Hallo Michael!
Es stimmt schon, dass viele Menschen eifach machen was zu können glauben, auch wenn ihnen die rechtliche Grundlage dazu eigentlich nicht gegeben ist.
Soweit mir in Österreich bekannt ist, benötigen eigenständig operierende Elektrikere zumindest eine Konzessionsprüfung oder alternativ eine höhere berufsbildende Schule, auch wenn sie dann als Einmann-Unternehmen durch die Lande tingeln und sogenannte Reparatur- oder Entstördienste anbieten.
Es mag auch richtig sein, dass diese Prüfungsforderung innerhalb von Europa nicht überall so streng genommen wird oder auch gravierende Unterschiede bestehen. Es fehlt mir der Verlgeich.
Bei uns in Austria fällt es unter den Begriff „Regelmentiertes Gewerbe nach §49 der Gewerbeordnung“. Früher gab es unterschiedliche Fachlich geteilte Sparten, heute werden diese zum Teil aber wieder zusammengefasst. Also Elektrotechnik für Starkstromanlagen, Blitzschutzanlagen, Brandschutzanlagen und Alarmanlagen sind heute durch einen Fachmann herstellbar, allerdings bedarf es zur selbstständigen Ausübung des Gewerbes mehr als nur die Gesellenprüfung (Lehrabschluß-Prüfung).
Europäisches Ausland, soweit bekannt und gesehen:
Aus der Zeit des Immobilien-Booms in Spanien ist mir bekannt, dass es ausreichte ein Grundverständnis der Elektro-Installation mitzubringen und eine Ahnung von einfachen Sicherung-Schalter-Lampen-Stromkreisen reichte vollkommen aus, um als qualifiziert zu gelten und ein Haus installieren zu dürfen. Wer mit den drei Phasen umzugehen gelernt hatte war dann meist schon überqualifiziert und wurde von den Stadtverwaltungen für die Zuleitungs-Verkabelung und für Verteiler im Bereich der Urbanisations-Anlagen eingesetzt - die Verantwortung hatte nicht selten der Bürgermeister und nicht ein Elektro-Meister. Zum Teil sieht man das Ergebnis derartiger Vorgangsweisen in den Alt-Städten Spaniens, z.B. in Cartagena oder noch weiter südlich. Ich weiß wovon ich hier erzähle, meine Frau ist väterlicherseits Spanierin und ich habe mir persönlich ein Bild machen können. Ähnliche Installations-Kunstwerke sieht man zum Teil auch in den südlichen Städten Italiens und Kroatiens sowie in Bereichen Griechenlands. Weltkonzerne brachten aus diesem Grund häufig ihre Fach-Arbeiter für interne Zwecke aus dem Ausland mit.
Heute ändert sich das zum Teil recht rasant, nicht zuletzt weil durch den krisengeschüttelten Bau-Rückgang (nicht nur in Spanien) die wirklichen Fachkräfte wieder verfügbar werden und nicht zuletzt schon auch die Erkenntnis der Wanderungswilligen Europäer vorhanden ist, dass ein Handwerk nur dann im Ausland anerkannt wird, wenn ich es nachweislich und grundlegend erlernt habe. In aller Regel werden sogenannte Nostrifikations-Prüfungen durchgeführt wenn auch nur der geringste Zweifel an der Gleichwertigkeit einer Ausbildung besteht.
Die gegenteilige Erfahrung habe ich auch machen dürfen. In vielen arabischen Ländern ist es oft so, dass manche Menschen in ihrem alteingesessenen Familienbetrieb gelernt haben und hoch qualifiziert sind, aber darüber keinerlei Urkunde besitzen. Also wird vieles, besonders im handwerklichen Bereich, akzeptiert und toleriert, was in anderen Ländern schnell kritisiert und unterdrückt werden würde. Und zur Überraschung der Kunden wird eine soliede handwerkliche Qualität geboten, oft werden heute Reparaturen von Altgeräten (aus Nostalgiegründen) gerade in derartige „Spezial-Werkstätten“ gesendet, weil hier in Europa das alte Fachwissen fehlt und nicht zuletzt die Arbeitszeit zu teuer wäre.
Im Detail:
Hier in Österreich benötigt der Elektriker (Überbegriff für Elektromechaniker, Elektrotechniker, Elektromonteur, Elektroinstallateur…) nach der Gesellenprüfung (Lehrabschlußprüfung) eine Mindestzeit an praktischer Ausübung, dann kann nach Absolvierung von diversen Fach-Kursen und Lergangängen für Betriebsführung an der Wirtschafts-Kammer eine sogenannte Meister-Prüfung (gleichgestellt mit Konzessionsprüfung) abgelegen.
