Fachkräftemangel -- Gehaltsfrage?

Hallo,

jeder scheint sich in Deutschland über Fachkräftemangel zu beklagen. Gleichzeitig gibt es viele arbeitslose Ingenieuere. Und gleichzeitig wandern viele ins Ausland ab.

Im Persönlichen Umfeld kenne ich (sicherlich zu wenige um repräsentativ zu sein) Fälle, die ausnahmslos wegen besserer Verdienstmöglichkeiten ins Ausland gegangen sind.

  1. lassen sich meine Erfahrungen (Ausland zahlt besser) irgendwo belegen?
    (Das Ausland, das ich meine ist drei mal Schweiz und ein mal Amerika und einmal Japan)

  2. Wenn bei 1 ja, dann: Warum ist die deutsche Wirtschaft so verlogen zu behaupten, es gäbe keine Fachkräfte, wo sie im Gegenteil sehr wohl vorhanden sind, aber wegen viel zu niedrigen Löhnen ins Ausland vertrieben werden?

Nick

Moien

jeder scheint sich in Deutschland über Fachkräftemangel zu
beklagen. Gleichzeitig gibt es viele arbeitslose Ingenieuere.

Fachkräfte und Fachkräfte sind 2 Paar Schuhe. Es werden schon Leute gesucht, aber unbedingt nicht in den Bereichen in denen es Überschuss gibt. Das allgemeine Geschreih produziert den falschen Eindruck.

Und gleichzeitig wandern viele ins Ausland ab.

Kuck dich mal genau um. Was soll an einem Land mit einer so extremen Bürokratisierung und Regelementierung für die Spitze interessant sein? Geld gibt es anderswo auch.

Warum ist die deutsche Wirtschaft so
verlogen zu behaupten, es gäbe keine Fachkräfte, wo sie im
Gegenteil sehr wohl vorhanden sind, aber wegen viel zu
niedrigen Löhnen ins Ausland vertrieben werden?

Die PR-Abteilungen lügen eigentlich immer. Es gibt immer zuviele/hohe Steuern, es gibt immer zu wenig Arbeitskräfte die immer zu viel krank sind. Die eigenen Produkte sind immer die besten, die Arbeitsvorschriften immer zu streng und kaum einzuhalten… usw. Lügen ist deren Job. Dummerweise glauben die Politiker den Schwachsinn manchmal.

cu

Hallo!

Warum ist die deutsche Wirtschaft so
verlogen zu behaupten, es gäbe keine Fachkräfte, wo sie im
Gegenteil sehr wohl vorhanden sind, aber wegen viel zu
niedrigen Löhnen ins Ausland vertrieben werden?

Der Fachkräftemangel könnte behoben werden, wenn entsprechend aus- und weitergebildet würde. Das kostet aber Geld und wird daher mit dem Argument weggebügelt, Arbeitnehmer mögen sich doch bitte auf eigene Kosten weiterbilden.

Das Klagen über fehlende Fachkräfte soll vor allem eine Öffnung des Arbeitsmarktes in Richtung Niedriglohn ermöglichen. Weil man nicht bereit ist, Investitionen in seine Mitarbeiter zu tätigen, gleichzeitig aber wegen der Gewinnerwartungen der Unternehmenseigner die Kosten senken muss, ist man ständig auf der Suche nach qualifiziertem Personal mit niedrigen Lohnerwartungen. Solche Leute müssen aus bestimmten Ländern erst einmal importiert werden. Also wird kontinuierlich über einen Fachkräftemangel gejammert, bis Berlin oder Brüssel reagieren und Scheine verteilen.

Ein fundamentales Gleichgewicht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist gestört:

  • gute Arbeit gegen angemessenen Lohn
  • Loyalität zum Arbeitgeber gegen Arbeitsplatzsicherheit

Beides stimmt nicht mehr.

