Fachsimpelei 'Eiswein'

Hallo Gemeinde,

unlängst entbrannte außerhalb von w-w-w eine Debatte über das Thema Eiswein. Unklar war die Einstufung als Qualitätswein mit Prädikat.

Johnson definiert die QmP in aufsteigender Reihenfolge: Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Eiswein, Trockenbeerenauslese. Nun, der Mann ist Engländer und kann sich irren.

Ein hier im Brett anerkannter Weinkenner hat eine andere Reihenfolge und steigert wie folgt: Beerenauslese, Trockenbeerenauslese, Eiswein.

Ich habe behauptet, der Eiswein passt überhaupt nicht in eine solche Reihe, weil er eine besondere Spezialität ist, die vorzüglich sein kann aber nicht muß.

Wie sieht das die Gemeinde?

Gruß
Klaus

Hallo Klaus,

diese Frage hat mir natürlich keine Ruhe gelassen :wink:

Die Antwort findet sich im Weingesetz von 1994 im § 20
„Qualitätsprüfung der Qualitätsweine mit Prädikat“.
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/weing_1994/i…

Ich zitiere mal:

(1) Inländischer Wein darf als Qualitätswein mit Prädikat in Verbindung mit einem der Begriffe Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese oder Eiswein nur bezeichnet werden, wenn ihm das Prädikat auf Antrag unter Zuteilung einer amtlichen Prüfungsnummer zuerkannt worden ist.

(2) Ein Prädikat wird einem Wein zuerkannt, wenn er

  1. die für dieses Prädikat typischen Bewertungsmerkmale aufweist und
  2. den Vorschriften der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entspricht.Die amtliche Prüfungsnummer ist auf den Behältnissen anzugeben.

(3) Das Prädikat Kabinett wird einem Wein zuerkannt, wenn

  1. die zur Weinbereitung verwendeten Weintrauben in einem einzigen Bereich geerntet worden sind und
  2. eine Anreicherung nicht vorgenommen worden ist.

(4) Die übrigen Qualitätsweine mit Prädikat müssen zusätzlich zu den Anforderungen nach Absatz 3 aus Lesegut der folgenden Beschaffenheit hergestellt sein:

  1. Bei der Spätlese dürfen nur vollreife Weintrauben verwendet werden, die in einer späten Lese geerntet worden sind.
  2. Bei der Auslese dürfen nur vollreife oder edelfaule Weintrauben verwendet werden.
  3. Bei der Beerenauslese dürfen nur edelfaule oder wenigstens überreife Beeren verwendet werden.
  4. Bei der Trockenbeerenauslese dürfen nur weitgehend eingeschrumpfte edelfaule Beeren verwendet werden; ist wegen besonderer Sorteneigenschaft oder besonderer Witterung ausnahmsweise keine Edelfäule eingetreten, genügt auch Überreife der eingeschrumpften Beeren.
  5. Bei Eiswein müssen die verwendeten Weintrauben bei ihrer Lese und Kelterung gefroren sein.

Alles klar?

Naja, könnte man sagen :wink: – man kanns aber auch lassen. Denn:

Die Prädikate Kabinett bis TBA werden in den Ausführungsbestimmungen weiter spezifiziert und zwar über den natürlichen Zuckergehalt des Lesegutes. Dbei sind die Grenzwerte von Anbaugebiet zu Anbaugebiet unterschiedlich.
Beim Eiswein ist es nun so, dass in allen Anbaugebieten das Lesegut den Zuckergehalt haben muss, der für die Qualitätsstufe Beerenauslese gilt und eben zusätzlich bei mind. - 7 °C gelesen werden musste.

Insofern ist die Reihenfolge der Prädikate in der Sortierung nach Zuckergehalt des Lesegutes tatsächlich unterbrochen. Schliesslich muss Lesegut für eine TBA einen höheren Zuckergehalt haben, als Lesegut für Eiswein.

Andererseits ist zu beachten, dass TBA „edelfaule Beeren“ voraussetzt (siehe oben) - aus edelfaulen Beeren würde aber kein Mensch versuchen einen Eiswein zu machen.

So, jetzt hab ich Dich hoffentlich restlos verwirrt und grüße Dich herzlich :wink:

mhg

http://www.ich-brauche-keine-homepage.de

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Hallo Klaus,

Johnson definiert die QmP in aufsteigender Reihenfolge:
Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Eiswein,
Trockenbeerenauslese. Nun, der Mann ist Engländer und kann
sich irren.

Das ist keine irgendwie-Klassifikation sondern hat schlicht etwas mit dem Zuckergehalt des Mostes zu tun (=Mostgewicht).

http://www.germanwine.de/deutscherWeinWeinkunde/Wein…

Eiswein

Nachfrage
Hallo Juergen,

Johnson definiert die QmP in aufsteigender Reihenfolge:
Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Eiswein,
Trockenbeerenauslese. Nun, der Mann ist Engländer und kann
sich irren.