Alternativ zu dieser traditionellen Vorgangsweise für den alten Lehr-Beruf kann der Absolvent einer HTL (Höheren Technischen Lehranstalt), einer FH (Fach-Hochschule) oder einer TU (Technischen Universität) nach entsprechender praktischer Arbeit und abgelegter spezifischer Fach-Prüfungen (Ingineur, Ing.FH, Bak. Diploming., Dr.Tech.) ebenfalls ein Unternehmen gründen. Die sogenannte Konzessions-Prüfung (gleichgestellt mit Meister-Prüfung) ist oft bereits Bestandteil des Studiums oder wird nach der Praxiszeit angeboten, die Zeiten von Praktikas während dem Studium werden zeitlich zum Teil angerechnet.
Der Elektriker-Geselle, der nach einer Lehre eine Lehrabschluß-Prüfung positiv bestanden hat, darf primär nur im Rahmen der Arbeitnehmerschaft in der Verantwortung des Meisters (Konzessions-Inhabers) eines Unternehmens eigenständige Arbeiten ausführen.
Der Konzessionsinhaber, der besonders bei Großbetrieben von der Geschäftsführung zugekauft und eventuell als Abteilungs-Leiter geführt wird ist also ebenfalls als Arbeitnehmer in diesem Unternehmen eingestellt, verantwortet gegenüber der Geschäftsführung aber die Arbeiten der Elektriker im Außendienst.
Auch wenn diese Arbeiten nun im Rahmen eines Möbel-Geschäftes oder eines Tapezierers oder Elektro-Geschäftes erfolgen, so müsste im Hintergrund immer auch ein entsprechend verantwortlicher Meister über diese Arbeit verfügbar sein. Bei Großbetrieben kennen die Arbeiter an der Basis ihren Meister heute manchmal nicht - solange nicht irgendwelche Beanstandungen plötzlich dessen Existenz bewußt oder notwendig machen.
Randbereiche:
Eine für viele autodidaktische Spezialisten anscheinend gut funktionierende Zwischenlösung sind die Handy-Verkaufs- und Service-Stellen der verschiedenen Anbieter. Hier sind Interessenten unterschiedlichster Berufe nach entsprechender Einschulung als Fach-Verkäufer eingestellt, die von den technischen Grundlagen der Geräte-Funktion keine Ahnung haben aber eine intensive Schulung erfahren haben über die praktischen Möglichkeiten die der User mit diesem Gerät anstellen kann. Irgendwo im Konzern gibt es dann eine Fachabteilung für die inneren Werte des Gerätes, aber diese Abteilung wird nur aktiv, wenn technische Probleme auftreten. Der „Verkäufer“ soll schließlich nur verkaufen und nicht reparieren - obwohl die Praxis oft andere Tatsachen zutage bringt.
Die andere Seite ist, dass heute in vielen Elektro-Geschäften Verkäufer Waren anpreisen von deren Inhalt, Qualität, Funktion und Gefahr oft keinerlei Ahnung vorhanden ist, also ehemalige Wurstverkäufer plötzlich zu HiFi-Fachverkäufer mutieren oder ehemalige Lehrer über die Vorzüge von Haushaltsgeräten philosophieren ohne sich wirklich kundig gemacht zu haben oder über das Basiswissen für derartige Geräte sich wenigstens eingelesen zu haben.
Mit die Frage „… was darf ich als Elektro-Geselle …“ ohne Konzessionsprüfung nun in Form einer Selbstständigen Gewerbeausübung im elektrotechnischen Fachbereich anbieten:
In Österreich NICHTS!
Im EU-Raum sollte es sich ähnlich verhalten!
Im außereuropäischem Raum kann ich nicht beurteilen.
Die ausführlichste Quelle an Informationen in diesem Fachbereich dürfte hier in Österreich die Wirtschaftskammer sein, der grundlegende Gesetzestext sollte in der Gewerbeordnung zu finden sein und die Materie worum es dort geht ist das „Rechtskraft-Gewerbe“ (gemeint ist eine Gewerbeausübung die durch strenge Regeln geordnet vergeben wird). Wenn sie in Deutschland beheimatet sind, was ich nur vermuten kann, dann denke ich, dass es ähnliche Institutionen und Rechtsnormen gibt.
Kurze Seitenbemerkung auf Künstler:
Wenn ich zum Beispiel in meiner Eigenschaft als ORIGAMI-Meister hier in meinem Atelier für Faltkunst einen Lampenschirm herstelle und an der Leuchte montiere, dann benötige ich keine Konzession für Elektro-Installation, weil die Montage eines Lampenschirms nicht in die elektrotechnische Grundfunktion des Gerätes eingreift. Der Anschluß eines E-Herdes hat aber hier nichts verloren und auch den Anschluß der Lampe an den Stromkreis darf ich (streng nach dem Gesetz) nicht verantwortlich vollziehen, obwohl ich das Fach von Grund auf gelernt habe. Ob und was ich im Dienste der Nachbarschaftshilfe mache steht hier aber auch nicht zur Diskussion.
Ich grüße Sie recht freundlich und freue mich auf ein Feedback
Walter Praher
ORIGAMI.GRAZ