excöse Weltauffasserraumwortkindundkunstanschauung

Hallo,

Ich möchte gar nicht erst versuchen, die beiden Sätze von Morgenstern zu verstehen, in denen „excös“ auftaucht (ich hoffe auch, dass das gar nicht möglich ist), aber nach einzelnen Wörtern würde ich doch ganz gerne fragen.
Zunächst einmal wäre das die Weltauffasserraumwortkindundkunstanschauung, insbesondere, wenn diese auch noch „excös“ ist…
Dann gäbe es da noch den hydratherapeutischen Moment ersten Ranges. „hydratherapeutisch“ scheintes im Niederländischen zu geben (nach Google), aber auch nur im Zusammenhang mit Badewannen, nicht mit einer Zeit, die als Hydra gesehen wird.

Gibt es tatsächlich keine „Bedeutung“ dieser drei (bzw. vier, mit der Hydra in diesem Zusammenhang) Wörter oder habe ich sie nur verpasst?

mfg,
Che Netzer

PS: Allen, die den Text nicht kennen, hier die beiden Sätze:
Und in der Tat, wenn irgendwo, wenn irgendwann, mußte gerade damals und gerade bei denjenigen
Kräften der Volksseele, in denen das Herz der vom Geist der neuen Zeit am wunderlichsten
beeindruckten Unvoreingenommenheit des Natürlichen am zukunftswetterschwangervollsten pochte,
ein besonders abwelthafter Rückschlag wider das Gesetz in der Vernunft von seiten mehr excös
gerichteter Seelen erfolgen und damit ein Beweisschatten mehr geworfen werden, daß keine Zeit,
so dunkel sie auch sich und in sich selber sei, indem sie „ihr Herze offenbart“, mit all den
Widersprüchen, Knäueln, Gräueln, Grund- und Kraftsuppen ihres Wesens, als Schwan zuletzt mit
Rosenfingern über den Horizont ihres eigenen Chaos - und sei es auch nur als ein Wesenstel
ihrer selbst und sei es auch nur mit der lächelndsten Träne im Wappen – emporzusteigen
sich zu entbrechen den Mut, was sage ich, die Verruchtheit hat.

Es darf daher getrost, was auch von allen, deren Sinne, weil sie unter Sternen,
die, wie der Dichter sagt: „dörren, statt zu leuchten“, geboren sind, vertrocknet sind,
behauptet wird, enthauptet werden, daß hier einem sozumaßen und im Sinne der Zeit,
dieselbe im Negativen als Hydra gesehen, hydratherapeutischen Moment ersten Ranges - immer
angesichts dessen, daß, wie oben, keine mit Rosenfingern den springenden Punkt ihrer
schlechthin unvoreingenommenen Hoffnung auf eine, sagen wir, schwansinnige oder wesentielle
Erweiterung des natürlichen Stoffgebietes zusamt mit der Freiheit des Individuums vor dem
Gesetz ihrer Volksseele zu verraten sich zu entbrechen den Mut, was sage ich, die Verruchtheit
haben wird, einem Moment, wie ihm in Handel, Wandel, Kunst und Wissenschaft allüberall
dieselbe Erscheinung, dieselbe Frequenz den Arm bieten, und welches bei allem, ja vielleicht
gerade trotz allem, als ein mehr oder minder modulationsfähiger Ausdruck einer ganz bestimmten
und im weitesten Verfolge excösen Weltauffasserraumwortkindundkunstanschauung kaum mehr zu
unterschlagen versucht werden zu wollen vermag - gegenübergestanden und beigewohnt werden
zu dürfen gelten lassen zu müssen sein möchte.

PPS: Vielleicht sollte ich mal im Fremdsprachen-Brett fragen, ob mir das jemand ins Lateinische übersetzen kann (für eine Ringinschrift oder ein Tattoo) :smiley:

Hallo Che Netzer,
ich erzähle Dir sicher nichts Neues, wenn ich Dir sage, dass Jeremias Müllers feuilletonistisches und bei aller angedeuteten Sinnhaftigkeit doch letzlich sinnfreies Geschwurbel natürlich parodistisch die so preziös wie prätentiös sich entfaltenden Wortkaskaden zeitgenössischer Literaturkritik (vergegenwärtigen wir uns, dass das 20. Saeculo gerade einmal fünf Jahre jung ist) exemplarisch ihrer Scheinbedeutungsschwangerschaft entbindet, wobei Morgenstern respektive sein alter ego Müller durchaus als seiner Zeit vorauseilend bzw. die Zukunft von hoher Warte schauend sich erweist, wenn er etwa Schleiermachers unmodisch alterthümelndes ‚Weltauffassung‘ paraphratisch aufgreift, noch bevor Schlick’s Wiener Kreis - dem sich anzuschließen selbst einen Karl Popper nicht genierte - ebendieselbe verwissenschaftlicht wissen wollte und schließlich gar ein Nicolai Hartmann gute dreißig Jahre nach Müller sich deren Gebrauchs nicht entblödete, wobei es freilich auch mir nicht so recht gelingen mag, den Bezug zu Raum, Wort (Raumwort?), Kind und Kunst herzustellen und synoptisch zu einer Anschauung zu amalgamieren; was hingegen das hydratherapeutische Agieren angeht, so scheint mir hier doch eindeutig ein Bezug auf des Herkules zweite Aufgabe gegeben, mithin die Hydratherapie ein Synonym für das kurz davor den Sternverdorrten konzedierte ‚Enthaupten‘ (zu welchem Zwecke auch immer) zu sein, wobei die Anspielung auf die segensreichen naturheilkundlichen Verfahren der gerade damals so gerühmten Pastores Kneipp und Felke durchaus gewollt ist - ja, möglicherweise lassen sich in den Häuptern ebenjener lernäischen Schlange, die hier die Zeit um nicht zu sagen den Zeitgeist symbolisiert, jene acht Galgenbrüder erkennen, die sich dem Galgen durch dichterische Selbstenthauptung zu entziehen wissen, wobei es, um jenes Sinnbild plausibel zu komplettieren, selbstredend eines neunten Kopfes bedarf, welches - diese Vermutung liegt zumindest nahe - niemand anderer als der gleich dem neunten Kopfe des argolischen Untiers unsterbliche (sic!) Verfasser der von Dir zitierten Zeilen sein muss, niemand anderes als Jeremias Müller höchstselbst.

Mit excisen Grüßen,
(Der Rabe) Ralf

Fantastische Antwort, kann leider nur einen Stern geben :smiley:

Ich schreibe dann aber lieber doch normal, sonst würde ich hier gar nicht mehr weg kommen… (Da fällt mir ein, dass ich einmal in einer Deutscharbeit nur einen Satz geschrieben hatte. Zwei Seiten wurden es dennoch…)

Naja, mein Ansatz zur bewussten Anschauung (die übrigens exakt in den Titel passte!) wäre, dass es die Anschauung eines Weltauffassers sein könnte. Oder er wird angeschaut…
„…raumwortkindundkunst…“ würde ich komplett als Aufzählung betrachten.
Von daher hätte ich gesagt, dass sich ein Weltauffasser (wer immer das sein möge) Raum, Wort, Kind und Kunst anschaut.
Und unter Anbetracht der Wahrscheinlichkeit, dass so etwas auch nur als sinnloses Wort existieren könnte, hätte ich dann doch keine Idee…

Das mit der Hydra scheint mir aber tatsächlich schlüssig. An eine „echte“ Hydra hatte ich nie gedacht :smile:
Ich schätze, das Wort wäre damit verstanden. Der Zusammenhang zwar nicht (nicht einmal der „erste Rang“), aber das hatte ich sowieso nie erwartet.

Mit excisen Grüßen,

Und das Excöse wäre auch noch offen.

Was mich irritiert, ist, dass die meisten Wörter einzeln gesehen ja weitesgehend verständlich sind (Ich finde sogar, wesentiell, zusamt und sozumaßen könnte man in den Duden aufnehmen). Gut, was Suppen im Wesen der Zeit, die später als Hydra betrachtet und anscheind auch enthauptet wird, wobei mich übrigens auch die Konstruktieren „enthaupten, dass“ stutzen ließ, zu suchen haben, ist mir nicht ganz klar, aber besagte Anschauung und „excös“ sind (nunmehr) die beiden einzigen Wörter im Text, denen ich beim besten Willen keine Bedeutung zuordnen vermag, was mich, auch wenn ich im gesamten keinerlei Bedeutung erwartet hatte, insbesondere angesichts des Lalulas und weiterer Werke, da ich allerdings überrascht feststellen musste, dass unter all den zusammengewürfelten Wörtern größtenteils nur verständliche waren, was wohl gerade an der Zusammengewürfeltheit liegen könnte, doch sehr verwunderte.
(Naja, einen Schachtelsatz erlaube ich mir dann doch. Zumindest ist er ja noch halbwegs überschaubar)
Und ganz besonders das „excös“ verwirrt mich. Die Anschauung könnte ich noch als wahllose und willkürliche Zusammenkettung hinnehmen, aber „excös“ kann ich nicht den geringsten Ursprung zuordnen.

Hm…
Mir fallen jetzt erst wieder die „hydratherapeutischen Badewannen“ ein, die ich über Google finden konnte. Klingt inzwischen recht gefährlich :smile:

mfg,
Che Netzer