Fabelwesen Skorpion

Hallo!
Im Grimms Märchen „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ sitzt eine Kröte am Grund eines Brunnens und ist verantwortlich dafür, dass der Brunnen, der Wein statt Wasser zu spenden pflegte ausgetrocknet ist.

Ist hier jemandem irgendwo begegnet, dass in Sage, Märchen, Mythologie ein Skorpion als Brunnenvergifter erwähnt wird?

Und hat das Fabelwesen „Basilisk“ in Deutschland auch noch einen anderen Namen wie in England „cockatrice“? Ich habe schon bei zeno.org nachgeschaut und ausführlich gegoogelt, aber mir ist kein hierzulande gebräuchliches Synonym begegnet …

Gruß,
Eva

Hallo!

Explizit einen Skorpion als Brunnenvergifter kenne ich zwar nicht, ABER in dem buch „Faszinierende Welt der Phantasie“ von Michael Page und Robert Ingpen wird der Skorpion als ein Wesen beschrieben, das die Macht hat, sowohl zu töten als auch Leben spenden, dessen Gift vernichten aber auch erschaffen kann.

Vielleicht hilft das ja ein bißchen weiter.

Der Basilisk wird zwar auch in dem Buch beschrieben, aber leider auch ohne Synonym. Sorry.

LG
Michael Vogl

Nachtrag
Hallo nochmal!

Mich hat der Ehrgeiz gepackt und ich habe noch ein paar andere meiner Bücher hervorgekramt und durchgeschaut. Tatsächlich habe ich zwei Namen gefunden, wie der Basilisk noch genannt wird.

Im Buch „Drache, Einhorn, Feuervogel“ wird ein Text von Hanns Heinz Ewers zitiert, in dem ein Basilisk als „des bleichen Mondes Kind“ tituliert wird.

Im Buch „Dämonen, Monster, Fabelwesen“ wird ein Mensch namens Isidor (kein nachname, keine Zeitangabe) zitiert, der dem Basilisken als „sibilus“ - der Zischende" bezeichnete, was sich längere Zeit in der naturkundlichen Literatur gehalten hat.

Auch wird in dem Buch erwähnt, dass der Basilisk nicht nur als reines Monster galt, sondern später auch noch als „Tod und Teufel“, als „Leviathan“ als „Antichrist“ und als „Sünde“.

LG
Michael Vogl

Servus, Eva,

Und hat das Fabelwesen „Basilisk“ in Deutschland auch :noch einen anderen Namen

Aus Wien - wo es ein ziemlich berühmtes „Basiliskenhaus“ gibt, kenne ich noch den Namen „Eidechsenkönig“

Nach den ältesten Annalen Wiens soll sich hier im Jahre 1212 ein Basilisk oder der sogenannte Eidechsenkönig gezeigt haben; eine Sache, die damals großes Aufsehen machte und von der Fama weit und breit ausposaunt wurde. Wie wichtig in jenen Zeiten des Aberglaubens eine solche Erscheinung war, kann man daraus entnehmen, daß der Verfasser des bekannten „Iter Alemannicum“ mit ernster Miene berichtet, daß sich unter den Seltenheiten des berühmten Klosters Maria-Einsiedeln in der Schweiz ein wahrhafter Basilisk befunden habe.

aus:http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/wien/von…

  • und fand den auch in einem Wörterbuch für Basilisk.

http://books.google.at/books?id=vsEOAAAAYAAJ&pg=PA25…

Googelt man allerdings mit Eidechsenkönig, dürfte es heute eher andere Bedeutung haben.

Gruß, jenny

Hallo nochmal!

Im Buch „Dämonen, Monster, Fabelwesen“ wird ein Mensch namens
Isidor (kein nachname, keine Zeitangabe) zitiert, der dem
Basilisken als „sibilus“ - der Zischende" bezeichnete, was
sich längere Zeit in der naturkundlichen Literatur gehalten
hat.

Dem kann nachgeholfen werden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Etymologiae

Ah, cool! Danke :smile:

Hi

Neben Eidechsenkönig gibt es für den Basilisken auch den Namen „Hahnensohn“ oder „Hahnenkind“ oder „Hahnbalg“, weil er ja aus dem Ei eines Hahnes schlüpfen soll.

In Grimmschen Märchen wirst du den Skorpion als Brunnenvergifter eher nicht finden, da sind Unken und Ratten viel häufiger, einfach weil es in Mitteleuropa, wo gesammelt wurde, zu wenig Skorpione gibt.

In China dagegen wimmelt es vor giftigen Insekten im Sagengut, Skorpione sind sehr ungern gesehen, werden sie doch mit gu identfiziert.

Der Skorpion gehört zu den „Fünf Giften“ bzw. fünf giftigen Tieren: Viper, Skorpion, Hundertfüßler, Kröte und Spinne. Sie werden in der Alchemie eingesetzt, zusammen wirken sie gegen jeden anderen Schädlichen EInfluss. Amulette mit ihnen schützen Kinder vor Krankheiten. Doch jedes Essen mit dem eins von ihnen in Kontakt kommt gilt als vergiftet. Soviel zur „netten“ Seite.