Grüße
Heinrich

der ingenieursmangel dürfte wohl eine andere ursache haben. wenn man sich die anzahl der sozi-studenten anschaut und mit der der ingenieure vergleicht, dann haben wir da wirklich fachkräftemangel.
ein ingenieur bekommt nach einigen dienstjahren so viel kohle, dass man dafür lieber 2 junge einstellt und dabei noch viel geld spart. problem: es gibt gerade keine jungen. und wenn ein ingenieur einmal die 100.000-euro-marke durchbrochen hat, möchte er nicht wieder bei 40.000 anfangen. und deshalb bin ich gar nicht sicher, ob die älteren ingenieure wirklich unfreiwillig arbeitslos sind oder einfach genügend kohle und die schnauze voll haben.
als ich mich in frankreich bewarb, gab es da stellengesuche, die ingenieure mit 10 jahren berufserfahrung für 2500 euro brutto pro monat haben wollten. echt der hammer! aber so scheints auch zu gehn.

der fachkräftemangel im unteren lohnsektor ist wohl darauf zurückzuführen, dass es teilweise unzumutbare zustände sind und man für hungerlöhne arbeiten muss, während die inflation in deutschland im letzten monat um zweieinhalb prozent stieg.
es gibt tatsächlich diskussionen über hartz4, dabei ist das überhaupt kein problem. das problem ist, dass viele 8h täglich arbeiten und am existenzminimum krauchen. das ist das schlimme, denn wer will da schon arbeiten. dann lieber arbeitslos melden und auf 400-euro-basis jobben. das bringt offensichtlich mehr.

Hallo Nick,

Warum ist die deutsche Wirtschaft so
verlogen zu behaupten, es gäbe keine Fachkräfte, wo sie im
Gegenteil sehr wohl vorhanden sind, aber wegen viel zu
niedrigen Löhnen ins Ausland vertrieben werden?

Das Problem, so schätze ich, liegt nicht darin, dass die Fachkräfte an sich fehlen, sondern die „geeigneten“. Neulich wieder ein Beispiel im Radio; da haben sich bei einer Chemiefirma auch eine Stelle Fachstelle nur vier Bewerber gefunden haben. Ich gehe mal nicht davon aus, dass sich da Köche, Verwaltungsfachangestellte oder Geologen beworben haben. Der Knackpunkt ist, dass sich nicht mehr Dutzende, Hunderte oder Tausende bewerben, sondern nur noch Vereinzelte. Der Arbeitgeber will aber eine Riesenauswahl haben und das Gefühl, den nahezu perfekten Angestellten zu bekommen.
Wir alle wissen, dass es ihn nicht gibt.
Dieser Mangel bedeutet nicht, dass sich die Arbeitgeber zweit- oder drittklassischen Bewerber haben. Sie bekommen nur nicht die Spitzenkräfte zu Dumpinglöhne.

Ich erinnere mich, wie vor ca. 10-15 Jahre die Wirtschaft keinen Bedarf an Ingenieuren jeglicher Art hatten. An den Unis und FHs gab es für die Endsemester Veranstaltungen nach dem Motto: „Wie behalte ich meine Motivation nach der 200sten Bewerbung bei?“
Die Absolventen hatten sich für wirtschaftsnahe Ausbildungen entschieden und hohe Einsätze gebracht und mussten nun zuschauen wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten.

Nee, ich sehe in den angeblichen Mangel noch kein Problem. Jetzt haben vielleicht auch mal Ältere, Behinderte und Kranke mal eine Chance.

Gruß
Carlos

Hallo

Der Fachkräftemangel könnte behoben werden, wenn entsprechend
aus- und weitergebildet würde. Das kostet aber Geld und wird
daher mit dem Argument weggebügelt, Arbeitnehmer mögen sich
doch bitte auf eigene Kosten weiterbilden.

Das Schlimme ist: Es wird weitergebildet, aber nur in ziemlich bis sehr anspruchslosen Berufen. Man scheint davon auszugehen, dass Arbeitslose immer eine abgebrochene Hauptschullaufbahn hinter sich haben, vielleicht weil das recht häufig vorkommt, aber doch nicht immer. Selbst arbeitslose Leute mit Hochschulabschluss werden in Kurse für die Grundrechenarten gesteckt. Und dann meint dann so ein Arbeitsagentur-Heini hinterher, Weiterbildung lohne sich nicht!

VG Simsy

Nee, ich sehe in den angeblichen Mangel noch kein Problem.
Jetzt haben vielleicht auch mal Ältere, Behinderte und Kranke
mal eine Chance.

richtig. ich denke auch, dass das eine gesunde entwicklung ist.

