Fädenentfernung

Liebe/-r Experte/-in,

nach einer Metallentfernung linkes Handgelenk nach Radius-Mehrfragmentfraktur, bekam ich heute von der Arzthelferin des behandelnden Chirurgen die Fäden gezogen. Ich habe selber früher Fäden gezogen, das ist aber schon eine Weile her. Nun war ich zum Einen sehr erstaunt, weil die Dame von einem Tablett einfach lose, unsteril herumliegende Instrumente wie Schere, Skalpell (offen!) und Pinzette nahm und in Windeseile ohne Desinfektion und dermaßen mit roher Gewalt die Fäden entfernte, dass ich kaum hinterherkam. Sie legte das Besteck dann einfach zurück zu den anderen Instrumenten auf der Schale. Nun habe ich immer noch Schmerzen und das Ganze scheint leicht entzündet zu sein. Ich selber habe dann desinfiziert, aber ich frage mich: Werden Fadenziehsets heute nicht mehr sterilisiert, hab ich da was verpasst, oder war das einfach nur schlampig?? Ich wäre dankbar für eine offene Antwort. Herzlichen Dank im Voraus, Martina Arnold

hallo, die dame hat gegen sämtliche hygiene-vorschriften verstossen. schreiben Sie einen beschwerdebrief an den praxis-inhaber, nachrichtlich an die zuständige KV und Ärztekammer. machen Sie photos von dem entzündetem areal und lassen Sie sich den lokalbefung ggf. von Ihrem hausarzt bestätigen.
gruss, hans w. asbach

Hallo Martina,

die Arzthelferin war einfach schlampig.
Beim Fädenentfernen benutzt man immer noch steril verpacktes Instrumentarium und Verbandsmaterial, ebenso desinfiziert man zuvor.

Die benutzen Instrumente gehen danach in einen Behälter für die Steri, oder wie die Praxis das handhabt weiß ich nicht. Aber sie gehen definitv nicht zurück auf die Verbandsutensilienablage!

Also der Arzthelferin sagen daß sie unsauber gearbeitet hat und auch dem behandelnden Arzt so weitergeben, denn so züchtet man sich postop Infektionen im Op Gebiet. Wegen der Entzündung bitte sowieso zum Arzt gehen.

Gruß Natascha

Hallo Martina

Bitte entschuldigen Sie, dass ich erst so spät antworte aber manchmal ist, wie John Lennon schon gesagt hat : „Leben das was passiert, wenn man eifrig andere Päne schmiedet“, was in unserem Fall heißt, dass ich hier schon mehrfach angefangen hatte aber immer wieder unterbrochen wurde.

Mit Ihren Zweifeln sind Sie nicht alleine.

Die hygienischen Verhältnisse, die Sie mir schildern, spotten jeder Beschreibung und lassen mir die Haare zu Berge stehen.

Betreibt man in dieser Praxis „Kriegschirurgie“ - unglaublich !?

Und nein, Sie haben nichts verpasst und anstatt „schlampig“ würde ich „gefährlich“ sagen !

Die Vorgehensweise der Arzthelferin würde ich mal, gelinde gesagt, unsensibel nennen.

Ihre schlechte Ausbildung und Einstellung dokumentiert sie in ihrem unmöglichen Verhalten als auch in der Verletzung der einfachsten Anforderungen an ein sauberes arbeiten.

Auch heute werden Fäden nicht unsteril ohne Desinfektion und mit roher Gewalt gezogen, sondern auch wenn die Wunde vordergründig völlig geschlossen und nicht infiziert aussieht, prüft man zuerst einmal vorsichtig, wie fest der jeweilige Faden sitzt, hebt am Knoten mit der Pinzette an, bis man mit der Spitze eines 11er Skalpells oder einer kleinen Schere zwichen Haut und Faden kommen kann um ihn zu „kappen“ !

Danach zieht man erst einmal ein wenig, um evtl. fest sitzende Fäden zu lockern, bevor man endgültig und zwar vorsichtig zieht.

Pinzette oder Schere und das Skalpell befinden sich natürlich vorher in ihrer Umverpackung in der sie sterilisiert worden sind !

Das will ich Ihnen natürlich nicht erklären, wenn sie früher selber Fäden gezogen haben, sondern nur schildern, dass sich da bis heute nichts verändert hat, bis auf das heute in den Praxen, wegen der Budgetierung an allen Ecken und Enden und hochwahrscheinlich nicht nur in Ihrem Fall, am völlig falschen Ende gespart wird!