Der Skorpion symbolisiert aber als Schriftzeichen auch die „Zehntausend“, also die UNzähligen (Krabbelviecher). Dies wiederum ist ein Euphemismus für Gu.

Da ich morgen früh raus muss, verzeih mir wenn ich mich selbst zitiere:
"
Eine Praktik Chinas, die als ‚Schwarze Magie’ übersetzt wird ist gu. Sie kann, muss aber nicht, mit Schamanen in Verbindung stehen. Ferner ist die Schwarze Magie gu von den ‚okkulten Praktiken’ shushu [‚Nummern und Techniken’], welche sich z.B. im Hanshu finden und unter die Schriften über Astronomie, Omenbeobachtung, Astrologie, Divination, Opferpraktiken, Exorzismus u.ä. fielen, zu unterscheiden.
Ursprünglich bedeutete gu so etwas wie ‚Gift’. In der Praxis wurde chong [‚Ungeziefer’] gesammelt (Insekten, Würmer, Schlangen, Echsen) und in ein Gefäß gesperrt, wo sie sich gegenseitig verspeisten, bis der Stärkste über blieb. Von diesem Tier wurde angenommen, die Gifte der anderen übernommen zu haben und so noch giftiger geworden zu sein. Im Körper des Opfers sollte das Tier, dass als lebendiger Geist vorgestellt wurde , weiterleben und Schäden hervorrufen, daher bedeutet das Wort gu auch ‚Würmer im Körper haben’, was evtl. auf Madenbefall bei Wunden und Leichen zurückgeht. Gu wurde aber nicht als Vergiftung betrachtet, sondern als magische Handlung, als Verwünschung die stark genug war, um einen Kaiser zu töten oder das Verderben ganzer Dörfer zu besiedeln.
[…]
Die oben genannten Analogien waren schon in der Schöpfung des Wortes selbst immanent. Das Schriftzeichen besteht aus ‚Ungeziefer’ und ‚Schale’, bezog sich also nicht nur auf verdorbenes Korn (was eine seiner Bedeutungen ist), sondern auch auf den Menschen als Schale, indem ein böser Geist als Ungeziefer wütet. Anhand früher Etymologien z.B. im Erya ist abzulesen, dass die Essenz von Gu ist, jemanden die ‚Seele’ verlieren zu lassen.
[…]
Neben einzelnen, habgierigen Personen und Schamanen, waren auch ganze Familien in die Verwendung von Gu involviert. Dabei ist es möglich, dass sich ursprüngliche Schamanenfamilien auf eben diese Praxis spezialisiert haben. Da Gu aber die Ordnung des Universums verletzt, kann es außer Kontrolle geraten und die ganze Familie vernichten, wodurch die Quelle des Übels vernichtet und die Ordnung wieder hergestellt wird – so die Theorie. In der Praxis scheint Gu ein so erfolgreiches Konzept gewesen zu sein, dass die Praxis noch bis ins 20. Jahrhundert existierte.
"*

Gerade das Brunnenvergiften mit Gu wurde Schamanen oder unliebsamen Familien oft angelastet und führte manchmal zur Vernichtung der betroffenen Familien, wenn man entsprechende Gifttiere fand, was bei Hundertfüßlern und Skorpionen in China echt kein Problem ist, die Viecher sind überall -_-

Ähnlich wie der Furchs waren Skorpion, Hundertfüßler und v.a. die Kröte eindeutiges Zeichen übernatürlichen, bösartigen Vorgehens.

Aufgrund der Tradition kann davon ausgegangen werden, dass sich ähnliche Geschichten dann wohl in älteren Kanonschichten von Korea und Japan finden.

lg
Kate

* Referenzen:
Feng, H.Y./Shryock, J.K.: „The Black Magic in China Known as ku“, in: Journal of the American Oriental Society. 55/1, 1935. S. 1-30.
S. 3, 7ff.
Kalinowski, Marc: „Technical Traditions in Ancient China and Shushu Culture in Chinese Religion“, in: Lagerwey, John: Religion and Chinese Society. Volume I: Ancient and Medieval China. Hong Kong, 2004. S. 223- 248. S. 224-225
Loewe, Michael: Crisis and Conflict in Han China 104 BC to AD 9. London, 1974. S. 82
Loewe, Michael: Chinese Ideas of Life and Death. Faith, Myth and Reason in the Han-Period (202 BC- AD 220). Taipei, 1982. S. 109

ganz großen Dank @ alle!!!
Hallo!
Wirklich großartig, eure Beiträge, werden in meinem privaten Wissensordner gespeichert :smile:

„Sibilus“ kannte ich schon, war aber nie ganz sicher, ob sich das nuzn auf die Eidechse bezogen hat oder auf das Mischwesen Hahn/Schlange. Mein Dilemma ist, dass in dem Roman, den ich übersetze, die Handelnden sich über Fabelwesen austauschen und im Englischen gibt es den „basilisk“ und synonym dazu den „cockatrice“. (Nicht ganz synonym, weil letzterer wohl immer geflügelt dargestellt wird, der „basilisk“ nicht.) Ziemlich komplizierte Geschichte, wie diese Verwirrung entstanden ist. Noch widersinniger wird’s, weil es sich in dem von einem Amerikaner geschriebenen Buch um zwei Deutsche handelt, AD 1364, aus dem Gebiet des heutigen Österreich, wenn man genau sein will. Da es bei uns, wie gesagt, diese Synonymgeschichte nicht gibt - „Cockatrix“ findet man nur im Fantasy- und Spielbereich -ist die ganze Diskussion ohnehin „moot“, wie der Anglophone sagt.

Muss ich mir eben was ausdenken. Vielleicht bringt „Hahnbalg“ was. Ich dachte schon an „Gockelotter“, weil man im Lauf der ganzen verwickelten Geschichte das frz. Wort falsch verstanden und zu „basilicock“ verballhornt hat. Link: http://books.google.de/books?id=DNKKsveMfhQC&pg=PA23…
Ein anderer Link behauptete, das altenglische Wort für „Otter, Natter, Schlange“ würde eine Rolle spielen, leider weiß ich nicht, wie’s genau geschrieben wird, „aettir“ oder so ähnlich :smile:, deshalb kam ich auf „Gockelotter“, „Natterngockel“ oder so ähnlich (die beiden Sprecher sind eher schlichten Gemüts und werfen ohnehin alles durcheinander :smile:

Gruß,
Eva

Ehhm…
Hi

Das fällt mir jetzt total schwer, dir das zu sagen aber… hast du mal auf Wikipedia geguckt?

Weißt du, dass es zwei verschiedene Einträge für Cockatrice und Basilisk gibt?

http://en.wikipedia.org/wiki/Cockatrice
http://en.wikipedia.org/wiki/Basilisk

Das erklärt zwar nicht warum ein Österreicher davon spricht, da der Cockatrice ein elisabethanisches Viech ist, aber wohl eher reptilisch und mit den Drachen verwandt, vielleicht meinte der Autor einen Lindwurm? (Wyvern gibt es auch auf deutsch aber ich habe davon nach dem 13. Jh. nie gelesen) Auf jedenfall sollen es primär zweibeinige Drachen sein und wie man am Bild sieht, nicht immer mit _Hahnenkopf_.

lg
Kate

Altenglisch
Achja,

im Altenglischen gibt es kein „aettir“ von dem ich wüsste, wäre aber nicht allzuunwahrscheinlich, da es im modernen Englisch noch das Wort „adder“ für Schlange gibt.
adder/snake/serpent ist im Altenglischen naedre, wenns in Richtung Drache/Lindwurm geht „wyrm“.

etymolonline sagt dazu:
adder
O.E. næddre „a snake, serpent, viper,“ from W.Gmc. *nædro „a snake“ (cf. O.N. naðra, M.Du. nadre, O.H.G. natra, Ger. Natter, Goth. nadrs), from PIE base *netr- (cf. L. natrix „water snake,“ probably by folk-association with nare „to swim;“ O.Ir. nathir, Welsh neidr „adder“). The modern form represents a faulty separation 14c.-16c. into an adder, for which see also apron, auger, nickname, humble pie, umpire. Nedder is still a northern English dialect form. Folklore connection with deafness is via Psalm lviii.1-5. The adder is said to stop up its ears to avoid hearing the snake charmer called in to drive it away. Adderbolt (late 15c.) was a former name for „dragonfly.“

Eine Seeschlange kann „nicor“ sein. Ein Zauberer, der Schlangen beschwört „Galere“

lg
Kate

Hallo!
Tut mir leid, war nicht Altenglisch, sondern Angelsächsisch:

„Allein schon die Alten haben die Naturgeschichte dieses Thieres mit so vielen Fabeln entstellet, daß von demselben fast nichts mehr als ein Hirngespinst übrig geblieben ist. Eine der vornehmsten Erdichtungen war, daß es aus dem Eye eines alten Hahnes geboren würde, daher der Basilisk im Englischen noch jetzt Cockatrice, und im Französ. Coquatris genannt wird, von Cock, ein Hahn, und Otter, Angels. Aetther , eine Schlange.“
Weil interessant, hier der Link als Beleg und zum weiteren Nachlesen: http://www.zeno.org/Adelung-1793/A/Basilisk,+der

Das ganze Thema ist unglaublich verworren. Ich habe jetzt so viel nachgelesen (auch beide Wikipedia-Artikel), dass mir der Kopf schwirrt.

Danke und Gruß,
Eva