Hallo,

ich kenne auch drei Bekannte, die in die Schweiz ausgewander sind, wegen besserer Bezahlung. Alle sind zusätzlich glücklich über das schöne Land.

Die andere Frage: Sind PR-Abteilungen verlogen? Aeh… Das ist doch hoffentlich nur eine rhetorische Frage, oder?

Gruss, Marco

  1. lassen sich meine Erfahrungen (Ausland zahlt besser)
    irgendwo belegen?
    (Das Ausland, das ich meine ist drei mal Schweiz und ein mal
    Amerika und einmal Japan)

Das ist hier die Frage.
In Süddeutschland bezahlen große Firmen Berufsanfängern 47.000 € pro Jahr. Wo kriegt man sonst noch so viel?

Hallo,

Der Fachkräftemangel könnte behoben werden, wenn entsprechend
aus- und weitergebildet würde. Das kostet aber Geld und wird
daher mit dem Argument weggebügelt, Arbeitnehmer mögen sich
doch bitte auf eigene Kosten weiterbilden.

Das ist ein Widerspruch. Arbeitnehmer werden weitergebildet und zwar auf Kosten der Firmen. Die Maßnahmen sind sehr umfangreich. Dies hat jedoch nichts mit Fachkräftemangel zu tun, da diese Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis stehen. Arbeitslose sollten und können sich aber auf eigene Kosten weiterbilden, um so wieder für den Markt interessant zu werden. Firmen werden es nicht tun. Sie kümmern sich nur um ihre eigenen Leute. Die Weiterbildungsmaßnahmen werden dann von den Arbeitsargenturen übernommen, wenn die Arbeitslosen es nicht selber machen wollen.

Das ist hier die Frage.
In Süddeutschland bezahlen große Firmen Berufsanfängern 47.000
€ pro Jahr. Wo kriegt man sonst noch so viel?

Beim Märchenonkel. Es mag Ausnahmen geben, die Regel ist das auf kinen Fall. Ehr liegt das Einstiegsgehalt bi 42k.

Hallo!

Das ist ein Widerspruch. Arbeitnehmer werden weitergebildet
und zwar auf Kosten der Firmen. Die Maßnahmen sind sehr
umfangreich. Dies hat jedoch nichts mit Fachkräftemangel zu
tun, da diese Arbeitnehmer in einem Arbeitsverhältnis stehen.

Das ist kein Widerspruch.
Es ist ja nicht so, dass sich keine Leute auf offene Stellen bewerben, sondern dass diese Bewerber als nicht qualifiziert genug abgelehnt werden. Der Kostenfaktor Qualifizierung hindert das Unternehmen daran, nicht ausreichend Qualifizierte einzustellen und weiterzubilden.

Gleiches gilt für eine betriebsinterne Qualifizierung. Warum nicht Leute aus dem Unternehmen an die Aufgaben der zu besetzenden Stelle heranführen und somit die Stelle nicht durch einen Arbeitskraftimport zu besetzen?

Grüße
Heinrich

Ich bekomme sogar nur 36K + Auto.
Einige Freunde haben aber bei Konzernen angefangen und da gibt es tatsächlich 47K. Ein Bekannter ging nach dem Studium direkt zu Aldi, da gibt es 60K + Auto.

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Beim Märchenonkel. Es mag Ausnahmen geben, die Regel ist das
auf kinen Fall. Ehr liegt das Einstiegsgehalt bi 42k.

Für Uniabsolventen in Bayern?
Schau Dir mal die Tarifgehälter an. Vor ERA war üblicher Einstiegstarif für einen Uniabsolventen T6/0 - aktuell bei 3485 EUR/Monat. Das ganze mal 13,25 (in manchem gutverdienendem Konzern gerne auch mal 14 oder mehr) und schwupps bist Du bei > 46 kEUR.