Nicht nur in Zeiten, in denen außer MRSA noch mind. 3 andere Keime muliresitent geworden sind, ist ein solches Verhalten nicht nur als höchst unprofessionell sondern als äußerst gefährlich zu bezeichnen.

In diesem Fall würde ich tatsächlich den „Chef“ beim nächsten Arztbesuch einmal beiläufig fragen, ob er von der Vorgehensweise wie in seiner Praxis Fäden gezogenen werden, überhaupt Kenntniss hat und wenn ja, wie er denn dazu steht ?!

Mit freundlichem Gruß

Detlef Nonn

Sehr geehrter Herr Nonn,

haben Sie recht herzlichen Dank für Ihre ausführlichen Zeilen. Ja, so wie Sie es beschreiben wurde das Fädenziehen gelehrt. Ich war lag also doch nicht so verkehrt, war wohl aber zu überrascht um direkt zu reagieren. Ich habe mich nun, nach 2 sehr ähnlichen Rückmeldungen auch bereits schriftlich an den Arzt gewandt, ohne eine bisherige Rückmeldung um die ich aber gebeten hatte. Ich glaube fast, er hat mein Schreiben gar nicht erst erhalten…

Mit lieben Grüßen
M. Arnold

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Asbach, vielen Dank für Ihre prompte Antwort. Ja, das hatte ich befürchtet, war aber zu überrascht, um direkt zu reagieren. So habe ich nun dem Arzt eine schriftliche Nachricht zukommen lassen, ohne weitere Schritte zu unternehmen, weil ich nicht direkt mit KV und Ärztekammer daherkommen wollte. Aber Kenntnis sollte er schon von diesem vorsintflutlichen Vorgehen haben. Bisher habe ich keine Rückmeldung, ich denke, er hat meine Beschwerde bisher überhaupt nicht erhalten…Ich werde ihm meine Beschwerde aber noch zukommen lassen, auch im Sinne weiterer Patienten. Herzliche Grüße, M. Arnold

Liebe Natascha,

auch Ihnen ein Dankeschön für Ihre Einschätzung und Hilfe. Ich hatte mir schon gedacht, dass nicht alle Hygienevorschriften auf einmal nichts mehr gelten, besonders in der heutigen Zeit der multiresisten Keime. Ich war aber ehrlich hier zu unsicher. Ihre Antwort hat mich u.a. dazu bewogen, dem Arzt das Vorgehen schriftlich mitzuteilen. Ich warte noch auf eine Reaktion um die ich gebeten hatte. Ansonsten werde ich das nochmal persönlich ansprechen, schon im Sinne weiterer Patienten. Einen schönen Tag und liebe Grüße, M. Arnold

Sehr geehrte Frau Arnold

Normalerwiese sind Arzthelferinnen verpflichtet, persönlich an den Arzt adressierte Schreiben nur zu öffnen, evtl noch zu sortieren aber dann natürlich weiter zu geben.

Fange jetzt mal an aus meiner Erfahrung heraus zu spekulieren :

Die Fadenzieherin war entweder blutjung oder eine dieser Kräfte, die seit Jahrzehnten eine Praxis „beherrschen“ ?!

In beiden Fällen hätte ich an Ihrer Stelle auch Zweifel, ob Ihr Schreiben den Arzt überhaupt erreicht haben.

Die erste könnte Angst um ihren Job haben und die ältere hat mit der Zeit eh das Gefühl entwickelt, dass ihr die Praxis gehört, ohne sie alles zusammenbrechen würde und weiß und entscheidet nach all den Jahren natürlich, was sie „ihrem Chef“ vorlegt oder nicht ?!

Die Generation junger Krankenschwestern oder Arzthelferinnen, die jezt „nachkommt“, löst bei mir aufgrund ihre überwiegenden „Null Bock - Einstellungen“ manchmal richtiggehend Angst um die Patienten aus.

Haben Sie vielleicht schon mal von einer Schülerin aus dem ersten Kurs, auf die höfliche Frage, ob sie evtl. mal schnell den Schmutzraum, in dem sich die Bettpfannen mittlerweile bis zur Decke stapelten, aufzuräumen die Antwort erhalten : NEIN, dass gehört nicht zu meinem Aufgabenbereich ?!

Bin mir nicht zu schade dafür den Raum selber sauber zu machen aber bei der heutigen Personaldecke, war ich halt in der Schicht einer von zwei Examinierten, die für Dinge eingespannt waren, die eine Auszubildende schlicht und einfach noch nicht machen darf.

