Hallo,
Moment, jetzt baust Du aber die Fallgestaltung massiv um. Es
hat hier bislang noch niemand was dazu gesagt, ob jemand in
Therapie ist / therapierbar ist. Es ist doch wohl ganz klar,
dass man zunächst einmal davon ausgehen muss, dass ein Kranker
sich seiner Krankheit angemessen verhält, solange man nicht
konkret um das Gegenteil weiß.
Das ist ja wohl lächerlich! Welcher Erwachsene bitte weiss
nicht als Exhibitionist, dass er krank ist. Wir leben in
einer Informationsgesellschaft und vom Gegenteil auszugehen
ist ja wohl aberwitzig.
Sag mal, siehst Du in den Zeilen über dieser nur Buchstaben und Wörter, oder verstehst Du auch deren Inhalt und Sinn? Wer hat denn hier behauptet, das der Exibitionist nicht wissen würde, dass er krank ist??? Ganz im Gegenteil! Ich habe doch deutlich geschrieben, dass unter der selbstverständlichen Voraussetzung, dass jemand nicht nur weiß, dass er krank ist, sich entsprechend verhält und die möglichen Therapieangebote wahrnimmt. Nur sind die eben keine Garantie dafür, dass es nicht trotzdem zu Zwischenfällen kommt.
Die Behandlungserfolge sind
aber nunmal leider bei verschiedenen Krankheitsbildern bis
heute noch eher mäßig. D.h. es kommt eben vor, dass jemand
trotz Behandlung entsprechend auffällig ist.
Dafür kann ja der Richter gemäß Strafgesetzbuch auch
Verständnis entgegenbringen. Dafür gibt es ja auch
Expertenaussagen bei Verfahren.
Ach nö, ist unsere Justiz nicht wirklich genug belastet, als dass man sie mit Dingen belasten muss, die man auch anders handhaben kann? Wie schon geschrieben, ruf ruhig die Polizei, aber wenn die mitteilt, dass es sich um einen bekannten Fall handelt, der brav versucht über Therapie die Geschichte in den Griff zu bekommen und trotzdem hin und wieder versagt, sonst aber niemand etwas zu Leide tut, dann sollte es doch reichen den Mann nach Hause zu begleiten und gut ist. Mir sind meine Steuergroschen ehrlich gesagt zu schade, dass in solchen Fällen dann Staatsanwaltschaft und Richter bemüht werden, die wirklich Wichtigeres zu tun haben. Und das alles nur um dann zum vorhersehbaren Ergebnis zu kommen???
Als Opfer ist es einem dieser Einwand sicherlich egal.
Du scheinst Opfer mit Racheengel zu verwechseln. Ich habe ja oft Opfer bei mir im Büro sitzen. Glücklicherweise sind nur wenige so veranlagt. Normalerweise gehen meine Mandanten relativ rational mit einer Opferrolle um und sehen was sinnvoll und machbar ist und schreien nicht stumpfsinnig nach dem Henker. Wobei ich schon mit dem Begriff Opfer bei Exibitionismus (ohne weitere Begleitumstände) meine Probleme habe. Du beschwörst oben die aufgeklärte Informationsgesellschaft und scheinst das üblicherweise nur Sekunden dauernde Betrachtenmüssen eines männlichen Geschlechtsteils auf eine Stufe mit Straftaten stellen zu wollen, die zu dauerhaften und schwerwiegenden Beeinträchtigungen beim Opfer führen. Aufgeklärte Menschen gehen mit so etwas gelassener um.
Oder einen Blinden, der dich verletzt hat,
weil er dich nicht sehen konnte?
Ein Blinder der Auto fährt, gehört auch in den Knast.
Wer hat hier von autofahren gesprochen? Du baust schon wieder
die Fallgestaltung um.
Das sagst Du zum wiederholten Mal. Dabei greife ich lediglich
genau Deine Beispiele auf. Denn sicherlich zeigt niemand
einen Blinden an, wenn er nicht denkt, dass dieser vorsätzlich
gehandelt hat. Ein gutes Beispiel war also das Autofahren!
Aber warum billigst Du dann dem doch offenbar auch krankhaft gestörten Exibitionisten nicht auch zu, dass er ohne Vorsatz sondern im Rahmen seiner Erkrankung handelt? Warum greifst Du dann hier sogar zu so abstrusen Fallverdrehungen, dass jemand offenbar ganz sicher ein Therapieverweigerer ist, …
Der Vorsatz besteht darin, die Krankheit auszuleben anstatt zu
behandeln!