Grüße
Jürgen

Hallo,

  1. lassen sich meine Erfahrungen (Ausland zahlt besser)
    irgendwo belegen?
    (Das Ausland, das ich meine ist drei mal Schweiz und ein mal
    Amerika und einmal Japan)

nachdem ja bisher weitgehend der Stammtisch gesprochen hat, möchte ich mal drei Begriffe in den Raum werfen, anhand derer vielleicht deutlich wird, wie schwierig Deine Frage zu beantworten ist:
Bruttolohn, Nettolohn, Preisniveau.

Wer heute als Arbeitnehmer ins Ausland geht, macht dies in der Regel entweder aus Blauäugigkeit (ich lieeeeebe diese Auswandersendungen) oder wegen der besseren Berufsaussichten. Eine höhere Kaufkraft läßt sich in der Regel nicht sofort realisieren, worüber sich die meisten aber nicht im klaren sind, weil sie die zukünftige Ausgabensituation nicht überblicken.

Gruß
Christian

Ein bißchen Lektüre:
http://www.imfmetal.org/main/files/07011115554679/Po…

Hallo,

diese Sendungen, die Du beschreibst schauen meine Frau und ich ebenfalls mit Vorliebe an.

Die größten Helden sind immer die, die „einfach mal so“ auswandern.

Einer hat mich allerdings wirklich beeindruckt:

Er war Handwerker und verdiente hier ca. 2.000 brutto.

Dann ging er nach Irland und konnte bei ca. 30% höheren Lebenskosten sein Brutto-Einkommen auf 4.500 € steigern.

Ich weiss nicht, ob es stimmt, aber wenn es stimmt, dann war es ein gutes Geschäft.

mfg

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

  1. lassen sich meine Erfahrungen (Ausland zahlt besser)
    irgendwo belegen?
    (Das Ausland, das ich meine ist drei mal Schweiz und ein mal
    Amerika und einmal Japan)

Nein, die Lohnkosten sind vergleichbar. Der deutsche Staat kassiert aber rund 2/3 der Lohnkosten was die Arbeit hierzulande wenig attraktiv macht. In anderen Ländern bleibt einfach mehr vom Lohn, da die Abgabenlast nicht auf die Arbeitnehmer konzentriert ist und auch andere Einnahmequellen (Vermögenssteuer, Kapitalgewinne…) vorhanden sind. Ausserdem gibt es weit weniger Subventionen die an Unternehmen verteilt werden, was die Abgabenlast deutlich senkt.

  1. Wenn bei 1 ja, dann: Warum ist die deutsche Wirtschaft so
    verlogen zu behaupten, es gäbe keine Fachkräfte, wo sie im
    Gegenteil sehr wohl vorhanden sind, aber wegen viel zu
    niedrigen Löhnen ins Ausland vertrieben werden?

Verlogen kann man so nicht sagen. Lobbyisten sagen das wofür sie bezahlt werden. Da in Deutschland nicht investiert wird, sind Gewinne nur durch niedrigere Löhne machbar (oder Subventionen, was volkswirtschaftlich natürlich auch wieder niedrigere Löhne bedeutet). Auf einem Markt, gibt es naturgemäß keinen Mangel, sondern einen Preis. Wer würde schon behaupten es gäbe einen „Goldmangel“? Das drehen an Angebot oder Nachfrage kann natürlich den Preis beeinflußen.

Die heikle Frage ist allerdings: Weshalb glaubt die Wirtschaft, das Angebot von Arbeitskräften beeinflußen zu können? Wäre die Politik etwa bereit zum Schaden der Arbeitnehmer das Angebot von Arbeitskräften zu beeinflußen? Wenn das so wäre, hätten wir ja Feudalismus!

sehr gute Agumentaion und der Praxis am nächsten
Hallo,

habe als headhunter täglich mit dem thema zu tun.

was die firmen suchen, sind gute Fachkräfte zu niedrigsten Löhnen und wenn sie diese dann nicht finden, dann geht das große gejammer los.

durch den druck der erwartungshaltung bzgl. de gewinne vor steueren (z.b. von aktionären) ist man heute nicht mehr bereit (in der lage) marktspezifische preise für Know-how zu bezahlen.

und das thema aus- bzw. weiterbildung ist ja eh für die meisten zu mühsam und zu teuer. Beispiel: heute bildeen noch 29% aller sog. mittelständischen Unternehmen aus, vor 10 Jahren waren es noch 43%.

gruss henry