem „Ob“, sondern die Frage nach dem „Wie“ sein soll.

Meinst du die Frage der Evolutionstheorie sei nicht, ob eine Art von einer anderen abstammt, sondern wie?

Oder meinst du, die Frage sei nicht, ob das Leben entstanden sei, sondern wie das Leben entstanden ist?

cetus

In dem Lexikoneintrag ist die Evolutionstheorie eindeutig als eine Theorie definiert und um in Meyers Lexikon zitiert zu werden, muss man heute wie damals schon eine ganze Reihe von Professoren überzeugen.

Die Frage ist nur, wo denn nun die einschlägige Literatur geblieben ist.

Nichtsdestotrotz kann die Definition von 1888 aber auch gern als Arbeitshypothese angenommen und auf den Prüfstand gestellt werden.

cetus

Die Frage der Evolutionstheorie (wie wir sie heute verstehen) ist nicht, ob sich das Leben auf dem Planeten weiter entwickelt, sondern wie dieser Entwicklungsprozess abläuft.

Die Frage der Evolutionstheorie (wie wir sie heute verstehen)
ist nicht, ob sich das Leben auf dem Planeten weiter
entwickelt, sondern wie dieser Entwicklungsprozess abläuft.

Und wie lautet eure Antwort auf eure Frage?

Ist die Frage nicht doch die Frage „Ob“, nämlich ob ihr gerade eine neue Menschenart entwickeln wollt?

cetus