Wie schon geschrieben, Du baust hier unzulässig und ehrlich
gesagt auch böswillig die Fallgestaltung um.
Die Fälle hast Du mir vorgegeben, mein erster Beitrag richtete
sich klar an den Fall von Heike. Den „Blinden“ und „Tourette“
habe ich nicht zuerst genannt.
Ist jeder totkranke Tumorpatient auch nur ein Schmarotzer
unseres Sozialsystems, nur weil er nicht brav auf die x-te
Chemotherapie anspricht, sondern wagt weiter krank zu bleiben?
Ich glaube so langsam gehen Dir Beispiel aus, die nur im
Entferntesten mit dem Fall von Heike zu tun haben. Beim
Blinden habe ich noch versucht „ernsthaft“ zu antworten.
Jetzt belasse ich es mal dabei.
Warum, weil selbst Du hier feststellen muss, dass deine Argumentation nicht stimmig ist? Fakt ist, Du wirfst hier Leuten vollkommen unreflektiert grundsätzlich einen Vorsatz vor, bei denen der erste Anschein dagegen spricht. Aus „Im Zweifel für den Angeklagten“ wird bei dir „Im Zweifel gegen den Angeklagten“, und jetzt hör bloß auf, da die Rolle des armen Opfers damit zu vermischen. Kein Gericht kann Dinge ungeschehen machen, die passiert sind. Das ist oft sehr bedauerlich, aber nun mal nicht zu ändern, solange wir keine Zeitmaschinen im Gerichtssaal stehen haben werden. Das Gericht kann sich nur im Nachhinein mit einem Geschehen befassen und versuchen einen Täter möglichst gerecht zu behandeln. Also nicht in Watte zu packen, aber eben auch nicht stärker zu bestrafen, als es der Sache angemessen ist, und daher hat der alte Spruch seine heute noch gültige Begründung.
So, und jetzt habe ich wirklich kein Lust mehr, mit dir weiter
über Dinge zu diskutieren, die Du offenbar nicht ansatzweise
durchdringst, und bei denen Du dich offensichtlich vorsätzlich
weigerst gelebte Vorurteile mal an einfachem und auch Laien
üblicherweise durchaus zugänglichen juristischen Basiswissen
abzugleichen.
Ups, jetzt habe ich mich ja doch noch mal auf die Sache eingelassen. Ich sollte dieses Brett meiden.
Ich habe in meinem ersten Beitrag versucht deutlich zu machen,
dass es zwei Standpunkte gibt, die des Opfers und die des
Aussenstehenden.
Das scheint für dich ganz extrem zu gelten. Glücklicherweise liegen die Positionen für die allermeisten Menschen näher bei einander und sie können besser mit einer Opferrolle umgehen.
Dass Heike als Opfer den Standpunkt des Aussenstehenden hat,
ist meines Erachtens für den „Täter“ ein glücklicher Zufall.
Nein, sondern tägliche Realität aller am Rechtsfindungsprozess Beteiligten. Es gibt wirklich nur ganz wenige Opfer, die auf so einem engen Gleis fahren wie Du.
In die Situation hineinversetzt, würde ich, als Opfer, eben
nicht Heike’s Meinung vertreten und ich würde es auch von
keinem erwarten.
Das hast Du ja auch mehr als deutlich gemacht.
Als Opfer sollte man die höchstmögliche Strafe fordern und
dabei eben die Aussenstehenden (Richter) klar darstellen
lassen, warum sie der Forderung nicht folgen.
Wie schon gesagt, Du bist ein Racheengel und damit glücklicherweise die Ausnahme. So einen Mandanten würde ich gleich wieder vor die Tür komplimentieren und niemals vertreten wollen. Der durchschnittliche Mandant ist einer rationalen und abwägenden Betrachtung aller Sichtweisen gegenüber weit offener und kommt zu realistischeren Einschätzungen eines Sachverhalts. Natürlich gibt es Situationen, wo ich z.B. als Nebenklagevertreter aus guter Überzeugung eine Höchststrafe fordere, aber die Regel ist dies nicht. Ganz oft ergeben sich aus 200 Seiten Akten auch für das Opfer und seinen Anwalt nachvollziehbare „Entschuldigungsgründe“, wird eine ernst gemeinte Entschuldigung akzeptiert, … Der Mensch hat sich seit er aus der Höhle gekrochen ist weiterentwickelt (jedenfalls viele).
Gruß vom Wiz