Vor 4 Jahren war ich für längere Zeit selbst Patient auf einer chirurgischen Station eines sehr renomierten Krankenhauses und wenn ich keine medizinische Ausbildung gehabt hätte, wäre ich heute nicht mehr hier.

Da hätten Sie erleben können, wie Ihnen eine Krankenschwester Sondenkost auf den zentralvenösen Katheter klemmt und auf die Frage, was sie denn da anstelle mit : „Uuuups“ antwortet.

Gegenüber meinem Zimmer befand sich ein MRSA-Zimmer und da hätten Sie beobachten können, wie eine junge Auszubildende, bei „geöffneter Tür“ einen Wäschesack mit gebrauchter Bettwäsche so richtig mehrfach auf den Boden knallt, damit mehr rein geht !

Danach hat sie „mit Schutzbekleidung“ den Raum verlassen, um über die halbe Stadion, an den frisch operierten Patienten die auf dem Flur auf und ab spazierten, bis zur Schwesternstation zu gehen, um sich da irgend etwas geben zu lassen um dann wieder zurück ins Zimmer zu gehen !

Glaub ich´s noch, gerade in einem hochinfektiösem Bereich das Bett gemacht und dann ohne die Schutzbekleidung auszuziehen über den Flur ???

Etwas später kommt diese Auszubildende, mit nicht existentem Hygienebewußtsein dann zu Ihnen, um Ihren Jugularis zu verbinden.

Nicht mit mir, denn nach dieser Beobachtung habe ich meinen „Zentralen“ nur noch selber verbunden, mir die Infusionen und die Sondenkost selbst angehängt und mich um die Infusomaten gekümmert !

Wenn Sie heute nochmal nur eine Schicht mitarbeiten würden , könnten Sie gerade im Bereich Hygiene Dinge beobachten, die Sie auf der Stelle kollabieren lassen würden !

An Ihrer Stelle würde ich nicht nachlassen und in der Praxis vorsprechen und nachfragen wo denn Ihr Schreiben abgeblieben ist bzw. warum die Antwort darauf so lange auf sich warten läßt?

Je nachdem, wie groß Ihr Ärger und vor allen Dingen Ihre Zweifel sind, gbt es ja auch noch Einschreiben mit persönlicher Übergabe !

So kann das da doch nicht weiter gehen. Da kann doch Gott weiß was passieren !

Es wäre sehr nett von Ihnen, wenn Sie mich nochmal anschreiben würden, wenn sie evtl. etwas erreicht haben und / oder wie sich die Sache allgemein entwickelt !?

Mit freundlichem Gruß

Detlef Nonn

Hallo Martina,
ich finde es eine sehr gute Idee den Arzt daraufhin anzuschreiben, denn so kann das Problem nicht im Arbeitsalltag untergehen.
Es geht ja auch darum, daß die Arzthelferin in Zukunft sauber arbeitet, vielleicht bekommt sie eine Schulung o.ä. das wäre wünschenswert.

Wären Sie so nett und würden mir schreiben was rausekommen ist?

Gruß Natascha

Hallo, jetzt hab ich auch den Rest der Geschichte für Sie: Das war tatsächlich eine ältere Arzthelferin Marke „Hausdrachen“. Aber als ich nichts mehr hörte auf mein Schreiben, da habe ich dann nochmal in der Praxis angerufen und hatte die Ehefrau des Arztes am Telefon. Ihr hab ich das alles nochmal geschildert und sie meinte, dass ihr Ehemann soviel E-Mails erhielte (war per e-mail gesendet), dass er sie gar nicht lese, aber in der Praxis hätten sie gar kein Internet! Sie hat sich entschuldigt für die rüde Vorgehensweise, meinte aber O-Ton:„Fäden werden aber nicht steril gezogen, sonst könnte mein Mann ja auch niemandem die Hand geben!“ Ich hab dazu nichts mehr gesagt. Ich mag den Arzt, die Praxis ist ein wenig älter, aber gerade das ist mir oft lieber als eine hypermoderne Designerpraxis. Na ja, war eine Erfahrung für mich und ich hab das jetzt für mich abgehakt. Ich hab sie darauf hingewiesen, die Ehefrau meinte, sie wolle das im Team nochmal besprechen, sie sind also wenigstens etwas sensibilisiert. Meine Entzündung ist weg, nur noch eine leichte Reizung da und ich verwende jetzt lieber meine Energie auf andere Dinge. Lieben Dank für Ihre Informationen und Ihr Interesse und ein schönes Wochenende! M. Arnold