Das ist keine irgendwie-Klassifikation sondern hat schlicht
etwas mit dem Zuckergehalt des Mostes zu tun (=Mostgewicht).

Nein, das stimmt so nicht. Der Zuckergehalt für Eiswein hat nur einen Mindestwert, der auf dem Niveau der Beerenauslese liegt. Es gibt aber auch Eisweine, wo der Zuckergehalt auf dem Niveau einer TBA liegen kann. Es gibt ja auch noch andere Kriterien. Die Frage war aber, ob und, wenn ja, wo man den Eiswein in eine solche Reihenfolge bringen kann.

Du schreibst „Eiswein TBA“, der von Dir genannte Link, bezogen nur auf den Zuckergehalt sieht Eiswein auf einer Stufe mit der Beerenauslese, Johnson sieht den Eiswein

Hallo Martin,

Insofern ist die Reihenfolge der Prädikate in der Sortierung
nach Zuckergehalt des Lesegutes tatsächlich unterbrochen.
Schliesslich muss Lesegut für eine TBA einen höheren
Zuckergehalt haben, als Lesegut für Eiswein.

Aha! Das meinte ich eben in der Diskussion. Jetzt sehen wir alle ein bißchen klarer. Jedenfalls ist der Eiswein nicht die qualitative Steigerung der TBA. Das sollten wir festhalten!

Andererseits ist zu beachten, dass TBA „edelfaule Beeren“
voraussetzt (siehe oben) - aus edelfaulen Beeren würde aber
kein Mensch versuchen einen Eiswein zu machen.

Doch, immer dann, wenn den Winzer ein Frost überrascht. Dann muß man mitten in der Nacht mit Pechfackeln in den Weinberg und retten, was zu retten ist. Das Ergebnis kann ein vorzüglicher Eiswein sein :wink:)

So, jetzt hab ich Dich hoffentlich restlos verwirrt und grüße
Dich herzlich :wink:

Ganz und gar nicht. Ich blicke wesentlicher besser durch. Danke und Stern!

Klaus

Hallo Klaus,

erstmal danke für den Stern :wink:

Aha! Das meinte ich eben in der Diskussion. Jetzt sehen wir
alle ein bißchen klarer. Jedenfalls ist der Eiswein nicht die
qualitative Steigerung der TBA. Das sollten wir festhalten!

Das ist schwierig. Einerseits: wenn man sich auf die im deutschen Weingesetz festgeschriebene Systematik einlässt, dass Qualität ausschliesslich nach dem Zuckergehalt des gelesenen Traubengutes zu bemessen ist, dann ist Deine Folgerung richtig.
Andererseits: der Eiswein ist auf Grund der besonderen Anforderungen an Lese und Verarbeitung durch diese Systematik eben nicht zu erfassen.

Andererseits ist zu beachten, dass TBA „edelfaule Beeren“
voraussetzt (siehe oben) - aus edelfaulen Beeren würde aber
kein Mensch versuchen einen Eiswein zu machen.

Doch, immer dann, wenn den Winzer ein Frost überrascht. Dann
muß man mitten in der Nacht mit Pechfackeln in den Weinberg
und retten, was zu retten ist. Das Ergebnis kann ein
vorzüglicher Eiswein sein :wink:)

Vorsicht!!! Das stimmt so ganz und gar nicht! Wenn der Winzer vom Frost überrascht wird und in seinen Wingert kachelt und die Trauben rausholt, dann macht er mit ziemlicher Sicherheit keinen Eiswein draus.
Um als Eiswein deklariert werden zu dürfen muss das Lesegut folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. Lese bei mindestens -7 °C
  2. Bei der Lese müssen die Trauben durchgängig gefroren sein
  3. Die Verarbeitung muss in gefrorenem Zustand erfolgen.

Zumindest 2. und 3. sind mit einem einzelnen, plötzlichen Frost nicht zu machen.

Ausserdem: Du übersiehst den Begriff „edelfaule Trauben“.
Diese sogenannte Edelfäule wird durch einen Pilz namens „Botrytis Cinerea“ hervorgerufen. Dieser Schimmelpilz ist in frühen Entwicklungstadien der Rebe ein gefürchteter Schädling. Im Zustand der Reife führt ein Botrytisbefall der Reben jedoch dazu, dass die Beerenhaut durchlöchert wird und das Wasser aus den Reben (zum Teil) verdunstet. Dadurch werden die anderen Inhaltsstoffe (Extrakt, Säure etc.) aufkonzentriert.
Weine, die aus botrytisbefallenem Lesegut entstehen, haben einen sehr genau bestimmbaren, typischen Geschmackstyp. D.h., man schmeckt das.
Diese Geschmacksnote ist bei Beerenauslesen und bei Eiswein explizit nicht erwünscht (und gilt sogar als Fehler). Schon alleine deshalb wirst Du aus botrytisbefallenem Lesegut, dass zuviel Frost abgekriegt hat, keinen Eiswein machen.

Viele Grüße

mhg

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